Reich.

Was vielleicht mal ganz nett waere: Ein Reichtumsbericht. Ein Bericht, der nicht die Armut der "da unten" beschreibt, sondern das, was oben los ist. Tucholsky hat das mal mit "Deutschland Deutschland ueber alles" probiert, und es blieb nicht ohne Wirkung. Ich denke, mit einem Reichtumsbericht koennte man das Problem besser verdeutlichen, als mit all den immer wiederkehrenden Klagen ueber die auseinandergehende Sozialschere. Uebles Wort, finde ich. Da braucht es etwas Griffigeres. Mindestlohn sowieso.

Montag, 19. Mai 2008, 14:52, von donalphons | |comment

 
Hm,
das wäre mal einen Versuch wert. Ich fürchte nur, interessierte Kreise wären schnell zur Hand, etwaige aufkommende Diskussionen als "neidgetrieben" zu diffamieren.

Ich erinnere mich an eines der letzten Editorials von Ulf P. in Vanity Fair, wo er sich mal wieder beklagt hat, dass der Protzkultur (so hat er das natürlich nicht genannt) hierzulande nicht so ungehemmt das Weihrauchfass geschwenkt wird wie etwa in Amiland. Dies wäre der Tatsache geschuldet, dass die Deutschen so gleichheitsgeil wären. Einen ähnlichen Tenor lese ich auch aus vielen Artikeln in der "Welt" und anderswo heraus. Da wird meiner Beobachtung nach immer noch so getan, als müsste jeder, der mal paar kritische Nachfragen zur Einkommensverteilung stellt, der von Moskau ferngesteuerten fünften Kolonne angehören.

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Neid ist doch harmlos. Wenn der Reichtum wirklich transparent und drastisch kommuniziert werden würde, wäre das gesellschaftpolitischer Sprengstoff.

Nachtrag: Die politische Diskussion um das Thema lebt von Kleinigkeiten, die aufgebauscht werden, damit das grosse Ganze im Nebel verschwindet.

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Eigentlich liegt Ulf P. schon ganz richtig. Ohne gezielte Ungleichbehandlung wird sich die perverse Anhäufung von Geld nicht wieder rückgängig machen lassen. Sie ist ja auch nur durch Ungleichbehandlung entstanden.

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Schöne Vorstellung, so ein Bericht - der allerdings einigermaßen sachlich (wie der Armutsbericht) die Fakten nennen müsste.

Den dummen Totschläger "alles nur Neider" hat schon Consul Weyer immer dann herausgeholt, wenn jemand mal kritisch nachgefragt hat. Strohdumm, aber wirkungsvoll: Dass der Reichtum evtl. nicht ganz gerecht verteilt ist, kann gar nicht kritisiert oder diskutiert werden, denn wer das tut, ist ja nur neidisch.

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Reichtum wird in der Regel vererbt, selten erarbeitet.

Einfach das Vererben abschaffen. Wenigstens das was über 1 Million hinausgeht.

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Satt.
Mein Eindruck ist, dass der entschiedenste Widerstand gegen vernünftige Mindestlöhne bevorzugt von denen kommt, die sich selbst bereits ihren Mindestlohn gesichert haben.

Z.B. Rechtsanwälte (BRAGO), Zahnärzte, "liberale" Parteipolitiker (Diäten), Top-Manager (mit Millionen-Gehältern), Wirtschaftsprofessoren (staatlich angestellt, allzu üppig bezahlt), deren Assis sowie Unternehmensberater (nur echt ab 1.000,- Euro Tagesgage).

Die ärgern sich z.B. darüber, dass sie ihrer Putzfrau sieben Euro die Stunde geben müssen und nicht großzügige zwei Euro fuffzig, wie sie es eigentlich sehr viel lieber hätten. Dass man Hartzvierlinge nicht einfach mal hungern lassen kann, das verstimmt diese "Elite" zunehmend.

Je eher aber Tuchfühlung mit den Normalbürgern in diesem Land besteht, umso größer ist das Verständnis für die Forderung eines Mindeslohns.

Zufall?

P.S.
So manchen Reichtumsbericht kann ein Boots- und Yachtenbauer abliefern. Wenn man diese Handwerker gründlicher befragt, dann hört man in verschiedensten Varianaten: Geld verdirbt den Charakter. Jedenfalls, scheint diese Gefahr wirklich vorhanden zu sein.

