: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Freitag, 27. März 2020

Grünblauweiss

Quarantäne im Grünblauweiss der Städte.



Grünblauweiss in Grünblauweiss des Tegernsees.



Ich darf das. Als Presse gehöre ich zu den systemrelevanten Berufen, und als Gmundner kann ich mit jedem Recht der Welt an den Tegernsee.

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Donnerstag, 26. März 2020

ZigZag

Dass Mieter etwas vergessen, ist ziemlich normal - manchmal aus Versehen, dann kommen nach Monaten panische Fragen, ob vielleicht dieser und jener Gegenstand noch zu finden sei, ob man eventuell nochmal ein Formular schicken könnte, ob im Hof vielleicht noch das ein oder andere Rad stünde. Man hilft ja gern. Öfters vergessen sie zum Ende auch die Begleichung der Nebenkostenabrechnung, und dann hört man nie wieder von ihnen, sie reagieren nicht auf Mails, und wollen auch nicht, dass man ihre neue Adresse erfährt. Und manchmal kommt beides zusammen. Dann hat die Grossmutter in den 50ern für teures, erspartes eine Husqvarna ZigZag geschenkt bekommen, sie kaum benutzt, gut aufbewahrt, und die Enkelin nahm sie mit, und stellte sie in einer Ecke in der fremden Stadt ab. Wir haben hier so alte Wandschränke, die seit jeher geeignet sind, Dinge darin zu vergessen, und jedenfalls, irgendwann wunderte ich mich, was das für ein grüner Kasten war. Und warum der so schwer ist. Weil voll mit Metall.



So kann man natürlich auch die Nebenkosten begleichen. Wenn es ganz schlecht kommt, suche ich im Netz nach einem Erklärvideo und nähe Masken, die ich dann im Verfahren des - gelernt ist gelernt! - Kartoffeldrucks und Schuhcreme mit Aufschrift versehe:

Kein FFP3! Selbst genäht!
Immer noch besser als alles,
was das Kalifat von
Wirschaffendasistan
dem Volk gibt

Und schreibe einen Beitrag darüber. Eventuell frage ich auch meine Mutter, die zwar Nähen genauso wie Apfelstrudel hasst, aber beides viel besser kann, als sie zugibt. So wie ich in Wirklichkeit besser mit Kindern kann, als ich zugebe. Was wäre das Dasein ohne seine Lügen, sagt man sich eventuell jeden Tag im Robert Koch Institut, und das ist ein gutes Motto für unsere Tage.



Ausserdem habe ich 20 Kilo Äpfel gebunkert und momentan sind die Chancen, an Magenüberfüllung zu sterben, deutlich höher als die durch Corona.

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Mittwoch, 25. März 2020

Über der Stadt

Man kann sich dort oben nicht beschweren.



Man ist erst mal allein, bis dann die Schwalben kommen. Es sind "nur" 15 Meter über der Stadt, aber diese 15 Meter und der leichte, beständige Wind aus dem Westen werden in den kommenden Wochen noch viel ausmachen. Eventuell gehe ich doch noch das Grossprojekt an, und lasse ein richtiges Geländer verbauen. Denn auf den Baustellen tut sich gerade nicht viel, der Handwerker hätte Zeit, und Geld ausgeben ist momentan ansonsten gar nicht so leicht. Die Angebote für britische Silberkannen sind drastisch eingebrochen, die Post aus dem Ausland braucht lang, und das hier ist die vorletzte Kanne, die mich gerade erreicht hat - die letzte Erwerbung ist seit ein paar Tagen irgendwo hängen geblieben.



Es geht bei den Postdienstleistern wohl drunter und drüber, und an Rennradimport aus Italien ist gerade nicht zu denken. Das gibt einem schon zu denken.

Und niemand weiss, wie lange man so eine Dachterrasse in diesen Zeiten noch brauchen wird.

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Dienstag, 24. März 2020

Lieferjunge

Eiskalter Wind aus dem Osten. Immerhin, es könnte auch regnen.



Kein Rennrad, wegen Transportkapazität. Immerhin, es ist keine U-Bahn.



Passend zum Geierschnabelsattel die Meldung aus China, man gehe dem Verdacht nach, das Virus könnte auch die Hodentätigkeit beeinflussen. Das ist das, was mir bei all den Durchseuchungsfreunden Kopfschmerzen bereitet: Niemand kann sagen, was das Ding später noch alles so anstellt. Einfach nicht anstecken, um jeden Preis.

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Montag, 23. März 2020

Routinen

So wirklich anders ist das alles für mich nicht. Ich bin seit jeher im Home Office und obendrein für Büros ungeeignet. Im Studium habe ich mir die meisten Bücher selbst gekauft, damit ich daheim arbeiten konnte. Im Radio habe ich mir ganz schnell eigene Technik beschafft, weil meine chaotische Arbeitsweise zwischen Textdrang und Getrödel nicht zu festen Produktionszeiten passt. Der Rechner und das Internet machen es möglich, und mehr draussen wäre ich bei dem eisigen Ostwind auch nicht. Sollte sich das Wetter dann grundlegend ändern, habe ich neben dem Innenhof einen Freisitz hoch über der Stadt. Blauer ist es auch woanders nicht. Mir fehlen vielleicht die Berge, aber das sind überflüssige Luxussorgen.



