Real Life - Oktober 2002

Wieviele Unternehmen haben Sie wirklich in den Abgrund geschrieben, fragte mich der ältere Herr.

Kann ich schlecht sagen. Eine Information führt nicht zur Insolvenz, das verfehlte Geschäftsmodell tut es. Manchmal streichen die Banken dann eher die Kreditlinien. Wenn es Konzerntöchter sind, wird schneller durchgegriffen. Wenn´s hochkommt: Als Don Alphonso von Dotcomtod vielleicht 5, 6 Firmen in der Munich Area.

Nicht mehr?

Nein. Jeder McK-Senior richtet mehr Schaden an als ich. Wenn man das als Schaden sehen will.

Wissen Sie, sagte der ältere Herr und winkte der Kellnerin, eigentlich haben Sie Recht mit dem, was Sie schreiben. Diese Welt, die wir beide erlebt haben, wird es in ein paar Monaten endgültig nicht mehr geben. Für Sie wirkt das wie das Ende einer Ära. Ich habe die Rezession Anfang der 80er miterlebt, den 87er Crash, und das waren echte Einschnitte. Dagegen ist das heutige Scheitern der New Economy eine Lappalie. Diese Generation nicht geht vor die Hunde, sie wird nur etwas zurückgestutzt. Sie dachten, sie müssten nicht mehr aufbauen, wie ich das in den 70ern noch machen musste. Sie wollten abräumen. Und das ist es, was der Markt letztlich nicht mitgemacht hat.

Ihr Businessplan legte das Abräumen zugrunde. Irgendwann standen sie dann vor mir als grossem Konzern und haben es versucht. Sie wollten gleich, sofort nach oben. Aber seit ein paar Monaten sind die Märkte wieder sauber. Man macht wieder reale Geschäfte. Niemand versucht, mich heute noch über den Tisch zu ziehen. Diese jungen Leute haben vielleicht etwas über den Markt gelernt, bei Ihnen und bei mir. Vielleicht merken sie es sich.

Ich grinste. Er grinste zurück. Dann kam die Studentin, die in diesem restlos überteuerten Cafe kellnerte. Er gab ihr ein sehr galantes Trinkgeld.

Freitag, 12. Dezember 2003, 01:53, von donalphons | |comment