Ich will ja nicht zynisch sein

aber was mir bei der Barock- und Tortenfahrt tatsächlich im Kopf herumging, ist diese Geschichte aus der besetzten Schule in Berlin, wo es nach einer ganzen Reihe von Gewalttaten unter den Bewohnern jetzt den ersten (und hoffentlich letzten) Toten gab. Und dasss in den Tagen zuvor auch schon andere aneinandergeraten waren, und man das mehr oder weniger als Betriebsunfall abgetan hat. Wer die Twitterstreams derjenigen las, die sonst gerne schreiben, Fküchtlinge seien willkommen, las darüber: Nichts. Vorher nicht und danach auch nicht.





Es ist unendlich wichtig, dass die Verbrechen des NSU öffentlich gemacht werden, mitsamt den Folgen, die sie für unsere zusammenwachsende Gesellschaft haben. Es ist genauso wichtig, dass die Inlandsgeheimdienste ausgeräuchert werden, und ich denke auch, dass da früher oder später die Wahrheit ans Licht kommt. Es ist wichtig zu verstehen, welche Prozesse fatale Folgen haben können, um sie in Zukunft zu vermeiden. Man muss den Nazis in diesem Land mit voller Repression begegnen, selbst wenn nach meiner bescheidenen Meinung auch eine Grenze gezogen werden muss: Gegen Nazis darf nicht heissen, dass man denen das Feld überlässt, die zwischen Nazis, Polizei und Kapitalismus keinen Unterschied machen. Jene, die aber auf der anderen Seite Flüchtlinge missbrauchen, um de facto rechtsfreie Räume wie in jener Schule zu schaffen, die dann eben auch ausser Kontrolle geraten. Der absolut nichtige Anlass - die Reihenfolge beim Duschen - zeigt eigentlich überdeutlich, wie aufgeladen und kaputt dort die Stimmung sein muss. Ein Mensch ist tot, wegen einer Nichtigkeit.





Bei allem Entsetzen über den NSU hatte ich dennoch den Eindruck, dass der Fall etwas bewegt. Es ist ein Fall, der aufzeigt, wie Vorurteile ausgehen können, und zwar nicht nur bei den Nazis, sondern auch bei den versagenden Behörden und den Menschen, die das alles über all die Jahre so hingenommen haben. Momentan ist die CDU in den Umfragen wieder die stärkste Partei in Berlin, und ich wage zu behaupten, dass das auch etwas mit den Zuständen rund um die Flüchtlinge zu tun hat, die mit ihrem Verhalten und Forderungen und Erpressung der Politik wiederum helfen, das Asylrecht bundesweit zu verschärfen, und zwar durchaus mit Unterstützung einer Mehrheit im Land. Wenn man überhaupt einen tröstenden Sinn in den NSU-Morden erkennen konnte, dann war es, dass dem Hass auf Ausländer in weiten Teilen der Bevölkerung jede Legitimation entzogen wurde. Und dann werden in Berlin also rechtsfreie Räume geschaffen und Verhaltensweisen an den Tag gelegt, die zur linksradikalen Profilierung taugen. Hausbesetzung, Strassenkampf, Drogenfreigabe, Staatsknete, Anarchie, das alles wird da unter dem Deckmantel der Asylpolitik neu ausprobiert, und das ist bei aller Sympathie für die Belange von Flüchtlingen wirklich schwer zu akzeptieren, selbst für die aufgeschlossene, demokratische Minderheit.





Vielleicht bin ich spiessig, aber nach meiner bescheidenen Meinung muss man sich halt entscheiden: Will man Asyl in Deutschland oder das politische System in Deutschland mit allen Mitteln bekämpfen, und rechtsfreie Zonen schaffen. Mir ist natürlich klar, dass für die Flüchtlinge Deutschland auch politisch sowas wie ein Schlaraffenland ist, denn hier können sie Forderungen stellen, die sie in ihrer Heimat nie ausgesprochen hätten, und bekommen dafür noch Unterstützung, wenn sie sich nur die richtigen politischen Partner raussuchen, wie eben Berlin/Kreuzberg. Das ist verführerisch und wird genutzt. während andere Städte bei derartigen Versuchen schnell die Reissleine gezogen und solche besetzten Räume mit all ihren Begleiterscheinungen verhindert haben. Aber so konzentriert sich das alles in Berlin mit seinen Medien, und so breitet sich wieder ein Bild aus, in dem Leute hierher kommen, um zuerst ihre eigene Sache und damit indirekt die von CDU/CSU, AfD und NPD zu fördern. Dafür werden auch Tote in Kauf genommen. Und verschwiegen. Statt dessen setzt sich die feministische Journalistin sich lieber zur gewalttätigen Aktivistin, die rührselige Geschichten erzählt, die vermutlich nur mich an die erfundene Vita der Ikone der Neuen Rechten Ayaan Hirsi Ali erinnert.

