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Mittwoch, 7. Januar 2004

Real life 7.1.2004 - elite on the way home

Sie sah ziemlich hübsch aus. Glänzende braune Augen. Und ihr VW Lupo in knallblau wäre sicher auch eine angenehme Erscheinung gewesen, auf dem Weg zum Wohnheim der hiesigen Elite-Universität. Die Beste für BWLer, die es wohl ohne Studiengebühren in Deutschland gibt.

Das Einbahnstrassen-Schild hat sie sicher nicht übersehen. Das war wohl auch der Grund, warum sie, schnell schnell, durch die Strasse preschte, um sich eine Runde um den Stock zu sparen. Dabei hätte sie beinahe einen Radfahrer umgenietet. Sie schaffte es, ihm auf der rutschigen Strasse auszuweichen, und blieb vor dem Eingang zum Wohnheim stehen.

Ein geleckter Typ kam heraus, verstaute sein Gepäck im Lupo. Sie blieb sitzen und liess den Motor laufen. Als er eingestiegen war, raste sie auch noch die letzten paar Meter durch die Strasse, an der Schule vorbei, und dann durch eine Querstrasse in Richtung Elite-Uni.

Besondere Verantwortung für die Gesellschaft übernehmen, das ist eine der Grundvorraussetzungen, um in dieser Hochschule das Assessment Center zu überstehen.

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Samstag, 3. Januar 2004

Blogbarer Pilot auf Angriffshöhe - 3.1.2004

90 Hinter dieser ewigen Nacht geht es weiter,
89 und an der Grenze zwischen unserer Nacht
88 und ihrem Tag, da sitzen sie, die alten Oligarchien
87 der Desinformation, der geheuchelten Objektivität.
86 In der Lichterstadt des zerstörten Goldenen Zeitalters
85 Mahagonny genannt, auch die Netzestadt gerufen,
84 setzen sie ihre Themen auf den Strich für Geld und Einfluss
83 und nennen das Pressefreiheit und gesellschaftlichen Auftrag.

82 Dieser Auftrag ist für mich so scheissegal wie ihre Freiheit,
81 denn meine Freiheit ist hier im Flug über der Blogosphäre.
80 Meine Freiheit ist das Nitroglycerin, das die Motoren schreien lässt
79 und mich in das Nichts hämmert.
78 Meine Freiheit ist das Phosphor, das ich geladen habe,
77 um es Euch Meinungsmachern in die Fressen zu schütten.

76 Vielleicht haltet Ihr das für Blogschrott oder medialen Slum,
75 was hier draussen entsteht und manchmal bei Euch auftaucht,
74 wenn Ihr faulen Säcke googelt statt recherchiert.
73 So richtig könnt Ihr damit ja nichts anfangen, denn es ist zu kurz.
72 Das alles ist Meinung und unausgewogen, hart formuliert
71 und von Leuten, die kein Geld dafür bekommen und auch nicht
70 zu Events an die Buffets eingeladen werden,
69 um sich die Meinung der Veranstalter zu bilden.

68 Es sind nicht wirklich Medien, was hier entsteht.
67 Zumindest nicht Medien, wie ihr sie kennt.
66 Da braut sich was zusammen, aber es viel zu schwammig,
65 unfassbar und unpräzise. Nebulös. Komisch.
64 Sagt Ihr und geht weiter, ohne nachzudenken.
63 Inzwischen wächst dieses Paralleluniversum aus Information,
62 kopierten, veränderten und neu erschaffenen Datensätzen.
61 Allein dass wir existieren und wachsen
60 ist der entscheidende Anschlag auf Euch.
59 Wir müssen noch nicht mal planen, Euch zu töten.
58 Es passiert einfach. Wir sind nicht Schuld daran.
57 Aber es gibt ein Opfer. Euch.

