: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Freitag, 28. Februar 2020

Ich liebe Italien, aber nicht das Gesundheitssystem

Wohin geht man in Deutschland, wenn man richtig krank ist? Zum Arzt.

Wohin geht man in Italien, wenn man richtig krank ist? Erst mal nicht zum Arzt, das Gesundheitssystem in Italien ist nicht sonderlich gut, es gibt wirklich scheussliche Krankenhäuser, und Termine sind auch nicht so leicht zu bekommen. In Italien googelt man eher, geht in die Apotheke und kauft dort, was einem der Apotheker empfiehlt.

Das ist anonym, man kann es im Zweifelsfall sogar über einen Mittelsmann machen, und die Rezeptpflicht wird oft durch das Versprechen ersetzt, man habe das Rezept daheim vergessen - sofern man überhaupt danach gefragt wird. Ich mache das auch so, nachdem mir mein Hausarzt in Deutschland ein Atemmitel verschrieben hat, gegen das ich allergisch bin, und ich in italien Ventolin problemlos bekomme. Warum soll ich eine teure Stunde unter Kranken im Wartezimmer sitzen und dann eine deutsche Winzdosis mit langen Ermahnungen erhalten, wenn es auch so geht, Anhalten an einer Apotheke und kaufen für 3 Euro?



Das alles ist ziemlich harmlos, Italien hat halt einen Teil der Gesundheitsvorsorge an die Apotheken ausgelagert, und deshalb gibt es dort auch so viele. Bei den kleineren Problemen kann der Arzt auch nicht mehr tun, als irgendwelche Mittel zu verschreiben, die man in Deutschland ohne Konsultation nie bekäme. In Italien verkauft das halt der Apotheker, und wenn man Italiener kennt, dann sagen sie einem auch, welcher Apotheker besonders abgabefreudig ist. Meiner in Staggia zum Beispiel ist es überhaupt nicht, da wird wirklich nur nach Rezept verkauft. Aber der ist eine Ausnahme, und als ich Ende Januar in Modena war, bekam ich auch ein *besonders gut wirkendes* Mittel gegen meine Erkältung.

Das heisst, man kommt in Italien deutlich länger um einen Besuch beim Arzt herum, als in Deutschland. Und wenn die Erkrankung Grippe gleicht, und man ein Mittel bekommt, das die Symptome reduziert, mag es sein, dass eine Infektion mit dem Coronavirus erst mal gar nicht besonders auffällt: Der Arzt wird nicht gefragt, das Krankenhaus wird nicht aufgesucht, es fühlt sich für viele auch nicht schlimmer an. Mit dieser italienischen Eigenheit kann man vielleicht erklären, waum in den letzten 72 Stunden die Lage ausser Kontrolle geraten ist: Sie war nie unter Kontrolle. Jetzt merkt man das eben, weil doch viele zum Arzt gehen.



Das ist übrigens auch ein Klassenproblem, denn in Italien gibt es viele Leute, die sich nicht mehr als den staatlichen Grunddienst leisten können - alles, was darüber hinaus geht, muss bezahlt werden. Clandestini, nicht oder nur teilweise erfasste EU-Migranten und abgelehnte Flüchtlinge fallen zudem auch aus diesem System heraus. Für die gibt es an manchen Orten Notfallkliniken in privater Trägerschaft, oder eben den Apotheker. Und diese Leute haben auch ihre Gründe, das normale System zu meiden.

Das sind dann auch diejenigen, die bei Reisen Methoden bevorzugen, bei denen keine Registrierung im klassischen Sinn nötig ist. Das sind dann halt keine Fluggäste und auch eher nicht Zugfahrer, sondern diejenigen, die den Flixbus direkt und bar beim Busfahrer bezahlen. Oder halt all die anderen Busse, die zwischen Deutschland und Italien verkehren. Es gibt ja noch genügend private Kleinunternehmen, die das auch machen, und als ich das mal benutzt habe, hat uns auch niemand kontrolliert. Und selbst wenn man als Nicht-EU-Ausländer kontrolliert wird: Nach allem, was man so hört, ist es in Italien nicht wirklich schwer, deutsche Dokumente aus dem dysfunktionalen Asylsystem zu bekommen. Wer mit dem eigenen Auto aus Italien kommt, wird ohnehin nicht angehalten, egal ob Deutscher oder Italiener. Die Deutschen können das wegen der fehlenden Grenze zu Italien bei den Deutschen nicht einmal feststellen.



