: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Dienstag, 1. Juni 2004

Real Life 1.6.04 - Die Marketing Scum Die

Ich will eine Mail bekommen, in der sich jemand an diese Vorstellungen von der Farbkammer-Agenturklitsche hält. ich möchte, dass es so eine Crea-Blondine mit angedeuteter Berlin-Mitte-Rupffrisur ist. Sie soll den üblichen leicht zickigen Marketing-Ton haben, bei dem man sofort merkt, dass ausser ein paar Dünkeln und dem Wunsch, endlich auch so einen Porsche zu bekommen, nichts, absolut nichts ist. Sie darf bei der Gelegenheit auch gerne glauben, dass es supi ist, wenn ein Blog hohen Traffic hat und der Macher eine enorme Credibility.

Ich will sie dann anrufen und ihr die Meinung zu ihrem Proposal sagen. So, dass sie etwa 5 Minuten braucht, um zu begreifen, dass sie gerade als die

DUMME ARME MARKETINGSCHLUNZE AM HEIMISCHEN KÜCHENTISCH OHNE SEX, PROSECCO UND NEUEN KLAMOTTEN VON THERESA

behandelt wird, die sie ist, und zwar von jemandem, der sich das allein schon deshalb leisten kann, weil er Sohn ist und deshalb qua Geburt das Recht hat, nicht auf arbeitenden Menschen oder Sozialfällen, aber zumindest auf diesen Asozialabfällen der Marketing-Klitschen herumzutrampeln, auch wenn sie das so weder in ihrer bescheuerten Akademie noch im Internet auf irgendwelchen Blogs die ja so schick sind weil das in der Elle steht, gelernt hat.

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Freitag, 28. Mai 2004

Real Life 27.5.04 - Beamer sind was Feines

Die Frage in den sagenumwobenen Zeiten des Jahres 2000 war nicht, ob man einen Beamer für den Vortrag brauchte, sondern welchen. Weil die Kunden meistens mehrere, je nach Besprechungsraum, im Schrank hatten. Ich habe selten Powerpoints gemacht, ein dummes Computerspiel, gegen das Minesweeper und Solitär hochgeistige Zeitvertreibe sind. Aber die paar mal, als es wirklich darauf ankam - bei Lesungen aus Liquide - konnte ich es, ohne zu üben.

Man gewöhnt sich das Präsentieren wahrscheinlich an wie eine schlechte Eigenschaft, Kettenrauchen, Alkoholismus, auf Dienstreise in Bordelle gehen und unter Spesen abrechnen. Man wird zum Gewohnheitspräsentierer, man rutscht in die Verkaufe rein, wie man als Journalist aus Versehen beginnt, ein Interview zu führen.

Sommer 2001, als die VC-finazierten Startups nach jahrelanger Verschwendung reihenweise am Ausbleiben der nächsten Runde verreckten, wurden Beamer zum ersten Mal erschwinglich. Die Dinger landeten entweder als Leasingrückläufer bei Ebay oder wurden vor der Insolvenz schnell beiseite geschafft.



Heute Nacht, in einer der früher hippen Gegenden der New Economy Berlins, komme ich an einem der typischen Lofts vorbei. In einem ehemaligen Laden hat sich etwas breit gemacht, was von New Media tönt. Die Firma hat offensichtlich schon mal bessere Zeiten gesehen, denn ein grosser Teil des Lofts steht leer.

Auf einem Sofa, mit dem Rücken zur Glasfront, liegen ein paar junge Männer rum. Lässig, und schlecht angezogen. Auf dem Boden stehen Bierflaschen. Auf einer Säule ist ein Beamer und wirft die Bilder eines billigen 80er-Jahre-Pornos in 4x2,5 Meter Grösse an die Rückwand des Raumes. Es ist ein sehr guter Beamer, denn das goldene Lamettakleid, die kurzen, blonden Haare und das manchmal etwas angewiderte Gesicht der Darstellerin sind sehr scharf und detailliert zu erkennen.

Damals, in den sagenumwobenen Zeiten des Jahres 2000, gab es zu viele Events, als dass man sich den Abend derartig niveaulos hätte vertreiben müssen. Es gab so viel Geld, dass niemand zu billigen Pornos greifen musste. Für eine gewisse Form der Prostitution an den Theken bestimmter New Economy Lokale waren das Goldene Zeiten. Pornofilme habe ich zum ersten Mal 2001 bei einem Startup gesehen, das ein Investor gerade hatte hochgehen lassen, weil die Jungs zu verschwenderisch mit seinem Geld umgegangen waren. Pornos sind ein Zeichen des Niedergangs und der Finanzschwäche, egal, wie gut der Beamer ist.

Ich würde denen kein Jahr mehr geben. 6 Monate, höchstens.

