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Donnerstag, 15. Januar 2009

Morgen in Bildern

Mein persönlicher Höhepunkt des Tages - eines Tages, der von sehr viel Streit und Ärger geprägt war - war der Moment, an dem ich die Stimme des Blutes verspürte und nachher gemerkt habe, dass doch mehr von meinem Herrn Papa in mir steckt, als man so gemeinhin glauben möchte. Ich weiss nicht mal, ob ich das gut finden sollte - als ich klein war, empfand ich diese Facette meines Vaters, die ich nur indirekt erleben musste, höchst einschüchternd - aber es war wohl der Schlüssel, um die bayerische Version der calabresischen Mafia mit ihrem Wunsch nach mehr Geld für Immobilien ohne Gegenleistung massiv einzuschüchtern. Investoren wissen es natürlich später dennoch nicht zu würdigen, aber es war einfach gut für das private Wohlbefinden. Nachdem ich gestern Nacht in Vorbereitung des absehbaren Konflikts nicht geschlafen habe, werde ich heute sanft ruhen.



Und morgen dann in aller Früh aufbrechen, zum Arbeitsplatz von Herrn Ackermann, dessen baldigen Abschied inzwischen mit einem Tag Verspätung auch noch andere fordern- leise, verhalten, aber es scheint, als sei für Ackermann der letzte Weg heim in die Schweiz im Terminkalender eingetragen. Besonders erbaulich bei diesen rabenschwarzen Meldungen: Den PR-gefütterten Fanboys von Joe in den Wirtschaftsredaktionen dürfte das Maul heute mit einer Mischung aus Rizinus, Teer und Sekundenkleber ausgewaschen worden sein. Es wird lange dauern, bis diese Herrschaften wieder zum gesponsorten Hosianna in der Lage sind. Neben Ackermann frage ich mich auch beim von der Wiwo zur Deuba gewechselten Herrn Baron, wie lange der sich noch wird halten können.



Nun also, Frankfurt, wie auf dem obigen Bild "FFM09" zu sehen ist - links der schmutzige Mainbach, rechts der bröckelnde Turm, darunter die Kaschemmen des echten Bordellbetriebs, der eine bessere Performance als alle Frankfurter Vermögensverwalter haben dürfte, und ein paar abgerissene Gestalten, Opfer der Kostensenkungen im Bankengeschäft: Die Stadt, der Müll und das Klumpenrisiko. Zu Zynismus besteht trotzdem kein Anlass: Für die heutigen Nachrichten haben sich die Finanzmärkte eigentlich wacker geschlagen. Jeder Stand des DAX über 4000 ist in meinen Augen der Beweis, dass die Faxgeräte solche Verlustmitteilungen immer noch in schwarzer Kokaintinte ausdrucken. Und das ist keine linke Schadenfreude: Die heutigen Reaktionen mit dem Absturz der Banken sind ein schlagender Beweis dafür, dass die Börsen aktuell nicht in der Lage sind, Entwicklungen zu erkennen und auch nur die kurzfristige Zukunft korrekt einzupreisen. Wenn sogar ich hier niederschreiben kann, dass die Deuba in ihrem Gewerbeimmobilienportfolio extreme Risiken hat, sollte das auch jedem Banker, Trader und Journalisten klar sein, der mal einen Blick in die Bilanz wirft. Oder können die keine Bilanzen lesen? Das wird nicht nur bei der Deuba das grosse Thema der ersten beiden 09er Quartale. Vor allem, weil solche Projekte oft von mehreren Banken finanziert werden, die im Zweifelsfall unterschiedliche Interessen verfolgen. Ich hatte 2002 mal das Vergnügen mit einem Startup, dessen Kreditgeber uneins waren. Damals ging es um ein paar lumpige zweistellige Millionenbeträge, aber es hat Scharen von Beratern, Anwälten und Geiern geholfen, die Verluste noch zu verdoppeln. Gestern in Hall ging es in keinem Fall um weniger als 200 Millionen. Refinanzierung in den nächsten Wochen, spätestens zu Herbst. Und ein grosser Teil der damit verbundenen Risikopositionen stecken im Bereich Wealth Management und Privatkundengeschäft. Das nun steht zwar so nicht in der Bilanz, aber die Jungs wissen alle, was gerade am grauen Kapitalmarkt los ist.