Da kommen also zwei Dinge zusammen: Ein Gesundheitssystem, das bei einer grippeartigen Erkrankung von der grossen Mehrheit unterlaufen wird, weil es geht, und sogar von vielen unterlaufen werden muss. Und offene Grenzen ohne Registrierung der Reisenden.

Israel steckt Einreisende aus Italien 14 Tage in die Quarantäne, Deutschland verteilt freiwillig auszufüllende Aussteigerkarten - wenn man sie gedruckt haben wird. Der enorme Anstieg der Fälle in Italien, und der Umstand, dass reisende Menschen aus Italien gerade in vielen Länder als erste Coronafälle auftauchen, müsste eigentlich zu denken geben, und das oben Gesagte sollte dabei in die Enscheidungsfindung einfliessen. Was sich in Italien jenseits des Gesundheitssystems speziell bei Jüngeren und Ärmeren und Unregistrierten abspielt, ist nicht abzuschätzen. Deshalb haben auch so viele in Italien Angst vor den Zuständen in Mailand, wo es auch viele Ecken gibt, die der Staat mehr oder weniger aufgegeben hat, und in denen Menschen ohne die jetzt eigentlich nötigen, sanitären Einrichtungen leben. Bis zu meinem Erdbebeneinsatz konnte ich mir das Ausmass auch nicht vorstellen, aber dann war ich in ein paar Lagern für Pakistanis und Afrikaner: Schon damals hatte man Angst vor der Ausbreitung von Seuchen in all den Ruinen, die immer noch als illegale Unterkünfte benutzt werden. Diese Leute sind auch diejenigen, die wegen fehlender sozialer Bindungen als erste die Regionen verlassen, in denen es kritisch wird. Das war so beim Erdbeben in Oberitalien, das wird jetzt auch nicht viel anders sein. Tests kann man bislang nur bei Menschen machen, die den Test haben wollen. Das dafür nötige Bewusstsein kann man bei denen, die von der Hand in den Mund leben und Taschentücher auf der Strasse verkaufen, wahrlich nicht erwarten. Und diese Leute sind die grosse Unbekannte bei den Zahlen aus Italien. Und warum sollte sich auch der aus dem System Gefallene im Alter von 25 dafür interessieren, was sein Schnupfen 2 Wochen später bei einem deutschen Rentner bewirken kann.

(Ich schreibe das hier auf der Probebühne, weil ich bei der Welt mit diesen Überlegungen vermutlich nur zur Panik beitragen würde, und um danach sagen zu können, schaut her, das hätte man in Deutschland bedenken müssen. M.E. bräuchte man rigide Grenzkontrollen schon in der Schweiz und in Österreicht, den wie schlimm es in Oberitalien wirklich ist, weiss noch niemand.)

... link (80 Kommentare)   ... comment



: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Dienstag, 25. Februar 2020

Wuhan-Milano-Berlin

Du hast ein Auto? Gut, sehr gut, Du hast eine gefilterte Frischluftkapsel mit filtern und hoher Reichweite, die Du selbst lenken kannst. Nebenstrassen sind Deine Freunde.



Du hast nur einen Flixbus, eine S-Bahn, einen Zug, eine U-Bahn, in der sich alle drängeln? Das ist schlecht. Dann steht man in der Pampa und wird vielleicht zwangsuntersucht. Handschuhe sind auch nicht verehrt, man weiss da drin nie, wen man anfasst.

Du wohnst auf dem Dorf, der nächste Mensch ist etwas weiter weg und die Luft ist ohne Schadstoffe? Sehr gut, das hält die Lungen auf Trab, und senkt das Infektionsrisiko. Am Tegernsee sind nur 177 Menschen auf dem Quaratkilometer Heilklimaregion. Immer schön lüften.



