Demokrat unter Fürsten
Ich habe keine Ahnung, wer eigentlich Säulenkapitelle, Augen mit Kurven drin, Netzstecker und Fernbedienungen lesen soll - ich würde gern Menschen lesen. Aber wir haben 2011 und solche Entscheidungen werden getroffen. Andererseits rauschen die Medien (und Blogs) in eine klare Marktsättigung hinein, die nur noch über SEO-Verteilungskämpfe kaschiert wird, mit Gegnern wie G+ und Facebook, die das ganze Aufmerksamkeitssystem weit mehr fragmentieren, als es Blogs je getan haben. Zeitungen denken gemeinhin, dass ihr guter Name schon irgendwie reichen wird. Sie können von der Marktdominanz im Print zu einer drittklassigen Regionalfraktion im Internet abgestiegen sein, weit, weit hinter den Contentangeboten von T-Online - aber auch 10 Jahre in dieser dritten Onlineliga ändert nichts am Selbstbild, dass man es kann, dass man gut ist und der Weg der richtige ist.
Meine Erfahrung sagt mir, dass Medienmacher und Medienmanager oft gar nicht mehr lesen, was in ihrer eigenen Zeitung steht. Man sieht das sehr schön, wenn Beiträge krasse Formatierungsfehler enthalten und die Redaktion 24 Stunden oder Tage braucht, das nach Meldung zu ändern. Man hört das aber auch in persönlichen Gesprächen; Journalisten ärgern sich gern über das Internet, leben aber selbst genauso verklebt mit Informationssträngen mit kurzen Aufmerksamkeitsspannen. Bücher lesen? Ach was.
Und das ist ein Problem, denn ich würde ihnen wirklich ein Buch ans Herz legen: Die Karthause von Parma. Darin kann man lesen, wie das allgemeine Leben an den drittklassiger, verstaubten Höfen in Italien ist, die in Zeiten cder Restaurationsbemühungen ihrem Verderben entgegenwanken. Stendhal hat die Charaktere erfunden, aber vermutlich wurden sie nie treffender und glaubwürdiger in ihrem unbeweglichen Überdruss beschrieben. Das Herzogtum Parma von Stendhal mit seinem Hass auf Veränderungen kann durchaus als Vorbild der Informationsduodezhöfe und ihrer Intriganten Minister gelten, bis hinunter zu jenen, die das Elend erkennen - und einen Teufel tun, um etwas zu ändern. Schliesslich profitieren sie auch selbst, sehen sich als Opfer der Umstände, können auch bei edlen Motiven einfach nichts tun, und wenn sie es versuchen, findet sich immer jemand, der für die Wahrung des Besitzstandes und das Beibehalten der Hofschranzen blockiert.
So kann man eine Weile - aber auch nicht immer, die Handlung des Buches mündet in einen kalten Staatsstreich - politisch überleben, wenn die Untertanen unter Kontrolle sind. Das Internet ist da ein klein wenig anders, es gibt keine Zwänge, irgendwo zu sein, selbst wenn Google, T-Online und Facebook versuchen, die Nutzer mit Erlebniswelten so weit wie möglich einzusperren. Ob das klappt, ist eine andere Frage, aber in den drittklassigen deutschen Provinzfürstentümern gehört man sicher nicht zu den Gewinnern der Entwicklung.
Mit den Helden des Buches nimmt es bestenfalls nur ein begrenzt gutes Ende; Stendhal ist so freundlich, manchen das Geschenk der Liebe zu gewähren, bevor er sie auslöscht, und der Name des Buches erklärt sich aus dem Rückzugsort, den der Held letztlich wählt, um Parma zu entgehen. Die Stadt weiss schon, warum sie aus diesem ihren literarischen Weltruf eher wenig machen möchte, aber immerhin kann sie sich entscheiden, denn Städte leben auch in Schande weiter, wenn Medien in Langeweile längst vergangen sind.