Diese Krise frisst sich gerade wie ein Krebs durch die Klasse, die sich für die bessere Gesellschaft und das Bürgertum gehalten hat. Es ist noch nicht so weit wie 1929, aber es ist gut möglich, dass ein ganzer Lebensstil in ein paar Jahren wegen des veränderten Konsum- und Risikoverhaltens verschwindet. Man muss Prada und Poltrona Frau nicht mögen, man kann Villen mit 240 m² dekadent finden und die Mitgliedschaft im Konzertverein als Spiessertum abtun, aber die Vorstellung einer durchgeschalteten Aldigesellschaft in einem von Staatskonzernen zwangsveropelten Mashup aus Ost-DDR und West-Bonzen finde ich noch weniger erfreulich, als, sagen wir mal, ein Konzert mit den Wesendonkliedern. Bedauerlich auch, weil sich in den letzten Jahren eine Gesellschaft entwickelt hat, die sich losgesagt hat vom kackbraunen Bürgertum der Nazizeit und der bleiernen Adenauerphase, und selbst in der bayerischen Provinz an bessere Zeiten anknüpfen konnte. Es gab, ungeachtet aller Probleme, so etwas wie eine schmale Brücke der Läuterung und Einsicht über die Abgründe des 20. Jahrhunderts hinweg, und es wäre das Ende dieses Weges und der Bundesrepublik wie wir sie kennen, würde diese Krise im Schnellgang das Bürgertum in eine grosse Gruppe der Verlierer und ein paar wenige Profiteure ganz im Stil der 20er Jahre aufteilen. Das ist in meinen Augen das eigentliche Problem dieser Zeit und das Risiko für eine Gesellschaft, die sich bei mir daheim sicher wird halten können, aber was hat man davon, wenn in Zukunft die kapitalistalinistische Ostzone gleich hinter der Altmühl beginnt, wo der Trash des Privatfernsehens und der billige Frass der Multis die Stützen der Gesellschaft sind und den Lebenshorizont definieren, weil es einfach und billig ist.

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Dienstag, 13. Januar 2009

Die Bankrotterklärung des Josef Ackermann

Ich tippe eher auf sowas wie grossen Knatsch zwischen Deutscher Bank und Postbank (Nobrainer)

Ich lag mit meiner Prognose am Anfang der Woche absolut richtig: Die Deutsche Bank will mit der Post über einen Rabatt bei der Übernahme der Postbank verhandeln. Das ist meines Erachtens der falsche Weg. Die Deutsche Bank sollte besser mit der PR-Tretmine Ackermann über seinen Abgang verhandeln - und über eine Kompensation der von ihm angerichteten Schäden.

Denn der miserable Deal mit der Bostbank ist nur eine der Fehlleistungen der letzten Zeit. Bei den New Yorker Zockern kann man vielleicht noch eine Art Eigenleben als Erklärung für die Pleite geltend machen, aber die 29,75%-Übernahme der Postbank zum ersten Quartal 2009 für 57,25 Euro pro Aktie - mehr als das Vierfache des aktuellen Kurses der Postbank - lässt bezweifeln, ob Ackermann da sowas wie eine Due Diligence hat durchführen lassen. Oder auch nur einen blassen Schimmer von dem hatte, was nach ein paar Monaten ohne substanzielle Veränderung im Markt Realität sein würde. Dass die Post in drei Jahren nochmal 20,25% der Aktien für 42,80 Euro an die Deutsche Bank verkaufen kann, ist so eine Art garantierte Wertberichtigung, der die Aktionäre der Deutschen Bank für drei Jahre schädigen wird.