Du bist in der Metropole, in einem Büro mit Klimaanlage, in dem man die Fenster nicht öffnen kann, mit der zuläsigen Minimalfläche im Grossraumbüro? Hoffentlich werden die Griffe der Kaffemaschine und Türen immer desinfiziert. Vielleicht hast Du noch Urlaub und besuchst Deine Eltern in der Provinz.

Du bist reich? Heb ein paar Tausend Euro ab, tank Dein Auto voll und den Reservekanister, lass die Arbeit bleiben, und stell die Küche mit haltbaren Lebensmitteln voll, und überlege Dir, welcher Wohnsitz gerade der beste ist.



Du bist arm? Puh. Spring über Deinen Schatten und frage Freunde um Hilfe.

Du hast Familie? Pass gut auf die Alten auf, und wenn es geht, hole sie rechtzeitig aus den Gefahrenzonen. Mache ich auch. Erst die Familie und die Freunde. Dann alles andere.

... link (93 Kommentare)   ... comment



: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Freitag, 21. Februar 2020

Eine einfache Frage

Ich bin zwar alles andere als ein Katholik, aber in einer erzkatholischen Umgebung gross geworden. Ich wohne sogar in einem ehemaligen Jesuitenseminar und sammle deren Bücher. Daher kenne ich die Katholiken und ihre Strategien, ohne einer zu sein.

Ich bin zwar alles andere als ein AfD-Wähler, aber diese früher katholische Stadt ist eine ihrer Hochburgen. Leute, die ich kenne, und bei denen man das nie gedacht hätte, wählen AfD. Daher kenne ich die Partei und die Denkweise ihrer Anhänger, ohne einer zu sein.



Schauen Sie, der Katholizismus war lange in einer kaum lösbaren Dauerkrise, und seitdem es die lutheranischen Ketzer gab, schien die Dominanz verloren. Verbote, Verfolgungen, rigide Unterdrückung, das alles funktionierte nicht mehr, die Methoden allein konnten die Menschen umbringen, aber nicht die Ideologie. Deshalb begriff der Katholizismus, dass er im Wettbewerb ist, und den Menschen Angebote machen muss, jenseits von Angst, Leid, Tod und Höllenqualen. Besuchen Sie eine katholische Rokokokirche, Sie werden irgendwo einen kleinen Teufel finden, und ansonsten Glanz, Gold und Gloria. Selbst Marterung ist spielerisch in den Hintergrund gerückt. Der Katholizsmus verspricht, dass für den Gläubigen eine ganze Menge drin ist, wenn er nur brav mitzieht. Pralle Kinder, geile Frauen, Wohlstand, Prunk, Party. Die Fresken der Kirche nebenan, die zum Seminar gehörte, müsste in Berlin abgedeckt werden, so geht es dort zu.

Komm rüber, sagt der Katholizismus, wir haben Platz für alle, wir sind alle nur kleine Sünderlein und wir verstehen es ja, wenn jemand über die Stränge schlägt - es gibt bei uns nichts, was man mit Beichte und Stiftung nicht klären könnte. Wir bieten was für das Geld. Da, wo die Protestanten ihre Ursünde präsentieren, hängt der Katholizismus einen goldenen Vorhang drüber und, schau mal, ein nackter Engel dort drüben und da, alles Marmor! Ist es nicht schön? Der Katholizismus war opportunistisch, anpassungsfähig, und hatte keine Angst vor dem Suhlen in Niederungen, die er 200 Jahre früher noch mit allen Mitteln ausgerottet hätte. Nun ja.



