Montag, 4. Februar 2008
Bürger, Bauer, Edelmann
kommen nicht bei Millionären an.
Schauen wir uns doch mal das Segment der neuen Luxuszeitschriften an: "Park Avenue" von Gruner + Jahr - hat ihren promiadligen Chef in die Wüste geschickt und kriselt. "Vanity Fair" von Conde Nast hat ihren neoliberalbürgerlichen Chef in die gleiche Wüste geschickt und kriselt. Und "Rich" aus dem Gedankengut eines eher bodenständigen Computermagazinmachers ist unter Hinterlassung von nicht ganz einer Million Schulden pleite. Und man kann nicht sagen, dass es nicht kritische Stimmen gegeben hätte, die ein derartiges Versagen bei der Suche nach der Zielgruppe vorhergesehen hätten.
Gestern konnte ich mir noch eine Ausgabe von "Rich" anschauen; ein Nachbar, der sich diebisch freut, wenn er bei Ebay 4 Stühle für 30 Euro ersteigert, hat die ebenfalls bekommen und schon beim Feuerholz neben seinem Kamin gelagert, als ich ihm bei einem Handyproblem geholfen habe. Die Pleite von "Rich" ist nach dem Lesen - oder besser Durchblättern - keine Überraschung, setzte es doch auch auf das übliche Glämmer-Bussi-Bussi-Adabei, das man auch woanders findet - etwa bei Zeitschriften für Leute, die sich ernsthaft mit solchem Infodreck auseinandersetzen.
Was alle drei Macher offensichtlich nicht begriffen haben: Reiche ticken anders. Sogar die Bussi-Bussi-Reichen, die das Tema dieser Zeitschriften sind. Um mal - anonymisiert - ein paar Fälle anzusprechen, die sich gleichermassen positiv in der Klatschpresse als auch negativ als Thema letzte Woche am Tegernsee fanden: Ein stadtbekannter Promianwalt etwa, der seine Mandanten der BILD frei haus liefert und nicht nur bei Nobelautomarken auffällt, sondern auch mit dem Versuch, ein für sein Image eigentlich lächerlich niedriges Anwaltshonorar von beiden Seiten zu kassieren. Ein Mitglied des Hochadels, das sich die Geburtstagsparty von einem Hotel zu deren Marketingzwecken bezahlen lässt. Die nicht mehr ganz junge Schauspielerin, die vom Staatsfunk gefeiert und von der Staatsfinanzbehörde wegen Steuerschulden gejagt wird. Es ist diese spezielle Form von Reichtum, die sich dann auch in ganz gewissen Nachkommen zeigt, vor der sich Vanity Fair, Park Avenue und Rich verbeugen. Es ist aber auch eine Art Reichtum, die die grosse Mehrheit der reichen Leute - und nicht nur die - abschreckt. Eine "Society", die es in den 80er Jahren noch gab, die seitdem aber ziemlich viel Glanz verloren hat. Und an die heute auch keiner mehr allzu gerne erinnert wird. Gut, dass man sich damit nicht mehr beschäftigen muss. Erstaunlich, dass manche in Kiel, Frankfurt, Berlin und Köln auf deren Derivate immer noch reinfallen. Aber es ist nichts, mit dem man eine Zeitung betreiben könnte.
Wollte man wirklich an Die Reichen andocken, bräuchte man andere Themen. Ich habe mich heute Morgen beruflich mit der fragwürdigen Werterhaltung einer Feriensiedlung für das, was man als "Reiche" bezeichnet, auseinandersetzen müssen - namentlich dem Protokoll der Eigentümerversammlung, die aus 28 Millionären besteht, die sich zu vielen anderen Dingen mal eben eine Spasswohnung für 200000 Euro oder mehr leisten. Aber hallo, da wird einem aber der Obazde im Schüsserl sauer. Familie Prof. Dr. Dr. P., medienbekannter Arzt aus München Süd, wird von der Hausgemeinschaft mit namentlicher Nennung aufgefordert, die Hecke vor seiner Terasse so-fort zu schneiden und in Zukunft zu düngen. Den Vorwurf kontert er auf der nächsten Sitzung, dass er ein Angebot der Verwaltung eingeholt habe, das aber sei Wucher, und er suche jetzt nach einem anderen Dienstleister - die fragliche Hecke ist 10 Meter lang. Ein Anwalt droht mit Klage gegen die Hausverwaltung, weil der Kasten für das Streugut hässlich ist und somit den Wert seiner Wohnung schmälert. In der Tiefgarage gibt es durch Salzeintrag einen Schaden in Höhe von 7000 Euro, was vielleicht 3% des Wertes der darin abgestellten Vintage-Ferraris ist, und nach dem Streit, wer daran Schuld ist, einigt man sich darauf, gar nichts zu tun und noch einen Winter zu warten. Und Wäscheleinen auf den Balkonen sind mit Mehrheitsbeschluss untersagt, weil es den optischen Eindruck der Anlage verschandelt. Der unterlegenen Partei half es nichts, dass sie auf den Diebstahl mehrerer Handtücher aus dem Trockenraum verwies, wegen dem sie die Polizei eingeschaltet hat. Man liest das und fürchtet jede Sekunde, halbzerbissene Kuppelreste über die Unterlagen zu spucken.
Das ist der nackte Reichtum. Zwei Dinge gehen bei Reichen immer: Die Befriedigung der Gier, und das Versprechen auf Einsparungen. Da muss man ansetzen, wenn man denen die Irrsinnssumme von 80 Euro im Jahr abnehmen will. Man kann diesen Leuten auch noch andere Dinge vorstellen, man kann sie unterhalten und ihren Dünkeln den Hof machen - aber nicht mit der C-Prominenz und den dicken Bäuchen fragwürdiger Moderatorinnen. Vom München der 80er Jahre bis zum Neobiedermeier Berliner Redaktionsstuben wird das bis heute gründlich missverstanden. Weil sich diese Journalisten einen Reichtum erfinden, der so nicht existiert. Wer kümmert sich preiswert um meine Residenz am Tegernsee, wenn ich nicht da bin, und wie drücke ich meinen Provider, wenn ich dort auch einen Internetanschluss brauche, und geht das auch auf Bürokosten - das sind Themen, die solche Leute interessieren.
Neben der montäglichen Beilage für Sonderangebote, die es hoffentlich im bald fertiggestellten Einkaufszentrum gibt.
Schauen wir uns doch mal das Segment der neuen Luxuszeitschriften an: "Park Avenue" von Gruner + Jahr - hat ihren promiadligen Chef in die Wüste geschickt und kriselt. "Vanity Fair" von Conde Nast hat ihren neoliberalbürgerlichen Chef in die gleiche Wüste geschickt und kriselt. Und "Rich" aus dem Gedankengut eines eher bodenständigen Computermagazinmachers ist unter Hinterlassung von nicht ganz einer Million Schulden pleite. Und man kann nicht sagen, dass es nicht kritische Stimmen gegeben hätte, die ein derartiges Versagen bei der Suche nach der Zielgruppe vorhergesehen hätten.
Gestern konnte ich mir noch eine Ausgabe von "Rich" anschauen; ein Nachbar, der sich diebisch freut, wenn er bei Ebay 4 Stühle für 30 Euro ersteigert, hat die ebenfalls bekommen und schon beim Feuerholz neben seinem Kamin gelagert, als ich ihm bei einem Handyproblem geholfen habe. Die Pleite von "Rich" ist nach dem Lesen - oder besser Durchblättern - keine Überraschung, setzte es doch auch auf das übliche Glämmer-Bussi-Bussi-Adabei, das man auch woanders findet - etwa bei Zeitschriften für Leute, die sich ernsthaft mit solchem Infodreck auseinandersetzen.