Ich glaube auch nicht, dass sich Ackermann auf "Unvorhersehbarkeit" wird herausreden können. In diesem Marktumfeld muss man mit allem rechnen. Ackermann wollte so schnell wie möglich eine Alternative zum - von ihm geförderten und jetzt krepierenden - Investmentbankengeschäft, um sich weiterhin als genialer Turnaround-Manager präsentieren zu können, der die Krise besser als andere meistert. Dafür hat er die Postbank angekauft, und das in einer Geschwindigkeit, die nicht im Mindesten den Anforderungen einer sauberen Prüfung und Bewertung der Postbank angemessen gewesen wäre. Und kaum ist der Deal durch, hat die Postbank nur noch rote Zahlen zu vermelden, als wäre sie ein drittklassiges Startup, das sich an einen blöden Medienunternehmer verscheuert hat.

Ackermann hat sich massiv verspekuliert, und das mit einem absoluten Anfängerfehler. Die Marktkapitalisierung für die Postbank liegt aktuell gerade mal bei 2,81 Milliarden Euro; allein für die erste Tranche wären knapp 4 Milliarden von der Deutschen Bank fällig. Die Kosten für Integration und Anpassung sind da noch nicht mal angedacht. Ackermann würde also über 3 Milliarden allein beim aktuellen Kurs draufzahlen. Und so jemand, mit diesen Qualitäten in Vorhersage und Bewertung, soll die Geschicke der grössten deutschen Privatbank in der grössten Krise seit 1945 führen?

Ich kann mir nicht vorstellen, dass Ackermann noch lange Chef der Deutschen Bank bleibt.

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Dienstag, 13. Januar 2009

Alle meine Freunde

Alle meine Hamburger Freunde erzählen mir, dass die Alster zugefroren ist, und alles in der Kälte erstarrt. Schön, aber eisig kalt. Komischerweise tauen bei uns auf 1100 Meter inzwischen den Bäche wieder auf.



Viele meiner Münchner Freunde aus dem Bereich, der sich nicht mit den Freuden des grauen Kapitalmarkts beschäftigt, haben Angst um ihren Arbeitsplatz. Ich kenne dort eigentlich keinen, der nicht einen normalen Arbeitsplatz hat. Aus Berlin höre ich weniger klagen, aber dort haben ja auch nur die wenigsten einen normalen Arbeitsplatz, den sie verlieren könnten. Dort ist es eher das Entsetzen über die Jahresabrechnung der BAWAG - hier, wenn ich das so sagen darf, ist es nicht so schlimm, denn wenn man im T-Shirt draussen sitzen kann, braucht man keine Heizung.



Alle meine Freunde, die reich sind oder reiche Eltern haben, sind momentan ziemlich aufgekratzt. Alle haben verloren, und wenn ich ihnen sage, dass mit dem dicken Ding der Citigroup, wo der nächste Bailout ansteht, ihr Portfolio noch etwas dünner wird, schreien sie durchs Telefon, ich soll aufhören - selbst wenn sie mich oben auf dem Berg anrufen und fragen, ob ich ein passendes Objekt gefunden habe, und wie schlimm alles ist.



Alle meine Freunde mit Ahnung von der Thematik verstehen nicht, wie ich in Zeiten wie diesen so ruhig bleiben kann. Wenn es irgendetwas gibt, das sie gerade nicht ertragen könnten, dann wäre es das Besteigen eines Berges und die stundenlange Trennung vom Informationsfluss. Ich glaube, die könnten sich oben auch nicht eine Stunde in die Sonne setzen. "Rentner" wäre auch nicht mein Lebensentwurf, aber ich glaube, von den alten Herrschaften auf den anderen Bänken könnten sie einiges lernen. Nicht, dass die auch unbeschadet durchgekommen wären, aber die haben trotzdem den Willen, das Leben zu geniessen.



Und da oben ist es ja auch kostenlos. Es ist so schön, dass ich beim Überschreiten des Bergrückens, wenn die Kette der Blauberge auftaucht, hysterisch zu lachen beginne. Die Anstrengung, die dünne Luft, die Wärme, die Sonne, der Blick. Ich wünschte, alle meine Freunde könnten das sehen, sich mal frei machen, das ganze andere Zeug vergessen. Es kostet nichts, aber es befreit ungemein. Und es sorgt dafür, dass vom Winter 2008/9 etwas anderes in Erinnerung bleibt, als vergeudete Angst vor dem Unausweichlichen.