56 Wir wollen Euch nicht verändern,
55 denn das ist nicht möglich.
54 Ihr seid ein Auslaufsmodell,
53 eine vollkommerzgekotzte Seite
52 irgendwo im hinteren Eck unseres Internets
51 die stinkenden Essensreste der normalen Medien.
50 Beim Gieren nach möglichst breiter Zielgruppe
49 und Profit werden Eure Kiefer brechen.
48 Ihr werdet an Euren eigenen Kosten verrecken
47 und die paar Überlebenden erdrücken wir
46 durch unsere schiere Masse.

45 Was wir von Euch brauchen, nehmen wir uns, ohne zu fragen.
44 Wenn Ihr es uns nicht geben wollt, klauen wir es.
43 Wenn Ihr winselt, lachen wir Euch aus.
42 Wenn Ihr Eure Drecksanwälte losschickt
41 tauchen wir ab und merken es uns
40 und machen Euch bei jeder Gelegenheit zu der Sau, die Ihr seid.
39 Wir haben schon die Musikindustrie fertiggemacht,
38 mit Euch werden wir allemal fertig.

37 Wir nehmen Euren Kommerzschrott und resampeln ihn,
36 wie es uns gefällt, und nicht Euren Werbekunden.
35 Wir legen den 140er-Beat drunter, den wir brauchen
34 um damit durch das Netz zu knallen.
33 Wir zertrümmern die Botschaften, clonen den Rest
32 und hetzen Euch die Inhaltskreaturen an die Gurgel.
31 Euer Informationsmonopol gibt es hier draussen nicht mehr
30 und wir arbeiten daran, es Euch überall wegzunehmen.
29 Wie das gehen soll, wissen wir nicht,
28 denn wir sind ja keine Alleswisser,
27 aber Ihr seid so fertig, dass wir das sicher schaffen werden.

26 Wir machen uns genau dort breit,
25 wohin Ihr es in Eurer Begrenztheit nie schaffen werdet.
24 Wir reden über den Alltag, das pralle Leben,
23 unser Leben, also das einzige, das wichtig ist,
22 und nicht das Siechtum Eurer relevanten Lieblinge.
21 Wir reden über Sex, unseren Sex, den Sex mit uns
20 alles was ihr nicht habt, und hey,
19 wir würden Euch in Arsch ficken,
18 wenn Euer Arsch nicht so verdammt scheusslich wäre.
17 Jeder Click bei uns ist einer weniger bei Euch.
16 Jeder Click bei uns ist ein Tritt in Eure Fresse
15 Jeder Click bei uns ist ein Problem für den ökonomischen Prozess
14 Jeder Click bei uns ist ein Beweis für Eure Unglaubwürdigkeit
13 Jeder Click bei uns ist ein guter Grund für Euch,
12 Euch aus dem Netz zu verpissen und zu krepieren.

11 Ihr findet das menschenverachtend?
10 Gegen den Geist des Grundgesetzes, das Euch privilegiert?
9 Ach kommt, wer wird denn heulen,
8 zu den paar guten Journalisten sind wir doch nett.
7 Aber Ihr Abschreiber und Incentive-Lutscher,
6 Ihr Hirnficker aus dem Föieton und social interest specialists,
5 Ihr Karrieristen bei den Meinungsbildern
4 und Politikerwurmanhänge der Öffentlich-Geschlossenen Anstalten,
3 Ihr seid genau auf 12 Uhr vor uns, und ihr ahnt nichts in Mahagonny.
2 Ihr habt noch immer nicht begriffen,
1 was da aus dem Nichts des Netzes kommt.

0 Ihr werdet es erst verstehen, wenn wir über Euch sind und die Bomben

-01 einschlagen.

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Freitag, 2. Januar 2004

Real Life 2.1.2004 - Über den Amazonas gehen

Amazon, angeblich der führende Marktplatz für Bücher weltweit, hat ein nettes Buch im Programm: Schumpeters Reithosen von Paul Strathern. Eine sehr populär geschriebene Anekdotensammlung rund um Rebellen der Wirtschaftstheorie und -praxis.

Das Buch ist nun schon ein paar Monate auf dem Markt, wurde freundlich rezensiert und läuft recht gut. Schumpeters Reithosen haben es auf Platz 1672 bei Amazon geschafft.

