Dienstag, 2. Januar 2007
Real Life 01.01.07 - Der Eiswürfel
Oh nein, sagt Susi. Es regnet. Ich will nicht im Regen stehen. Da werde ich sicher noch kränker. Sie nippt an ihrer heissen Zitrone. Können wir nicht woanders hingehen, wo man alles sieht und trotzdem im Trockenen ist?
Don hat eine Wohnung unter dem Dach, mit Terasse. Die wäre das Richtige, meint Iris bestimmt, und weil sie das sagt und die anderen sie fälschlich für eine Art Hausherrin gehalten haben, sitzt du jetzt um kurz vor Acht übermüdet vor dem Rechner und schreibst etwas. In´s Bett hier unten kannst du nicht, denn da liegt Susi und hustet ab und zu im Schlaf. Sie hätte besser bei der heissen Zitrone bleiben sollen. Aber während du schnell die Sylvestergrüsse ins Blog gestellt hast, sind sie auf der Terasse im Wind auf Champagner umgestiegen, und danach wurde es richtig alkoholisch für das gute Dutzend Besucher, von denen du zu Beginn nur acht kanntest. Zum Glück war genug Wein im Haus, und das Eis für den mitgebrachten Wodka haben sie aus dem Eisfach gekratzt. Nach der zweiten Flasche fanden sie das sogar lustig. Warm wurde es bei der Menge Leute auf kleinem Raum ohnehin.
Irgendwann verschwand Susi dann aufs Klo und hustete mehrere Minuten. Du hast sie nach unten gebracht, um ihr eine Tablette zu geben und etwas Heisses, aber als die Zitrone dann ausgequetscht und kernfrei im Glas schwappte, lag Susi schon auf deinem Bett und schnarchte leise. Von oben kamen dann so gegen fünf ein Haufen Gäste runter, die dich leicht schwankend davon in Kenntnis setzten, dass da oben zwischen den beiden Gockeln gerade der Endkampf um Iris laufen würde. Da wollten sie nicht stören, und nach einer Kanne Tee haben sie dann auch den Heimweg angetreten. Gegen sechs sammelte sie das Taxi auf, und eine Unbekannte nutzte die Gelegenheit, sich endlich offiziell vorzustellen. Woran sie sich garantiert nicht mehr erinnern dürfte, schliesslich war sie das mit dem Wodka.
Irgendwann poltert dann jemand die Treppe herunter, und danach gleich noch einer. Es sind Schritte der gemeinschaftlichen Niederlage; so geht kein Eroberer. Sie klopfen versehentlich ein Stockwerk drüber an die Tür, weil sie nicht mehr so den grossen Peil von der Anlage des Stadtpalastes haben, und weil du für heute genug sexuell frustrierte Besoffene gesehen hast, verhältst du dich still, als sie runter auf die Strasse stolpern. Du zählst nochmal kurz durch und kommst zum Schluss, dass Iris jetzt wirklich allein oben sein müsste. Also, wenn du nicht die Übersicht verloren hast.
Du deckst Susi zu und schleichst dich über die schmale Treppe nach oben. Der Schlüssel steckt, die klopfst an, keine Reaktion - wäre sie nicht allein, hätte sie schon was Deutliches gesagt. Also gehst du hinein, tänzelst über Flaschen, Pralinenpackungen hinweg und an den Töpfen auf dem Herd vorbei, mit denen sich jemand offenkundig wenig erfolgreich an der Pasta versucht hat. Auf dem Bett ist eine Decke, und darunter etwas in Menschenform. Ganz oben schaut etwas Kopf, Haare und eine die Decke hochgezogen haltende Hand heraus, an deren Mittelfinger ein Ice Cube blitzt, ein monströser Diamant, das Prunkstück der Familie, das Iris Mutter seit den frühen 80er Jahren nicht mehr im Theater getragen hat, weil es zu protzig ist. Der Ice Cube hat eine Grösse, dass man ihn erst mal für Strass hält. Er ist dir während des Abends nicht aufgefallen, aber jetzt, da man von Iris kaum mehr sieht als die Hand, ist er ein Feuerfleck auf dem blendenden Weiss der Decke.
Iris?
Die Hand bewegt sich langsam, der Ice Cube funkelt böse, und dann wird das Gesicht einer Japanerin sichtbar - so klein und zusammengekniffen sind ihre Augen, und so gelb wirkt die Haut im Schneesturm, der draussen niedrgeht.
Kopf, sagt Iris, und du machst ihr das passende Frühstück aus zwei Thommies und einer Tasse Kaffee, den der letzte Besuch vergessen hat, bringst ihr alles ans Bett, aber sie schläft schon wieder. Du streichelst vorsichtig die beringte Hand, fühlst die Kälte und Kanten des Eiswürfels, berührst ihre Wange, legst den Zeigefinger auf ihre Lippen. Sie öffnet die Augen, und dein Finger gleitet langsam zum Kinn, verfängt sich an der Feuchtigkeit der Unterlippe, zieht sie mit nach unten, kostet die Weichheit des Fleisches aus und lässt sie mit einem satten Plopp zurückfedern.
Kannst du dich bewegen? Oder brauchst du einen Strohhalm, fragst du.
Die Hand packt die Decke, zieht sie über den Kopf, so dass nur noch drei Finger und der Ice Cube wie die Kralle eines Drachens auf dem Schatz herausschauen, und unter der Decke kommt etwas undeutlich hervor, was klingt wie
Fick doch Susi.
Don hat eine Wohnung unter dem Dach, mit Terasse. Die wäre das Richtige, meint Iris bestimmt, und weil sie das sagt und die anderen sie fälschlich für eine Art Hausherrin gehalten haben, sitzt du jetzt um kurz vor Acht übermüdet vor dem Rechner und schreibst etwas. In´s Bett hier unten kannst du nicht, denn da liegt Susi und hustet ab und zu im Schlaf. Sie hätte besser bei der heissen Zitrone bleiben sollen. Aber während du schnell die Sylvestergrüsse ins Blog gestellt hast, sind sie auf der Terasse im Wind auf Champagner umgestiegen, und danach wurde es richtig alkoholisch für das gute Dutzend Besucher, von denen du zu Beginn nur acht kanntest. Zum Glück war genug Wein im Haus, und das Eis für den mitgebrachten Wodka haben sie aus dem Eisfach gekratzt. Nach der zweiten Flasche fanden sie das sogar lustig. Warm wurde es bei der Menge Leute auf kleinem Raum ohnehin.
Irgendwann verschwand Susi dann aufs Klo und hustete mehrere Minuten. Du hast sie nach unten gebracht, um ihr eine Tablette zu geben und etwas Heisses, aber als die Zitrone dann ausgequetscht und kernfrei im Glas schwappte, lag Susi schon auf deinem Bett und schnarchte leise. Von oben kamen dann so gegen fünf ein Haufen Gäste runter, die dich leicht schwankend davon in Kenntnis setzten, dass da oben zwischen den beiden Gockeln gerade der Endkampf um Iris laufen würde. Da wollten sie nicht stören, und nach einer Kanne Tee haben sie dann auch den Heimweg angetreten. Gegen sechs sammelte sie das Taxi auf, und eine Unbekannte nutzte die Gelegenheit, sich endlich offiziell vorzustellen. Woran sie sich garantiert nicht mehr erinnern dürfte, schliesslich war sie das mit dem Wodka.