Der AfDler dagegen bekommt gerade etwas anderes zu sehen. Der AfDler als Abgefallener, als Ausgeschlossener, der sich aber nicht im Unrecht sieht, erlebt gerade, wie es jenen ergeht, die um Wiederaufnahme in die Gemeinschaft der Gläubigen bitten. Die Demonstrationen gegen Lucke in Hamburg wurden von einem SPD-Mitarbeiter orchestriert und von einer Grünen überhaupt erst möglich gemacht, weil man darauf verzichtete, die Antifa mit Staatsgewalt in die Schranken zu weisen. Nach der Wahl von Kemmerich in Erfurt brachte es Lindner überhaupt nichts, dass er sich sofort distanzierte: Der volle Hass der linken Parteien brachen über ihn herein, auch mit dem erklärten Ziel, die FDP aus der Hamburger Bürgerschaft zu verdrängen. Und gestern, siehe oben, wurde die FDP sogar gehindert, ihre ehrliche Betroffenheit zu zeigen.

Und niemand hilft ihr. Die FDP ist auf verlorenem Posten, denn sie ist klein, sie hat sich entschuldigt, und sie lernt jetzt, dass es aber keine Vergebung gibt: Wenn sie im Bund rausfliegt, ist der Weg für R2G im Bund offen. Also wird man alles tun, was möglich ist - und im Moment sind sogar Listen durch Zwangsgebührenkomiker bei Twitter möglich, die woanders als Todeslisten gälten - um die FDP klein zu halten. Die FDP bekommt momentn deutlich mehr ab, als man es vor vier Jahren in einem zivilisierten Rechtsstaat noch für möglich gehalten hätte. Sie kann nicht anders, als die Tagen und Wochen am Pranger zu ertragen, und muss hoffen, dass es irgendwann vorbei ist. Mit Verlaub, ich kenne den Mob persönlich: Es wird nie vorbei sein. Es geht um die kulturelle Dominanz der Linken, da ist die FDP ein viel zu saftiges Opfer.



Die Anhänger der AfD bekommen nach dem entsetzlichen Anschlag von Hanau gerade einen Vorgeschmack auf das, was ihnen droht, wenn sie mal schutzlos sein sollten. Obwohl der Fall bislang nicht direkt (und m.W. auch nicht durch die Täteraussagen indirekt) mit der AfD zu verbinden ist, wird momentan alles gegen sie gefordert, was irgendwie rechtlich denkbar ist - und das nur von den demokratischen Parteien im Bundestag. Die Stimmung im Netz ist nochmal deutlich problematischer, und mitunter auch für Nicht-AfDler klar jenseits dessen, was moralisch vertretbar wäre. Es ist völlig klar, dass an dem Tag, da die AfD aus den Parlementen fliegen würde, bei den Gegnern die Überzeugung vorherrschen würde: Erst maximaler Druck, auch mit fragwürdigen Methoden, hat die Leute davon abgehalten, die AfD zu wählen. Das ist der richtige Weg, so kriegen wir sie klein.

Würden die Politiker dann aufhören und verzeihen? Ich habe da so meine Zweifel, weil ich öfters mal den Hass auf frühere Piraten miterlebe, die Grünen und SPD ihre Verletzlichkeit vorgeführt haben. Würden die Medien aufhören? Und damit ihre Dominanz aufgeben? Sicher nicht, die würden das als Gelegenheit nehmen, jetzt den Staat so umzubrüllen, damit so etwas nie wieder passieren kann: Sicherheitsgesetze, Frauenquoten, Verbote, Kontrolle, Definition undenkbarer Wörter - immer mit dem Schlachtruf Nie wieder, auch wenn das mit freiheitlicher Demokratie nicht so arg viel zu tun hat. Würde der anonyme Mob im Netz dann aufhören? Garantiert nicht. Da sind so viele Zukurzgekommene dabei, die scharf auf Beute sind. Es ist also kein glänzendes Rokoko, das dem AfD-Wähler im Falle der Einsicht versprochen wird, sondern maximale Bedrohung und die Bestätigung seiner Sichtweise, dass dieses System ihn und seine Wertvorstellungen zerstören will. Wenn man eine Stunde bei Twitter ist, kann man sich dieses Eindrucks wirklich nicht erwehren. Da macht die eine Seite die früheren Verschwörungstheorien der anderen Seite wahr.