Was aber doch sehr verwundert, wenn man die Angabeben zur Verfügbarkeit liest: Dieser Artikel ist noch nicht erschienen. Sie können ihn jetzt vorbestellen und wir verschicken ihn, sobald er verfügbar ist.

Vermutlich folgt Amazon einer Wirtschaftstheorie, die noch erfunden werden muss. Ein Schurke, wer behauptet, bei Amazon Deutschland wären so viele Leute entlassen worden, dass die Überlebenden mit der Aktualisierung der Seiten nicht mehr nachkommen.

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Sonntag, 28. Dezember 2003

Real Life - 27.12.2003: Wir sind Müll.

Na, ihr Müll-Schreiber?

Ihr, die Ihr Euch Blogger schimpft? Ihr seid nur Dreck im Netz. Sagt die grosse Autorität der kompetenten Berichterstattung, der Spiegel. Das Netz, so ein anonymer "Qualitätsjournalist", sei mit Millionen von Weblogs "zugemüllt". Das Ganze als gossiger Aufreisser für ein ganz anderes Thema, aber mal schnell in die Richtung der digitalen Konkurrenz gekotzt, das macht so einem tollen Schreiber doch alle Ehre, oder? Auch, wenn es ansonsten ein zusammenkompilierter Beitrag aus englichen Quellen ist, he?

Deshalb hier mal ein paar müllige Kleinigkeiten von Dotcomtod. Zuerst mal zur Spiegel-Gruppe, namentlich dem Managermagazin. Hier zum Beispiel wird "Professor" Tobias Kollmann (der an einem Skandalprojekt in Kiel "lehrt" und keine Habilitation hat) wegen eines unsauberen Artikels im Managermagazin als Schlamper und erbärmlicher Schleichwerber enttarnt:

Hier und hier bitte clicken.

Hier haben wir auch den mutmasslichen Anlass für sein Dreinschlagen auf Dotcomtod: Er war dort mal unser Kunde, weil eine seiner Gründung heftig abrauchte - und wir das öffentlich gemacht haben:

Rogator hiess der Kadaver.

Stichwort Spiegel: Bei den wahrhaft korrekt arbeitenden Edelfedern kann es nicht passieren, dass jemand Schleichwerbung für sein eigenes Buch macht - oder?

Ooops - tja: Reinhard Mohr hat da was peinliches gemacht, ts ts...

Und zum Thema kompetente Recherche kann man den Artikel über Mobile Marketing eines gewissen Herrn Froitzheim anbringen, der m. E. von vorn bis hinten nicht mehr ist als ein Stück PR unter massiver Aufhübschung sehr unschöner Tatsachen:

Das sind dann auch die Rechenkünste, mit denen Spiegel online in den roten Zahlen bleibt.

Müll. An alle anonymen, feigen Schweine da draussen (keine konkrete Ansprache!): Das Internet ist wirklich zugemüllt.

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Donnerstag, 18. Dezember 2003

Real Life, 18.Dezember 2003 -Abgeholt

Zwei Bücher kamen schnell, eines brauchte länger: Matias Faldbakken, The Cocka Hola Company. Eines der Bücher, deren Cover es nie in die Auslagen der Buchgeschäfte schaffen wird, obwohl das Werk der Berliner Designerin Crish Klose erstklassig ist. Aber ein Bild von einem Mann und zwei Frauen beim Sex ist nicht das, was der typische Buchhändler gern ins Regal stellt.

Der Autor ist ein netter Revoluzzer, der viel lacht und in seiner Heimat unter Pseudonym schreibt. Es gibt auch sonst einige Parallelen zwischen unseren Büchern, die Motivation der Helden, ihr Standpunkt zur Konsensgesellschaft. Es gibt aber auch Unterschiede, die dazu führten, dass ich das Buch nach kurzer Begeisterung bei der Hälfte weglegte und mich dann etwas mühsam durch den Rest arbeitete, bis es zum Ende hin nochmal richtig gut wurde. Man muss sich auf das Buch einlassen; es ist mehr Kunst als Unterhaltung, und dafür bin ich nicht der richtige Leser. Aber es gibt Menschen, die sowas mögen, auch in meinem Bekanntenkreis, und ausserdem hilft es dem kleinen, feinen Blumenbar-Verlag. Und, wie schon erwähnt, selbst ungelesen gibt es Dank Crish Klose eine gute Figur auf dem Sofa ab.