Irgendwann poltert dann jemand die Treppe herunter, und danach gleich noch einer. Es sind Schritte der gemeinschaftlichen Niederlage; so geht kein Eroberer. Sie klopfen versehentlich ein Stockwerk drüber an die Tür, weil sie nicht mehr so den grossen Peil von der Anlage des Stadtpalastes haben, und weil du für heute genug sexuell frustrierte Besoffene gesehen hast, verhältst du dich still, als sie runter auf die Strasse stolpern. Du zählst nochmal kurz durch und kommst zum Schluss, dass Iris jetzt wirklich allein oben sein müsste. Also, wenn du nicht die Übersicht verloren hast.
Du deckst Susi zu und schleichst dich über die schmale Treppe nach oben. Der Schlüssel steckt, die klopfst an, keine Reaktion - wäre sie nicht allein, hätte sie schon was Deutliches gesagt. Also gehst du hinein, tänzelst über Flaschen, Pralinenpackungen hinweg und an den Töpfen auf dem Herd vorbei, mit denen sich jemand offenkundig wenig erfolgreich an der Pasta versucht hat. Auf dem Bett ist eine Decke, und darunter etwas in Menschenform. Ganz oben schaut etwas Kopf, Haare und eine die Decke hochgezogen haltende Hand heraus, an deren Mittelfinger ein Ice Cube blitzt, ein monströser Diamant, das Prunkstück der Familie, das Iris Mutter seit den frühen 80er Jahren nicht mehr im Theater getragen hat, weil es zu protzig ist. Der Ice Cube hat eine Grösse, dass man ihn erst mal für Strass hält. Er ist dir während des Abends nicht aufgefallen, aber jetzt, da man von Iris kaum mehr sieht als die Hand, ist er ein Feuerfleck auf dem blendenden Weiss der Decke.
Iris?
Die Hand bewegt sich langsam, der Ice Cube funkelt böse, und dann wird das Gesicht einer Japanerin sichtbar - so klein und zusammengekniffen sind ihre Augen, und so gelb wirkt die Haut im Schneesturm, der draussen niedrgeht.
Kopf, sagt Iris, und du machst ihr das passende Frühstück aus zwei Thommies und einer Tasse Kaffee, den der letzte Besuch vergessen hat, bringst ihr alles ans Bett, aber sie schläft schon wieder. Du streichelst vorsichtig die beringte Hand, fühlst die Kälte und Kanten des Eiswürfels, berührst ihre Wange, legst den Zeigefinger auf ihre Lippen. Sie öffnet die Augen, und dein Finger gleitet langsam zum Kinn, verfängt sich an der Feuchtigkeit der Unterlippe, zieht sie mit nach unten, kostet die Weichheit des Fleisches aus und lässt sie mit einem satten Plopp zurückfedern.
Kannst du dich bewegen? Oder brauchst du einen Strohhalm, fragst du.
Die Hand packt die Decke, zieht sie über den Kopf, so dass nur noch drei Finger und der Ice Cube wie die Kralle eines Drachens auf dem Schatz herausschauen, und unter der Decke kommt etwas undeutlich hervor, was klingt wie
Fick doch Susi.
donalphons, 00:50h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Dienstag, 26. Dezember 2006
Real Life 24.12.06 - Von einer, die auszieht.
Es könnte ein Abschlussball sein, eine Abiturfeier, die Überreichung des Magisterzeugnisses, wenn man nach dem Äusseren gehen wollte. Die Herren sind in Schwarz, dreiteilig, und der ein oder andere trägt heute sogar eine Vollsavonette statt der üblichen Rolex. Die Krawatten und Fliegen auf den weissen Hemden jedoch sind gelockert, die Krägen geoffnet, und so manches Sakko sitzt nicht mehr ganz optimal, nach der heimischen, fünfgängigen Stopfung ohne jeglichen sportlichen Ausgleich, wollte man die Flucht in die Altstadt nicht unter lebenserhaltung, sondern unter Leibesertüchtigung abhaken. Das kann es aber nicht sein, denn der Rest der legendären 11b, die letzten Unverheirateten der einzigen Jungenklasse des Gymnasiums, befüllt den Leib mit Alkoholika, als gäbe es kein Morgen mehr und kein Resteficken heute Nacht. Aussenstehende aber wissen nicht, dass die 11b sich vor allem aus Kindern von Grossbauern zusammensetzte, und so fehlt Ihnen das Einfühlungsvermögen in die Volumina, die in so einen 11bler passen. Du aber, der du damals schon bei den Austragshausparties im Donaumoos dabei warst und dem abschliessenden Novemberschwimmen im Dorfteich, um dann die Physikschulaufgabe ernüchtert antreten zu können, du weisst, was geht. Selbst wenn du nur Tee trinkst.
De Boazn is gschdegt voi mit vor allem jüngeren Semestern, aber kaum Zugreisten, denn die sind alle daheim, und ihre Standardkneipen sind eher leer. Hier aber wackeln die Wände vom Lachen, als die Geschichten über die anderen abgeglichen werden. Die, die im gegensatz zu ihren Sprüchen von damals heute nacht brav daheim sitzen, oder vielleicht später heimlich kommen, während die Frau die Blagen aus der Kirche nach Hause bringt. Die, sie sich dann immer komisch fühlen, wenn die unverheirateten Reste der weiblich dominierten 11c vorbeikommen. Man kennt sich ja noch aus der Klassenfahrt nach Rom. So ist das. Der 24. Dezember zeigt gnadenlos auf, wie es um euch alle bestellt ist, wer die Ideale noch lebt und wer draussen vor der Stadt vegetiert, in seinem Einfamilienhaus mit Nachwuchs und mässig funktionierender Beziehung.
Du machst eine kleine Runde, begrüsst die Reste der humanistischen Oberrealschule und die abgefallenen Töchter des Mädchenpensionats mit geschenktem Abitur und freust dich, dass die, die mit 33 allen Begehrlichkeiten des geregelten Lebens widerstanden haben, auch heute noch der Bürgerlichkeit entsagen. Das Vorankommen wird zunehmend schwierig, aus der Tür drängeln sich die ersten Gottesdienstbesucher ins Warme, mancher schaut etwas verlegen drein, wie es so ist, wenn man als Ü30 noch von den Eltern mitgeschleift wird in den eiskalten Steinsarg, und man sich nicht widersetzen kann. Du redest noch mit Sabine, die inzwischen den Laden von Dad übernommen hat und immer noch oder schon wieder ein gschlampertes verhältnis mit einem anderweitig verheirateten Mann hat, da siehst du Iris von hinten, ihre lange, dunkle Silhouette, ihren bestimmten Gang, der sich nie wieder von einem Ehemann wird hemmen lassen, höchstens noch von einer der seltenen depressiven Anfälle, alle zwei, drei Tage. Jürgen ist sowieso gerade dabei, Sabine zu übernehmen. Also verabschiedest du dich so hastig, dass Sabine fragt, was los ist, und Jürgen deutet auf die Neuangekommene und sagt, dass der Don der Iris ja verfallen ist. Jürgen war schon in der 11b ein Arschloch.
Du aber hast eine Aufgabe, eine Pflicht zum Schenken, schliesslich stand der nicht ganz schlichte, kristallübersähte Leuchter für den Nachttisch schon seit Monaten offen in deiner Wohnung rum, wurde von ihr sehr bewundert und wechselt so jetzt den Besitz. Ein Küsschen hauchst du auf ihre Wange, schnupperst an ihr, wirst leicht geschüttelt von der Ähnung von Kälte und Weihrauch, die aber schnell von dem herbwarmen Ton ihre Parfüms überdeckt wird. Sie guckt in das Geschenk, freut sich, hat nichts für dich und meint dann unversehens und ernst: Ich muss dir was zeigen.
Einen neuen Mann?
Nein. Übler. Komm.