Was alle drei Macher offensichtlich nicht begriffen haben: Reiche ticken anders. Sogar die Bussi-Bussi-Reichen, die das Tema dieser Zeitschriften sind. Um mal - anonymisiert - ein paar Fälle anzusprechen, die sich gleichermassen positiv in der Klatschpresse als auch negativ als Thema letzte Woche am Tegernsee fanden: Ein stadtbekannter Promianwalt etwa, der seine Mandanten der BILD frei haus liefert und nicht nur bei Nobelautomarken auffällt, sondern auch mit dem Versuch, ein für sein Image eigentlich lächerlich niedriges Anwaltshonorar von beiden Seiten zu kassieren. Ein Mitglied des Hochadels, das sich die Geburtstagsparty von einem Hotel zu deren Marketingzwecken bezahlen lässt. Die nicht mehr ganz junge Schauspielerin, die vom Staatsfunk gefeiert und von der Staatsfinanzbehörde wegen Steuerschulden gejagt wird. Es ist diese spezielle Form von Reichtum, die sich dann auch in ganz gewissen Nachkommen zeigt, vor der sich Vanity Fair, Park Avenue und Rich verbeugen. Es ist aber auch eine Art Reichtum, die die grosse Mehrheit der reichen Leute - und nicht nur die - abschreckt. Eine "Society", die es in den 80er Jahren noch gab, die seitdem aber ziemlich viel Glanz verloren hat. Und an die heute auch keiner mehr allzu gerne erinnert wird. Gut, dass man sich damit nicht mehr beschäftigen muss. Erstaunlich, dass manche in Kiel, Frankfurt, Berlin und Köln auf deren Derivate immer noch reinfallen. Aber es ist nichts, mit dem man eine Zeitung betreiben könnte.
Wollte man wirklich an Die Reichen andocken, bräuchte man andere Themen. Ich habe mich heute Morgen beruflich mit der fragwürdigen Werterhaltung einer Feriensiedlung für das, was man als "Reiche" bezeichnet, auseinandersetzen müssen - namentlich dem Protokoll der Eigentümerversammlung, die aus 28 Millionären besteht, die sich zu vielen anderen Dingen mal eben eine Spasswohnung für 200000 Euro oder mehr leisten. Aber hallo, da wird einem aber der Obazde im Schüsserl sauer. Familie Prof. Dr. Dr. P., medienbekannter Arzt aus München Süd, wird von der Hausgemeinschaft mit namentlicher Nennung aufgefordert, die Hecke vor seiner Terasse so-fort zu schneiden und in Zukunft zu düngen. Den Vorwurf kontert er auf der nächsten Sitzung, dass er ein Angebot der Verwaltung eingeholt habe, das aber sei Wucher, und er suche jetzt nach einem anderen Dienstleister - die fragliche Hecke ist 10 Meter lang. Ein Anwalt droht mit Klage gegen die Hausverwaltung, weil der Kasten für das Streugut hässlich ist und somit den Wert seiner Wohnung schmälert. In der Tiefgarage gibt es durch Salzeintrag einen Schaden in Höhe von 7000 Euro, was vielleicht 3% des Wertes der darin abgestellten Vintage-Ferraris ist, und nach dem Streit, wer daran Schuld ist, einigt man sich darauf, gar nichts zu tun und noch einen Winter zu warten. Und Wäscheleinen auf den Balkonen sind mit Mehrheitsbeschluss untersagt, weil es den optischen Eindruck der Anlage verschandelt. Der unterlegenen Partei half es nichts, dass sie auf den Diebstahl mehrerer Handtücher aus dem Trockenraum verwies, wegen dem sie die Polizei eingeschaltet hat. Man liest das und fürchtet jede Sekunde, halbzerbissene Kuppelreste über die Unterlagen zu spucken.
Das ist der nackte Reichtum. Zwei Dinge gehen bei Reichen immer: Die Befriedigung der Gier, und das Versprechen auf Einsparungen. Da muss man ansetzen, wenn man denen die Irrsinnssumme von 80 Euro im Jahr abnehmen will. Man kann diesen Leuten auch noch andere Dinge vorstellen, man kann sie unterhalten und ihren Dünkeln den Hof machen - aber nicht mit der C-Prominenz und den dicken Bäuchen fragwürdiger Moderatorinnen. Vom München der 80er Jahre bis zum Neobiedermeier Berliner Redaktionsstuben wird das bis heute gründlich missverstanden. Weil sich diese Journalisten einen Reichtum erfinden, der so nicht existiert. Wer kümmert sich preiswert um meine Residenz am Tegernsee, wenn ich nicht da bin, und wie drücke ich meinen Provider, wenn ich dort auch einen Internetanschluss brauche, und geht das auch auf Bürokosten - das sind Themen, die solche Leute interessieren.
Neben der montäglichen Beilage für Sonderangebote, die es hoffentlich im bald fertiggestellten Einkaufszentrum gibt.
donalphons, 18:35h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Sonntag, 3. Februar 2008
Modesexismus
Jemand, mit dem ich um 2001 rum zu tun hatte, vertraute der Illusion, Mobilapplikationen seien die Zukunft, und das Handy die Schnittstelle schlechthin. Einer von denen, die ihrer Zeit soweit voraus sind, dass es unklar ist, ob sie von ihr je eingeholt werden. Der Junge und seine Firma waren der Ansicht, dass eine grössere Website reine Verschwendung sei; zu dem Zeitpunkt, da das Produkt Marktreife erlangen sollte, würde kein Mensch mehr sich mit einem Rechner abschleppen. Die Investoren schickten damals mich vorbei, um denen schonend nahezubringen, dass so eine Website dennoch was Feines wäre - denn sie selbst hatten gewisse Probleme, die Idee ihren geldgebern zu erklären, wenn man dafür Handies benötigte, die es noch nicht gab - namentlich das NEC N 21i, das damals in etwa so behyped und dann gefloppt war, wie später das Nokia 7610 oder wieder drei Jahre später das iPhone.
Wir setzten uns zusammen, ich erklärte ihm das Problem, er war einsichtig und die Agentur, die einem der Geldgeber des VCs gehörte, war sofort bereit, für einen nur leicht überteuerten Betrag eine rudimentäre Website zu erstellen. Mitsamt Filmchen für den heute wahrscheinlich vergessenen Real Audio Player. Und für diesen Film kam nochmal eine fette Rechnung nach, denn die Agentur und der Gründer waren sich völlig einig, dass sie das Produkt von einem "Japan Idol" erklären lassen mussten. Also beschafften sie sich unter enormen Kosten eine junge Asiatin, die dann mit Telephonsex-Lolita-Stimme und Close-Up auf ihre Kirschlippen erklärte, was es nun mit der Firma auf sich habe. Es war 2001, das Geld sass nicht mehr ganz so locker wie früher, und weil das Ganze mitsamt Casting auch noch die Produktentwicklung gebremst hatte, gab es eine ziemlich deutliches Meeting.
Die Begründung war, grob gesagt und nicht unzutreffend, dass es gerade alle so machten - snacker.de etwa hatte Sushee, und tatsächlich hing an sehr vielen Handies in der Werbung eine Koreanerin oder Japanerin, die möglichst devot und debil in die Kamera zu lächeln hatte. Addicted to mobil, ein Fetisch mehr denn ein Gerät. Es war die Zeit der - wie wir heute wissen - weitgehend gefakeden oder übertrieben Berichte über japanische Handyobsessionen und koreanischen Konsumterror, die weniger was mir wirklichem "Wollen", als vielmehr Gruppenzwang und, zumindest in Korea, Ankurbelung der Wirtschaft zu tun hatten. Das asiatische Püppchen am Handy war so ähnlich wie das Pirelligirl am Auto der 60er Jahre, mit dem kleinen Unterschied, dass damals wirklich alle diese Autos wollten - die Handies dagegen und ihre Geschäftsmodelle wurden wenige Wochen danach praktisch wertlos, als die Flugzeuge in die Türme rasten.