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So manchen Reichtumsbericht kann ein Boots- und Yachtenbauer abliefern.

falls das, was wie reichtum aussieht, nicht doch bloss gepumptes geld ist.

vermutlich ist sehr viel mehr gepumptes geld zu sehen, als man beim ersten blick annimmt. machen schon welche dafür reklame, dienste für den umzug ins elsass zu leisten, weil da die privatinsolvenz noch leichter und schneller geht.

strappato hat das mit den nebelkerzen schon gesagt. man schaut aufs einkommen und lenkt damit von denen ab, die vermögen, möglichst noch vererbtes vermögen haben. nur so als beispiel, um das typische am einzelfall zu belegen: siehe die berichterstattung und die so geknetetete öffentliche meinung hinsichtlich dem verbrecher hartz und dem ehrenmann piech.

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Die Frage ist, muss man ihn als Sozialdoku auf RTLII drehen, um die Zielgruppe zu erreichen?

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Ich denke, es sollte überall ein wenig bekannt werden, was das bedeutet, welche Facetten es hat und was getan werden sollte, Anreize zu bieten und dennoch eine Ausgewogenheit zu wahren. Das kriegt man nicht auf RTLII-Niveau, aber ich warne davor, immer gleich die Deppenschiene zu bedienen. Arm ist nicht gleich dumm.

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die hunde bellen, und die karawane ist längst woanders:

augenblicklich ist man dabei, denen, die sich noch nicht für arm halten, vorzurechnen, dass die sgb-zwo berechtigten sich im vergleich zu ihnen besser stünden.

gerade die csu ist eben dabei, steuerliche erleichterungen und schuldenabbau zu fordern, und das alles noch gleichzeitig. und keiner, der sagt, das lügt ihr.

die entlastung der erwerbstätigen soll eine senkung der lohnnebenkosten bringen, man braucht ja nicht extra darauf hinzuweisen, das nur bei gleichzeitigem abbau der leistungen der sozialversicherung geht. daher scheint mir im augenblick der wind zu wehen - mehr freiheit durch mehr lohn und dabei selbstverantwortung, so wird das dann verkauft.

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Gute Idee. Mach Dich direkt mal dran, sobald Du wieder im Lande bist. :)

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Eine Frage
Was wäre denn die Def. von "reich"? Und die Abgrenzung zu "wohlhabend"?

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Ich meine, Reichtum definiert sich ab einem Monatsnettoeinkommen von 7500 Euro aufwärts (pro Person, nicht pro Haushalt) bzw. ab einem Gesamtvermögen von 500 000 Euro.

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Statistisch ist reich, wer als Alleinstehender über mehr als 3418 Euro netto im Monat verfügt. Familien mit zwei Kindern ab 7178 netto im Monat (Armutsbericht des Bundes). Ob man nun Reich oder Wohlhabend sagt...

Exakte Zahlen zum Gesamtvermögen würden mich mal interessieren. Insbesondere auch wie das berechnet wird.

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Ein Gesamtvermögen von 500.000 € hätte ich noch in die Kategorie "wohlhabend" gesteckt.
Womöglich ist aber allein der Begriff des Wohlstandes nicht mehr diskutabel, in dem Sinne, dass nur noch nach oben/unten gewertet wird.

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Mal alle wissenschaftlichen Definitionen außen vor gelassen: Bei einem Gesamtvermögen von 500 000 Euro und einer grob angenommenen Durchschnitts-Jahresrendite von 5% käme man auf Einkünfte von gut 2000 Euro monatlich, für die man nahezu keinen Handschlag tun muss (bei vollständigem Erhalt des Vermögens, wohlgemerkt). Vor Steuern und ohne Berücksichtigung der Inflation zwar, aber ich finde, das ist trotzdem ein Wort. Manche Menschen arbeiten vermutlich ihr Leben lang 40 Stunden pro Woche, ohne jemals ein Einkommen in dieser Höhe zu erreichen.

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Nichts gegen 500.000 €, aber wenn ein normales Einfamilienhaus in der Münchener Umgebung 400.000 kostet, relativiert sich das mit dem Vermögen.

Da zeigt sich genau das gleiche Phänomen wie auch in Talkshow-Runden. Die Grenzen werden zu tief angesetzt, weil Statistiken das wahre Ausmass verschleiern. Da wird mit Durchschnittseinkommen, Nettoäquivalenzeinkommen, mit Guthaben oder Aktienbesitz hantiert, aber es wird nicht fassbar. Reichtum ist diskret. Wer ein wenig in die Zirkel der Finanzkraft und Anlagestrategien reingerochen hat, ist erschlagen von dem Vermögen, das sich hier tummelt. Die lachen innerlich über solche Diskussionen wie "500.000 Euro" oder 100.000 Nettojahresverdienst. Kein anderes Land dieser Erde, mit Ausnahme der USA, beherbergt so viele Milliardäre wie Deutschland. Alleine die in Hamburg könnten den Ärzten die geforderten 4,5 Milliarden € mehr pro Jahr 6-7 Jahre lang zahlen. Übrigens der Betrag, den nur die deutschen Juweliere mit Schmuck und Uhren 2007 umgesetzt haben. Keine Produkte, die man sich aus Not kauft.