Und so eilt ihr hinaus in die kalte, nebelverseuchte graue Weihnachtsnacht, was soll´s, Kinder werden ohnehin zu viele geboren, das kümmert nicht, aber ihre Laune ist nicht gut. Durch die engen, krummen Gassen der Oberstadt führt euer Weg, keine Seele und nur wenige Messenbesucher sind unterwegs, und Iris will nicht sagen, was sie in diese Gegend führt. Dann hält sie vor einem Haus inne, drückt sich an die Tür und sperrt auf. Du folgst ihr ins Innere eines sanierten, alten Professorenhauses, sie geht die Treppen nach oben, und sperrt eine Wohnung im zweiten Stock auf.
Das ist es, sagt sie, das haben sie mir geschenkt. Damit ich endlich wieder auf eigenen Beinen stehe, soll das wohl heissen. Du streifst durch die Räume, durchaus angemessen für ihren sozialen Stand, 3 Zimmer, Bad, Galerie und eine Wohnküche, die, wenn sich der Nebel hier in fünf Monaten gelichtet hat, sicher ganz nett und freundlich im Morgenlicht erstrahlen wird. Stuck fehlt noch, Kronleuchter, all das, was man so zum Leben braucht, aber die Basis ist prima und das frische Weiss der Wände wartet nur darauf, in warmen Farben überstrichen zu werden. Und das alles keine 10 Minuten vom Stadtpalast.
Grossartig! Phänomenal! Knorke! brichst du in Entzückenskieksern aus, endlich keine langwierigen Gespräche mehr mit ihrem Vater über dessen konservative Politikeinschätzung, wenn Iris mal wieder 30 Minuten länger im Bad braucht, kein Earl Grey mehr, den man in deren Haus serviert, ohne Rücksicht auf deine - nie zugegebene - Abscheu vor Bergamotte, du weisst ja, was sich gehört.
Iris steht im Türrahmen, schaut an die Decke und sagt: Weisst du, was so schlimm daran ist? Als meine Eltern so alt waren wie ich, hatten sie sich schon zwei Autos verdient, ein Haus erworben und umgebaut, eine Position im Leben, ein Kind grossgezogen und nie erwartet, dass ich mit meinen Noten und den Startbedingungen es nötig haben würde, mir von ihnen eine Wohnung schenken lassen zu müssen.
Du protestierst und verweist darauf, dass auch eure Eltern damals Autos geschenkt bekamen; grünelfenbeinfarbene Käfer Cabrios etwa und später die abgelegten Isabellas der Väter, von der die Legende geht, dass ihre Mutter den ihrigen Ende der 60er mit Paisleymotiven bemalen liess, und ausserdem war die Heirat ihrer Eltern ja auch durch den dicken Bauch von Mama bedingt, das Haus draussen vor der Stadt kam dann von ihrem Grosspapa. Und überhaupt, wenn man nur mal nach Berlin schaut, wie sie dort sorglos in ewiger Jugend und im Wissen, dass sie mangels Nachkommen ohnehin alles durchbringen können, in ewiger Jugend Richtung Vergreisung gehen - von denen lernen heisst froh sein lernen.
Aber nichts vermag die Betrübnis von ihr zu nehmen, und irgendwann später, nachdem sie zwischenzeitlich schon auf dem Sofa eingeschlafen ist, ist sie dann aufgewacht und wieder hinausgefahren in die Vorstadt, in die sumpfige Niederung heim zu den Eltern, die jetzt mit ihr Ralph Lauren Home Kataloge wälzen und nicht begreifen, was sie jetzt schon wieder hat, obwohl sie doch alles hat.
De Boazn is gschdegt voi mit vor allem jüngeren Semestern, aber kaum Zugreisten, denn die sind alle daheim, und ihre Standardkneipen sind eher leer. Hier aber wackeln die Wände vom Lachen, als die Geschichten über die anderen abgeglichen werden. Die, die im gegensatz zu ihren Sprüchen von damals heute nacht brav daheim sitzen, oder vielleicht später heimlich kommen, während die Frau die Blagen aus der Kirche nach Hause bringt. Die, sie sich dann immer komisch fühlen, wenn die unverheirateten Reste der weiblich dominierten 11c vorbeikommen. Man kennt sich ja noch aus der Klassenfahrt nach Rom. So ist das. Der 24. Dezember zeigt gnadenlos auf, wie es um euch alle bestellt ist, wer die Ideale noch lebt und wer draussen vor der Stadt vegetiert, in seinem Einfamilienhaus mit Nachwuchs und mässig funktionierender Beziehung.
Du machst eine kleine Runde, begrüsst die Reste der humanistischen Oberrealschule und die abgefallenen Töchter des Mädchenpensionats mit geschenktem Abitur und freust dich, dass die, die mit 33 allen Begehrlichkeiten des geregelten Lebens widerstanden haben, auch heute noch der Bürgerlichkeit entsagen. Das Vorankommen wird zunehmend schwierig, aus der Tür drängeln sich die ersten Gottesdienstbesucher ins Warme, mancher schaut etwas verlegen drein, wie es so ist, wenn man als Ü30 noch von den Eltern mitgeschleift wird in den eiskalten Steinsarg, und man sich nicht widersetzen kann. Du redest noch mit Sabine, die inzwischen den Laden von Dad übernommen hat und immer noch oder schon wieder ein gschlampertes verhältnis mit einem anderweitig verheirateten Mann hat, da siehst du Iris von hinten, ihre lange, dunkle Silhouette, ihren bestimmten Gang, der sich nie wieder von einem Ehemann wird hemmen lassen, höchstens noch von einer der seltenen depressiven Anfälle, alle zwei, drei Tage. Jürgen ist sowieso gerade dabei, Sabine zu übernehmen. Also verabschiedest du dich so hastig, dass Sabine fragt, was los ist, und Jürgen deutet auf die Neuangekommene und sagt, dass der Don der Iris ja verfallen ist. Jürgen war schon in der 11b ein Arschloch.
Du aber hast eine Aufgabe, eine Pflicht zum Schenken, schliesslich stand der nicht ganz schlichte, kristallübersähte Leuchter für den Nachttisch schon seit Monaten offen in deiner Wohnung rum, wurde von ihr sehr bewundert und wechselt so jetzt den Besitz. Ein Küsschen hauchst du auf ihre Wange, schnupperst an ihr, wirst leicht geschüttelt von der Ähnung von Kälte und Weihrauch, die aber schnell von dem herbwarmen Ton ihre Parfüms überdeckt wird. Sie guckt in das Geschenk, freut sich, hat nichts für dich und meint dann unversehens und ernst: Ich muss dir was zeigen.
Einen neuen Mann?
Nein. Übler. Komm.