Heute ist das anders. Anders, aber nicht besser. Heute greift man wieder auf Europäerinnen zurück, nach einem anderen Scheme: Von seitlich oder schräg vorne aufgenommen, liegt eine Frau auf dem Bauch, oder sitzt auf einem dieser beigefarbenen, quadratischen Sofas, und das in einer Haltung, in der sie auf dem vor ihr befindlichen Notebbok unmöglich mehr als lol oder find ich supi tippen kann. Freier Blick auf die Oberweite ist garantiert, was der Ausschnitt nicht hergibt, macht der Schnitt des Oberteils, und da haben wir sie dann, die daheim cocoonde Hausfrau2.0, die zwischen dem Saubermachen ihrer weissbeigen Wohung und dem microaufwellen der molekularküchigen Conveniencescheisse mal schnell ihre fünf Netzwerke checkt. Frauen wollen das so, sagen die Bilder, daheim sein und die Welt durch das Netz erleben, und nicht auf dem Bild ist der Mann, der das Geld für dieses Dasein ranschafft. Netzwerk statt Bildung, DeppenVZ statt Bücher, und was Britris und Paney treiben, steht netterweise auch schon bei den schlechteren Gossenportalen besserer Medien.
Inszeniert wird hier die Dummheit, das computergestütze Biedermeier, die Hausfrau, die ihre Zeit nicht mehr durch Sticken, sondern durch Surfen totschlägt, daheim, ohne Arbeit natürlich, und das Ambiente ist ein Zitat der 70er, nur diesmal in die andere Richtung, retro zu Adenauer und noch früher. Inaktiv, abgelenkt, daheim geschont und allenfalls zum Joggen oder zum Kochkurs ausser Haus verbracht, Emanzipation war nett, aber das hier ist netter: Nach der devoten asiatischen Handy-Untertanin scheint jetzt die neue Mutter am Herd und am Computer wieder gut anzukommenm, softer Sexismus für eine zur Mitte gerückte Gesellschaft, die sich die Prostitutionsanteile ihrer Zufriedenheit bei den Whinehouses der Medienwelt zieht. Mit Bildergalerie ihres schmutzigen Untergangs, als sei es ein Bericht aus der Kirchenzeitung, und keine Frau wird dagegen ein Molotowcocktail werfen.
Verdammt schade, finde ich.
Wir setzten uns zusammen, ich erklärte ihm das Problem, er war einsichtig und die Agentur, die einem der Geldgeber des VCs gehörte, war sofort bereit, für einen nur leicht überteuerten Betrag eine rudimentäre Website zu erstellen. Mitsamt Filmchen für den heute wahrscheinlich vergessenen Real Audio Player. Und für diesen Film kam nochmal eine fette Rechnung nach, denn die Agentur und der Gründer waren sich völlig einig, dass sie das Produkt von einem "Japan Idol" erklären lassen mussten. Also beschafften sie sich unter enormen Kosten eine junge Asiatin, die dann mit Telephonsex-Lolita-Stimme und Close-Up auf ihre Kirschlippen erklärte, was es nun mit der Firma auf sich habe. Es war 2001, das Geld sass nicht mehr ganz so locker wie früher, und weil das Ganze mitsamt Casting auch noch die Produktentwicklung gebremst hatte, gab es eine ziemlich deutliches Meeting.
Die Begründung war, grob gesagt und nicht unzutreffend, dass es gerade alle so machten - snacker.de etwa hatte Sushee, und tatsächlich hing an sehr vielen Handies in der Werbung eine Koreanerin oder Japanerin, die möglichst devot und debil in die Kamera zu lächeln hatte. Addicted to mobil, ein Fetisch mehr denn ein Gerät. Es war die Zeit der - wie wir heute wissen - weitgehend gefakeden oder übertrieben Berichte über japanische Handyobsessionen und koreanischen Konsumterror, die weniger was mir wirklichem "Wollen", als vielmehr Gruppenzwang und, zumindest in Korea, Ankurbelung der Wirtschaft zu tun hatten. Das asiatische Püppchen am Handy war so ähnlich wie das Pirelligirl am Auto der 60er Jahre, mit dem kleinen Unterschied, dass damals wirklich alle diese Autos wollten - die Handies dagegen und ihre Geschäftsmodelle wurden wenige Wochen danach praktisch wertlos, als die Flugzeuge in die Türme rasten.
Heute ist das anders. Anders, aber nicht besser. Heute greift man wieder auf Europäerinnen zurück, nach einem anderen Scheme: Von seitlich oder schräg vorne aufgenommen, liegt eine Frau auf dem Bauch, oder sitzt auf einem dieser beigefarbenen, quadratischen Sofas, und das in einer Haltung, in der sie auf dem vor ihr befindlichen Notebbok unmöglich mehr als lol oder find ich supi tippen kann. Freier Blick auf die Oberweite ist garantiert, was der Ausschnitt nicht hergibt, macht der Schnitt des Oberteils, und da haben wir sie dann, die daheim cocoonde Hausfrau2.0, die zwischen dem Saubermachen ihrer weissbeigen Wohung und dem microaufwellen der molekularküchigen Conveniencescheisse mal schnell ihre fünf Netzwerke checkt. Frauen wollen das so, sagen die Bilder, daheim sein und die Welt durch das Netz erleben, und nicht auf dem Bild ist der Mann, der das Geld für dieses Dasein ranschafft. Netzwerk statt Bildung, DeppenVZ statt Bücher, und was Britris und Paney treiben, steht netterweise auch schon bei den schlechteren Gossenportalen besserer Medien.
Inszeniert wird hier die Dummheit, das computergestütze Biedermeier, die Hausfrau, die ihre Zeit nicht mehr durch Sticken, sondern durch Surfen totschlägt, daheim, ohne Arbeit natürlich, und das Ambiente ist ein Zitat der 70er, nur diesmal in die andere Richtung, retro zu Adenauer und noch früher. Inaktiv, abgelenkt, daheim geschont und allenfalls zum Joggen oder zum Kochkurs ausser Haus verbracht, Emanzipation war nett, aber das hier ist netter: Nach der devoten asiatischen Handy-Untertanin scheint jetzt die neue Mutter am Herd und am Computer wieder gut anzukommenm, softer Sexismus für eine zur Mitte gerückte Gesellschaft, die sich die Prostitutionsanteile ihrer Zufriedenheit bei den Whinehouses der Medienwelt zieht. Mit Bildergalerie ihres schmutzigen Untergangs, als sei es ein Bericht aus der Kirchenzeitung, und keine Frau wird dagegen ein Molotowcocktail werfen.
Verdammt schade, finde ich.
donalphons, 00:30h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Dienstag, 22. Januar 2008
Eigenartig
Einkaufslisten machen. Es ist so gewesen: "Fortschritt" war in den frühen 70er Jahren in der Provinz der Gedanke, dass Männer nicht mehr zwingend damit rechnen können, ab dem 20. Lebensjahr die letzte Partnerin ihres Lebens in der Küche stehen zu haben. Wenngleich sich das bei vielen Bekannten später so ergab, war und bleibt das in meinem Fall anders. Diese moderne Ansicht in meinem Clan hatte aber nicht zur Folge, dass mir erklärt wurde, worauf ich beim Personal zu achten hätte, denn damals war schon abzusehen, dass diese Beschäftigungen die neue Zeit nicht erreichen würden. Auch wurde mir nicht beigebracht, wie man in der Zeit jenseits ehelicher Bindungen möglichst viel Erfüllung mit wechselnden Partnerinnen findet, nein, es bedeutete schlichtweg, dass ich alles selbst zu können hatte; darunter Dinge, die in der langen Reihe donalphonsinisch-männlicher Vorfahren undenkbar waren: Kochen beispielsweise. Tisch decken. Klingt banal, aber ich meine hier nicht das auflegen von Messer und Gabel, sondern mit dem grossen Besteck für 12 Personen und 5 Gänge decken. Abspülen. Bis heute spüle ich gern ab, weil ich dabei meine Gedanken sortieren kann. Wenn ich eine Schreibblockade habe, koche ich, und beim Abspülen fällt mir immer etwas ein.