Man wählt ja, damit etwas für einen herauskommt, oder wenigstens, um etwas Schlimmeres zu verhindern. Ich nehme an, dass es für die AfD-Anhänger schwer ist, irgendwo einen Anknüpfungspunkt zu finden, der sie überzeugen könnte, dass sie auch nur davonkommen, so aufgeheizt und undifferenziert ist inzwischen die Stimmung. Und mit einer AfD in den Parlamenten - so eklig ihr Malbuch auch gewesen sein mag - hat der AfD-Wähler jemand, auf den sich dieser ganze Hass richtet. Er kann Leute bestimmen, die sich das alles antun, und steht dann selbst nur in 3. oder 4. Reihe. Wo steht man, wenn die Partei aus den Parlamenten fällt? Aus dieser Angst heraus funktionierten Sekten im Kampf gegen die katholische Kirche, so funktioniert Zusammenhalt gegen eine als feindlich empfundene Umwelt, und so bin ich mir gar nicht so sicher, ob die AfD am Sonntag in Hamburg aus der Bürgerschaft trotz ihrer miserablen Leistung fliegt.

Ich bin kein Prophet, ich bin nur jemand mit einem zynischen Geschichtsbild und Erfahrung mit politischen Sekten. Die Steinzeitkommunisten bei uns im Bürgerfunk haben den Grünen schliesslich, weil es um Enfluss und Schutz ihrer Pfründe ging. die teure Sause mit den Journalisten im französichen Lokal verziehen. Daher würde ich momentan keiner Umfrage trauen, was die Werte der Parteien angeht, für deren Nennung man eventuell ein Risiko eingeht.

... link (116 Kommentare)   ... comment



: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Dienstag, 28. Januar 2020

Unqualifizierte Mutmassung

Sicher - in allen Städten gibt es Verluste. Die kleinen Delikatessenläden. Die Schreibwarengeschäfte. Die Damenausstatter mit den massgeschreinerten Inneneinrichtungen in dunklem Holz. So einer hat gerade die Schränke abgebaut, als ich in Mantua war. Un es gibt leider auch Strassenzüge mit enorm viel Leerstand.



Trotzdem habe ich den Eindruck - er mag von der guten Hoffnung getrübt sein - dass bei der grossen Krise, die nun schon 12 Jahre dauert, das Schlimmste vorbei ist. Es machen neue Geschäfte für ein Publikum auf, bei dem das Geld recht locker sitzen muss. Solche "Nein wir verkaufen den Essig nicht in einzelnen Flaschen, Sie müssen schon beide nehmen und die kosten dann über 100 Euro"-Läden, die es nicht geben würde, gäbe es nicht auch diese Kundschaft. Die Strassen der Altstädte sind voll, und ich habe übrigens auch meinen Teil dazu getan, dass dort auch Umsätze entstehen. Es war in einem Restaurant der oberen Mittelklasse in einem kleinen Städtchen an einem Montag Abend recht voll. Das sind alles gute Zeichen, dass man sich wieder mehr leistet. Und das, obwohl die Abwertung von Immobilien weiterhin wie ein Damoklesschwert über Schuldner und Banken hängt.



Es ist sicher noch nicht alles gut, und es bleiben enorme Probleme, aber mein Eindruck ist, dass man sich mit den Risiken langsam arrangiert hat. Es wirkt nicht mehr alles so grau und unlösbar wie vor ein paar Jahren. Die Strukturprobleme des Landes und seiner Wirtschaft sind nicht gelöst, aber Parmesanexporte gehen wohl immer, wie auch der Tourismus. Das ist schon mal was. Das ist auf jeden Fall mehr als nach dem Ausbruch der Krise und dem Erdbeben.

... link (88 Kommentare)   ... comment



: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Dienstag, 28. Januar 2020

Schönheit und Kälte in Mantua

Erkältet, trotz 13 Grad, weil im Januar (!) ohne Mantel nach Mantua gefahren. Wie dumm kann man sein?








... link (228 Kommentare)   ... comment



: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Sonntag, 26. Januar 2020

Wahltag in der Emilia Romagna

Donnogud möchte Italienkorrespondent sein anstelle des Italienkorrespondenten. Deshalb habe ich schon etwas geschrieben.