Und so eilt ihr hinaus in die kalte, nebelverseuchte graue Weihnachtsnacht, was soll´s, Kinder werden ohnehin zu viele geboren, das kümmert nicht, aber ihre Laune ist nicht gut. Durch die engen, krummen Gassen der Oberstadt führt euer Weg, keine Seele und nur wenige Messenbesucher sind unterwegs, und Iris will nicht sagen, was sie in diese Gegend führt. Dann hält sie vor einem Haus inne, drückt sich an die Tür und sperrt auf. Du folgst ihr ins Innere eines sanierten, alten Professorenhauses, sie geht die Treppen nach oben, und sperrt eine Wohnung im zweiten Stock auf.
Das ist es, sagt sie, das haben sie mir geschenkt. Damit ich endlich wieder auf eigenen Beinen stehe, soll das wohl heissen. Du streifst durch die Räume, durchaus angemessen für ihren sozialen Stand, 3 Zimmer, Bad, Galerie und eine Wohnküche, die, wenn sich der Nebel hier in fünf Monaten gelichtet hat, sicher ganz nett und freundlich im Morgenlicht erstrahlen wird. Stuck fehlt noch, Kronleuchter, all das, was man so zum Leben braucht, aber die Basis ist prima und das frische Weiss der Wände wartet nur darauf, in warmen Farben überstrichen zu werden. Und das alles keine 10 Minuten vom Stadtpalast.
Grossartig! Phänomenal! Knorke! brichst du in Entzückenskieksern aus, endlich keine langwierigen Gespräche mehr mit ihrem Vater über dessen konservative Politikeinschätzung, wenn Iris mal wieder 30 Minuten länger im Bad braucht, kein Earl Grey mehr, den man in deren Haus serviert, ohne Rücksicht auf deine - nie zugegebene - Abscheu vor Bergamotte, du weisst ja, was sich gehört.
Iris steht im Türrahmen, schaut an die Decke und sagt: Weisst du, was so schlimm daran ist? Als meine Eltern so alt waren wie ich, hatten sie sich schon zwei Autos verdient, ein Haus erworben und umgebaut, eine Position im Leben, ein Kind grossgezogen und nie erwartet, dass ich mit meinen Noten und den Startbedingungen es nötig haben würde, mir von ihnen eine Wohnung schenken lassen zu müssen.
Du protestierst und verweist darauf, dass auch eure Eltern damals Autos geschenkt bekamen; grünelfenbeinfarbene Käfer Cabrios etwa und später die abgelegten Isabellas der Väter, von der die Legende geht, dass ihre Mutter den ihrigen Ende der 60er mit Paisleymotiven bemalen liess, und ausserdem war die Heirat ihrer Eltern ja auch durch den dicken Bauch von Mama bedingt, das Haus draussen vor der Stadt kam dann von ihrem Grosspapa. Und überhaupt, wenn man nur mal nach Berlin schaut, wie sie dort sorglos in ewiger Jugend und im Wissen, dass sie mangels Nachkommen ohnehin alles durchbringen können, in ewiger Jugend Richtung Vergreisung gehen - von denen lernen heisst froh sein lernen.
Aber nichts vermag die Betrübnis von ihr zu nehmen, und irgendwann später, nachdem sie zwischenzeitlich schon auf dem Sofa eingeschlafen ist, ist sie dann aufgewacht und wieder hinausgefahren in die Vorstadt, in die sumpfige Niederung heim zu den Eltern, die jetzt mit ihr Ralph Lauren Home Kataloge wälzen und nicht begreifen, was sie jetzt schon wieder hat, obwohl sie doch alles hat.
donalphons, 00:31h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Mittwoch, 20. Dezember 2006
Real Life 19.12.06 - Kunst besiegt Grenzen
Ein in sich gelungener und dennoch verkorkster Tag neigt sich dem vorläufigen Ende zu; eine schwarz gekleidete Gestalt hastet durch den kalten Wind in der Türkenstrasse, ein paar Pappkartons unter dem Arm, sichtlich zu spät und in Eile. Er steuert auf ein kleines koreanisches Restaurant zu, das sich bei den asiatischstämmigen Schülerinnen der Sprachenschule gegenüber höchster Wertschätzung erfreut, öffnet die Tür, und mit Blick zu ohm sitzt eine Prinzessin 2. Grades, die offensichtlich gewartet hat und ungeduldig ist.
Meine kleine Schwester hatte Stress .... da war noch diese Besprechung .... ich konnte nicht gleich weg .... und Parkplatz ... und überhaupt .... quillt es entschuldigend und hastig aus dem Munde des Mannes hervor, der dir nicht unähnlich ist, und langsam kommt dir der unschöne Verdacht, dass du es tatsächlich bist, der hier gerade versucht, auf dem weiblich dominierten Feld der Ausreden die 2. Niederlage des Tages zu kassieren, nachdem deine kleine Schwester eine superlockere Ausrede hatte, dich eine Stunde in einem anderen Raum mit ein paar PR-Tanten schmoren zu lassen.
Und, würgt dich die Prinzessin 2. Grades unwirsch ab, wie war es? Hat sie alles kassiert? Du blamierst dich auf Lebenszeit damit, etwas bei der Chefin auf asiatisch radebrechend zu bestellen und wünscht dir, dass deinetranssylvanische Verwandte koreanische Bekannte zeit gehabt hätte, die bestellte ansonsten mit. Also, das einzige mal, als ihr koreanisch essen wart. Was eine ziemliche Katastrophe war, und zu spät bist du damals auch gekommmen, und seitdem wart ihr fast nur noch thailändisch, italienisch und stockschwul im Morizz essen. jetzt also wieder koreanisch und dieses vegatarische Dings da.
Also, sagst du, die Lage ist so: Es gab nur, leider nur 12 Bildseiten von Yoshitoshi, und 16 Textseiten. Genommen habe ich alle. Genommen hat sie dann auch alle, aber erst mal nur zur Ansicht. Also, die Bilder. Aber sie will nur die Kriegsszenen, das heisst, der Lautenspieler und die Maler und die zarten Damen bleiben alle mir, hoffe ich. 6 mal Splatter für sie, 6 mal angenehmes Leben für mich. Wenn die Habgier bei ihr nicht einsetzt. Also, sagen wir mal, 50/50, dass ich auch was abbekomme.
Und das da, fragt die Prinzessin 2. Grades und deutet auf die Kartons? Ein Stich nach Szothard, sagst du und reichst ihr die weithin bekannte "Vintage", zwei dralle französische Rötelzeichnungen und das da, du ziehst die grösseren Kartons hervor, sind zwei Holzschnitte von Hokusai aus den 100 Ansichten des Fuji.

