: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Samstag, 22. Dezember 2012

Die Verliesse von Solln

Ich habe da so eine Theorie zum Thema Inflation, Preisentwicklung und Wert, und die sieht in etwa so aus: Alles wird Jahr für Jahr teurer und schneller ersetzbar, also Unterhaltungselektronik, Kleidung, Sportgeräte, Bücher. Nur das, was nicht schnell und einfach ersetzbar ist, wird erheblich schneller teurer. Häuser und Wohnungen in guten Lagen, zum Beispiel. Ist logisch, denn das Geld aus dem ersten Satz muss ja irgendwo hin, und da bieten sich jene Dinge an, die nicht dem dritten Satz entsprechen, der da lautet: Alles Ausgetauschte wird dafür spottbillig. Und im Ergebnis, weil wir alle Mischkäufer sind, merken wir das gar nicht so.





Weil es langsam im "Winter" zu rutschig für den Crosser wird und ich ohnehin mit jemandem in München essen gehen wollte, kam mir diese Idee im schönen Solln. In Solln nämlich bot jemand ein komplett überholtes Sunn Bergrad an. Mit erschien es billig, aber weil ich der einzige Bieter war, mit einem Preis, in etwa doppelt so teuer wie die Kurbel allein, war es wohl immer nicht ganz günstig, obgleich die meisten Teile frisch angeschraubt worden waren, bei 1/10 des Neupreises fangen für mich die Schnäppchen an, aber das reichtals Grenzwert zumindest im Winter nicht mehr. Danach ging ich noch in Solln essen - Empfehlung Da Noi, endlich ein Italiener mit Kronleuchtern und ein Buchgeschäft daneben - und weiter zur Bank, um mir die Immobilienpreise anzuschauen.





Ich mein, man ist ja so einiges gewohnt. Ein Duplexstellplatz für 15000 in Solln, wo es jede Menge Parkplätze gibt - hart, aber irgendwie nachvollziehbar, vielleicht will man seine S-Klasse nicht draussen stehen lassen. Man kann das verstehen. Wie auch die 3500 Euro pro restaurierungbedürftigem Altbauquadratmeter 10 Kilometer vor der Stadt; gut, ich würde dann gleich an den Tegernsee ziehen, aber das muss jeder selbst wissen.

Aber. Zusätzlich.

10.000 Euro

20.000 Mark

für einen modrigen Keller???????





Pardon, aber da hat sich wohl beim Sturz die Kellertreppe hinunter die Gehirnaufhängung gelockert.

Natürlich kann man sagen dass das eine irgendwann platzende Blase ist; vermutlich jedoch wird es so sein, dass bis zu diesem Zeitpunkt erst mal viele Hoffungen platzen, wie die vom bezahlbaren Eigenheim. Bezahlbar ist da nämlich nicht mal der Keller. Und es erklärt vielleicht, warum jeder Münchner versucht, sich am Kaufroulette zu beteiligen: Von hinten kommen die Luussanierer und drohen einen auf die Strasse zu setzen. Und oben - oder hier auch nur zur Seite - sind dann solche Fear by Obscurity Angebote, die zeigen, wo die Reise hingeht.





Interessant wäre es nun zu wissen, ob es denn die dann hoffentlich halbwegs glücklichen Käufer auf Pump auch so machen wie ich, und beim Irrsinn des sonstigen Preisverfalls nicht mitgehen. Es gibt ja noch Irreres als 40 Räder: Man kaufe sich neue Skischuhe und höre sich Sprüche an, dass unter 500 Euro die Selbstverstümmelung beginnt. Man lese "Tests" von unverzichtbaren Skiern, die auch keine andere Erdbeschleunigung als alte Völkl Renntiger und Dynamik VR27 mit Holzkern haben, wenn sie dann mal nicht neben der Jausenstation in den wegschmelzenden Schnee gerammt werden. Oder was sonst noch so ein muss, wenn man in Solln - IN SOLLN! ich wusste gar nicht, dass es das wirklich gibt und etwas anderes als Neuperlach ist - zwangsluxuriös residiert.





Auf einem Keller für 10.000 Euro. Das ist dann die andere Seite vom Einkauf bei Aldi mit dem SUV. Und sie ist elend, denn sie zeigt, dass wir bei der ganzen kapitalistischen Produktion, der Preisgestaltung und der Kultur des Verschrottens in die nächste Krise rauschen werden, fast ohne Banken diesmal. Die Kellerblase ist nur eine Seitenblase der Entwicklung, die unter uns grummelt. Wohl dem, der dann ein rad hat.

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