Es ändert nichts als Lampedusa, Frontex und dem Umstand, dass afrikanische Staaten wegen der moralischen Bedenken des Westens nun lieber Geschäfte mit China machen, um den Preis, dass die Zustönde dort so bleiben, wie sie sind, und die Migration über das Mittelmeer weitergehen wird. Eine Antwort auf die Frage der Zuwanderung nach Deutschland ist das alles natürlich nicht. Es ist ein Baustein in einer Mauer um eine Gesellschaft, die eigentlich, insgesamt gesehen, durchaus offen sein könnte Aber was on Berlin passiert, ist ein nur dort möglicher, krasser Missbrauch der Möglichkeiten, und die Profite ziehen daraus nur die Extremen, ausgerechnet in einer Zeit, da man darüber reden müsste und könnte, wie wichtig das Miteinander ist.

Donnerstag, 1. Mai 2014, 19:46, von donalphons | |comment

 
Wir wollen doch hier die Flüchtlinge nicht auch noch instrumentalisieren.
Der Oranienplatz in Berlin wurde gewaltlos geräumt. Immerhin. In Hamburg hätte man Flüchtlinge und Unterstützer vom Platz geprügelt. Die besetzte Schule in Berlin wird dann geräumt, wenn die auf mittlerweile auf fast 500 Leute angewachsene Flüchtlingsschar namentlich erfaßt worden ist. Das dauert wahrscheinlich mindestens ein Jahr, und am Ende sind es dann 1.000. Darunter sind auch die Lampedusa-Flüchtlinge, die über München kamen und diese Stadt als wenig einladend ansahen. Gerne und klammheimlich grinsend hat man sie weiterziehen lassen.

Natürlich sind die Flüchtlinge von fragwürdigen politischen Kräften instrumentalisiert worden, dennoch haben die Asylbewerber Anspruch auf faire und humane Behandlung. Man muß sie ja nicht in einem Schloß unterbringen und mit (ziemlich ungesundem) Gebäck bewirten.

... link  

 
Diverse Gruppen wollen ja auf gar keinen Fall, dass die Schule geräumt wird, sondern so wie bisher als autonomes Zentrum weiter besteht. So zwengs Druck auf die Politik.

... link  

 
Darüber sprach der Beitrag gar nicht.

Er sprach über die Instrumentalisierung von Flüchtlingen für andere Zwecke durch Leute, denen es nicht um die Flüchtlinge geht.

Um die Auswirkungen einfach mal auszubuchstabieren: Eigentlich bin ich entschieden dafür, notfalls auch eine halbe Million Syrer in Deutschland aufzunehmen, solange der schmutzige Bürgerkrieg da tobt.

Eigentlich. Aber ich hätte a) nichts gegen Lagerunterbringung und b) würde eine Rückführung auch in ein zerstörtes Syrien entschieden betreiben, sobald der Bürgerkrieg vorbei ist.

Und da ich bei a) wie bei b) mit dem entschiedenen, durch alle öffentlichen und mindestens 3x3 Rechtsinstanzen ausgetragenen, Widerstand von Leuten rechnen müsste, die auch gegen eine klare Bevölkerungsmehrheit ihre Vision von weltweiter Brüderlichkeit durchsetzen wollen ...

Würde ich ergo heute gegen entsprechende Pläne sogar protestieren. Nicht, weil ich dagegen wäre, au contraire. Ich wüsste nur leider, wie die Konsequenz aussähe.

Also hat Don Recht - die "Pro Flüchtling" Extremisten erreichen im Ergebnis das exakte Gegenteil von dem, was sie angeblich umtreibt. Und dass sie so dumm sind, das nicht zu wissen, nehme ich ihnen nicht ab.

Gruss,
Thorsten Haupts

... link  

 
da muß sich auch der tapsige Bär melden
Hilfe ja. Für syrische Christen und muslimische Syrer und für andre.
Akzeptanz dafür könnte "die Politik" herstellen, wenn sie überzeugend versprechen kann, daß die geschützten Flüchtlinge zurückkehren müssen, sobald dies möglich ist.
Härtefälle wird es immer geben. Ein Bleiberecht für Härtefälle müsste sehr eng begrenzt sein.
Die Linke sollte akzeptieren, daß wir öfters mehr Menschen helfen können, wenn die nicht mehr so Bedürftigen wieder gehen. Die rechteren Gruppen könnten akzeptieren, daß die Geduldeten Menschen arbeiten und ihren Lebensunterhalt teils selbst verdienen dürfen, wenn die Zahlen klein bleiben.
Der intensive Kontakt in der Arbeitswelt hilft dann allen. Rechtsfreie Räume unter der Fahne "willkommenskultur" vernichten die Akzeptanz.

... link  

 
@melursus
Das ist exakt, was ich meine, und ich bin nach gängiger Defintion wohl "Rechter".