Die beiden Koreanerinnen neben euch, die bislang über irgendwas auf koreanisch vor sich hingekichert haben, verstummen schlagartig. Das sind dann so die Momente, in denen man erwartet, dass jetzt irgendeines dieser Mädchen irgendwas mit einem langen, scharfen Schwert macht, das nicht wirklich angenehm ist und für europäische Konfliktvorstellungen unangemessen erscheint. Koreaner reden über Japaner gemeinhin wie Griechen über Türken und Bayern über Österreicher, was in allen Fällen darin begründet liegt, dass man von denen mal besetzt war - und nebenbei wohl auch darin, dass man sich in den ersten beiden Fällen dank Feindschaft keinen Gedanken darüber machen muss, dass man genetisch jeweils die ziemlich gleiche Pampe sein sollte, was bei Bayern und Österreichern natürlich ganz anders ist, der Bayer unterscheidet sich grundlegend von den in Braunau beginnenden Degenarationen auf der falschen Seite von Inn und Salzach. Was ein würdiger letzter Gedanke gewesen wäre, wenn jetzt jemand irgendwelche Szenen aus der Werbung nachgestellt hätte. Von wegen, dass die Suppe zu salzig und die Holzschnitte zu japanisch sein sollten.
Hokusai, fragt eines der Mädchen. Echt? Darf ich mal? und zieht das Bild, ohne auf eine Antwort zu warten, zu sich rüber, und in ihren Augen erstrahlt ein warmer Glanz, der im völligen Widerspruch zur dargestellten, kalten Winterszene ist.
Was hättest du gemacht, wenn sie dich gefragt hätte, ob du es ihr schenkst, will die Prinzessin 2. Grades später, auf dem Weg zum Auto wissen. Du ahnst die tückische Falle in ihren Worten, du willst es behalten und deshalb lügst du sie an und behauptest, du hättest natürlich widerstanden. Was noch zu prüfen sein wird, denn die Koreanerin hat deine Nummer, damit sie dich anrufen kann und erfahren, ob deine Quelle noch weitere Holzschnitte von Hokusai hat. Und wenn nicht, nun...
Hinweis: Kleine raffgierige Schwestern hat es auch hier.
Meine kleine Schwester hatte Stress .... da war noch diese Besprechung .... ich konnte nicht gleich weg .... und Parkplatz ... und überhaupt .... quillt es entschuldigend und hastig aus dem Munde des Mannes hervor, der dir nicht unähnlich ist, und langsam kommt dir der unschöne Verdacht, dass du es tatsächlich bist, der hier gerade versucht, auf dem weiblich dominierten Feld der Ausreden die 2. Niederlage des Tages zu kassieren, nachdem deine kleine Schwester eine superlockere Ausrede hatte, dich eine Stunde in einem anderen Raum mit ein paar PR-Tanten schmoren zu lassen.
Und, würgt dich die Prinzessin 2. Grades unwirsch ab, wie war es? Hat sie alles kassiert? Du blamierst dich auf Lebenszeit damit, etwas bei der Chefin auf asiatisch radebrechend zu bestellen und wünscht dir, dass deine
Also, sagst du, die Lage ist so: Es gab nur, leider nur 12 Bildseiten von Yoshitoshi, und 16 Textseiten. Genommen habe ich alle. Genommen hat sie dann auch alle, aber erst mal nur zur Ansicht. Also, die Bilder. Aber sie will nur die Kriegsszenen, das heisst, der Lautenspieler und die Maler und die zarten Damen bleiben alle mir, hoffe ich. 6 mal Splatter für sie, 6 mal angenehmes Leben für mich. Wenn die Habgier bei ihr nicht einsetzt. Also, sagen wir mal, 50/50, dass ich auch was abbekomme.
Und das da, fragt die Prinzessin 2. Grades und deutet auf die Kartons? Ein Stich nach Szothard, sagst du und reichst ihr die weithin bekannte "Vintage", zwei dralle französische Rötelzeichnungen und das da, du ziehst die grösseren Kartons hervor, sind zwei Holzschnitte von Hokusai aus den 100 Ansichten des Fuji.