Ansonsten: Sonnenschein und 10 Grad. Winter für Italiener, Frühling für mich.

... link (2 Kommentare)   ... comment



: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Montag, 20. Januar 2020

Kaufen, wenn die Propagandakanonen donnern

Erinnert sich noch jemand an die Horrorvisionen, die mit dem Wahlsieg von Trump durch die staatlichen deutschen Medien geisterten? Die USA würden eine Weltwirtschaftskrise auslösen, die Aktien würden ins Bodenlose fallen, Trump würde den dritten und letzten Weltkrieg anzetteln, die Menschen würden leiden, seine Handelskriege würden alle scheitern, niemand kann Jobs, noch dazu in der Produktion, aus China holen... lauter so Zeug. Dann hat Trump konsequent seine Wahlkampfversprechen umgesetzt, während die deutsche Politik darum bettelte, iranischen und chinesischen und türkischen Regimespeichel lecken zu dürfen. Trump hat sich einen Dreck darum gekümmert, was die Europäer zur Botschaft in Jerusalem, zur Behandlung der Uno als abgewirtschafteter Stimme der Korrupten und Käuflichen und zum Ausstieg aus dem Pariser Abkommen dachten.

Die Ergebnisse sind bemerkenswert, der Iran ist destabilisiert, Deutschland ist de facto genauso aus den Vorgaben des Pariser Abkommens draussen, nur mit gefälligen Lügen und höheren Strompreisen, die amerikanische Wirtschaft boomt, namentlich in den Flyover States, die aus Sicht der tonangebenden Kreise nur von Rednecks und Ultrareligiösen bewohnt werden. Da kann einer, der wie ein Gast der Bahnhofmission aussieht, dem deutschen Staatsfunk zwar ins Mikrofon rülpsen, das sei der Feind - aber ohne den Umstand zu sehen, dass die deutsche Wirtschaft ohne den Trumpboom längst in einer heftigen Rezession wäre. Was lernt man daraus? Traue keinem, vor allem keinen Sendungen des eigenen Regimes. Denk selbst.



Boris Johnson wird im Negativen oft mit Donald Trump verglichen, aber ich glaube, dass Leute, die etwas vom Bau verstehen, auch etwas von Staaten verstehen. Für mich waren die Londoner Radwege eine bemerkenswerte Entdeckung, denn Johnson hat da wirklich etwas in einer an sich dysfunktionalen Stadt geschafft, woran andere noch Jahrzehnte arbeiten werden.Ich denke, man sieht da recht deutlich, das BoJo etwas kann, und unter der manchmal peinlichen und manchmal schrägen Oberfläche sehr viel mehr an Fähigkeiten steckt, als man glauben mag, wenn man nur die Vorgaben der deutschen Regierung in der ARD hört. Ich weiss gar nicht, wie oft BoJo von den deutschen Medien als endgültiger Verlierer gebrandtmarkt wurde. Jetzt hat er die Wahlen gewonnen, und neben dem Brexit auch noch eine Absage durchgezogen: Die Briten meiden das WEF in Davos. Man nimmt an, weil BoJo nächstes Jahr in London eine Gegenveranstaltung ohne Klimaspinner machen wird, die in Davos gerade so hofiert werden. Wer will sich schon von der Marionette eines profitgierigen Schwedenclans die Agenda diktieren lassen? Ich glaube nicht an den Niedergang der Briten.