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wohl wahr, strappato.

es geht nicht um einkommen, sondern um vermögen. und da interessiert uns auch nicht der omma ihr klein häuschen, wie gesagt, in münchen gibts das für eine halbe mio eur, ohne dass man dafür etwas übermässig besonderes hat.

nochmal: das was seinen wohlstand zur schau stellt, ist nicht reich, wer protzt, kann auch ein zuhälter sein. den richtigen, den alten reichtum sieht man nicht. man soll ihn auch nicht sehen, denn das kann gefährlich werden, wie ein herr albrecht oder ein herr reemtsma aus erfahrung wissen.

wer millionäre sehen will, kann ja mal aufs land fahren.
so ein kleinerer landwirt, mit einem hof mit hundertfünfzig hektar, der, die entsprechende ausrüstung vorausgesetzt, von zwei leuten umzutreiben ist, den grund, die gebäude und die austattung zusammen, so einer ist schon ein vermögensmillionär - wenn er keine schulden hat. dass ein facharbeiter beim audi ein höheres einkommen hat, und dazu 30 tage bezahlten urlaub, ist etwas anderes.

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Na ja, de facto bedeutet das eben aber auch, dass für fleißig arbeitende (und nicht vermögende) normale Bevölkerungsschichten die Einfamilienhäuser um München herum überhaupt nicht mehr erschwinglich sind. In der Relation empfinde ich ein Vermögen, das dies ermöglicht, schon als "Reichtum". Dass es noch andere Kategorien oben drüber gibt, streite ich ja nicht ab.

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die überlegung ist eine ganz andere.

sie geht etwa so:
wenn ich mich mit 65 zur ruhe setzen will, und dann jeden monat 1.000 eur verbrauchen will (zusätzlich zu meiner rente von eur 1.000 - die ich auch nur dann bekomme, wenn ich jahrzehntelang für etwa 2.200 eur beiträge bezahlt habe, an frau und kinder denke ich in dieser rechenaufgabe noch nicht einmal) wieviel muss ich dann auf der hohen kante haben?

die alternative überlegung:
spare in der not, da hast du zeit dazu.

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radikal gedacht leben wir in einer neuen form des feudalismus. knapp 10 prozent alter adel und neuer geldadel plus ministerialen verschiedenster ausprägung (grossanwälte, chefärzte, manager, chefpolitiker, cheffunktionäre und andere) sitzen oben, die masse sitzt unten und zahlt steuern. ich weiss noch, wie empört ich als junger mensch in der schule über den zehnten war - jetzt zahl ich seit jahren als angestellter ohne leitungsfunktion höchststeuersatz. schaut euch doch mal an, wer sich wirklich frei durch diese welt bewegt, wer die teueren infrastruktureinrichtungen wie theater, opernhäuser, flughäfen, luxushotels, edelrestaurants, privatschulen etc. wirklich ständig nutzt und nicht nur alle paar wochen mal oder einmal im jahr im urlaub. business-dreck: das sind auch nur kleine lästige lichter.

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Dazu passt, was gestern im Bayernteil der Süddeutschen zu lesen war (wohl nicht online):

Die reiche Stadt Ingolstadt scheint kein Geld übrig zu haben für eine karitative Einrichtung (Strassenambulanz St. Franziskus) in der Essen, etc. an Bedürftige ausgeteilt wird.

1999 waren es nur 50 Menschen, heute sind es 1500, die darauf angewiesen sind. Anscheinend sind da auch Leute dabei, die Ganztagsjobs haben, aber mit dem was sie verdienen nicht mehr über die Runden kommen.

Es stand da noch einiges mehr über die Art und Weise, wie man in Ingolstadt mit Leuten, die in eine soziale Notlage geraten sind, umgeht.

Auch im reichen Bayern sind immer mehr Menschen auf kostenlose Lebensmittel angewiesen.

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...wer die teueren infrastruktureinrichtungen wie theater, opernhäuser, ...wirklich ständig nutzt...

volker pispers sagte es sinngemäss so:
jeder einzelne sessel im thater wird pro vorstellung mit hundert euro subventioniert.
sie sind doch auch einer von denen, die über die hohen steuern jammern. ja, gehen sie mal wieder ins theater. und wenn sie öfters kommen, vielleicht machen sie noch ein geschäft dabei.

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Reichtumsbericht
Kaum sind ein paar Wochen vergangen, wird die Idee schon aufgegriffen!

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