Ich denke, die Antwort sind kleine, funktionierende Lösungen, die autonom existieren können. So etwas wie dieses Blog, das ist meine kleine Gedankenwelt wie die von Fabrizio im Kerker, die mir keiner nehmen kann. Die kleine, schlanke, eigenverantwortlich funktionierende Einheit hat Zukunft, sie überlebt allein und im Verband mit anderen. Es ist nicht so, dass manche das nicht begriffen haben - eines der letzten ernsthaften Abwerbeangebot kam von jemandem, der mich bezahlen und dann an die FAZ zurückvermieten wollte - aber ich habe das alles zum Glück nicht nötig. Ich habe hier ein Blog, das ich auf eine Art Flickr umschalten kann, wenn es mir passt, ich halte niemanden und nehme mir die Freiheiten, die ich brauche. Das garantiert noch keinen wie auch immer gearteten Erfolg, aber es macht mir Freude, und als Autogrammpostkartenunterschreiber möchte ich ohnehin nicht enden.
Übrigens, um auch unsere eigene kleine Welt nicht zu vergessen, wurde Adnation ohne Angabe des Kaufpreises inzwischen an Mokono verkauft, den Betreiber von Blog.de, der mal anteilsweise zu Burda gehörte und jetzt eine Tochter einer SEO-Firma namens Populis ist. Marktbereinigung auch unter Blogduodezfürsten. Ganz ohne Bohei und Interview bei SPONschleim. Das Netz ist gross. Und es rächt sich an allen, die in ihm zu gross werden wollen.
"aufgrund von Wartungsarbeiten steht Ihnen unser Angebot zurzeit nicht zur Verfügung. Bitte haben Sie etwas Geduld und versuchen Sie es ab 11:30 Uhr noch einmal."
Vielleicht haben die Techniker dort nun auch gemerkt, dass z.B. ein Gumprecht-Kommentar bisher gar nicht möglich war (und er deshalb bisher Null Kommentare hatte).
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Man arbeitet am System.
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"Wir wollen die Qualität der Nutzerdiskussionen stärker moderieren. Bitte haben Sie deshalb Verständnis, dass wir die Kommentare ab 19 Uhr bis 8 Uhr des Folgetages einfrieren. In dieser Zeit können keine Kommentare geschrieben werden. Dieser "Freeze" gilt auch für Wochenenden (Freitag 19 Uhr bis Montag 8 Uhr) und für Feiertage."
Heute ist Feiertag
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Da bekommt man beim login immer Fehlermeldungen. Am Passwort liegt es nicht.
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ES IST 11.31 UHR UND DIE FAZ-BLOGS GEHEN IMMER NOCH NICHT!!!!!!!! ICH KÜNDIGE MEIN ABO!!!!!!
oder so.
So richtig scheint es nicht zu klappen: Jetzt ist der Zeitpunkt, ab dem es wieder funktionieren soll, auf 12.30 Uhr weiterdatiert worden.
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ab 12.30 heisst ja nicht um 12.30, das sollte man berücksichtigen.
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Der Hass auf die Nutzer ist gross, merkt man doch im direkten Kontakt, dass es die Kunden sind und keine Idioten, die man abspeisen kann.
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Die Social Media-Angebote großer Unternehmen kennen in der Regel übrigens keine solch starren Bürozeiten. Da lässt man sich halt von entsprechenden Agenturen unterstützen, wenn die eigenen Community-Leute Feierabend oder Wochenende haben.
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Gut, da haben es die NZZ-"Blogger" leicht, denn da kommentiert schon mal niemand.
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Genau das fände ich als Autor eigentlich ideal... von der Klugheit meiner Leser zu profitieren.
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Nur kann man sich 20 Minuten später schon nicht mehr erinnern, worum es ging. Irgendwie staatstragend und ausgewogen, auf jeden Fall absolut überflüssig.
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Jetzt mal ehrlich: das muss man von Mitarbeitern erst mal verlangen können. Ich weiß schon, was der erste Satz wäre, der da zurückkommt: "Dafür verdiene ich zu wenig."