Und natürlich auch das Verfassen eines Einkaufszettels. Damit sind wir bei den wenigen, nicht ganz gelungenen Punkten meiner Erziehung angekommen, neben meiner notorischen Konfliktunfähigkeit und meinem sanften Harmoniebedürfnis, in dem ich aus der Art geschlagen bin. Denn bei uns brauchte niemand einen Einkaufszettel, die Frauen des Hauses hatten das immer im Kopf. Weil Männer jedoch als beandadsig (bärentatzig im Sinne von grobmotorisch ungeschickt) und mit einem Hian wia a Vasitzgruam (Hirn wie eine Jauchegrube*) gesegnet galten und deshalb lieber zuviel vom Falschen, als zu wenig vom Richtigen einkauften, wurde mir beigebracht, alles Nötige auf einen Zettel zu notieren.
Es war überflüssig. Komplett überflüssig. Einerseits, weil ich immer genau weiss, was ich brauche und was fehlt. Andererseits, weil sich so nicht einkaufen lässt. Ein Einkaufszettel kollidiert zwangsweise mit dem Angebot des Wochenmarktes - nur mal ein Beispiel: Ich schreibe "Spinat" auf, sehe dann aber, dass es auch bunten Mangold gibt, der ebenfalls für meine Tarte passt. Und ich habe gerade mehr Lust auf Mangold. Nimmt man aber den recht intensiv schmeckenden Mangold, sollte man auf Gorgonzola als Käse eher verzichten, wenn man Gäste hat, und lieber Frischkäse kaufen. Den man wiederum als Unterlage nehmen kann, wenn man ein Baguette mit einer gebratenen Zuchinischeibe und Grana Padano uberbäckt, weshalb man jetzt noch keinen Parmesan braucht, denn der reicht dann noch, aber eben Zuchini. Und an Bedasui (Petersilie)!
Im Endeffekt kombiniere ich also männliche und weibliche Familientugenden: Ja, ich kann kochen, einkaufen und habe die perfekte Orientierung für Zutaten. Und kaufe bei der Gelegenheit dann auch meistens zu viel ein. Was dann weg muss, weshalb hier oft die jungen Damen kommen, die nicht durch das rigide Regiment der Kaltmamsellschen Frau Mama oder der Porcamadonnischen Haushälterin gegangen sind, und deshalb weder Einkaufslisten schreiben noch kochen können, und ohne mich möglicherweise Hunger leiden müssten.
* daher auch das beliebte "Homs da ins Hian neigschissn", das ich zwar kenne, aber bekanntermassen in meiner notorischen Harmoniesucht auch nia ned oana dreggadn, hundsvareggdn Drigamibrundskache an den Kopf werfen würde.
Und natürlich auch das Verfassen eines Einkaufszettels. Damit sind wir bei den wenigen, nicht ganz gelungenen Punkten meiner Erziehung angekommen, neben meiner notorischen Konfliktunfähigkeit und meinem sanften Harmoniebedürfnis, in dem ich aus der Art geschlagen bin. Denn bei uns brauchte niemand einen Einkaufszettel, die Frauen des Hauses hatten das immer im Kopf. Weil Männer jedoch als beandadsig (bärentatzig im Sinne von grobmotorisch ungeschickt) und mit einem Hian wia a Vasitzgruam (Hirn wie eine Jauchegrube*) gesegnet galten und deshalb lieber zuviel vom Falschen, als zu wenig vom Richtigen einkauften, wurde mir beigebracht, alles Nötige auf einen Zettel zu notieren.
Es war überflüssig. Komplett überflüssig. Einerseits, weil ich immer genau weiss, was ich brauche und was fehlt. Andererseits, weil sich so nicht einkaufen lässt. Ein Einkaufszettel kollidiert zwangsweise mit dem Angebot des Wochenmarktes - nur mal ein Beispiel: Ich schreibe "Spinat" auf, sehe dann aber, dass es auch bunten Mangold gibt, der ebenfalls für meine Tarte passt. Und ich habe gerade mehr Lust auf Mangold. Nimmt man aber den recht intensiv schmeckenden Mangold, sollte man auf Gorgonzola als Käse eher verzichten, wenn man Gäste hat, und lieber Frischkäse kaufen. Den man wiederum als Unterlage nehmen kann, wenn man ein Baguette mit einer gebratenen Zuchinischeibe und Grana Padano uberbäckt, weshalb man jetzt noch keinen Parmesan braucht, denn der reicht dann noch, aber eben Zuchini. Und an Bedasui (Petersilie)!
Im Endeffekt kombiniere ich also männliche und weibliche Familientugenden: Ja, ich kann kochen, einkaufen und habe die perfekte Orientierung für Zutaten. Und kaufe bei der Gelegenheit dann auch meistens zu viel ein. Was dann weg muss, weshalb hier oft die jungen Damen kommen, die nicht durch das rigide Regiment der Kaltmamsellschen Frau Mama oder der Porcamadonnischen Haushälterin gegangen sind, und deshalb weder Einkaufslisten schreiben noch kochen können, und ohne mich möglicherweise Hunger leiden müssten.
* daher auch das beliebte "Homs da ins Hian neigschissn", das ich zwar kenne, aber bekanntermassen in meiner notorischen Harmoniesucht auch nia ned oana dreggadn, hundsvareggdn Drigamibrundskache an den Kopf werfen würde.
donalphons, 22:08h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Sonntag, 20. Januar 2008
Die kleine Französin wünscht Torte
Che vita maledetta è il far la cameriera! Dal mattino alla sera i fa, si suda, si lavora, e poi di tanto che si fa nulla è per noi. È mezza ora che sbatto; il cioccolatte è fatto, ed a me tocca restar ad odorarlo a secca bocca? Non è forse la mia come la vostra, o garbate signore, che a voi dèssi l'essenza, e a me l'odore? Per Bacco, vo' assaggiarlo: cospettaccio! Com' è buono!
Wie wir alle wissen, folgt daraufhin der Auftritt eines gewissen "Don Alfonso", der einen niederträchtigen Plan hat, infolge dessen die hier sprechende und naschende Despina, die vorlaute Kammerzofe aus den Vorstädten Neapels, dem Berlin des XVIII. Jahrhunderts, mehr wird kosten können, als nur die Schokolade ihrer Herrinnen. Doch beim Finale, nach all der Tollerei, ist sie diejenige, die die Welt nicht mehr versteht.
Was ich eigentlich sagen wollte: Als ich noch beim politisch korrekten Bürgerfunk war, gab es am Mittwoch eine eher lockere Umweltschutzsendung, die mit wenig Erfolg lief. Bis sie dann einmal eine Sendung über ökologisch korrekten Schaumwein machten. Mit Verlosung. Die Telefone standen nicht mehr still. So ähnlich geht es mir auch. Ich würde gern losziehen, Werbedrachen die Eier abzwicken und Neoconnards das Fell sengen - und die Leser fragen allen Ernstes mich, den schrecklichen Don Alphonso, nach - Tortenbildern.
Qua le destre, siete sposi. Abbracciatevi e tacete. Tutti quattro ora ridete, Ch'io già risi e riderò.
