: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Dienstag, 25. Dezember 2012

Selbstverständlichkeiten

gibt es auf dieser Welt nicht. Ich war im Juni in einem - an sich abgesperrten - Haus, war über die flatternden Bänder gestiegen, und unter meinen Füssen knirschte der von der Wand herabgefallene Putz. Nur so habe ich dann mal versucht, den Wasserhahn aufzudrehen: Da kam natürlich nichts. Draussen, im Feld, waren die Pakistaner ohne Aufenthaltsgenehmigung. Da gibt es auch eine Klassengesellschaft. Die einen bekommen einen Platz im Flüchtlingslager, und die Botschaft kommt mit dem Mercedes. Und die anderen sitzen eben im Feld, wo man sie von der Strasse aus nicht sieht, und das Geld wird knapp. Aber es ist in der Poebene, und da fliesst Wasser in einem der vielen Gräben.



Die echten Geschenke haben wir hier immer: Ich muss nicht an etwas glauben, an das ich nicht glauben möchte, und wenn es dem einen sein Gott ist, kann es trotzdem mein Witz sein. Wir können das alle so machen, wenn wir wollen.



Wir haben die Kälte des Winters besiegt. Vor hundert Jahren, in der sogenannten guten, alten Zeit, war es noch vollkommen normal, dass jeden Winter Zigtausende erfroren oder an den Folgen der Kälte gestorben sind. Man musste nur krank und zu schwach werden, um Holz zu holen.



Wir haben Freizeit. Wir aben so viel davon, dass viele gar nicht wissen, wohin mit diesen Möglichkeiten. Wir haben ein System, das so viel davon zur Verfügung stellt, dass manche schon meinen, das mit BGE belohnen zu müssen. Ich mag Freizeit. Und ich hasse Leute wie den Ponader, die, offen gesagt, mit ihrer Haltung dieser Welt und den sonstigen Zuständen ins Gesicht...



Wir haben einen Klimawandel. Gut, wir haben vielleicht etwas viel davon, aber historisch betrachtet und mit anderen Warmzeiten verglichen, ist es halt so, dass in den Kältephasen wenig und in den Warmphasen viel gegangen ist. So ein klein wenig Klimawandel ist nicht schlecht, und das Einsehen, dass wir zu viel haben und etwas tun müssen, ist schon mal ein Fortschritt im Vergleich zu sonstigen Vorkommnissen der Geschichte. Wenn man bedenkt, wie viele Jahrhunderte der Mensch Arsenbronze hergestellt hat, zum Beispiel. Oder Wein mit Bleipulver konservierte. Oder Frauenhaut mit Gift bleichte.



Die ungeschriebenen Gesetze gelten nicht mehr, die persönlichen Freiheiten und Möglichkeiten sind grandios. Natürlich muss man sich Tag um Tag darum kümmern, und man muss aufpassen, dass man sich nicht von Firmen versklaven lässt, wo einen die Gesellschaft in die Freiheit entlassen hat. Das Netz ist eine Sensation, wie es keine in der Geschichte der Menschheit je gab. Wenn man es auch mal ausschalten und was anderes tun kann.



Wir können tragen, was wir wollen, und aussehen, wie wir möchten. Wir können rosa Stepphandtaschen und Bommelmützen tragen, wenn uns danach ist, und wenn es eine Blase Münchner Schwuler ins Cafe am See treibt, dann ist das eben so. Vor 50 Jahren wäre die Polizei angerückt. Im Osteuropa kämen die Nazis, noch heute.



Oh, und natürlich können wir unsere Sexualität vergleichsweise frei ausleben. Das mag in den Ohren all der Singles in grossen Städten ein wenig wie Hohn klingen, aber es liegt nicht an den Gesetzen und auch nicht an der Gesellschaft. Wenn es nicht geht, ist es vor alleim ein Problem der Lebensgestaltung, aber prinzipiell können wir es treiben wie die Karnickel, und wenn wir dabei an Pille und Kondom denken - UND ZWAR IMMER - dann bleibt das Spass ohne Folgen.



Wir können überall hin. Klar, es gibt ein paar Privatstrassen, und manche meiner Mitbewohner hier am See möchten das Öffentliche privatisieren, aber es liegt auch an uns, die FDP nächstes Jahr zu verjagen und eine Regierung zu installieren, die diese Bande mitsamt ihren Handlangern und Auftraggebern so verfolgt, wie das gerade mit der Deutschen Bank passiert, und hoffentlich auch noch bei den "Versorgern" kommen wird.



Wir bekommen eher eine medizinische Versorgung als eine Schnellfeuerwaffe. Es gibt im sog. "Westen" Länder, da ist das genau andersrum. Ich mag es, in einer Zivil- und Bürgergesellschaft zu leben, die sich nicht als Bürgermiliz begreift, und das Gewaltmonopol des Staates als solches auch funktioniert. Mehr Überwachung muss dafür nicht sein, wir haben uns so als Gesellschaft doch recht wacker geschlagen, und wie man letzthin so sah, sind die echten Probleme mehr dort, wo man die Marktwirtschaft zum totalitären Koloss werden lässt. Auch da können wir mit unserer Realwirtschaft raus; bei den Schusswaffenfreunden sieht das nicht so gut aus.



Wir können die Familie als Freude begreifen. Früher hätten sich solche Fragen gar nicht gestellt, da war die Familie alles und der Staat hat nichts getan. In Italien ist das heute oft noch so, weshalb ich Probleme habe, die beiden Gesellschaften zu vergleichen. Vielleicht gehen wir deshalb so oft so verächtlich mit der Familie um - weil wir es uns leisten können. Vielleicht ist das, wenn der Staat sich ändert, keine allzu gute Idee. Ich finde Familie eigentlich gut.



Wir haben den Hunger weitgehend besiegt. Es gibt jede Menge falscher Ernährung und Exzesse und warum Menschen, die es ohnehin schon nicht allzu gut haben, sich auch noch mit Kettenrauchen und Drogen weiter in die Misere treiben, verstehe ich nicht wirklich. Aber Hunger ist heute nur noch das, was man vor dem Essen hat. Und nicht mehr ein Grund für den Tod.



Es sind, egal in welche Zeit man schaut, und ich welche Region der Gegenwart, goldene Zeiten. Wir leben heute als Gesellschaft in jeder Hinsicht besser und vielfach auch luxuriöser als der in unseren Augen dekadente Adel des 18. Jahrhunderts.

Und wie immer gibt es keine Garantie dafür, dass es so bleibt.

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Die Säulenheilige

In der FAZ erkläre ich, wieso es in Zeiten wie diesen nur ein Weihnachtslied geben kann; und das muss von Eartha Kitt gesungen werden.

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