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Mittwoch, 26. Mai 2004

Real Life 12.5.2004 - Chefredakteur von w&v:

Nichtverkaufen & Bewerben

Durch eine lange Reihe von geparkten Golf, über ein perfekt gepflegtes Rasenstück und über bltzsaubere Treppen geht es hinauf in das Zentrum der Zukunftshoffnung, den Tempel der letzten Gläubigen, die Brutstätte der Elitessen und das Wespennest der angedissten Jungoeconomen. Ich trage ein blau-weiss gestreiftes Brooks-Hemd, eine dunkelgraue Hose und klassische Budapester.

Ich will mich absetzen von all den Kill-Bill-Turn- oder Entenschnabelschuhträgern, die zur Zeit Elite-Unis und Assesment-Center bevölkern. Ich habe nur mein Subnote dabei, das mehr gekostet hat als drei ihrer billigen, versifften Medion- oder Gericom-Waffeleisen in Kotztütenblau oder Abblättersilber. Ich halte die schwere Glastür einem Pulk Elitessen auf, die über Wirtschaftsprüfung sprechen. Mit dabei ist eine Elitesse, die ich von früher kenne. mehr

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Montag, 24. Mai 2004

Real Life 24.5.04 - PRalinen

Es gibt in Robert Altmanns grandiosem Film Pret-a-porter eine hübsche Szene, in der eine nervtötende, lesbische Redakteurszicke ihre blonde, geistig etwas begrenzte Geliebte losschickt, um mittels Beischlaf mit einem Mann an etwas Wichtiges zu kommen.

Gerade eben hatte ich es mit einer Verlagsangestellten zu tun, die wohl von ihrer Chefin gezwungen wird, ein gewisses Buch des frühen Herbstes zum Bestseller zu machen. Ich bin ja einiges an Bestechungsversuchen gewöhnt, aber die Einladung zu einem Vor-Interview mit dem Hinweis auf ein Abendessen mit Autorin und der PR-Frau mitsamt ihrer butterweichen Telefonsex-Stimme ist schon was eher ungewöhnliches. Es klang nicht nur aus Sicht des Medienmachers unanständig, sondern auch aus Sicht des Mannes, der ich bin.

Da war einfach so ein altmannesker Unterton, ich kann mir nicht helfen ... ich kenne sowas aus denr New Economy, aber as dem Verlagsgeschäft ist mir das neu. However, das Buch interessiert mich nicht, ich werde wohl eher absagen.

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Sonntag, 23. Mai 2004

Real Life 23.5.04 - Regenschauer in Treptow

Die Sonne kommt nicht. Sie geht.



Die Kräne am Hafen sind so leer und tot wie das Allianzgebäude gegenüber. Eigentlich müsste was passieren, ein Verbrechen, ein Knall, eine Katastrophe, aber der Zustand zwischen Ruhe, Abwesenheit und Verlangen nach der grossen Eruption, die alles aufrüttelt, bleibt aus.

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Samstag, 22. Mai 2004

Real Life 21.5.04 - Ein bloggerkompatibler Literaturwettbewerb

des Blumenbar Verlags aus München: Dort hat man Zigarettenromane entwickelt; kleine Kartonhülsen für Luftverpesterpackungen, die sonst mit so coolen Sprüchen versehen sind, wie "Rauchen macht Frauen unfruchtbar, fast so billig wie Pille", "Nimm einen Nichtraucher mit ins Grab" oder "Rauchen kann mindestens so tödlich wie Harley- oder Speedbootfahren sein". Nein, ich rauche nicht, btw.

Statt dessen soll jetzt ein Kurzroman auf den Fluppen stehen. 5 Stück gibt´s schon, von Autoren auf dem absteigenden Ast wie Maxim Biller, Doris Dörries und Wladimir Kaminer. Jetzt werden neue Stories gesucht, die dann abgedruckt werden - in der SZ, vermutlich ohne Autorenhonorar, dann bei Blumenbar.

Aber: Die beiden Gründer sind jung und brauchen das Geld, um nicht die Folgen des Kismets der Unternehmer zu spüren. Wohlan, Dichter und solche, die in Leipzig studiert haben, es gibt bei dem ganzen 1 echte ISBN-Nummer neben all dem Ruhm.

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Donnerstag, 20. Mai 2004

Real Life 20.5.2004 - Schlechte Angewohnheit

aus alten Zeiten: Um 4 Uhr immer noch am Rechner sitzen und den Netzwerk-Seilschaften der Gegner hinterherspionieren.



Pleiten nachspüren. Verlierer entdecken. Den Absturz aufzeichnen. Der Niedergang der jungen Literaten setzt ziemlich genau 1 Jahr nach dem Big Bang der New Economy ein - mit theBuch in Folge von Ampool.de und Rebecca Casatis Hey hey hey, um mal die auffälligsten Crashs zu benennen. Gleichzeitig sind damals die ersten Früleinplunder zerplatzt. Brokat Technologies uund Kabel New Media der Literatur, wenn man so will. Ich denke, man kann das auf zwei Arten erklären.