Gruss,
Thorsten Haupts

... link  

 
@Thorha, melursus
Manchmal gibt es auch Menschen die vermutlich nie wieder oder zumindest für Generationen nicht mehr in ihre Heimat zurückkönnen. Karen und Rohingya in Myanmar zum Beispiel. Syrische und irakische Christen und Mandäer wahrscheinlich auch. Bahaii's und konvertierte Christen im Iran, Ahmadis und schiitische Hazara in Pakistan. Oder auch Palästinenser, um die mal wieder heuchlerisch debattiert wird: http://www.atimes.com/atimes/Middle_East/MID-01-080514.html
Da wird die Rückkehrdebatte schnell illusorisch. Die USA lassen gezielt bestimmte Flüchtlingsgruppen dauerhaft einwandern und betreuen sie vor und nach der Einreise mit Kursen etc. z.B. Somali-Bantus, Hmong u.A. Für solch diskriminierende aktive Einwanderungspolitik sind wir Deutschen zu moralisch. Wir reden lieber von offenen Grenzen und hoffen dass Sahara und Mittelmeer uns die Aufnahmeentscheidung abnehmen.

... link  

 
Mir kommt es ja ein wenig so vor, als ginge es vielen einfach um eine Aurt DOS-Angriff auf das System - dazu passt auch das gerede vom Abschaffen der EU-Aussengrenzen. Ziel ist halt die sozialistische Weltrepublik, und das läuft dann eben mit Hungerstreik und Durststreik und medienbegleiteter Einlieferung in Krankenhäuser von Leuten, die angewiesen wurden, nicht zu sagen, wer sie sind. Die Dauerasylantragsteller aus dem balkan sind nochmal eine Sache und im Ergebnis redet dann tatsächlich niemand mehr über Syrien, weil das Thema von Hardlinern auf beiden Seiten besetzt ist.

Das mit der Einwanderung ist halt so eine Sache: Deutschland hat nicht die illegalen Sektor der USA und will ih vermutlich auch nicht haben, so dass mehr Qualifizierung nötig wäre. In den USA ist der Druck dafür dann auch ungleich höher als in Deutschland, weil man dort vielleicht einwandern kann, aber dann selbst schauen muss, wie man überlebt.

... link  

 
Der letzte Aspekt wird beim Lob des amerikanischen Einwanderungsstaates gerne unter den Teppich gekehrt.

Kann auch sein, dass sich das grad ändert. Der europäische Sozialstaat wird hoffähiger, gleichzeitig und parallel dazu geht die Akzeptanz für millionenfache Einwanderung zurück ...

Gruss,
Thorsten Haupts

... link  

 
Vorzerteilsfrei wird man sich entscheiden müssen, wieviel und was man für wen und wie abgibt. Das geht in einer Demokratie vergleichsweise gut, wenn man es nur richtig anstellt - ich glaube nicht, dass die Mehrheit in diesem Land für Frontex ist, aber gleichzeitig sieht man halt auch in Italien, wie das Land mit der Zuwanderung nicht fertig wird. Bei der Krankenversicherung neige ich klar zur Eunschätzung, dass sie insgesamt betrachtet eher der Ökonomie hilft als schadet, wegen der Folghekosten und Problemen voin chronischer Krankheit. Man kann das meines Erachtens nicht direkt aufrechnen und dann ist da noch der Umstand, dass die USA immer noch weltenfern von unseren Standards sind.

Wurde dorthoin übriges letzte Woche eingeladen. Habe aber abgesagt, bereise keine Länder mit Todesstrafe.

... link  

 
Mir hat mal jemand weisgemacht, dass "die USA", der Bund, keine Todesstrafe kennt und sowieso einzelnen Bundesstaaten nichts zu sagen hat.

... link  

 
Mag formalrechtlich alles sein, aber ich will das einfach nicht.

... link  

 
Die hessische Verfassung wurde 1946 verabschiedet, sie ist somit älter als das Grundgesetz. In Hessen wurde die Todesstrafe zwischen 1946 und 1949 - im Gegensatz zu anderen Regionen Deutschlands (siehe Nürnberger Prozesse) - außerdem nie vollstreckt. Der schwarz-grüne Koalitionsvertrag sieht eine Abschaffung der Todesstrafe vor, für Verfassungsänderungen ist eine Volksabstimmung nötig. Abgesehen davon bricht Bundesrecht Landesrecht. Siehe dazu auch diesen Artikel aus dem Tagesspiegel, der aus dem Jahr 2013 stammt, also aktueller ist als die von flederhund verlinkten Quellen.

... link  

 
Mag formalrechtlich alles sein, aber wer will schon nach Hessen?

... link  

 
+1

... link  

 
Expeditionsteilnehmer gesucht in die unwirtliche Terra Incognita (hic sunt leones) der Chatten.

... link  

 
... wie einst Mungo Park ...

... link  

 
Der Bergpark Wilhelmshöhe ist offiziell Weltkulturerbe. Da ist es schön, ihr Banausen!

... link  

 
@diktionaftis Großartig dazu: T. C. Boyle, "Water Music"

... link  

 
@veil of ignorance
Ja, der Park ist schon schön. Gerade dann, wenn das Wasser sich ergießt: der Hit mit Kindern.
Ansonsten ist Kassel aber ... naja. ;-P

@hokeystick
Ohne Herrn Boyles Roman hätte ich vermutlich den Afrikaforscher nicht gekannt. :-)

... link  

 
Geht mir zugegebenermaßen genauso! Vielleicht schreibt ja auch mal jemand einen Roman über die Vorstöße des Hausherrn in die Frankfurter Innenstadt.

... link  


... comment