Wie wir alle wissen, folgt daraufhin der Auftritt eines gewissen "Don Alfonso", der einen niederträchtigen Plan hat, infolge dessen die hier sprechende und naschende Despina, die vorlaute Kammerzofe aus den Vorstädten Neapels, dem Berlin des XVIII. Jahrhunderts, mehr wird kosten können, als nur die Schokolade ihrer Herrinnen. Doch beim Finale, nach all der Tollerei, ist sie diejenige, die die Welt nicht mehr versteht.
Was ich eigentlich sagen wollte: Als ich noch beim politisch korrekten Bürgerfunk war, gab es am Mittwoch eine eher lockere Umweltschutzsendung, die mit wenig Erfolg lief. Bis sie dann einmal eine Sendung über ökologisch korrekten Schaumwein machten. Mit Verlosung. Die Telefone standen nicht mehr still. So ähnlich geht es mir auch. Ich würde gern losziehen, Werbedrachen die Eier abzwicken und Neoconnards das Fell sengen - und die Leser fragen allen Ernstes mich, den schrecklichen Don Alphonso, nach - Tortenbildern.
Qua le destre, siete sposi. Abbracciatevi e tacete. Tutti quattro ora ridete, Ch'io già risi e riderò.
donalphons, 19:40h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Montag, 7. Januar 2008
Ich kapiere das Merkel nicht
Eigentlich müsste das Elend der Uckermark doch a) generell die Klappe halten, weil auch unter ihr das grösste Problem krimineller Jugendlicher, die Neonazis und ihre Gewalttaten, nicht richtig bekämpft werden, und b) gerade in seiner labilen Position froh sein, wenn der Koch der braunen Suppe bei den nächsten Wahlen ordentlich zusammengestutzt wird. So wichtig ist Hessen im Bundesrat auch nicht, und ein in den Staub der Wahllokale getretener Hardliner hält dann eher die Fresse, wenn es um ihre Nachfolge, Querschüsse und Dolchstösse für die Bundespolitik oder das Koalitionsklima geht. Dass jetzt eine ex-FDJ-Mitmarschierein erklären will, wie man der Jugend Zucht und Ordnung beibringen soll, lässt allenfalls hoffen, dass ein paar Medien zu begreifen beginnen, was für einer inhaltlichen und politischen Null sie seit Jahren die Schleimspur auslecken. Vielleicht sollte das da erst mal anständiges Deutsch lernen, bevor es Benimmregeln erteilen möchte.
donalphons, 14:31h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Sonntag, 6. Januar 2008
Deutsche Sitten
Ich war noch nicht lang in München, als ich eine Familie kennenlernte, die man vor 100 Jahren vielleicht als Angehörige der besseren Kreise bezeichnet hätte. Vom Schlafen im Lehel abgesehen, hätte ihr Leben auch komplett im ehemaligen Kreuzgang der Theatinerkirche stattfinden können, vom Feinkostladen über Arzmiller zum Antiquitätengeschäft mit seinen üppigen Silberangeboten, dann weiter zum Herrenausstatter, während die Damen zum Friseur gingen. Für Menschen ohne grosse finanzielle Sorgen ist das Geviert eine Art Mikrokosmos, dem damals nur ein Buchladen fehlte. Theresa lag damals noch gegenüber, und später würden sie ihren Herrenladen strategisch günstig zwischen Innenhof und Hauptgeschäft platzieren - schau, Max, der Anzug, der wäre was für dich.
Wann immer ich mich aber mit einem von ihnen traf, besuchten wir zuerst, wenn man so will, das Hauptgeschäft: Die Theatinerkirche selbst. Wie manche gewohnheitsmässig an der Residenzstrasse die Nasen der Löwen vor dem Palasteingang bereiben, ging man hier in die Kirche und zündete hinten links eine Kerze an. Und als ich heute, zur Auffrischung der Erinnerung und des kunsthistorischen Wissens, mich durch die enge Pforte in das schon dunkle Kirchenschiff gedrückt hatte, war dort eines dieser mitteljungen Paare, wie es sie nur in solchen besseren Gegenden gibt, er Consultant, sie Reiterin, idealtypisch in Kleidung, Aufmachung und Verhalten, und dazu knallten ihre Stiefel auf dem Marmor, als ginge es darum, den Klang von 33 wiederzubeleben, der draussen vor der Feldherrnhalle seinen Ursprung hat. Sie knallte also an der kleinen Nonne vorbei, kaufte eine Kerze, zündete sie an, dann verharrten sie etwas, sie mit gefalteteten Händen und er mit ihrer Tüte in der Hand -
und verliessen vor mir die Kirche. Ich ging, wie man das so macht, wenn man die besonderen Reize hier kennt und auf das Gewühl auf der Theatinerstrasse verzichten möchte, quer durch den Hof, blieb vor den Schaufenstern hängen, verzichtete wegen akuter Überfüllung - ich hatte mir vorher schon zwei Bände Wiener Fastenpredigten von 1796 gekauft - auf einen Besuch bei Arzmiller, und machte mich dann auf den Weg zum englischen Bücherladen der grossen Kette, die ich ansonsten wie die Pest meide. Allein, ich brauchte die Worl of Interiors, ergatterte dort das vorletzte Exemplar, und als ich das Geschäft verliess, war das Paar aus der Theatinerkirche vor dem Schaufenster, in dem immer noch, säuberlich beschriftet, die Geschenkvorschläge des vergangenen Festes zu sehen waren. Sie redeten. So laut, ordinär hätte meine Grossmutter gesagt und damit wie immer recht gehabt, so laut also, dass man ihnen kaum das in der Kirche gezeigte Decorum hätte zutrauen wollen, und zwar so -
Sie: Das Buch wäre wäre wirklich was für Tante B.
Er: Von einer Cancer Foundation. Cancer hat sie doch schon.
Beiderseitiges, silberhelles Lachen.
Und gingen hinüber, in das Cafe des Literaturhauses.
Es gbt sehr gute Gründe, warum man heute von den besseren Kreisen in der Vergangenheitsform reden sollte - wobei es auch sein kann, dass sie in der Form, wie man das in Sonntagsreden von der guten alten Zeit unterstellt, nie existiert haben. Die Rituale, der eingetrichterte Glaube, besonders an die Belohnung für die Kerzen, das Standesbewusstsein und dessen Dünkel, alles, was man so deutsche Sitten nennen möchte, ist auch Dekaden nach Einführung des Privatfernsehens noch da. Aber es sind Riten, die jeden Inhalt längst verloren haben, Verhaltensfassaden, hinter denen das Lecktmich-Bewusstsein steht, das eine gesamtgesellschaftliche Klammer zwischen allen Schichten ist. Deutsche Sitten und Tugenden, was soll das bitte sein? Die Sekundärscheisse, mit der man auch ein KZ betreiben kann, wie es Oskar L. mal auszudrücken beliebte?
Und ich klinge langsam wie der Depp, der die Fastenpredigten von 1796 geschrieben hat.
