Eine Begegnung vor dem Tor

Sie will sofort raus, oder doch nicht, erst nochmal rein, dann raus, rein, gestreichelt werden, raus und nochmal zurück für ein paar Knuspertaschen, raus, nach einer Stunde ist sie wieder da, und als ich sie gestreichelt habe und gehen will, zischt sie zwischen meinen Beinen hindurch in das Dunkel, für eine Fortführung der Party der besseren Katzen im besseren Viertel der Stadt. Von der sie erst gegen vier Uhr heimkommt. Bei meinen Eltern müsste sie draussen schlafen, aber die sind am Tegernsee bei Hannerls Mutter, und sie weiss, dass ich nicht gehe, bis sie kommt. Dann geht sie zum teuersten Ledersessel des Hauses, legt sich auf ihre Decke, ist zufrieden über die Wärme und schläft ein, während ich jetzt erst hinaus muss und über die nebligen Felder zurück in den Stadtpalast radle.

Am Friedhof vorbei, wo Generationen meiner Vorfahren in einem abgesperrten Teil liegen, entlang der alten Festung und dann hinein in die Altstadt führt mein Weg, und im diesigen Orange der Strassenbeleuchtung steht ein Taxi auf der anderen Strassenseite, in das ein paar lärmende junge Leute einsteigen. Das Fahrzeug wendet und fährt durch das gotische Tor in die schmalen Gassen, wo sich der Lärm des Motors langsam in der Stille der Nacht verliert, so still wie der Typ, der auf der anderen Seite neben dem Radweg kurz nach vier Uhr bei Temperaturen knapp über Null im Gras liegt.

Entschuldigung? frage ich ihn. Keine Reaktion. Ich beuge mich hinunter, spreche ihn nochmal an, da kommt langsam Bewegung in ihn, er hebt den Kopf, schaut mich an und lallt: Tom? Guten Morgen, sage ich, etwas beruhigt, denn mein Soll im Tote Auffinden habe ich für die nächsten vier Leben eigentlich schon abgegolten, ich brauche das nicht mehr, danke, der hier ist noch nicht tot, nur fast komatös besoffen, der Gestank bildet selbst in der kühlen Nachtluft eine wenig erbauliche Aura. Er rappelt sich auf, und als er schwankend vor mir steht, sieht er in seinem dunkelblauen Kurzmantel wieder einem Elitestudenten halbwegs ähnlich. Er schaut sich um und fragt, wo Tom und die anderen sind, die waren doch dabei, und wo geht es hier nochmal zum Studentenwohnheim in der engen Gasse, da muss er jetzt hin.

Ich beschreibe ihm den Weg, sage, dass ich auch in die Richtung muss, er nickt, dreht sich um und macht sich prompt in die falsche Richtung, zum Friedhof, davon. Er kommt nicht weit, nach ein paar Metern kippt er um, aber da bin ich schon bei ihm, und erkläre ihm, dass er jetzt mitkommen soll. Langsam, ganz langsam gehen wir in die Altstadt, er versichert sich, dass ich nicht Tom bin und auch nicht Verena und Julia und noch ein paar andere, die ihn an diesem Abend irgendwann verlassen haben. Bei seinem Wohnheim ist sein Kreislauf wieder soweit in Schwung, dass er die letzten Meter halbwegs gerade selbst zur Tür geht, mit einigen Fehlversuchen aufsperrt und ohne ein Wort des Abschieds im Hausgang verschwindet.

Donnerstag, 30. November 2006, 12:36, von donalphons | |comment

 
Der barmherzige Don, der vielleicht Vorfahren in Samaria hat. Es scheint ja nicht so zu sein, dass die Elitestudies soziale Kompetenz erlernen. Aber vielleicht gehört das den_Kumpel-verrecken-lassen ja zu den notwendigen Skills für künftige Führungskräfte der Wirtschaft.


War der Weg Richtung Friedhof tatsächlich die falsche Richtung?

... link  

 
Meinst Du,...
...er wollte schon mal den Gang antesten, der nach Start-Up, Partys, S-Klasse auf Pump und Amtsgericht auf ihn wartet?