Bis dann der Anruf kommt und unvermittelt eine Verpflichtung ausspricht, nicht sofort, aber morgen, unaufschiebbar, schnell, unvorbereitet, so ist der Job, das sind seine Tücken, da ist man schneller in Hall in einem Hotel und erzählt was, von dem man selbst nicht so die tolle Ahnung hat, als man gemeinhin glauben möchte. Es geht wieder runter, die Piste ist schnell, extrem schnell, es sind kaum Leute unterwegs, man lässt es einfach laufen über Schnee und durch diese delikate Tegernseer Luft, die einen beschwingt und lustig macht, auch wenn der Rest, wie für alle meine Freunde, absolut nicht lustig ist.

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Ein unterschätztes Problem der Berge

Rücksichtslos die Rodelpistenkurveninnenseiten kreuzende Rowdytannen und herumlungernde Hoolfichten, die Ärger suchen.

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Donnerstag, 8. Januar 2009

Antidot du jour

Es gibt beim Blog nakedcapitalism nach all den schlechten Nachrichten des Linküberblicks immer ein nettes Tierbild, das von den Katastrophen ablenken soll. Ich glaube, das brauche ich heute auch:



Ihr, selbst wenn ihr nichts von Wirtschaft versteht, braucht das auch. Glaubt mir, ihr braucht ein Antidot. Egghat hat die Details der Rettungsaktion der neuen Staatsbank Commerzbank, die wegen der kommenden Abschreibungen gerade nochmal wegen der Fusion mit der Dresdner dem Tod von der Schippe gesprungen sein dürfte. Coba/Dreba teilverstaatlicht. Vor zwei Jahren hätte man für die aktuelle Regierungspolitik einen Lafontaine noch ausgelacht.

Das ist der Grund, warum meine Jahresprognose auch so bitter negativ ausfällt: Das, was wir wissen, ist nichts gegen das, was vor uns verborgen ist. Die Coba würde ich trotz allem als weitaus stabiler und besser kontrolliert als viele andere Banken dieser Welt einschätzen. Wenn es denen schon so dreckig geht, wie muss das erst bei anderen aussehen? Oder Satyam - indische Firma, aber testiert von PWC nach amerikanischen Massstäben: kein Grund, nicht mit einem Milliardenschwindel durchzukommen. Lehman, Bear Stearns, Citibank und WaMu ging es ja auch gut, bis der Zusammenbruch kam.

Das ist keine Zeit mehr für Prognosen auf Basis der zugänglichen Daten. Man sollte 2009 nach dem Worst Case Szenario leben und handeln. Trau keinem, glaub nichts.

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Dienstag, 6. Januar 2009

1929

Oh. Adolf Merckle ist angeblich tot. Zum Zug überrollt. Da kommt auf die Banken sicher noch etwas zu.

Manchmal frage ich mich schon, ob es nicht an der Zeit ist, das Thema "Geld" zu demystifizieren und von "Lebensfreude" zu trennen.

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Montag, 5. Januar 2009

Mafiakrieg 2009

Der Londoner Bankeristi-Clan wird von der italienischen Corrumbazi-Familie beschuldigt, sie bei einem milliardenschweren Geldgeschäft übers Ohr gehauen zu haben. Wenn das so stimmen sollte, kommen auf manche Bankmanager und Kommunalpolitiker unschöne Tage zu, und ausserdem wird man bei den Corrumbazis fragen, welcher Neffe da was einschob, bevor er unterschrieben hat.

1, 2, sind wir nicht alle ein bisschen Madoff?

