: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Donnerstag, 6. Dezember 2012

Schreiben und bleiben

Manchmal denke ich, die Welt wäre eine Bessere, wenn wir alle unsere Entwürfe von Mails auch schicken würden. Zum Beispiel (unteres Mittelunterkantenmanagement, wird in diesem Leben nix mehr, Ende 40, Bart, humolos, Pedant, Abweichungshasser):

Du alter Stinker, schau Dich doch an, Du hochgelutschter Nichtskönner, der Du aussiehst wie ein Tütensuppenpackerl im Mülleimer, wenn es wenigstens eine Herausforderung wärem Dich Quetschkommodenbeinderivat zu überleben aber so wie Du aussschaust, obwohl Du nur ein paar Jahre älter bist, sehe ich mich schon nächstes Jahr mit offener Ho

Na, sowas in der Art. Wir alle haben so etwas in den Entwürfen. Öfters. Das Leben bringt es so mit sich. Mal an eine Plakativfeministin, mal an einen manierenlosen Stümper, mal...

Ab damit. Dann wüsste er Bescheid, aber wir haben ja eine Bremse der guten Manieren. Wir schon.



Trotzdem merke ich, wie mir gewisse Formen der Mittlebenskrise, zumeist bei Menschen mit schlechter Eruiehung, auf die Nerven geht. Und weil viele Menschen halt nicht das tun, was man in diesem Lebens-Abschnitt tun sollte - einen Ferrari kaufen und gegen die Wand fahren - leben die es in einer gewissen Form des Dauerbeleidigtseins, in Verbindung mit einer gewissen, durch nichts begründbaren Arroganz aus: Einerseits müssen sie sich ständig versichern, dass sie bein Rattenrennen was geworden sind; stellvertretender Unterabteilungsleitervize (in Vertretung) zum Beispiel, oder Berater von wichtigen Konzernen, genauer dort irgendwelcher einsparungsbedrohter Exgeliebtenablagefächer des Vorstandes. Auf der anderen Seite ist da die Erkenntnis, dass es zur Karriere nach dem alten Muster nicht mehr reicht, und Kompetenz für die neuen Anforderungen haben sie aber auch nicht: Die Konzerne sind voll mit diesen Typen. Und vielleicht fällt diese spezielle Art auch deshalb so unangenehm auf, weil andere sehr viel mehr Grund zur Frustration hätten. Und auch mehr Grund, auf solchen Posten zu sitzen, denn die schlechte Laune der privilegiert Unzufriedenen ist kein guter Ratgeber für Veränderungen.



Das kommt dann eher im "Wenn es mir schlecht geht soll es Euch auch nicht gut gehen"-Paket der unfrommen Wünsche an, und darauf basiert meines Erachtens auch der ein oder andere Debattenbeitrag zum Medienwandel: Man schaut gar nicht mehr, was bei den anderen gut ist, man weist nur auf das Schlechte hin und hält es noch schlimmer als die eigenen Probleme. Die werden dann gern zurechtgefälscht, kaschiert oder verniedlicht, und was dem einen seine Bordexemplare sind, sind dem anderen seine googleoptimierten Spassangebote. Mir fallen einige Personen ein, bei denen ich wirklich den Eindruk habe: Die Krise sieht so aus wie die. Und damit meine ich beide Seiten.



Due gute Nachricht ist: Das alles spielt sich fern von mir ab, jetzt mal geographisch betrachtet. Ich habe zu solchen Leuten keinen persönlichen Kontakt, meistens zumindest, und alles, was in diese Richtung gehen könnte, sage ich radikal ab. Ich sehe nicht, warum ich mich einen Tag ins Auto setzen sollte, nur um mich auf einem Posium mit Leuten zu streiten, die eher einen Seelenklempner bräuchten, oder irgendein Institut, an dem jeder Professor ist und Napoleon, wenn ihnen der Sinn danach steht: nur die Ärzte, die sind dann weiterhin Doktor. Ich bin mehr so in "Lasst dicke Männer um mich sein"-Laune, und die gibt es ja auch noch. Und dann tritt alles andere zurück, man will gar nicht mehr wirklich böse schreiben, sondern sich nur noch amüsieren, und das geht wirklich trefflich. Wenn man zufrieden ist. Das bin ich fraglos, soweit es eben geht.



In drei Monaten bin ich wieder in Italien. Dazwischen bin ich daheim, was ja auch niccht ganz übel ist. Zur Abwechslung habe ich jetzt mal das Südzimmer bezogen, das mit den vielen Gemälden gar nicht mehr so abartig gross wirkt. Das wird alles mehr so Winterurlaub. Mit ein wenig Lesen und Handarbeit, und einem halbwachen Auge auf das, was da so kommen mag. Ich kann mir die Rosinen aus dem Stollen picken, ich kann die Orangen nehmen und muss nicht in saure Zitronen beissen; das Ganze geht mich durchaus etwas an, aber es betrifft mich nicht. Zwischen mir und dem vergnügten Opa auf dem Berg ist noch ein langer Weg, den ich aber gerade bschreiten möchte, gerne daheim im Schlafanzug und nicht auf Abwegen ohne Wiederkehr.



Also, das ist der Plan und das ist es, was ich eigentlich zu sagen habe. Das geht auch ohne versendete Drafts, und dass es so ist, wird man schon merken, früher oder später, hier und da,und dann ist da noch das gute Gefühl, dass das Bestehende auch das Bleibende ist. Bleiben ist schon eine Menge in Zeiten wie diesen.

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