: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Sonntag, 29. März 2020

Flachland

Natürlich greife ich mir in die Augen. Es geht nicht anders und normalerweise würde jeder denken: Aha, der Arme hat Heuschnupfen. Jetzt passe ich auf, dass mich nach Möglichkeit keiner dabei sieht. Man will schliesslich niemanden beunruhigen. Und zum Glück ist auf den ansonsten häufig befahrenen Strecken noch nicht allzu viel los.



Das ist übrigens der Radfernweg Ulm-Wien, der ungefähr so aufregend und prestigeträchtig wie eine Leberkässemmel ist. Nur was für Alte, im Normalfall. Im Unnormalfall sind alle Hotels und Gaststätten geschlossen, und sogar die Biergärten sind zu - schrecklich. Ganz ganz schrecklich, aber vor allem bedeutet das, dass dieser Radweg und der Umstand, ihn vor der Tür zu haben, in sich auch wieder etwas Besonderes ist. 20km Wald und Fluss in jede Richtung. Man wird bescheidener.



Hügel gäbe es weiter hinten auch, mit vielen Büschen und Bäumen und Pollen am Rande der Höhenmeter. Ich fahre lieber dort, wo ich sicher nach Hause rollen kann, wenn das grosse Niesen beginnt. Und es wird kommen, denn zum 1. Mal seit 2006 kann ich nicht nach Italien. Also fahre ich, solange es noch geht, und harre der kommenden Dinge. Abgesehen davon bin ich besser gelaunt, als ich es angesichts der Kombination Corona/Heuschnupfen sein sollte.

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Samstag, 28. März 2020

Das Tal

Im Netz wird nach Staatskohle geheult. Naja. Davon ist an Tegernsee nichts zu bemerken, dortselbst macht man sich lediglich Sorgen um meine Weinigkeit, weil man doch so viel über die Medienkrise hört. Ich hatte keine Zeit, darüber nachzudenken, ich musste zu viel schreiben. Und trotzdem ging eine ganze Serie über die Kommunalwahl baden.



Ich bin offen gesagt dankbar um diese Ruhe des Reichtums. Es passiert draussen, jenseits des Tales, schon jetzt recht viel, was man keinem wünschen würde, ganz ohne Infektion. Man kann in die Leute nicht hineinschauen, also habe ich schon mal vorsichtig angedeutet, dass Kulanz von meiner Seite durchaus erwartet werden kann, man soll es halt beizeiten sagen, sollte es dick kommen. Ausserdem habe ich für die daheim Nervennahrung gegen den drohenden Lagerkoller gekauft.



Es wäre jetztv die beste Zeit, es wäre auch so nicht viel los, man könnte erste Bergtouren machen und den ersten kleinen Pass bezwingen. Der geht nach Österreich. Da, wo jetzt die Grenzwachen stehen. Ein verzichtbarer Anblick, und die Situation hier ist erkennbar angespannter als an der Donau. Unbegreiflich, wie da manche an Wochenendausflug denken können. Oder es wirkt einfach noch der Glaube nach, das sei eine Grippe.

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Freitag, 27. März 2020

Grünblauweiss

Quarantäne im Grünblauweiss der Städte.



Grünblauweiss in Grünblauweiss des Tegernsees.



Ich darf das. Als Presse gehöre ich zu den systemrelevanten Berufen, und als Gmundner kann ich mit jedem Recht der Welt an den Tegernsee.

