Was macht einen eigentlich zum vorsichtigen Reformer?

Ich frage mich das wegen des Ablebens des Herrschers der diktatorisch geführten Theokratie Saudi-Arabien, in der Frauen eingesperrt werden, weil sie Auto fahren und Blogger öffentlich ausgepeitscht werden, weil sie nicht ganz auf der Linie der Religion liegen. Und auch, weil dieser Staat genau die Religionsvertreter finanziert, deren Folgen für uns gerade in bürgerrechtlicher, menschlicher und finanzieller Sicht sehr teuer werden. Es gibt nämlich Leute, die bezeichnen den Führer dieses Staates, der jetzt starb, als "vorsichtigen Reformer". Wären Himmler oder Göring vielleicht auch gern vorsichtige Reformer geworden, nachdem sich Hitler erschossen hat? Kann Berija nicht auch als vorsichtiger Reformer des NKWD gelten?

Solche Todesfälle werfen interessante historische Bewertungsfragen auf. Auch im Hinblick auf den Kontext - denn egal ob Morddienstbetreiber, Diktator oder König eines Gottesstaates, sie alle müssen natürlich Rücksicht auf die generellen Begebenheiten nehmen. Man kann das alles ja nicht von heute auf morgen ändern, man muss Rücksicht auf Befindlichkeiten nehmen und Angst vor zu schnellen Schritten haben. Die Presse bedauert natürlich das Bloggerauspeitschen und öffentliche Hinrichtungen, sicher, aber so insgesamt war das ein Freund des Westens und das unterscheidet ihn grundsätzlich von den anderen Verbrechern der Region, die niemals so verständnisvolle Nachrufe bekommen werden.

Aber er war ein Garant für Stabilität, das ist schon was, wie man gerade im Failed State Jemen sieht, wo nach all den Jahren des westlichen Drohnenkriegs gegen sunnitische Terroristen die Schiiten gegen das angeblich prowestliche Regime rebellieren. So relativ gesehen ist die Abstufung des Westens nämlich so:

Gut: formal prowestliche Regierung, sunnitisch, lässt Al Kaida und die Drohnenangriffe gewähren:

Schlecht: Schiiten, weil sie vom Iran finanziert werden

Ganz böse: Al Kaida und IS, sunnitisch und von der saudischen Halbinsel finanziert

Ja, das ist inkonsequent, aber die Welt ist auch zu kompliziert und da wüncht man sich natürlich weiterhin stabile Verhältnisse da unten. Auch wenn weiter Blogger ausgepeitscht werden. Vielleicht hin und wieder eine vorsichtige Reform. Das wäre fein, finden Folter- und Hinrichtungssstaaten wie die USA.

Nur dass wir Schni-Schna-Schnorri zum an Emiren reichen Begräbnis schicken, kann ich nicht einordnen. Ist das ein Affront oder war Gauck mit seinem Restanstand zu riskant?

Samstag, 24. Januar 2015, 00:23, von donalphons | |comment

 
Alle zu beschäftigt
Gauck hat Geburtstag, Merkel ist erkältet, Steinmeier ist in Afrika, Gabriel hat privat in Dresden zu tun und an Lammert oder Bouffier hat anscheinend niemand gedacht.

Außerdem darf Wulff nicht aus der Übung geraten, schließlich wird er noch als Nachfolger seines Nachfolgers gebraucht, denn bezahlt wird er ja eh.

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Merkel erkältet? Hatte Renzi den Palazzo Vecchio nicht geheizt?

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Genau darum verachten wir die "Wahrheitspresse" so.
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Weil sie diese rein politisch motivierten Rankings übernimmt und propagiert anststatt sie bloßzustellen.
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Dadurch leistet sie einen wichtigen Beitrag zur Unterstützung einer imperialen Politik. Eine Politik, die eine verlogene sein muss, da sie ihre eigenen Prioritäten immerzu ableugnen muss.
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Alles, was irgendwie als "westliche Wertordnung " gelten könnte, wir dadurch schwer diskreditiert. Schwer vorstellbar, dass sich das nicht irgendwann rächt.

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"Wahrheit" auf Russisch lautet bekanntlich "Правда"
... und auf DDR-Deutsch "Neues Deutschland". Alles, was irgendwie als "kommunistische Wertordnung" hätte gelten können, wurde dadurch (durch Unterstützung einer imperialen Politik im Namen einer "ewigen" Wahrheit) schwer diskreditiert. Schwer vorstellbar, dass sich das mit der heiligen römisch-katholischen Kirche strukturell wesentlich anders verhielte. Und so weiter, und so fort...