Ich bin ohnehin auch gern in meiner Wohnung, weil es meine ist, und ich mir diese Wohnung auch immer gewünscht habe. In diesem Haus bin ich gern, und ich habe den Luxus, dass ich allein mehr Platz als manche Familie bewohne. Aufgrund der Verfügbarkeit ist das ein billiger, jetzt aber sehr wertvoller Luxus. Ich kann radfahren. Ich bin für Besorgungen mehr unterwegs, als ich es sonst bei dieser Kälte wäre. Für mich ist das nicht die erste, sondern mehr schon die dritte Woche im selbstbestimmten Lockdown. Kein Rappel. Keine Krise. Es läuft, und Polster habe ich auch. Ich verstehe die Verzweiflung, die sich bei vielen breit macht, die ungefähr wie ich, aber ohne Rücklagen und festen Auftraggeber arbeiten: Ganz ehrlich, würde ich einen Job haben, in dem direkter Menschenkontakt eine Rolle spielt, und dessen Leistungen nett, aber nicht zwingend nötig sind, würde ich mich umorientieren. Wohin, darauf gibt es keine leichte Antwort, aber in einer kleinen Metropolenwohnung sitzen und darauf zu warten, dass demnächst alles wieder gut wird, ist keine so ganz schlaue Idee. Dafür haben viele im Moment einfach nicht die Ruhe. Der Exzess wird kommen, wenn das Drecksding besiegt ist. Aber das dauert noch.

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Sonntag, 22. März 2020

Auf Halde

Letzten Herbst war beim Schrottplatz so viel angefallen, dass ein paar härtere Entscheidungen getroffen werden mussten - damals gingen sicher an die 100 Laufräder in die Tonne, ein paar Dutzend Räder wurden auch zerkleinert. Damals habe ich einen Transporter voll mit Resten übernommen, mit dem Gedanken, irgendwann die Ersatzteile zu gewinnen und zu lagern. Irgendwann, wie man das halt so sagt.

Jetzt stellte ich beim Aufbau eines Scott Boulder fest, dass hinten zwei Speichen gebrochen waren - und wie kauft man in der Zeit geschlossener Geschäfte ein paar Speichen nach? Gar nicht. Man zerlegt ein Laufrad, von dem man die Nabe aufbewahren wollte, und verbaut die Speichen. Das sollte man angeblich nie tun, aber in der Not... konnte ja keiner wissen, dass wir hier mal so wie mein Bekannter in Burkina Faso arbeiten würde, der ebenfalls mit Schrottteilen Räder auf Vordermann bringt, weil es dort halt keine bezahlbare Lieferung gibt.



Erneuert wurden Kurbel, ein Reifen, die Sattelstütze - gar nicht so leicht, eine in 26,8 zu finden - der Sattel, der Vorbau für gemütlicheres Fahren, die Bremshebel und ein Schalthebel. Und den Gepäckträger habe ich hingebaut. Ich. Gepackträger... unfassbar. Normalerweise wäre das Rad nicht so meines, aber eventuell schreibe ich noch über den Schwarzmarkt und die Beschaffung von Tauschwaren aus dem Umland - und dafür ist es wiederum gut geeignet. Hoffen wir mal, dass es nur ein Witz ist, und nicht die Realität wird.

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Samstag, 21. März 2020

Exzessfrei

Ich habe keine Hamsterer gesehen, nur Leute, die massvoll einkauften. Vielleicht etwas mehr als sonst, aber nicht viel. Schlägereien oder Konflikte gab es keine, und inzwischen wird auch auf Abstände geachtet. Viele Leute tragen Handschuhe. Der Umgang miteinander ist sehr höflich. Sorge ja, Panik nein. Und die Stadt ist doch erkennbar leer. Die ein oder andere Gruppe gelangweilter Jugendlicher müsste vielleicht nicht sein, aber meistens sind es nur 2 oder 3. Von Coronaparty keine Spur.



Im Haus ist der Innenhof gross genug, dass die Bewohner draussen sein können, ohne sich gegenseitig zu belästigen. Vorräte haben alle angelegt, jeder bietet auch an, anderen etwas mitzubringen. Die Stimmung ist friedlich und auf eine surreale Art gefasst; nicht Ferien, aber auch kein Grund, sich von Panik anstecken und unnötig herunter ziehen zu lassen. Alle sind überzeugt, das Virus draussen zu lassen, alle passen auf, und ich wische jeden Tag die Türklinken mit Alkohol ab. Beim Radputzen hatte ich eine Rolle Toilettenpapier unten, und habe sie vergessen: Die steht jetzt noch auf dem Fensterbrett. Ich frage mich, wo andere ihre irren Freaks hernehmen.