Und weil das so ist, kaufe ich britisches Silber. Momentan sind die Preise von Silber und Pfund noch relativ niedrig, und noch gibt es in england relativ viel Bereitschaft, das alte Silber von Tante Sylvie loszuschlagen. Silberpreis +20% ist die Faustregel, nach der ich kaufe, aber die Kanne dort oben hat deutsche Punzen: Die war mit Versand billiger als das Material an sich. Wenn es auf der Insel wieder aufwärts geht, wird der heimische Käufermarkt grosser, reiche Migranten werden zuströmen und Geld mitbringen, statt es vom Staat zu nehmen und bei Western Union Schleppern zu schicken, und das grosse Risiko ist immer noch der Brüsseler Peso und weniger Trump oder Johnson. Der Euro wertet seit vielen Jahren gegen den Realwert Beton ab, und ich denke, es kann gut sein, das er das auch gegen den Realwert Silber tun wird. Ausserdem sind die Freigrenzen beim Zoll, der vermutlich irgendwann bei teureren Dingen kommen wird, nicht so niedrig, dass man mit einer Silberkanne darunter bleiben würde: Es sind gerade noch relativ gute Zeiten, um vorzusorgen und die Bestände weiter aufzufüllen.

Damit man wenigstens noch guten Tee aus schönen Kannen trinken kann, wenn die rosanen Brillen der deutschen Staatspropaganda ihre Attraktivität verlieren.

... link (80 Kommentare)   ... comment



: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Montag, 20. Januar 2020

11

Das ist der offizielle Beitrag zum 11. Geburtstag der Stützen. Aber wie so oft gibt es auch inoffizielle Anmerkungen bei all dem Tollen, das so passiert ist, und die will ich hier als Erkenntnisse niederschreiben. Ich habe natürlich in den letzten 11 Jahren auch viel gelernt. Weniger über das Schreiben als vielmehr über Medien und Menschen.



1. Auf den Chef kommt es an

Entweder er ist jemand, der Treue belohnt, oder er ist es nicht. Wenn da auch nur kleine Zweifel bestehen: Besser nach Alternativen umsehen. Man will so etwas nicht herausfinden, wenn es mal wirklich auf etwas ankommt. Dabei können Chefs durchaus selektiv sein, keine Frage, und manchmal kämpfen, und manchmal fallen lassen. Das ist so. Es lohnt sich nicht, das zu bewerten.

2. Beim nächsten Chef ist alles anders

Und jede Hoffnung, es könnte dadurch etwas besser werden, ist ziemlich fahrlässig. Tatsächlich gibt es gerade beim Onlinebereich eine unendlich grosse Menge von Vollversagern, die sich nur halten können, weil deren Chefs von der Sache nichts verstehen, oder weil es ein Eingeständnis des Versagens wäre, sie zu feuern. Das ist teilweise auch der Grund für ewig langes Mitschleppen erfolgloser Projekte und die Wiederholung alter Fehler. Wenn sich so etwas abzeichnet: Rechtzeitig gehen. Das wird nichts mehr.

3. Leistung zählt sogar manchmal

Aber nicht immer. Viel wichtiger ist, was den Verantwortlichen in ihrer Gesamtstrategie gefällt. Oder was der externe Freund des CvDs an Ideen hat. Oder warum sich der Technikchef vor vier Jahren angepisst fühlte, weil er in einem Meeting Müll vorgeschlagen hat, und jemand das offen ansprach. Es ist ein totaler Irrglaube, alle würden in diesen schweren Zeiten an optimalen Lösungen arbeiten. Die meisten Journalisten auf den warmen Stühlen haben gar nichts kapiert. Langfristiges Denken ist auch oft nicht erwünscht.



4. Wähle Deine Gegner weise

Etliche Leute sind unter Schirrmacher ratzfatz über die Klippe gegangen, weil sie dachten, den blöden Blogger da machen sie fertig. Wenn man diese Degradierungen direkt mitbekommt, lernt man auch, dass man seine Verbesserungsvorschläge idealerweise konziliant vorträgt. Speziell, wenn man Einzelkämpfer ist. Bei Netzwerken mag das anders aussehen.

5. Netzwerke können angeblich helfen

Aber ich habe das auch anders erlebt und habe nicht den Eindruck, dass das System „Gegenseitige Hilfe“ wirklich gut angenommen wird. Der Grund: Es gibt in Medien haufenweise alte Netzwerke, die eine bequemere Position als neue Netzwerke versprechen. Da ist es nur normal, wenn sich kurze Hirne entwickeln, die dann ganz schnell die Seiten wechseln, und als Willkommensgeschenk auch noch Wissen über andere mitbringen. Man gewinnt herzlich wenig.