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gegen den Wind...
Es hilft ja nichts, man hat am Ende nur selbst die nasse Hose und womöglich die Blasenentzündung.
Da es leider aus irgendwelchen Gründen bei der FAZ nur extrem schleppend läuft, schade, hier eine kurze Meldung.

All das zu beklagen, was wie ehemals kiemenatmende Meeresbewohner üble Gerüche vom haarlosen Haupt her absondert, es führt einfach nicht weiter.
Die Welt ist, wie sie ist - und es wäre veilleicht einer der wenigen möglichen Ansätze, sie zu verbessern, wenn man in Diskussionen den eigenen blinden Fleck nicht vergessen würde.
Die ganze Komplexität der Enscheidungsdilemmata kann man fast gar nicht mehr übersehen, wenn ich mal die These wage, dass wir heute einen Schritt weiter sind, als gestern, da wir am Abgrund standen - da kann man eigentlich nur noch ganz persönlich sein Schiff sturmfest machen und sich im Öffentlichen Raum für die grössten Errungenschaften des sozial verantwortlichen Kapitalismus stark machen, in dessen Geist die Bundesrepublik zu einem begehrten Zielland der Flüchtlinge dieser Welt wurde.

Und vor dem Klartext reden sollte klar und nicht verquarkt denken stehen.
Es gibt viel in unserer Kultur, das ein wirklicher Höhepunkt ist - aber der Euro und unsere Bürokratie gehören nicht dazu.
Vertrauen, Sicherheit, Phantasie, Freundschaft, Liebe, Zuverlässigkeit, Gleichberechtigung, Verzeihen, Dialogfähigkeit.
Die Freiheit würde ich hier gar nicht nennen, weil sie immer begrenzt ist vom Glauben der Mächtigen - wenn auch in der EU wohl ein klein wenig weniger als an anderen Stellen, zu anderen Zeiten der Erde.

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Völlig richtig. Politiker müssen Rücksicht auf Verbündete nehmen, Journalisten nicht. Also sollten sie es auch nicht tun.

Und bei Saudi Arabien handelt es sich um eine der übelsten Brutstätten totalitärer Ideologie auf der Welt.

Gruss,
Thorsten Haupts

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Saudi-Arabien
Schwierige Sache das. Nach allem was ich gehoert habe, ist die Bevoelkerungsmehrheit in Saudi-Arabien stark fuer eine radikale Auslegung der religioesen Gesetze, und das Koenigshaus koennte sich bei zu liberaler Auslegung vielleicht gar nicht halten. Der relativ aufgeklaerte Teil (seeeehr relativ) der Oberschicht kann sich gleichzeitig offenbar besser mit der aktuellen Aristokratie arrangieren als mit den wahrscheinlichen Konsequenzen des Endes des Hauses Saud. Also in sofern waere meine Konsequenz wohlverdiente Ignoranz: Wenn die sich da unten im Mittelalter einrichten wollen, lasst sie halt.

Dummerweisse haben die Saudis aber auch die weltgroessten Oelreserven (oder die 2. oder 3. groessten, je nachdem was man alles als Reserve zaehlt). Das macht sie nicht nur zu einem wichtigen Faktor fuer die Weltwirtschaft, sondern erlaubt ihnen auch, ueber die Landesgrenzen hinaus "Terrorgruppen" zu finanzieren. Ergebnis: Etwas was man 30jaehrigen Krieg Arabiens nennen koennte. Selbst dem koennte man mit Ignoranz begegnen (bzw. die Tuerken mit wohlwollender Scheinneutralitaet mal machen lassen), waere da nicht noch Israel. Die Araber ihren Kampf einfach mal ausfechten zu lassen ist damit wohl schon wieder vom Tisch.

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Kann sein t.i.m. Wie gesagt, das muss Politiker interessieren, Journalisten nicht.

Gruss,
Thorsten Haupts

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Der Schreiberling hat seine eigenen "Verbündeten", auf die er Rücksicht nehmen muss und zu denen gehören auch --

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Tatsächlich herrschte aber die Parteibürokratie.
"... Angesichts von sozialem Niedergang und Unterdrückung verwundert es kaum, dass 1989 kein einziger Arbeiter einen Finger gekrümmt hat, um seinen Staat zu retten."