Niemand zweifelt am Ernst det Lage, und die Zahlen von heute - Risklayer hat um 23 Uhr schon über 4000 neue Fälle - erklären hinreichend, warum seitens der Politik mehr getan werden muss. Gäbe es Masken, würden die meisten sie wohl auch tragen, aber so bleibt halt gerade nur der Aufenthalt drinnen. Mein Eindruck ist, dass ich deutlich mehr Radler sehe, und vielleicht trägt das alles auch so der Volksgesundheit bei. Gefasstes Verantwortungsbewusstsein, so würde ich das vielleicht umschreiben, und das expectation management, mit dem jetzt den Bürgern mit ihrem verantwortungslosen Verhalten der schwarze Peter für politische Notmassnahmen der Staatsversager zugeschoben wird, hätte es hier nicht gebraucht.



Ich beobachte ein wenig Ebay Kleinanzeigen, ob dort nun vielleicht ein neuer Schwarzmarkt entsteht, jetzt, da die Geschäfte geschlossen sind, und die Menschen viel Zeit haben, die Keller zu leeren. Ich würde das nicht verdammen, auch wenn die Abholung vielleicht gegen die Regeln verstösst: Es bringt die Normalität und die Ablenkung ins Leben, die viele nun brauchen. Es geht halt auf der anderen Seute vieles nicht, was man sonst so tun würde. Und wer kein Hobby hat, kann auch nicht den ganzen Tag vor der Glotze sitzen.Irgendwie habe ich einfach Pech mit den Menschen - es gibt keinerlei Exzess, der zu bemerken wäre. Bleib gesund ist der neue Standard bei der Verabschiedung. Ich bin gespannt, ob das nach dem Ende der Krise erhalten bleibt.

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Donnerstag, 19. März 2020

Die kleinen Geschichten

Ich weiss das von der Arbeit - momentan ist schwerer Druck auf den grossen Nachrichtenseiten, weil jetzt alle wissen wollen, was mit dem Virus ist. National, international, wie es mit Impfstoff aussieht und wie hoch welche Zahlen sind. Neben meinem eigenen Interessensgebiet Italien habe ich aber auch ein Auge auf meine Heimat am Tegernsee - und dort ist der Stand bedenklich: Es gibt 40 Fälle mittlerweile, und man ist sich völlig bewusst, dass die Zahl demnächst schnell ansteigen wird, wenn die Labore neue Befunde liefern. Miesbach hat knapp 100.000 Einwohner, wir sind dadurch mehr betroffen als München oder Berlin, nach offiziellen und, sagen wir wie es ist, mit Sicherheit vollkommen unzutreffenden Zahlen. Auch meine andere Heimat dümpelt gerade mit 4 Fällen der internen Blockade entgegen.



Und: Miesbach ist im Verhältnis nicht weit hinter Tirol zurück, das mittlerweile in einer Art Vollquarantäne ist. Die Ursachen sind hier jedem klar, Corona ist eine Skifahrerseuche und hat sich neben den bekannten Krisenzentren bei Ischgl auch andernorts etabliert - die Skiregionen gleich hinter der Grenze wurden auch schon genannt. Das liegt daran, das so weit gefahren wird, bis der Schnee kommt, mal bin Montafon und manchmal nur Seefeld, und dann wieder bei uns am Spitzingsee. Wegen dem bisserl Husten verzichtet keiner auf die vorab gebuchte Gaudi, die Region war voll ausgelastet, und so wird das alles im Alpenraum von den Jungen herumgeschleppt, und die Alten daheim sterben daran. Bei uns hat man den Mechanismus begriffen, und kann vorsorgen: Einfach ein wenig Abstand zu den Sportiven halten, Tür zumachen und abwarten. Das Landratsamt ist fit, und es gibt Plätze in der Klinik. So richtig scheinen sich die Gruppen Brettlfreunde und alte Millionäre noch nicht vermischt zu haben. Ausserdem wird bei uns schnell getestet, weil man noch konsequent den Kontaktpersonen nachgeht.



Ich frage mich halt, was mit den ganzen Münchnern ist. Die Seuche kann sich bei uns jenseits der Skihütten nicht sonderlich gut verbreiten, weil wir dünn besiedelt sind, und der ÖPNV schlecht ausgebaut wurde. München ist voll mit Skifahrern, München ist eng, München hat all diese Büros und gerade jetzt nur 509 Fälle. Irgendwie erscheint mir das ziemlich wenig zu sein. Und jeder Münchner konnte die letzten Tage weiter an den überfüllten Tegernsee, während Tirol schon strengste Vorschriften macht. Man kann sich nur wundern, und die Obrigkeit sollte nicht erstaunt sein, wenn man Zweifel an ihrem Tun hegt, denn das Problem ist offensichtlich, ohne dass es Folgen oder auch nur klare Warnungen des Staates gäbe. Da passt, logisch betrachtet, einfach vieles nicht zusammen. Und ich wüsste schon gern, warum wir noch immer keinen Aufruf haben, dass sich alle Skifahrer bitte ganz schnell testen lassen sollen. Denn die tragen das weiter. Statt dessen gibt es diese anonymen Zshlen und das schlichte Abwarten.

Da sollte man sich nicht wundern, wenn die Leute selbst anfangen, Vorsorge zu treffen.

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