Sogar an kleine Logos, die Aufschluss über die Inhalte geben, wurde gedacht, für die Analphabeten, die es in der Zielgruppe des Verlages sicher häufig gibt.

Als ich das Buch in die Hand nehme, ist es ein Rettungsring. Um mich herum tobt die Hölle. Eine dynamische Grossmutter mit Öko-Poncho kratzt ein schreiendes Balg aus dem Kinderwagen und hält es neben mein Ohr. Auf der anderen Seite fluchen zwei Rentner über die drohenden Kürzungen ihrer Bezüge, nachdem sie für 200 Euro hässliche Segelbildbände gekauft haben.

Was ist das für ein Buch, will der Buchhändler wissen.

Ein paar Leute gründen ein Pornofilm-Unternehmen, um somit ihren Kampf gegen die Gesellschaft zu finanzieren, sage ich, und das Balg quietscht, laut wie eine Sirene dazwischen. Poncho-Oma schaut mich an, als ob ich eine Aludose in den Biomülll geschmissen hätte.

Fängt mit einer Cumshot-Szene an, danach gibt´s Drogen, und es endet, wo sowas immer endet. In einer Talkshow für die Spiessergesellschaft. Und während ich das noch sage, geht das Balg ab wie ein Thailand-Tourist auf einer Familienpackung Viagra, das Geschrei wird unerträglich, Oma klatscht das Ding zurück in den Kinderwagen, und bleibt bei der Flucht auch noch an der Türe hängen.

QUÄH! QUÄHHHHHHH! QUÄÄ TÜRENRUMMS! äääähhhhhh.....

Der Buchhändler war früher mal Linksradikaler. Deshalb grinst er nur. Ich auch. Aber ist ist schon schlimm, die Monster zu sehen, die da in meinen Lebensraum eindringen. Was wollen solche Leute überhaupt in Buchhandlungen.

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Mittwoch, 17. Dezember 2003

Real Life -17.12.2003

Es hat schon was, sich den schicken Krempel das Jahres 2000 zu kaufen. Das Zeug, das genau für die Zielgruppe der young urban professionals gemacht wurde. Diese Teile haben eine Geschichte, sie sind wie die abgeschnittenen Zungen nach einer Schlacht im alten Ägypten. Im jetzigen Fall ist es eine damalige Semipro-Kamera von jemandem, der sich (wieder) was besseres leisten kann. Glück gehabt, er und ich.

Diese Kamera, eine Fujifilm MX-2900, war genau das gadget, das auf den Events des Jahres 2000 gern benutzt wurde. Von Leuten, die zeigen wollten, dass sie sich sowas leisten können. Mit einem matt schimmernden Magnesiumgehäuse, passend zum Toshiba Portege. So gesehen beim Chef einer Internet-Agentur in München Schwabing, der ein paar Monate später eine Bekannte rausmobte. Aber auf dem Event des Munich Networks, da habe ich mit seiner Kamera ein Bild von den beiden gemacht. Sie sahen auf dem hochauflösenden Display sehr glücklich aus.

Solche Bilder von Worker und Boss mit Drink waren schick, damals.

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Montag, 15. Dezember 2003

Real Life - 15. Dezember 2003: Bestellt

Rassistisch? Deutschtümelnd? Auf billige Poser hereinfallend? So what! Ich schenke nur, was Originalsprache, jung und unverschämt ist. Am besten Debutanten, die nicht so viel Glück hatten. Die freuen sich wirklich, wenn jemand ihre Bücher will, noch dazu hier in der Pampa, wo sie es noch schwerer haben als in Berlin Mitte oder FFM City. Ausserdem eines weniger, das nächstes Jahr eingestampft wird.