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Donnerstag, 26. März 2020

ZigZag

Dass Mieter etwas vergessen, ist ziemlich normal - manchmal aus Versehen, dann kommen nach Monaten panische Fragen, ob vielleicht dieser und jener Gegenstand noch zu finden sei, ob man eventuell nochmal ein Formular schicken könnte, ob im Hof vielleicht noch das ein oder andere Rad stünde. Man hilft ja gern. Öfters vergessen sie zum Ende auch die Begleichung der Nebenkostenabrechnung, und dann hört man nie wieder von ihnen, sie reagieren nicht auf Mails, und wollen auch nicht, dass man ihre neue Adresse erfährt. Und manchmal kommt beides zusammen. Dann hat die Grossmutter in den 50ern für teures, erspartes eine Husqvarna ZigZag geschenkt bekommen, sie kaum benutzt, gut aufbewahrt, und die Enkelin nahm sie mit, und stellte sie in einer Ecke in der fremden Stadt ab. Wir haben hier so alte Wandschränke, die seit jeher geeignet sind, Dinge darin zu vergessen, und jedenfalls, irgendwann wunderte ich mich, was das für ein grüner Kasten war. Und warum der so schwer ist. Weil voll mit Metall.



So kann man natürlich auch die Nebenkosten begleichen. Wenn es ganz schlecht kommt, suche ich im Netz nach einem Erklärvideo und nähe Masken, die ich dann im Verfahren des - gelernt ist gelernt! - Kartoffeldrucks und Schuhcreme mit Aufschrift versehe:

Kein FFP3! Selbst genäht!
Immer noch besser als alles,
was das Kalifat von
Wirschaffendasistan
dem Volk gibt

Und schreibe einen Beitrag darüber. Eventuell frage ich auch meine Mutter, die zwar Nähen genauso wie Apfelstrudel hasst, aber beides viel besser kann, als sie zugibt. So wie ich in Wirklichkeit besser mit Kindern kann, als ich zugebe. Was wäre das Dasein ohne seine Lügen, sagt man sich eventuell jeden Tag im Robert Koch Institut, und das ist ein gutes Motto für unsere Tage.



Ausserdem habe ich 20 Kilo Äpfel gebunkert und momentan sind die Chancen, an Magenüberfüllung zu sterben, deutlich höher als die durch Corona.

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Mittwoch, 25. März 2020

Über der Stadt

Man kann sich dort oben nicht beschweren.



Man ist erst mal allein, bis dann die Schwalben kommen. Es sind "nur" 15 Meter über der Stadt, aber diese 15 Meter und der leichte, beständige Wind aus dem Westen werden in den kommenden Wochen noch viel ausmachen. Eventuell gehe ich doch noch das Grossprojekt an, und lasse ein richtiges Geländer verbauen. Denn auf den Baustellen tut sich gerade nicht viel, der Handwerker hätte Zeit, und Geld ausgeben ist momentan ansonsten gar nicht so leicht. Die Angebote für britische Silberkannen sind drastisch eingebrochen, die Post aus dem Ausland braucht lang, und das hier ist die vorletzte Kanne, die mich gerade erreicht hat - die letzte Erwerbung ist seit ein paar Tagen irgendwo hängen geblieben.



Es geht bei den Postdienstleistern wohl drunter und drüber, und an Rennradimport aus Italien ist gerade nicht zu denken. Das gibt einem schon zu denken.

Und niemand weiss, wie lange man so eine Dachterrasse in diesen Zeiten noch brauchen wird.

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Dienstag, 24. März 2020

Lieferjunge

Eiskalter Wind aus dem Osten. Immerhin, es könnte auch regnen.



Kein Rennrad, wegen Transportkapazität. Immerhin, es ist keine U-Bahn.



Passend zum Geierschnabelsattel die Meldung aus China, man gehe dem Verdacht nach, das Virus könnte auch die Hodentätigkeit beeinflussen. Das ist das, was mir bei all den Durchseuchungsfreunden Kopfschmerzen bereitet: Niemand kann sagen, was das Ding später noch alles so anstellt. Einfach nicht anstecken, um jeden Preis.