Zum einem brauchte die New Economy und die von ihr geschaffene Kultur etwa ein bis eineinhalb Jahre, um zu begreifen, dass sie nicht nur ein Problem hatte, sondern die Pest. Das war dann aber der Moment, wo sich alles Neue, Netzlastige ins Negative verkehrte.

Zum anderen brauchten die Verlage etwa ein Jahr, um diese Bücher aus der Zeit des Hypes in Druck zu bringen. Sie wurden punktgenau zur grossen Erkenntnis-Katastrophe fertig. Diese Parallelität erzeugte die nötige Sprengkraft, um die einander so ähnlichen Kulturen zu zerstören.

Für die totale Vernichtung reicht nicht nur das eigene komplette Versagen. Auch die Umwelt muss gescheitert sein, und das alles im festen Glauben, dass man das Beste ist und das Beste verdient hat.

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Mittwoch, 19. Mai 2004

Real Life 18.5.2004 - Nichts hat sich geändert

Die tuxedoblauen TTs leisten sich immer noch Rennen mit schweren BMWs auf dem Altstadtring, auf dem Weg ins Nichts, und das Nichts hat einen Namen: Pacha.



Denn andere schicke Locations sind auf der anderen Seite der Isar kaum zu finden. Da drin stemmt man sich gegen den Niedergang. Es gibt immer noch genug Landeier oder Neumünchner, die glauben, dass dort immer noch das pralle New-Economy-Leben ist. Da kann man es dann verschmerzen, dass man mittlerweile auf aufwendige Werbung verzichtet.

Einer der zur Zeit angesagtesten Clubs in München, beschreiben sie sich auf der Homepage. Zur Zeit kann viel heissen - auch, dass die zeit bald Vergangenheit ist. Inzwischen gibt es auch ein Pacha in Dresden, bald auch eines in Hamburg. Wenn das hier die Runde macht, werden die blonden TT-Besitzerinnen doch wieder ins P1 gehen.

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Dienstag, 18. Mai 2004

Real Life 17.5.2004 - Munich Area Report

Nothing will ever change. München ist im Kern immer noch so, wie man es aus den 80er Jahre Gazetten kennt. Besonders in der billigen Touristenmeile Leopoldstrasse.



Wenn man nicht zufällig die angepassten-Deutsch-LK-Abiturienten-Sendung des Bayerischen Staatsfunks im Radio hat, die peinlicherweise Berliner Pop von Winston spielen und einen beitrag über hirnlose Attacler in Berlin bringen, dann könnte man glatt vergessen, dass es auch noch weniger schöne Krisenregionen in Deutschland gibt.

Doch. Auch die Munich Area ist in der Krise. Seit Anfang der 80er kennt diese Region nur eine Richtung: Nach oben. Und was immer dahin führte, hatte mit Technologie oder Kommunikation zu tun. Die New Economy Krise traf München in den Lebensnerv. Es erwischte genau die, die als gesichert galten. Und dann hatten sich die anderen die Methoden der new Economy abgeschaut; erst im Guten, und jetzt seit ziemlich genau vier Jahren, im Schlechten.

Aber äusserlich ist davon wenig zu sehen. Die Autos, Strassen und Menschen sind sauber. Die Preise sind üppig und per se schon ein Distinktionsmerkmal. Es kann in München keine Krise geben. Wenn es eine gäbe, würden viele leute durch den Rost fallen und schlichtweg verhungern, wenn sie ihre Miete weiterhin bezahlen wollten.

Es ist kein Ort, in dem man ohne Geld überleben kann. Wahrscheinlich würde man hier eher Gebäude einreissen, als günstige Mieten zu erlauben. Der Makler ist mit allen seinen Eigenschaften die Idealverkörperung der Leopoldstrasse, und er trägt Schuhe, die ebenso teuer wie rahmengenäht wie modisch-geschmacklos sind.

Ich werde mir morgen Budapester kaufen gehen.

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Montag, 17. Mai 2004

Real Life 16.5.2004 - Hardcore Students

Sonntag, 20.30 Uhr, unter einem wolkenlos blauen Himmel. Biergartenwetter. Es ist noch warm - und endlich, endlich Frühling.



Aber was so ein Elite-Student ist, negiert das natürlich. Wer in diesen Momenten arbeitet, ohne Rücksicht auf die Lebensqualität, kommt weiter.

Ausspannen kann man ja noch, wenn man die Villa hat, den Porsche, oder schon eher, bem Get Together von Le Diner curant oder bei der Hochschulmarketing-Teamsitzung.

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