Obwohl mein Lieblingsbuchhändler auch ein Herz für alles Neue hat, ist nur ein Buch vorrätig. Die anderen muss er bestellen. Er hat noch nie was von denen gehört. Echt nicht. Wie hiess die nochmal? Boehning? Moment...

Ich schaue mich bei den Neuerscheinungen um. Was Popliteratur angeht, ist fast nichts da. Kaminer ist weder Pop noch Literatur, Lebert und Illies gammeln hier schon seit Wochen auf Stapeln vor sich hin und werden noch vor Neujahr remittiert. Oswalds Im Himmel ist schon auf dem Weg zur Hölle. Hier gibt es nur noch einen missglückten Klagenfurth-Winsler und die Schirrmachers Nepoten mit "Hier spricht Berlin".

Verkaufen sich aber auch nicht. Komisch, die Bestellungen, meint der Buchhändler. Da hat ihm kein Vertreter was von erzählt. Von keinem dieser Bücher. Und die taugen was?

Ja. Schon, eigentlich. Kein Evelyn Waugh, kein Pitigrilli, aber auf jeden Fall lesenswert.

Das mit der jungen deutschen Literatur ist einfach nichts mehr, sagt er. Egal was kommt, es kommt nicht mehr bei den Leuten an. Dabei hatte man so viel Hoffnung wegen der DDR-Welle, das sollten die ganz grossen Bringer werden, goldener Bücherherbst, und so. Der Nachwuchs wird nicht verheizt, der wird einfach nicht mal mehr erwähnt. Statt dessen lauter Zeug, das in meiner Jugend schon uralt war.

Ja. Wie war´s denn mit der Lesung von Alexa?

Schlimm. Einfach nur schlimm. Kaum Leute. Du magst sie nicht, oder?

Ich mag niemanden, der in Büchern von Buschheuer über das Heiraten schreibt. Ich hasse diese marktfixierten Schreibsklaven. Ich kann es mir leisten, sie zu hassen.

Was machst Du eigentlich nächste Saison?

Wieder etwas, für das es keinen Markt gibt, sagen die Vertreter. Das heisst, sie sagen es nicht, aber sie denken es. Weil sie es nicht kennen, und keinen Glauben mehr haben. Wir müssen es eben knallig vermarkten, dann wird das schon. Popliteratenschicksal. Eigentlich sollte man den Begriff Popliterat jetzt wieder besetzen, nachdem alle anderen plötzlich züchtig und anständig geworden sind, oder?

Willst Du ein Popliterat sein?

Hey, es gibt echt Schlimmeres. Bachmannpreis-Teilnehmer zum Beispiel ist echt scheisse. Oder Goethe-Instituts-Lesungshalter. Oder Nachwichsförderausgepreister. Popliterat ist besser. Den Begriff wie ein Flugzeug kapern, die letzten Schluffis über Bord kippen, und die Mühle mit neuem Personal wieder in die Luft bringen. Bouncing Betty an das Cockpit malen, so ein Pinup-Girl. Das Föieton damit niederbomben. Es diesen Hirnfick-Strichbubis nochmal zeigen. Rawums reloaded.

Morgen früh ist es da, sagt der Buchhändler und schiebt mir ein Exemplar meines Machwerks zum Signieren hin.

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Samstag, 13. Dezember 2003

Real Life - November 2003

Niemand ist besser geeignet als Sie, das Thema zu vertiefen, stand in der Mail der Fernsehstation. Liquide und Dotcomtod bei einer Sendung zum Tod im Internet. Das Format ist auf Internet spezialisiert. Warum nicht.

Alles soweit normal. Eine Praktikantin holt mich ab und kümmert sich um mich. Wir reden über die Krise am Medienstandort, ich erzähle, wer ich bin. Wie das damals war, 2000, als die Nacht über dem Netz voller brennender Maschinen war, und wie ich durchgekommen bin. Warum es die anderen erwischt hat und nicht mich. Sie ist zu jung, um den Irrsinn damals miterlebt zu haben. Sie sagt nicht, dass er ihr noch bevorsteht.