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Samstag, 3. Januar 2009

Amerikanische vs. deutsche Medien

Während in Deutschland Leute wie Joe Ackermann auf ihre geteuen Speichellecker und Arschkriecher bei den "führenden" deutschen Wirtschaftstiteln setzen können, und auch Personen wie der unter Insiderhandelverdacht stehende Ex-HypeRealEstate-Boss Funke auf gnädige Beurteilung ihres Schaffens hoffen dürfen, zeigen die Amerikaner, wie man spät, zu spät, aber immerhin dem Journalismus ein Stück Würde zurückgeben kann.

Da ist einmal dieser Beitrag über die Subprimeproblematik im Walstreet Journal von der runtergekommenen Baracke einer Bewohnerin mit Messie-Erkrankung über eine Hypothek und drei Banken bishin zum Lehrerpensionsfonds von Oklahoma. Da kommt zwar oft ein "didn't respond to requests for comment" von den Verantwortlichen, aber der Fall ist selbsterklärend.

Und die New York Times schaut hinter die bröckelnden Kulissen des angeblichen Wirtschaftswunderlandes Irland, in einem Beitrag, den man ausdrucken und jedem von Lobbyisten gekauften Politabschaum zu fressen geben sollte, der uns in den letzten Jahren erzählt hat, wie ungleich fortschrittlicher doch die Iren die Wirtschaft voranbringen. Der "keltische Tiger", der gute Chancen auf die Nachfolge der "Jobmaschine Internet" als Phrase ahnungsloser Knallchargen hat.

Aber statt der Recherche liegt es den deutschen Kaufstrichern der Redaktionsstuben natürlich näher, ein Konjunkturpaket zu fordern, möglichst dick, mit Steuergeschenken der Bauart "der fetten Sau den Arsch geschmiert", den man zu bekriechen gedenkt, und möglichst breit gestreut, um unkontrolliert zu sein, und wenn dazu ein Bailout für die Medien kommt, wird das ganz sicher ein Erfolg.

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Ein gemeinhin ungenanntes Problem historischer Bauten

Am See, in einem ziemlich neuen gebäude aus der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts, ist es nie wirklich kalt. Die Decken sind niedrig, überall sind heizende Nachbarn, und unter dem Boden ist der Heizraum für die ganze Anlage. Am See ist es ganz einfach, man dreht die heizung etwas auf, stellt den Sessel in die passende Richtung und geniesst den Winter vor dem Fenster.



Aber wie es nun mal so ist, beenden Verpflichtungen irgendwann auch den längsten Ferienaufenthalt, und so vertauschte ich den breiten Sessel mit dem schmalen Pilotensitz des Roadsters und begab mich Richtung Autobahn. Oder besser, zum vereisten Abflussrohr für holländische Geisterfahrer, die beharrlich alle Spuren blockierten und einen der Staus produzierten, in denen eine italienische Heizung mal zeigen kann, was sie alles so nicht drauf hat. Heizen, zum Beispiel.

Nur drei Stunden später - normalerweise schaffe ich die Strecke in 5 Minuten, erreichte ich dann das Donautal, fand vor der Wohnungstür ein hübsches Paket mit einer viktorianischen Kanne und dahinter eine sagenhafte Kälte vor. Die Mieter heizen nicht, weil sie ausgeflogen sind, und die dicken Mauern hatten sehr viel Zeit, sauber auszukühlen. Jetzt, sieben Stunden, zwei Kerzen, zwei Kannen Tee und den massiven Einsatz des Föns später, ist es warm genug, um schlafen zu können. Morgen früh dann dürfte es bacherlwarm sein.



Draussen auf der Strasse grölen ein paar Besoffene, und ich frage mich, ob eine Kanne kaltes Wasser in so einer Nacht schon eine Körperveletzung wäre. Das macht die Kälte. Kälte lässt einen gemein und unerträglich werden. Weniger die Kälte draussen, als die Kälte an Orten, wo man sie nicht erwarten würde. Nicht gerad die beste zeit, den vorletzten Anzug verkaufen zu müssen. Morgen ist Wochenmarkt - dann höre ich vielleicht, wer hier von der bessern Gesellschaft inzwischen Feuerholz und Öl sparen muss.

Es wird ein harter Winter, in den grossen, alten Häusern.