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Außer,
dass heute die offiziellen Stellen geschlossen sind, hat man nicht viel vom Tod (und der schnellen Ersetzung durch seinen Halbbruder) des Königs hier mitbekommen.

Vorsichtiger Reformer? Nun gut, inzwischen ist es den Frauen teilweise sogar erlaubt, an Supermarktkassen zu sitzen und zu kassieren. Nachdem es früher ja ein allgemeines Berufsverbot gab. Autofahren indes ist immer noch ein Punkt auf der schwarzen Liste für Frauen, haben die Saudis hier doch schon genug mit ihren eigenen Autofahrern zu tun, denen Regeln unbekannt sind bis auf die eine: komm so schnell wie möglich an deinem Ziel an. Und das, ohne auf die anderen Autofahrer Rücksicht zu nehmen.

Vielleicht ist das saudische Königshaus gar nicht so rückständig und reformunwillig eingestellt, wie man immer meint? Schließlich kennen die ihre Al-Pappenheimer und wissen, wie die ticken. Und ich muss sagen: da sind viele noch Kameltagesritte weit entfernt, um mit den "westlichen" Freiheiten umgehen zu können. Geschweige denn mit westlicher Technologie.

Was den Rest des Artikels betrifft, gilt natürlich immer noch in Abwandlung des alten Sprichwortes: wes' Öl ich brauch, des' Lied ich sing.

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Maskulinistis ahemm, weibliche
Logik. Völlig O.T., aber amüsant:

http://logicd.tumblr.com/tagged/woman-logic

Gruss,
Thorsten Haupts

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Die Eurokrise
(Antwort auf die Frage in der Überschrift)

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Kommt jetzt der NEuro?
GReuro? Helleuro? Heuro

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Transferrubel

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Das mit der weiblichen Logik, thorha
Schon offtopic, aber ein eindrucksvoller Beweis, wie Sprache/Schriftsprache/Denken bei überproportionalem Aufenthalt in intelligenzmässig extrem tief und trocken gelegten Sümpfen des Internets mutieren können.

Musste mir vorstellen, wie in diese Kommunikationsform transgrenzdebilen Gestammels Shakespeare übersetzt werden könnte, aus dem Englischen ins ?????

Wie lautete einmal ein Filmtitel? "Nummer 5 lebt" - wenn Leben sich so artikulieren wird, wird jeder BrauneBrauseAutomat klüger sein als seine Benutzer, wenn er die Cola mit einer W-Lan App aus einem Add-on an die Recycle-Einheit der Toilettenspülung synthetisiert.

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Ich halte das Fundstück ja für einen ziemlich clever eingefädelten Scherz. Wenn man kurz danach gugelt, findet man auch verschiedene Varianten davon.

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und, lieber ThorHa, was soll uns diese trouvaille mitteilen?

dass man sich hinsichtlich der unendlichkeit des universums nicht ganz so sicher sein kann wie der unendlichkeit der menschlichen imbezillität?

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Ich dachte, es könnte den Gastgeber und seinen Salon amüsieren, weil die Beispiele so eine schöne Gegenmelodie zu einem von Dons Lieblinggegnern spielen.

Falls sie wahr sind. Nicht mehr und nicht weniger, denn egal ob erfunden oder wahr, es würde wenig Probleme machen, ähnliches über Männer zu finden.

Gruss,
Thorsten Haupts

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da gibt es ähnlich hübsches zu suchen; die ente könnte schon ein wenig älter sein, auch wenn es sich dennoch um ein grösseres, doch aber recht unbelebtes federvieh handelte:

es begab sich dereinst, dass in übersee die tochter des hauses, stolz aufgereckte siebzehn jahre zählte das holde kind, den truthahn der familie aus dem ofen ziehen und zerlegen sollte, ganz alleine, während der rest der familie - sich wohl im speisezimmer heftig ins fäustchen lachend - den tisch deckte und schon mal den wein atmen liess.

die ärmste zerlegte den vogel, fand in seinem inneren ein kleineres geflügel (es handelte sich um ein mitgebratenes huhn), und rannte mit schnappatmung und entsetzensschrei zu ihren im grunde gerade in diesem alter besonders blöden eltern: der truthahn sei schwanger!

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Je dümmer, desto brumm.
Sechzehn-Ender-Böcke, die andere schiessen, erheitern doch ungemein.

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