: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Mittwoch, 22. Mai 2013

Schweden wird kommen

Nochmal zur Mille Miglia zurück, und zur Ablichtung: Ich hatte ja ein paar Zweifel wegen der Resultate, ob die gut genug werden, wenn ich selbst mit den alten Objektiven herumschraube. Hier jedenfalls sind die Bilder, die die New York Times verwendet hat.





Da hätte ich mich aber ein wenig, naja, enttäuscht, wenn es so ausgesehen hätte. Hier sind mal 76 Bilder von mir in der FAZ und ich würde vorsichtig sagen, dass sie im Vergleich nicht wirklich schlechter sind. Keine Ahnung, mit was der Kollege da draufgehalten hat, aber wenn man schon 1-Mann-Teams nach Italien schickt, sollten sie wenigstens wissen, dass man in Siena besser die Blende 1/3 EV nach unten korrigiert, um die echt satten Farben zu bekommen.





(Man merkt vielleicht ein wenig meinen Ehrgeiz, das gut zuu machen, weil ich gerade bei den Bildern jahrelang doch vergleichsweise wurschtig war, zumal Ehrgeiz ja auch sozial nicht gerade immer förderlich ist. Das war jetzt die erste MM, bei der ich mehr an die Bilder als an das Schreiben dachte. Und ausser dem Blick auf dem Campo, wo ich das Weitwinkel brauchte, sind alle Bilder manuell).

Mantua dagegen ist eine andere Sache. Dieses Frühjahr war alles anders mit meinen Reisen, überhaupt hat sich sehr viel geändert, bei mir, aber auch in Mantua: Die grosse Druckerei und Papierfabrik, ein Wahrzeichen der modernen Architektur in Citadella (da wo ich wohne) hat Knall auf Fall im Februar geschlossen. 110 Jahre Tradition einfach weg. Es gibt über dieses Gebäude eine Ausstellung im Palazzo Te und sie machen es einfach zu. Letztes Jahr hat der gleiche Konzern übrigens eine Firma in l'Aquila geschlossen: Symbolpolitik im Terremotoland, italienischer Art.





Dem Besucher wird es nicht auffallen, dass auch der grosse Autozulieferer nördlich der Stadt geschlossen ist: Italiener kaufen gerade keine Autos und auch keine Zeitungen, und weil südlich von Mantua auch viele mittlere Firmen der Textilbranche einfach schliessen, um die Insolvenz zu vermeiden, gibt es auch keinen Bedarf an Verpackung. Also auch keine Papierfabrik, und meine Visitenkarten allein decken den Bedarf nicht.

Und so kommt es dann eben, dass in der Innenstadt der Schreibwarenladen, über den ich letztes Jahr schrieb, verschwunden ist, und daneben auch noch zwei der vier Zeitungskioske - die geschmierten neoliberalen Bastarde der deutschen Medien können sich da ihre persönliche Zukunft anschauen, die sie selbst verursachen. Nahe am Zentrum rücken die Geschäfte zusammen, die Salumeria mietet beim zu grossen Schuhgeschäft unter, daneben ist dann ein Haus leer, und je weiter man nach draussen kommt - aber wer kommt schon nach Seravalle oder Suzzara oder Goito? - desto schwieriger wird es. Nun kann man sagen, was, sie haben in Quingentole noch immer nichts aufgebaut? - die Wahrheit ist leider, die Zona Rossa ist ein Dauerzustand geworden. Alle waren sich vor einem Jahr einig, von ganz links bis ganz rechts, dass man zuerst die Wirtschaft wieder zu laufen bringen muss, sonst geht das aus wie in l'Aquila, wo sie heute noch in Zelten wohnen. Das hat teilweise funktioniert, aber jetzt geht die Luft raus.





Und der Zorn steigt. Und die Angst, man könnte dorthin absacken, wo andere Regionen schon sind. Dass Italien ein grosser Mezzogiorno wird, dass man vieles verliert und die an sich untragbaren Zustände, so wie sie jetzt für die Jugend und Berufseinsteiger sind, für lange Zeit bleiben werden - weil die Kleptokraten in Rom damit gut leben können. Der Staat nimmt in Italien inzwischen durchaus Geld ein, er verprasst es nur für die kriminellen Schichten, und in Mantua machen sie die Firmen dicht, auch wenn die Arbeiter Gehaltskürzungen anbieten.

Das geht nicht auf Dauer gut. Das wird sich irgendwie Luft machen, und dann wird man sehen, dass die Kombination aus deutschem Spardiktat und italienischer/spanischer/griechischer/irischer Kleptokratie keine Höchststände des DAX verhindert hat. Aber all die Gewinne werden nicht ausreichen, diese Schäden zu bezahlen, die im Moment angerichtet werden.

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