Danach Maske, bei der Produktion zuschauen. Dann der Auftritt. Es ist nichts vorher abgesprochen, aber es läuft gut. Der Moderator ist kein Quatschkopf, sondern setzt auch leicht kritische Fragen gegen mich. Es gibt fast so etwas wie eine Diskussion. Ich bin ziemlich zynisch, mache sarkastische Witze über die Leichen des Hypes, und bringe den schwarzen Humor rein. Gefeixe hinter den Kameras.

Nach einer halben Stunde ist alles im Kasten. Ich habe das letzte Wort, nochmal ein Lacher. Dann die Abmod des Moderators, vielen Dank fürs Zuschauen, wer will, im Internet bleibt das Archiv der Sendung, aber das Format wird im Fernsehen eingestellt. Tod nicht nur im Internet.

Sie müssen sparen. Das Format, vor ein paar Jahren mit grossem Bohei on Air gebracht, hat die Unterstützer verloren. Passt nicht mehr in die Zeit, lohnt sich nicht mehr, ist ja nur Internet, und von New Economy will man nichts mehr hören. Mitttelstandsförderung wäre dagegen ein klasse Thema, lassen die Gremien durchsickern, und der Sender vollstreckt. Erfahre ich danach. Es ist auch nicht lange her, als sie es selbst erfahren haben. Sowas geht schnell.

Es gibt nicht viel zu sagen. Es ist das übliche Spiel, es sind die immer gleichen persönlichen Folgen, eine weitere banale Geschichte vom Scheitern an den Gegebenheiten des Marktes und an den feigen Schweinen, die es entscheiden und deshalb nicht ausbaden müssen.

Die Praktikantin bringt mich zur Pforte. Ich schenke ihr zum Abschied mein Buch. Sie hat bald genug Zeit, es zu lesen. Draussen, in der Tiefebene, ist es neblig.

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Freitag, 12. Dezember 2003

Real Life - Oktober 2002

Wieviele Unternehmen haben Sie wirklich in den Abgrund geschrieben, fragte mich der ältere Herr.

Kann ich schlecht sagen. Eine Information führt nicht zur Insolvenz, das verfehlte Geschäftsmodell tut es. Manchmal streichen die Banken dann eher die Kreditlinien. Wenn es Konzerntöchter sind, wird schneller durchgegriffen. Wenn´s hochkommt: Als Don Alphonso von Dotcomtod vielleicht 5, 6 Firmen in der Munich Area.

Nicht mehr?

Nein. Jeder McK-Senior richtet mehr Schaden an als ich. Wenn man das als Schaden sehen will.

Wissen Sie, sagte der ältere Herr und winkte der Kellnerin, eigentlich haben Sie Recht mit dem, was Sie schreiben. Diese Welt, die wir beide erlebt haben, wird es in ein paar Monaten endgültig nicht mehr geben. Für Sie wirkt das wie das Ende einer Ära. Ich habe die Rezession Anfang der 80er miterlebt, den 87er Crash, und das waren echte Einschnitte. Dagegen ist das heutige Scheitern der New Economy eine Lappalie. Diese Generation nicht geht vor die Hunde, sie wird nur etwas zurückgestutzt. Sie dachten, sie müssten nicht mehr aufbauen, wie ich das in den 70ern noch machen musste. Sie wollten abräumen. Und das ist es, was der Markt letztlich nicht mitgemacht hat.

Ihr Businessplan legte das Abräumen zugrunde. Irgendwann standen sie dann vor mir als grossem Konzern und haben es versucht. Sie wollten gleich, sofort nach oben. Aber seit ein paar Monaten sind die Märkte wieder sauber. Man macht wieder reale Geschäfte. Niemand versucht, mich heute noch über den Tisch zu ziehen. Diese jungen Leute haben vielleicht etwas über den Markt gelernt, bei Ihnen und bei mir. Vielleicht merken sie es sich.