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Donnerstag, 1. Januar 2009

Irrsinnig komisch

"Madame d´Halières liess ein bezauberndes Lachen hören."
Crebillon der Jüngere, Les faits et gestes du Vicomte de Nantel


Nun, es mag scheinen, als hätte uns das Jahr 2009 zuerst mal ein wenig eingeschneit, was sich am Morgen vom Platz an der Heizung aus ganz hübsch machte. Nicht viel Schnee, aber doch genug, dass sich am Hügel gegenüber die Kinder rutschend ihre Knochen brechen. Wenn schon Winter, dann so.



Ich gehöre ja zu denen, deren gute Erziehung alte Weisheiten wie "gleich abräumen heisst später weniger arbeiten" zu vermitteln wusste, und gemeinhin halte ich mich auch daran; was übrig ist von der grossen Völlerei des Vorabends, ist bereits wieder weggeräumt, und nur wenige Reste künden von den Belustigungen des Vorabends mit drei sich steigernden Gängen, deren letzter etwas zu üppig geraten ist, und schuld sind nur die Österreicher, die Ricotta gegenüber Creme Fraiche billig erscheinen lassen, der Himmel mag wissen, warum.



Ja, es mag dumm sein, den Ricotta eines beliebten Herstellers billiger anzubieten, als die Creme Fraiche des Hausanbieters. Dennoch scheint es dem österreichischen Laden blendend zu gehen, wenn man den mit deutschen Fahrzeugen überfüllten Parkplatz sieht. Anders sieht es in den UdSSA aus, wohin mein Blick in den letzten Tagen seltener streifte - dort gibt es Finanzakrobatik, die man nur als Salto Mortale bezeichnen kann. Da ist etwa der im Besitz des Hedge Fonds Cerberus befindliche Autofinanzierer GMAC, der einen 6 Milliarden schwerden Bailout bekommen hat, gegen 8% Zinsen und Anteile für den Staat. Und was macht GMAC mit all dem schönen Geld? Sie teilen eine 0%-Finanzierung für grosse Opels an Leute aus, die sich als fleischgewordenes Ausfallrisiko ganz sicher keines dieser hässlichen Autos leisten könnten.



Wenn GMAC 4% jährliche Betriebskosten hat, 8% Zinsen zahlt und 0% Zinsen bekommt, und obendrein eine mild geschätzte Ausfallrate mit 5% hat, ist das Bailoutgeld in den 6 Jahren durchgebrannt, die diese tollen neuen Angebote dauern sollen. Es ist vollkommen klar, dass so etwas nicht gut gehen kann und wird - weder für GMAC, noch für einen Autobauer, der mit dem gestrigen Tag offensichtlich so eine Art pleite war. Und weil das alles natürlich nicht so sein darf, stellt das Finanzministerium quasi unbegrenzt Mittel für alles und jeden bereit, der was mit dem Bau dieser Schrottabwerkfahrzeuge zu tun hat. Der Staat als Bank für Firmen, die Banken zu riskant wären. Der Staat als Subprimesammler. Bis er selbst Subprime ist.



Ist es nicht toll? Bevor diese Ikonen der amerikanischen Wirtschaft pleite gehen, geht einfach der Staat pleite. Zugunsten der Private Equity Branche, der Akteinbesitzer, der Banken, und wer immer sonst noch Geld braucht. So macht man nadelabhängige Junkies, so perfektioniert man die Tricks, um den Staat auszunehmen, so ist es leichter, als irgendwas zu bauen, was die Leute auch kaufen wollen. Subprime hat die Krise ausgelöst, Subprime führt sie weiter, und wenn man nur genug Lügner findet, die das alles schön darstellen - hey, FTD, ich hoffe für Euch, dass Ihr endlich mal den Marktliberalismus zu spüren bekommt, den ihr predigt - kommt man schon irgendwie durch, Hauptsache, die Kurse steigen.

Heute ist es GM, die nur noch über den Tag überleben wollen. Demnächst dann der Staat, und seine Währung. Haltet Euch gut fest.

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