Die beiden Koreanerinnen neben euch, die bislang über irgendwas auf koreanisch vor sich hingekichert haben, verstummen schlagartig. Das sind dann so die Momente, in denen man erwartet, dass jetzt irgendeines dieser Mädchen irgendwas mit einem langen, scharfen Schwert macht, das nicht wirklich angenehm ist und für europäische Konfliktvorstellungen unangemessen erscheint. Koreaner reden über Japaner gemeinhin wie Griechen über Türken und Bayern über Österreicher, was in allen Fällen darin begründet liegt, dass man von denen mal besetzt war - und nebenbei wohl auch darin, dass man sich in den ersten beiden Fällen dank Feindschaft keinen Gedanken darüber machen muss, dass man genetisch jeweils die ziemlich gleiche Pampe sein sollte, was bei Bayern und Österreichern natürlich ganz anders ist, der Bayer unterscheidet sich grundlegend von den in Braunau beginnenden Degenarationen auf der falschen Seite von Inn und Salzach. Was ein würdiger letzter Gedanke gewesen wäre, wenn jetzt jemand irgendwelche Szenen aus der Werbung nachgestellt hätte. Von wegen, dass die Suppe zu salzig und die Holzschnitte zu japanisch sein sollten.
Hokusai, fragt eines der Mädchen. Echt? Darf ich mal? und zieht das Bild, ohne auf eine Antwort zu warten, zu sich rüber, und in ihren Augen erstrahlt ein warmer Glanz, der im völligen Widerspruch zur dargestellten, kalten Winterszene ist.
Was hättest du gemacht, wenn sie dich gefragt hätte, ob du es ihr schenkst, will die Prinzessin 2. Grades später, auf dem Weg zum Auto wissen. Du ahnst die tückische Falle in ihren Worten, du willst es behalten und deshalb lügst du sie an und behauptest, du hättest natürlich widerstanden. Was noch zu prüfen sein wird, denn die Koreanerin hat deine Nummer, damit sie dich anrufen kann und erfahren, ob deine Quelle noch weitere Holzschnitte von Hokusai hat. Und wenn nicht, nun...
Hinweis: Kleine raffgierige Schwestern hat es auch hier.
donalphons, 01:05h
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Mittwoch, 13. Dezember 2006
Real Life 13.12.06 - Das Ende des Glaubens
Du gehst in Richtung Gärtnerplatz, und als du an den Gemüsestand kommst, steht da dieser breite, schwarze Sportwagen. Ohne Licht, auf dem Bürgersteig, brettlbreit und miserabel geparkt, wenn man das so sagen kann im absoluten Halteverbot. Ah ja, es gibt also noch mehr so Typen wie die Haifischdame, die macht das auch immer so und jammert, wenn sie abgeschleppt wird, geht es dir durch den Kopf, und beiläufug fällt der Blick auf das Nummernschild. Es sieht nicht nur aus wie der Wagen besagter Frau, er ist es. Und dir fällt wieder ein, wie es war, als du sie das letzte Mal zu diesem Parkplatz an den Ostrand von München fahren musstest. Wie sie die wirklich unschuldigen Angestellten dort angeschnauzt hat. Und wie sich die erfolglosen Versuche, der Stadt München einen Teil der Strafe nur aus Prinzip wieder abzunehmen, zu einem Dauerthema beim Essen entwickelten. Das war keine angenehme Zeit. Und weil immer alles zusammen kommt, gleitet aus dem Schwarz der frühen. langen Nacht, ein Polizei-BMW heran.
Du legst deine Tüte mit den Büchern auf die Klappe, hinter der sich nach optimistischer Einschätzung des Prospekts sowas wie der "Kofferraum" befinden soll, wuselst herum, zückst den Autoschlüssel und tust so, als ob das deiner wäre und der Aufenthalt an dieser Stelle sofort, augenblicklich beendet werden würde. Der Polizeiwagen wird langsamer, hält an, schaut rüber, und du deutest mit dem todtraurigsten aller "Die dumme Punze verschleudert da drin gerade mein sauer verdientes Geld für widerliche Pumps"-gesicht auf den eklusiven Schuhladen neben dem Wagen. Der Polizist am Steuer nicht verständnisvoll und fährt weiter.
Nicht mal 10 Minuten später erschint der Haifisch mit zwei riesigen Tannenimitatgirlanden aus dem Blumenfachgeschäft und ist überrascht, dich zu sehen. Du überschüttest sie mit Vorwürfen, sie sagt Oh und meint, wenn du eh grad da bist, kannst du dich neben die Girlanden quetschen und sie zum ersten Haus am Platz begleiten, denn sie braucht dort noch Deko. Und nachher jemand zum tragen. Sagt sie nicht, aber es wird sich schlussendlich so herausstellen. Denn das erste haus am Platz ist voll mit Dingen, die man offensichtlich heute haben muss.