Ich grinste. Er grinste zurück. Dann kam die Studentin, die in diesem restlos überteuerten Cafe kellnerte. Er gab ihr ein sehr galantes Trinkgeld.

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Mittwoch, 10. Dezember 2003

Real life - September 1998

Er ist noch nicht runter vom Trip. Im Gegenteil. Vor drei Tagen hat er unterzeichnet, seitdem läuft alles mit 10facher Geschwindigkeit ab. Sein Büro ist schon fertig, aber draussen wird noch heftig an Kirschholz und gebürstetem Aluminium geschraubt.

Er streicht mit den Fingern an den Lehnen des Eames Chair entlang, als wäre dieser Stuhl die Erfüllung eines Lebenstraumes. Ist er vielleicht auch. Durch alle Zeiten definieren sich Menschen durch ihre Sitzmöbel. Er ist nur ein Glied in einer historisch grenzenlosen Kette von Stuhlfreaks. Und an seinem Stuhl kann keiner sägen. Er ist ganz oben in der flachen Hierarchie. Er ist CEO und hat 2,8 Millionen Venture Capital under Management. Nicht schlecht für jemanden, der bisher noch mit Mamas Polo fuhr.

Aber auch nichts Besonderes in diesen Zeiten. Er muss es schaffen, zu etwas Besonderem zu werden. Am besten in einem Jahr, denn dann ist der Börsengang geplant. Dazu braucht er Mitarbeiter. Schnell. Schnelle Leute, die er kennt und denen er vertraut. Leute wie mich.

Was sagst Du dazu? Dazu kommen noch die Stock Options.

Tu Dir selbst den Gefallen und such Dir jemand anderen. Ich habe keine Ahnung von der Thematik.

Mann, Don... er steht auf, geht zum Fenster und schaut hinaus ins Grüne, wo die Unit der Alphatiere ihr Meeting unter einem Baum abhält, mit Laptop und alkoholfreien Longdrinks. Don. Niemand hat Ahnung davon. We´re on the cutting edge. Da wo wir sind, ist ganz vorne. Die Ahnung kommt, wenn wir es tun. Ich habe doch selbst auch keine Ahnung. Und? Where´s the point? Der VC hat noch viel weniger Ahnung. Das spielt nicht die geringste Rolle. Es geht um den Markt da draussen. Es geht darum, ihn kennenzulernen und zu durchdringen. Ihn zu beschreiben. Und das kannst Du.

Hol Dir einen richtigen PR-Berater. OK? Der kann Dir den Markt notfalls auch erfinden, wenn es ihn nicht gibt.

Es gibt ihn. Und wenn es ihn nicht gibt, werden wir ihn nicht erfinden, sondern erschaffen. Vielleicht vergibst Du die Chance Deines Lebens.

Weisst Du, was Dein Fehler ist? Du glaubst, die Welt da draussen ist wie Du. Du siehst mich, Deine Freunde, Dein Umfeld, die ganze Strasse runter und drei Blocks rauf nur solche Menschen. Aber der Rest ist anders. Und die werden sich nicht für Deinen Businessplan verändern, auch wenn Du Dich verändert hast.

Er nimmt wieder auf dem Eames Chair Platz, verschränkt die Hände vor dem Kinn und tappt mit den Zeigefingern auf die Unterlippe. Er denkt nach. Vielleicht an die Zeit vor drei Jahren, als ich einen Typen kennenlernte, der für Pizza und Bier Rechner aufbohrte und von der Freiheit des Netzes schwärmte. Und der glaubte, dass man die Konzerne da raushalten müsste. Dieser Typ wäre nie sein Kunde geworden. Aber vor drei Jahren war er dieser Typ.

Er dachte lang nach. Nicht lang genug. Im Januar 2000 war der Laden völlig überschuldet, ohne je einen Markt entdeckt zu haben, der grösser war als die Strasse runter und drei Blocks rauf.

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