Ich weiß es ja sehr zu schätzen, dass der Hausherr so etwas tut. Aber im normalen Medien-Betrieb sind die Mitarbeiter, sicherlich zu Recht, nicht bereit das zu tun. Und man kann es ihnen irgendwo auch nicht verdenken…
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Dann sollten es auf jeden Fall mindestens zwei Personen sein, die im Schicht-Betrieb arbeiten. Die sollten sich mit der Sache wirklich identifizieren können und gut genug dafür bezahlt werden. Damit sich die entsprechenden Mitarbeiter damit identifizieren können, muss es am Ende des Tages aber schon um etwas mehr als die Gewinne des Verlages gehen. Da muss ein übergeordnetes Ziel her.
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Davon können Sie ausgehen. Zumal Leiharbeit und Lohndumping auch dort um sich greifen. Akademiker, die für ihre 40 und mehr Stunden die Woche dann mit monatlich 1.700 bis 1.800 Euro netto nach Hause gehen. Die haben alle eine geballte Faust in der Tasche und - nach Tarif, also gut, bezahlte - Vorgesetzte, die Personalführung und Mitarbeitermotivation nie gelernt haben und in den meisten Fällen nicht intuitiv beherrschen - im Gegenteil: Nicht gemeckert ist in deren Augen schon genug gelobt. Hab' da schon etliche schlimme Geschichten gehört.
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Heute habe ich eine gute Bezahlung und Führungskräfte, die echte Mentoren sind – also auch in jeder Lebenslage weiterhelfen können. Grob gesagt ist der Unterschied einfach der: Man ist nicht nur Mitarbeiter, sondern auch Mensch. Und als solcher etwas wert.
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Sonst könnte ich mir ja gleich eine Zeitung kaufen!
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Das Webangebote der FAZ ist groß und komplex, natürlich macht das die Sache nicht einfacher. Aber was die Techniker bisher abgeliefert haben...
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"Un amant qui craint les voleurs, n'est pas digne d'amour." ("Ein Liebender, der die Diebe fürchtet, ist der Liebe nicht würdig.") Was sowohl zum Herrn Beyle/Stendhal passt als auch zur Eisengitter-Mentalität der Verlage.
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Und wo sind die Blogs hin? Sind die jetzt weg?
PS: Jetzt sind sie da. Ziemlich weit oben, gefällt. Aber die Fotos der Autoren waren besser, stimmt schon.
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Jetzt sieht die Seite wie aus dem Wordpress-Themenbaukasten "Journalist" aus.
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Keine Ahnung, wer diese Idee bei der FAZ hatte oder denen dazu geraten hat, jedenfalls war's keine gute.
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Ich setze mich jetzt in die Sonne.
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ich will das klicken (und nur möglichst wenig klicks ingesamt wenn ich bitten darf) und dann muss das da sein. so wie ich das lesen kann. egal ob auf gammelobst oder normaler Dose... !
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Bon Appetit!
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Jetzt aber hoffentlich
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Da fragt doch tatsächlich einer nach, ob der US Präsident eigene Bürger umbringen lassen darf, ohne wenigstens hinterher irgendwelche Beweise für die Notwendigkeit vorzulegen.
http://www.youtube.com/watch?v=c6bgwZGZiIo
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"...denn Städte leben auch in Schande weiter, wenn Medien in Langeweile längst vergangen sind."
das ist sprache. ein halbsatz, aber meine fresse, der ist es.
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Sorry, was da von der FAZ abgeliefert wird, ist unterirdisch. 2011 wäre das vielleicht noch OK gewesen, aber hallo, wir haben bald 2012.
Da würd ich mir vielleicht wirklich lieber eine Printausgabe kaufen, die kann man wenigstens anständig lesen.
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Dass die NYTimes das als Weltmarktführer machen kann und mit ihren Beitragsmengen machen muss, ist die eine Seite. Aber die FAZ ist weder Marktführer noch stellt sie genug Material online, um das Konzept sinnvoll erscheinen zu lassen. Also jetzt mal in meinen Augen.
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