Es ist wahrlich nicht dein Ding, diese zartgläserne, schreiendbunt indezente Welt, dieser christlich lackierte Rosenmontag, denn den Winter könnte man getrost streichen und dieses Fest da ist nun wirklich kein sach naches. Jedes Jahr das gleiche Getue, es ist ein Graus, und hier ist die dafür geschaffene Aufrüstung.

Wobei manches eher nach langfristigem Investment aussieht, die hier etwa könne auch noch bis Fasching hängen bleiben. Oder bis Ostern. Das ist die neue Beliebigkeit in Festen ohne Sinn und Bedeutung, anything goes. Ausser für die Freisinger Chanel-Mami, die den Shopping-Sinn verstanden hat und deren Tochter diesen gerade abgelichteten Eisbären sogleich mitnimmt, nicht aber die Pumps - sonst könnte die Tochter noch auf Ideen kommen.

Ja, sagt die Haifischin und wedelt aufgeregt mir den Flossen, von denen hat sie schon ein Dutzend und diese Katze hat es ihr besonders angetan, aber wirklich verliebt ist sie in das Krokodil mit roten Pumps und weissrosa Söckchen und rosa Schleifen, das es als Salzstreuer, Handtasche, Kerzenhalter und normale Figur gibt. Du lächelst schief, worauf sie eines für dich nimmt, und nimmer gelingt es dir, sie von dem Vorhaben abzubringen - das unrecht Verhalten gegenüber der Polizei zieht also unrecht Gut als Belohnung nach sich.