Es ist das wahre Leben, das hier getestet wird. Man nimmt dich nur so lange wahr, wie du Kohle hast, die du ausgibst. Wenn du dann irgendwann nicht mehr auf der Überholspur mitrasen kannst und auf dem Standstreifen Pause machst, dir den Alkohol und den ganzen Koks rauskotzt, dann laufen sie schon weiter, den nächsten Spender im Visier.

Ob da das Helfen sich gelohnt hat? Oder nur Leidensverlängerung war?

... link  

 
Auch Nicht-Elite...
-Leutz liegen schon mal komatös-besoffen im Graben. Und keiner, weder Kegelkumpel noch Subproletariat, kümmert sich.

(Und das schon seit mindestens den Sechzigern in der Gestalt unseres Kleinstadt-Krösus-Malermeisters, der risikofreudig geruhte, seinen Rausch in bitterer Kälte im trockenen Flußbett auszuschlafen, und keinen der Kumpanen juckte es.)

Bei solchen Einzelfallstudien würde ich mich hüten, grundsätzlich vom Einzelnen ins Allgemeine zu schließen. Ich verstand Dons Botschaft in meiner ebenfalls vom Einzelnen ins Generelle schließenden heiligen Einfalt so, dass Katzen grundsätzlich klüger sind als Männer, ähm Menschen :), denn seine Mieze scheint zu wissen, wie man lebt:

Immer ein warmes Schälchen Milch am Kamin, dennoch Freiheit ohne Ende, und geliebt werden.

Bayrische Verneinung: Diesen Dreisprung schafft kein Mensch und kein Yoghurt-Student nicht. ("Elite" mag ich nicht, es klingt entweder nazistisch oder nach dem pappsüßen Yoghurt mit dem Stielbecher)

... link  

 
Ich nehme stark an, dass Tom und die anderen die leute mit dem Taxi waren. Soviel dazu.

... link  

 
Dann wärs ein dicker Hund.

... link  

 
Ja, war es wohl. Zumal er auf dem Rücken lag - wenn er sich übergeben hätte...

Allerdings muss ich zugeben, dass so etwas auch mal in meinem Umfeld "passiert" ist, mit tödlichen Folgen: Der Sohn einer besseren Familie hatte schlechtere Freunde, die ohn in so einem Zustand vor der Tür den Anwesens aus dem Auto geworfen haben, wo er dann am Erbrochenen erstickt ist.

... link  

 
Das ist wie bei dem StudiVZ-Kram:
Dumm geboren und nix dazugelernt.

Dass einer in Rückenlange ersticken kann, kommt wohl nicht mehr in der Allgemein_bildung vor von Leuten, d ie den Führeschein gemacht haben und damit als Pflicht den Erste-Hilfe-Kurs. Von Herzens_bildung red ich ja schon gar nicht...

Fazit: Nix in der Birne!

Ist wohl "unterlassene Hilfeleistung", ob da einem die eigene Angeschickertheit vor Gericht hilft...?

... link  

 
Also doch richtiges (Manager)Leben: "Leave them behind, belly up..."

... link  

 
ich habe auch erst mal eine nacht drüber geschlafen, bevor ich es gepostet habe. Eigentlich ist es eine furchtbare Sache.

... link  


... comment
 
Hatte schon angefangen, diese Art Texte hier zu vermissen. So sehr mich auch die andere Geschichte an der blogbar gefesselt hatte...

... link  

 
Einer kam heim..
Tom, Verena, Julia und die anderen hatten
sicher den Weg zum Friedhof genommen.
Wenn sie dort nicht gestorben sind,
dann gruscheln sie noch heute.

... link  


... comment
 
Ingolstadt is the new Daytona Beach

... link  

 
Du kennst den Eiskeller und das Suxul nicht ;-)

... link  

 
Katzenhüter?
Das macht mir Hoffnung für meinen nächsten Sommerurlaub. Kann man dich anstellen? Wohnung mit Internetanschluss ist vorhanden, Katze auch. :-)

... link  

 
Nein, ich bin nicht zu haben - allerdings würde ich mal Bloggerinnen fragen, da schaut´s nicht schlecht aus - Lu etc.

... link  


... comment