Wann immer ich mich aber mit einem von ihnen traf, besuchten wir zuerst, wenn man so will, das Hauptgeschäft: Die Theatinerkirche selbst. Wie manche gewohnheitsmässig an der Residenzstrasse die Nasen der Löwen vor dem Palasteingang bereiben, ging man hier in die Kirche und zündete hinten links eine Kerze an. Und als ich heute, zur Auffrischung der Erinnerung und des kunsthistorischen Wissens, mich durch die enge Pforte in das schon dunkle Kirchenschiff gedrückt hatte, war dort eines dieser mitteljungen Paare, wie es sie nur in solchen besseren Gegenden gibt, er Consultant, sie Reiterin, idealtypisch in Kleidung, Aufmachung und Verhalten, und dazu knallten ihre Stiefel auf dem Marmor, als ginge es darum, den Klang von 33 wiederzubeleben, der draussen vor der Feldherrnhalle seinen Ursprung hat. Sie knallte also an der kleinen Nonne vorbei, kaufte eine Kerze, zündete sie an, dann verharrten sie etwas, sie mit gefalteteten Händen und er mit ihrer Tüte in der Hand -
und verliessen vor mir die Kirche. Ich ging, wie man das so macht, wenn man die besonderen Reize hier kennt und auf das Gewühl auf der Theatinerstrasse verzichten möchte, quer durch den Hof, blieb vor den Schaufenstern hängen, verzichtete wegen akuter Überfüllung - ich hatte mir vorher schon zwei Bände Wiener Fastenpredigten von 1796 gekauft - auf einen Besuch bei Arzmiller, und machte mich dann auf den Weg zum englischen Bücherladen der grossen Kette, die ich ansonsten wie die Pest meide. Allein, ich brauchte die Worl of Interiors, ergatterte dort das vorletzte Exemplar, und als ich das Geschäft verliess, war das Paar aus der Theatinerkirche vor dem Schaufenster, in dem immer noch, säuberlich beschriftet, die Geschenkvorschläge des vergangenen Festes zu sehen waren. Sie redeten. So laut, ordinär hätte meine Grossmutter gesagt und damit wie immer recht gehabt, so laut also, dass man ihnen kaum das in der Kirche gezeigte Decorum hätte zutrauen wollen, und zwar so -
Sie: Das Buch wäre wäre wirklich was für Tante B.
Er: Von einer Cancer Foundation. Cancer hat sie doch schon.
Beiderseitiges, silberhelles Lachen.
Und gingen hinüber, in das Cafe des Literaturhauses.
Es gbt sehr gute Gründe, warum man heute von den besseren Kreisen in der Vergangenheitsform reden sollte - wobei es auch sein kann, dass sie in der Form, wie man das in Sonntagsreden von der guten alten Zeit unterstellt, nie existiert haben. Die Rituale, der eingetrichterte Glaube, besonders an die Belohnung für die Kerzen, das Standesbewusstsein und dessen Dünkel, alles, was man so deutsche Sitten nennen möchte, ist auch Dekaden nach Einführung des Privatfernsehens noch da. Aber es sind Riten, die jeden Inhalt längst verloren haben, Verhaltensfassaden, hinter denen das Lecktmich-Bewusstsein steht, das eine gesamtgesellschaftliche Klammer zwischen allen Schichten ist. Deutsche Sitten und Tugenden, was soll das bitte sein? Die Sekundärscheisse, mit der man auch ein KZ betreiben kann, wie es Oskar L. mal auszudrücken beliebte?
Und ich klinge langsam wie der Depp, der die Fastenpredigten von 1796 geschrieben hat.
donalphons, 00:35h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Mittwoch, 26. Dezember 2007
Asozialneid
Im bunkerartigen Konsumschlauch vor der Stadt mit den chinesischen Klamotten und den billigen Technikgeräten, den Ballerspielen und dem Tiefkühlfrass war so viel von einem "gewissen Publikum", wie meine Frau Mama das nennt, los, dass manche keinen Parkplatz fanden und gezwungenermassen in die Altstadt ausweichen mussten.
Wenn ich so etwas höre, und daraus schliesse, dass mehr Geld lediglich mehr Konsumdreck bedeutet, tendiere ich dazu, die momentane Sozialdebatte mit einem flauen Gefühl im Magen zu verfolgen. Was bringt es volkswirtschaftlich, wenn man denen oben nimmt, auf dass sie nicht mehr den globalen Finanzverkehr mit all seinen unschönen Folgen anheizen - wenn dann unten so konsumiert wird, dass Zwangsarbeit in Fernasien noch mehr Profit abwirft, und bei uns Müllprobleme und Krankheiten durch falsche Ernährung das einzige messbare Wachstum aufweisen können.
Wenn ich so etwas höre, und daraus schliesse, dass mehr Geld lediglich mehr Konsumdreck bedeutet, tendiere ich dazu, die momentane Sozialdebatte mit einem flauen Gefühl im Magen zu verfolgen. Was bringt es volkswirtschaftlich, wenn man denen oben nimmt, auf dass sie nicht mehr den globalen Finanzverkehr mit all seinen unschönen Folgen anheizen - wenn dann unten so konsumiert wird, dass Zwangsarbeit in Fernasien noch mehr Profit abwirft, und bei uns Müllprobleme und Krankheiten durch falsche Ernährung das einzige messbare Wachstum aufweisen können.
donalphons, 12:00h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Montag, 10. Dezember 2007
Wohl dem Besiegten
Nüchtern betrachtet liegen die USA auf der Fresse: Zwei vollkommen vergeigte Kriege am Arsch der Welt, die mit horrenden Finanzrisiken und Unterstützung für Regime bezahlt werden, die selbst kein Jota besser sind als das, was man zu bekämpfen beabsichtigt. Dazu eine Akzeptanz der Folter wie in einer drittklassigen Südamerikadiktatur. Eine in einen sorgenfreien Boom hineingeplatzte, fundamentale Wirtschaftskrise, für die man keine Reserven hat, ethnische Spannungen, massenhaft verpasste Chancen im Inland, von der Integration über die Sozialpolitik bishin zur Justiz, die jetzt erst langsam begreift, dass sie einen Haufen Morde auf dem Buckel hat. Und obendrein schlägt das Versagen beim Klimaschutz zurück: Die Automobilindustrie krepiert gerade an einer von oben verordneten Ignoranz der Probleme von Verschwendung und Lecktmichhaltung. Kurz, Amerika ist unter seinem aktuellen Machthaber noch verrückter, als es der verhasste Putschist Chavez an gleicher Stelle bewirken könnte.
Es gibt in der deutschen Renaissance und Barock vergleichbare Herrschaftssysteme, die ähnlich katastrophale Bilanzen habe; man beschäftige sich etwa mit Albrecht Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach oder dem blauen Kurfürsten Max II. Emmanuel. Demokratie und kritische Medien galten allgemein als ein stabilisierendes System, das das Risiko solcher Administrationspleiten verhindern können. Heute wissen wir, dass sie das könnten, wenn sie nicht verarschbar und zutiefst korrupt wären.
Gemessen daran - geht die Welt mit Amerika superfreundlich um. Das ist sicher auch dem neuen globalen Duopol mit dem grusligen kapitalbolschewistischen Russland geschuldet, das man allenfalls als Heuschreckeninvestor oder Ex-Kanzler toll finden kann. Im Vergleich mit dem Regime der chinesischen Mörder wirken die USA noch wie die "beste aller möglichen Welten", mehr aber auch nicht.
Betrachtet man das Versagen der Bush-Adminsitration und alle Folgen nüchtern, muss man eingestehen: Die USA haben immer noch ein irrational gutes Standing im Westen. Man sieht die Fehlentwicklungen, aber eben auch die, die weitgehend machtlos und vergeblich dagegen angehen. Man traut Amerika immer noch zu, ein Hort der Freiheit zu sein, oder wieder zu werden. Man ist bereit, sich auf Gedeih und Verderb an Hillarys Busen zu schmeissen, egal wie oft sie Falludscha niederballern lassen wird. Aus all den Berichten, Kommentaren und Reportagen, aus der ungebrochenen touristischen Faszination für dieses Land, seinen globalen Mythen in Film und Ballerspiel, spricht die Sehnsucht des - namentlich deutschen - Westens, den grossen Bruder wieder lieben zu können. Gäbe es wirklich so etwas wie einen Antiamerikanismus in Deutschland, müssten vor jeder Botschaft dieses grossen Folterstaates die Mahnwachen stehen. Egal, wie übel die Folgen von Bush und seiner Verbrecherbande auch sein werden, es ist nur eine temporäre Abkühlung des Verhältnissen, und wird sicher demnächst aufgewogen, wenn die USA so tief im Dreck stecken, dass sie Europa wieder etwas mehr Liebe schenken müssen, um nicht zum Hinterhof von Venezuala zu werden.