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Montag, 23. März 2020

Routinen

So wirklich anders ist das alles für mich nicht. Ich bin seit jeher im Home Office und obendrein für Büros ungeeignet. Im Studium habe ich mir die meisten Bücher selbst gekauft, damit ich daheim arbeiten konnte. Im Radio habe ich mir ganz schnell eigene Technik beschafft, weil meine chaotische Arbeitsweise zwischen Textdrang und Getrödel nicht zu festen Produktionszeiten passt. Der Rechner und das Internet machen es möglich, und mehr draussen wäre ich bei dem eisigen Ostwind auch nicht. Sollte sich das Wetter dann grundlegend ändern, habe ich neben dem Innenhof einen Freisitz hoch über der Stadt. Blauer ist es auch woanders nicht. Mir fehlen vielleicht die Berge, aber das sind überflüssige Luxussorgen.



Ich bin ohnehin auch gern in meiner Wohnung, weil es meine ist, und ich mir diese Wohnung auch immer gewünscht habe. In diesem Haus bin ich gern, und ich habe den Luxus, dass ich allein mehr Platz als manche Familie bewohne. Aufgrund der Verfügbarkeit ist das ein billiger, jetzt aber sehr wertvoller Luxus. Ich kann radfahren. Ich bin für Besorgungen mehr unterwegs, als ich es sonst bei dieser Kälte wäre. Für mich ist das nicht die erste, sondern mehr schon die dritte Woche im selbstbestimmten Lockdown. Kein Rappel. Keine Krise. Es läuft, und Polster habe ich auch. Ich verstehe die Verzweiflung, die sich bei vielen breit macht, die ungefähr wie ich, aber ohne Rücklagen und festen Auftraggeber arbeiten: Ganz ehrlich, würde ich einen Job haben, in dem direkter Menschenkontakt eine Rolle spielt, und dessen Leistungen nett, aber nicht zwingend nötig sind, würde ich mich umorientieren. Wohin, darauf gibt es keine leichte Antwort, aber in einer kleinen Metropolenwohnung sitzen und darauf zu warten, dass demnächst alles wieder gut wird, ist keine so ganz schlaue Idee. Dafür haben viele im Moment einfach nicht die Ruhe. Der Exzess wird kommen, wenn das Drecksding besiegt ist. Aber das dauert noch.

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Sonntag, 22. März 2020

Auf Halde

Letzten Herbst war beim Schrottplatz so viel angefallen, dass ein paar härtere Entscheidungen getroffen werden mussten - damals gingen sicher an die 100 Laufräder in die Tonne, ein paar Dutzend Räder wurden auch zerkleinert. Damals habe ich einen Transporter voll mit Resten übernommen, mit dem Gedanken, irgendwann die Ersatzteile zu gewinnen und zu lagern. Irgendwann, wie man das halt so sagt.

Jetzt stellte ich beim Aufbau eines Scott Boulder fest, dass hinten zwei Speichen gebrochen waren - und wie kauft man in der Zeit geschlossener Geschäfte ein paar Speichen nach? Gar nicht. Man zerlegt ein Laufrad, von dem man die Nabe aufbewahren wollte, und verbaut die Speichen. Das sollte man angeblich nie tun, aber in der Not... konnte ja keiner wissen, dass wir hier mal so wie mein Bekannter in Burkina Faso arbeiten würde, der ebenfalls mit Schrottteilen Räder auf Vordermann bringt, weil es dort halt keine bezahlbare Lieferung gibt.



Erneuert wurden Kurbel, ein Reifen, die Sattelstütze - gar nicht so leicht, eine in 26,8 zu finden - der Sattel, der Vorbau für gemütlicheres Fahren, die Bremshebel und ein Schalthebel. Und den Gepäckträger habe ich hingebaut. Ich. Gepackträger... unfassbar. Normalerweise wäre das Rad nicht so meines, aber eventuell schreibe ich noch über den Schwarzmarkt und die Beschaffung von Tauschwaren aus dem Umland - und dafür ist es wiederum gut geeignet. Hoffen wir mal, dass es nur ein Witz ist, und nicht die Realität wird.

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