6. Nichts mit Freunden

Ausser man will nach ein paar Jahren ohne Kontakt, und nachdem man ihnen in einer Krise geholfen hat, im Netz lesen, dass sie gern ein Buch über alle üblen Typen schreiben wollen, die ihnen begegnet sind, und damit Leute meinen, deren Hilfen sie sich jahrelang bedienten (Mein Titelvorschlag wäre da „Ich bekam, was ich verdiente“). Es geht da um Leute, deren anständiges Benehmen betrügerisches „Charme“ sein soll, dem die armen Hascherl erlegen seien. Natürlich sind nicht alle so, aber irgendwann fliegen sie auf die Schnauze, sind unzufrieden, und dann lassen sie es nach Jahren wieder an einem raus, in einer Mischung aus Wut und „warum habe ich das und jenes erzählt, als ich bekifft war“. Obendrein: Man wird nie in der Lage sein, Geschichten so zu schreiben, dass sie es nicht auf sich beziehen. Ich mein,ich kenne aus Radiozeiten eine mediokre Journalistin, die sich ihr ganzes Dasein von Männern auf die warmen Zwangsgebührenpositionen hat tragen lassen, und jetzt über Benachteiligung von Frauen schreibt. Finger weg.



7. Keine Sonderaufträge mit anderen

Man kann die, mit denen einen – durchaus wohlmeinende – Chefs zusammenbringen wollen, nie einschätzen. Der Chef kann sagen, X., machen sie das mit Y., und dann in Urlaub fahren – und dann lässt Y. den X. auflaufen, während er eine langen Begründung an den Chef schreibt, warum das nicht ging. Man betreue keine anderen Autoren mit, man mache für sie nicht die Gespräche, zu denen ihnen der Mumm fehlt, man gebe sich nicht als Intermediär her, man mache einfach sein Ding. So gut wie möglich. Von den anderen vergessen 9 von 10 am Ende auch nur eine Zeile beim Abschied.

8. Das Ansehen bei den Lesern ist wichtiger

Das ist nicht viel, wenn im Zweifelsfall die Hilfe der Kollegen exakt gleich Null ist, aber langsam setzt sich in den Medien die Erkenntnis durch, dass man Autoren mit Fans haben muss, die das eigene Projekt anders als andere machen. Das kann ein veritabler Fluch werden – Stichwörter sind hier Relotius und all die genderqueeren Brülläff_Innen, die die zahlende Kernzielgruppe alte weisse Männer vertreiben – aber ununterscheidbar sind schon genug andere Medien. Den Unterschied macht wirklich die Beziehung zu den gewünschten Zielgruppen aus. Daran sollte man arbeiten. Und mit den Leuten reden.

9. Nie die gute Laune verlieren

Mit Wut und Ärger schreibt es sich nicht gut. Rechner aus, raus aufs Rad, etwas Schönes, Seichtes lesen, Essen gehen, Bekannte treffen. Bis die Wut verraucht ist. Schlimmstenfalls zwei Nächte darüber schlafen und Katastrophentourismus bei anderen machen. Das ist nicht nett, aber mich zum Beispiel erheitern bombastische und teure Medienprojekte, die brutal auf den Grund der Realität laufen. Anderen geht es auch übel, also weiter.



10. Lächeln, denn man ist einer der happy Few

Ich lese meine Texte, und wenn sie nicht gerade gezwungen ernst sind, achte ich auf meine Mundwinkel. Bleiben sie auch nach dem zweiten Lesen noch oben? Dann raus damit, nicht weiter rumpfuschen, es ist gut und was schlecht ist, versendet sich. Lächeln. Das Leben ist schön und es gibt immer gute Alternativen. Schlechte Zeiten brauchen gute Leute. Messer zwischen die Zähne und los. Man hat nichts zu verlieren, denn das Netz gehört allen. Aber man hat viel zu gewinnen, weil gerade alles neu verteilt wird. Nimm, was Du kriegen kannst. Gib nichts wieder her.

... link (26 Kommentare)   ... comment