Und obwohl sie es verdient hätten - wollen würde ich das auch nicht.
Es gibt in der deutschen Renaissance und Barock vergleichbare Herrschaftssysteme, die ähnlich katastrophale Bilanzen habe; man beschäftige sich etwa mit Albrecht Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach oder dem blauen Kurfürsten Max II. Emmanuel. Demokratie und kritische Medien galten allgemein als ein stabilisierendes System, das das Risiko solcher Administrationspleiten verhindern können. Heute wissen wir, dass sie das könnten, wenn sie nicht verarschbar und zutiefst korrupt wären.
Gemessen daran - geht die Welt mit Amerika superfreundlich um. Das ist sicher auch dem neuen globalen Duopol mit dem grusligen kapitalbolschewistischen Russland geschuldet, das man allenfalls als Heuschreckeninvestor oder Ex-Kanzler toll finden kann. Im Vergleich mit dem Regime der chinesischen Mörder wirken die USA noch wie die "beste aller möglichen Welten", mehr aber auch nicht.
Betrachtet man das Versagen der Bush-Adminsitration und alle Folgen nüchtern, muss man eingestehen: Die USA haben immer noch ein irrational gutes Standing im Westen. Man sieht die Fehlentwicklungen, aber eben auch die, die weitgehend machtlos und vergeblich dagegen angehen. Man traut Amerika immer noch zu, ein Hort der Freiheit zu sein, oder wieder zu werden. Man ist bereit, sich auf Gedeih und Verderb an Hillarys Busen zu schmeissen, egal wie oft sie Falludscha niederballern lassen wird. Aus all den Berichten, Kommentaren und Reportagen, aus der ungebrochenen touristischen Faszination für dieses Land, seinen globalen Mythen in Film und Ballerspiel, spricht die Sehnsucht des - namentlich deutschen - Westens, den grossen Bruder wieder lieben zu können. Gäbe es wirklich so etwas wie einen Antiamerikanismus in Deutschland, müssten vor jeder Botschaft dieses grossen Folterstaates die Mahnwachen stehen. Egal, wie übel die Folgen von Bush und seiner Verbrecherbande auch sein werden, es ist nur eine temporäre Abkühlung des Verhältnissen, und wird sicher demnächst aufgewogen, wenn die USA so tief im Dreck stecken, dass sie Europa wieder etwas mehr Liebe schenken müssen, um nicht zum Hinterhof von Venezuala zu werden.
Und obwohl sie es verdient hätten - wollen würde ich das auch nicht.
donalphons, 14:20h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Donnerstag, 6. Dezember 2007
Ich mag heute Porno nicht, aber ich finde Porno
aus kulturgeschichtlichen Überlegungen heraus gut. Sage ich, Rainer sagt etwas anderes. Und eines voraus: Wer was wie mit welchen Mitteln in welche Körperöffnung steckt, ist zuerst mal Privatsache. Jenseits von Kindesmissbrauch, Vergewaltigung und Prävention von Kind und Krankheit haben sich da alle rauszuhalten, Staat, Kirche, wer auch immer. Ich denke, beim Sex gibt es keinen Anlass, mehr Vorschriften als beim essen zu machen.
Porno also. Ich habe eiiges im Bücherschrank, was man früher als pornographisch ansah, von den Klassikern der Aufklärung wie Diderot und de Sade, über Josephine Mutzenbacher und versteckte Publikationen der 50er Jahre, die "Memoiren einer Sängerin" und ähnlich heissen. Es sind Bücher, die bekämpft und verfolgt wurden, und man kennt auch die Namen derer, die sie verbieten wollten. In dieser langen Reihe der Verfolger und Unterdrücker ist niemand, in dessen Folge ich stehen wollte, und auf der anderen Seite finden sich all jene, die sich um Aufklärung und Offenheit verdient gemacht haben. Wobei: Es steht völlig ausser Frage, dass man gewisse Praktiken, die man bei Diderot und Louvet de Couvray, namentlich Sex mit Minderjährigen, heute nicht mehr akzeptieren würde. Es war eben eine andere Zeit, was jeder weiss, der das harmlose Schaspiel Romeo und Julia kennt: Da prahlt Julias Mutter mit ihrer Jugend, in der sie zum ersten Mal schwanger war.
Wir leben kulturgeschichtlich gesehen in einer verrückten Zeit, innerhalb christlicher Regeln und gleichermassen jenseits jeder aufgeklärten Vorstellung: Wir haben einerseits einen Jugendschutz, der noch aus dem 19. Jahrhundert und der damals vorherrschenden Prüderie stammt, und an jeder Litfasssäule, im Musikfernsehen und in den Serien so viel Fleisch, dass es einem Menschen der zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts unfassbar erschienen wäre. Man erinnere sich, dass damals Tänze im Bananenrock Skandale auslösten. Und tatsächlich ist die Öffentlichkeit in einem Masse durchsexualisiert, dass es zu Alltagskultur gehört.
Wenn man so will, hat sich die Doppelmoral eines Herzogs von Lauzun heute aufgelöst, und was früher in kleinen Zirkeln vorgelebt und verfasst wurde, ist heute das Übliche der Nachmittagstalkshows. Es ist eine Demokratierung, es ist ein Zeichen des Absterbens moralischer Autoritäten, denen wir früher den Scheiterhaufen, die Folter, das Gefängnis und die Elektrotherapie "verdankt" haben. Was sich damit verbindet, der Trash, die Hässlichkeit des Öffentlichen und das Fehlen jeden Reizes, der noch als solcher wahrgenommen wird, die Übersextheit zusammen mit dem auf Malle und in Thailand abregierten Unterficktsein der Sekretärinnen und Bandarbeiter, kann einem Libertin auch nicht durchgängig gefallen, aber ich sehe keine echte Alternative.
Es gibt, das muss man zugeben, parallel zum Elend der Zensoren auch das Elend der Dumpfen, und um es in meinem System wieder zu ordnen, behaupte ich, dass der Christenpropagandist von früher heute zum Werber oder Bildredakteur bei SPon und Sueddeutsche.de geworden ist. Enthaltsamkeit lohnt sich nicht mehr, der zurückgebliebene Depp kauft keine Heiligenbildchen mehr, er ist bei Youporn, und deshalb zieht man mit und bietet, was der Markt fordert. Es ist besser als das System, das meine Helden eingekerkert hat, Porno hat dien Unfreiheit weggefegt, aber wie so oft führt die Befreiung nicht zur Aufklärung, sondern wieder zu einer neuen Form der despotischen Kultur, in der Pornographie nicht mehr reglementiert, sondern grossflächig verwertet wird.
Man kann sich jede körperliche Ausschweifung der Philosophie im Bodoir heute bei den internationalen Pornohändlern des Netzes runterladen. Leider besteht de Sades Buch auch aus grossen philosophischen Erörterungen, ohne die all der Sex bedeutungslos wäre. Davon ist im Internet nichts zu finden, das bieten weder Werbung noch Nacktbildstrecke. Alles ist verfügbar, es hat seinen Zweck erfüllt und unsere Kultur aus dem Loch herausgerissen, in dem andere Kulturen vom iranischen Terrorregime bis zu den chinesischen Mördern bis heute stecken. Porno hat den Adenauermief beseitigt und auch mir eine sorglose Jugend ermöglicht, und keiner muss heute noch eine Anzeige fürchten, wenn er unverheirateten Paaren eine Wohung vermietet. Porno, da hatten die Aufklärer recht, war der entscheidende Treibsatz der Aufklärung.
Aber was heute daraus wurde - meins ist es nicht. Was bleibt, ist weiter an der Aufklärung zu arbeiten. Das vehikel Porno jedoch zu verdammen, um damit der Reaktion in die Hände zu arbeiten und die eigene Herkunft zu diskreditieren, finde ich falsch. Wenn überhaupt, dann geht es um die Frage einer aufgeklärten Pornographie, um die Befreiung von Porno aus den Ketten von Werbung, Medien und Marketing.
Porno also. Ich habe eiiges im Bücherschrank, was man früher als pornographisch ansah, von den Klassikern der Aufklärung wie Diderot und de Sade, über Josephine Mutzenbacher und versteckte Publikationen der 50er Jahre, die "Memoiren einer Sängerin" und ähnlich heissen. Es sind Bücher, die bekämpft und verfolgt wurden, und man kennt auch die Namen derer, die sie verbieten wollten. In dieser langen Reihe der Verfolger und Unterdrücker ist niemand, in dessen Folge ich stehen wollte, und auf der anderen Seite finden sich all jene, die sich um Aufklärung und Offenheit verdient gemacht haben. Wobei: Es steht völlig ausser Frage, dass man gewisse Praktiken, die man bei Diderot und Louvet de Couvray, namentlich Sex mit Minderjährigen, heute nicht mehr akzeptieren würde. Es war eben eine andere Zeit, was jeder weiss, der das harmlose Schaspiel Romeo und Julia kennt: Da prahlt Julias Mutter mit ihrer Jugend, in der sie zum ersten Mal schwanger war.
Wir leben kulturgeschichtlich gesehen in einer verrückten Zeit, innerhalb christlicher Regeln und gleichermassen jenseits jeder aufgeklärten Vorstellung: Wir haben einerseits einen Jugendschutz, der noch aus dem 19. Jahrhundert und der damals vorherrschenden Prüderie stammt, und an jeder Litfasssäule, im Musikfernsehen und in den Serien so viel Fleisch, dass es einem Menschen der zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts unfassbar erschienen wäre. Man erinnere sich, dass damals Tänze im Bananenrock Skandale auslösten. Und tatsächlich ist die Öffentlichkeit in einem Masse durchsexualisiert, dass es zu Alltagskultur gehört.
Wenn man so will, hat sich die Doppelmoral eines Herzogs von Lauzun heute aufgelöst, und was früher in kleinen Zirkeln vorgelebt und verfasst wurde, ist heute das Übliche der Nachmittagstalkshows. Es ist eine Demokratierung, es ist ein Zeichen des Absterbens moralischer Autoritäten, denen wir früher den Scheiterhaufen, die Folter, das Gefängnis und die Elektrotherapie "verdankt" haben. Was sich damit verbindet, der Trash, die Hässlichkeit des Öffentlichen und das Fehlen jeden Reizes, der noch als solcher wahrgenommen wird, die Übersextheit zusammen mit dem auf Malle und in Thailand abregierten Unterficktsein der Sekretärinnen und Bandarbeiter, kann einem Libertin auch nicht durchgängig gefallen, aber ich sehe keine echte Alternative.
Es gibt, das muss man zugeben, parallel zum Elend der Zensoren auch das Elend der Dumpfen, und um es in meinem System wieder zu ordnen, behaupte ich, dass der Christenpropagandist von früher heute zum Werber oder Bildredakteur bei SPon und Sueddeutsche.de geworden ist. Enthaltsamkeit lohnt sich nicht mehr, der zurückgebliebene Depp kauft keine Heiligenbildchen mehr, er ist bei Youporn, und deshalb zieht man mit und bietet, was der Markt fordert. Es ist besser als das System, das meine Helden eingekerkert hat, Porno hat dien Unfreiheit weggefegt, aber wie so oft führt die Befreiung nicht zur Aufklärung, sondern wieder zu einer neuen Form der despotischen Kultur, in der Pornographie nicht mehr reglementiert, sondern grossflächig verwertet wird.
Man kann sich jede körperliche Ausschweifung der Philosophie im Bodoir heute bei den internationalen Pornohändlern des Netzes runterladen. Leider besteht de Sades Buch auch aus grossen philosophischen Erörterungen, ohne die all der Sex bedeutungslos wäre. Davon ist im Internet nichts zu finden, das bieten weder Werbung noch Nacktbildstrecke. Alles ist verfügbar, es hat seinen Zweck erfüllt und unsere Kultur aus dem Loch herausgerissen, in dem andere Kulturen vom iranischen Terrorregime bis zu den chinesischen Mördern bis heute stecken. Porno hat den Adenauermief beseitigt und auch mir eine sorglose Jugend ermöglicht, und keiner muss heute noch eine Anzeige fürchten, wenn er unverheirateten Paaren eine Wohung vermietet. Porno, da hatten die Aufklärer recht, war der entscheidende Treibsatz der Aufklärung.
Aber was heute daraus wurde - meins ist es nicht. Was bleibt, ist weiter an der Aufklärung zu arbeiten. Das vehikel Porno jedoch zu verdammen, um damit der Reaktion in die Hände zu arbeiten und die eigene Herkunft zu diskreditieren, finde ich falsch. Wenn überhaupt, dann geht es um die Frage einer aufgeklärten Pornographie, um die Befreiung von Porno aus den Ketten von Werbung, Medien und Marketing.
donalphons, 14:07h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Donnerstag, 29. November 2007
Gut festhalten bitte
Die gute Nachricht zuerst: Bei den anstehenden Auktionen der grossen Häuser in München könnte es sein, dass die Preise diesmal in einem erträglichen Rahmen bleiben - und das ausgerechnet kurz vor Weihnachten.
Die schlechte Nachricht: Inzwischen hört man an allen Ecken und Enden von einem heftigen Durchschlag der amerikanischen Immobilienkrise auf das bayerische Bankwesen, das in nicht allzu langer Zeit bekannt werden dürfte. *hüstel* So etwas liegt ja schon länger in der Luft, aber wenn es schon das Gesprächsthema der Konzertvereinspause ist, sollte man das doch ernst nehmen. Und sowas drückt erheblich auf die Ausgabenfreudigkeit derer, die im Normalfall bei Auktionen die Preise treiben. Der Umstand, dass dieses Thema sogar die wütenden Debatten um das 1200 Euro, das muss man sich mal vorstellen, 1200 Euro! Solche Halunken in Berlin! teure Nachrüsten der hier üblichen Holzöfen mit Filtern verdrängt, zeigt deutlich dessen Relevanz. Nur hunderte Millionen? Oder schon Milliarden Abschreibungen?
Ja, man hat es nicht leicht mit den Anlagen, hört man im Moment oft, in diesen Kreisen. Vielleicht doch noch Gold kaufen. Möglicherweise geht dann wenigstens der Schmuck zu hohen Preisen weg, nächste Woche in der grossen Stadt.
Die schlechte Nachricht: Inzwischen hört man an allen Ecken und Enden von einem heftigen Durchschlag der amerikanischen Immobilienkrise auf das bayerische Bankwesen, das in nicht allzu langer Zeit bekannt werden dürfte. *hüstel* So etwas liegt ja schon länger in der Luft, aber wenn es schon das Gesprächsthema der Konzertvereinspause ist, sollte man das doch ernst nehmen. Und sowas drückt erheblich auf die Ausgabenfreudigkeit derer, die im Normalfall bei Auktionen die Preise treiben. Der Umstand, dass dieses Thema sogar die wütenden Debatten um das 1200 Euro, das muss man sich mal vorstellen, 1200 Euro! Solche Halunken in Berlin! teure Nachrüsten der hier üblichen Holzöfen mit Filtern verdrängt, zeigt deutlich dessen Relevanz. Nur hunderte Millionen? Oder schon Milliarden Abschreibungen?
Ja, man hat es nicht leicht mit den Anlagen, hört man im Moment oft, in diesen Kreisen. Vielleicht doch noch Gold kaufen. Möglicherweise geht dann wenigstens der Schmuck zu hohen Preisen weg, nächste Woche in der grossen Stadt.
donalphons, 14:56h
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