Und natürlich gibt es auch verschiedene Sorten Cat Content, manchmal nett, manchmal als Weihnachtsbaumkatze auch entwürdigend. Dennoch ist das eine gute Gelegenheit, etwas für Iris mitzunehmen, und so geht auch die Katze in den grossen Korb, der sich mittlerweile mit Kugel aller Art gefüllt hat.

Fast aller Art. Die Nicoletta-Pinups (in der bösen alten Zeit kannstest du mal eine aus der Oberpfalz stammende Marketingversagerin, die hiess Nicoletta und hat sich ihren Job ähnlich offenherzig erfickt) und die Exhibitionisten-Nikoläuse sollten vielleicht besser gewissen Stalkergruppenjahrestreffen bei einem bekannten Berliner Startup vorbehalten bleiben. Und dann, als alles schon vorbei ist und du an der Kasse die Tüten in Empfang nimmst, siehst du das noch:

Christbaumteufelsquietscheentenkugeln.
Keine Frage, Gott ist tot, und das Gebähren seines Sohnes kann er sich sparen. Naja, vielleicht konvertiert er ja zum Islam, die sind noch anders drauf, da hätte auch der Häretikerschlächter Thomas von Aquin noch seine Gaudi, da gäbe es sowas nicht im ersten Haus am Platz.
Aber die, da bist du dir sicher, kriegt ihr auch noch: Mit der fiesen Geheimwaffe der Globalisierung, den Ramadanbaumteufelsquietscheentenkugeln. Eine nimmst du mit und hängst sie an einem roten Seidenband über das Gästebett.
Du legst deine Tüte mit den Büchern auf die Klappe, hinter der sich nach optimistischer Einschätzung des Prospekts sowas wie der "Kofferraum" befinden soll, wuselst herum, zückst den Autoschlüssel und tust so, als ob das deiner wäre und der Aufenthalt an dieser Stelle sofort, augenblicklich beendet werden würde. Der Polizeiwagen wird langsamer, hält an, schaut rüber, und du deutest mit dem todtraurigsten aller "Die dumme Punze verschleudert da drin gerade mein sauer verdientes Geld für widerliche Pumps"-gesicht auf den eklusiven Schuhladen neben dem Wagen. Der Polizist am Steuer nicht verständnisvoll und fährt weiter.
Nicht mal 10 Minuten später erschint der Haifisch mit zwei riesigen Tannenimitatgirlanden aus dem Blumenfachgeschäft und ist überrascht, dich zu sehen. Du überschüttest sie mit Vorwürfen, sie sagt Oh und meint, wenn du eh grad da bist, kannst du dich neben die Girlanden quetschen und sie zum ersten Haus am Platz begleiten, denn sie braucht dort noch Deko. Und nachher jemand zum tragen. Sagt sie nicht, aber es wird sich schlussendlich so herausstellen. Denn das erste haus am Platz ist voll mit Dingen, die man offensichtlich heute haben muss.

Es ist wahrlich nicht dein Ding, diese zartgläserne, schreiendbunt indezente Welt, dieser christlich lackierte Rosenmontag, denn den Winter könnte man getrost streichen und dieses Fest da ist nun wirklich kein sach naches. Jedes Jahr das gleiche Getue, es ist ein Graus, und hier ist die dafür geschaffene Aufrüstung.

Wobei manches eher nach langfristigem Investment aussieht, die hier etwa könne auch noch bis Fasching hängen bleiben. Oder bis Ostern. Das ist die neue Beliebigkeit in Festen ohne Sinn und Bedeutung, anything goes. Ausser für die Freisinger Chanel-Mami, die den Shopping-Sinn verstanden hat und deren Tochter diesen gerade abgelichteten Eisbären sogleich mitnimmt, nicht aber die Pumps - sonst könnte die Tochter noch auf Ideen kommen.

Ja, sagt die Haifischin und wedelt aufgeregt mir den Flossen, von denen hat sie schon ein Dutzend und diese Katze hat es ihr besonders angetan, aber wirklich verliebt ist sie in das Krokodil mit roten Pumps und weissrosa Söckchen und rosa Schleifen, das es als Salzstreuer, Handtasche, Kerzenhalter und normale Figur gibt. Du lächelst schief, worauf sie eines für dich nimmt, und nimmer gelingt es dir, sie von dem Vorhaben abzubringen - das unrecht Verhalten gegenüber der Polizei zieht also unrecht Gut als Belohnung nach sich.

Und natürlich gibt es auch verschiedene Sorten Cat Content, manchmal nett, manchmal als Weihnachtsbaumkatze auch entwürdigend. Dennoch ist das eine gute Gelegenheit, etwas für Iris mitzunehmen, und so geht auch die Katze in den grossen Korb, der sich mittlerweile mit Kugel aller Art gefüllt hat.

Fast aller Art. Die Nicoletta-Pinups (in der bösen alten Zeit kannstest du mal eine aus der Oberpfalz stammende Marketingversagerin, die hiess Nicoletta und hat sich ihren Job ähnlich offenherzig erfickt) und die Exhibitionisten-Nikoläuse sollten vielleicht besser gewissen Stalkergruppenjahrestreffen bei einem bekannten Berliner Startup vorbehalten bleiben. Und dann, als alles schon vorbei ist und du an der Kasse die Tüten in Empfang nimmst, siehst du das noch:

Christbaumteufelsquietscheentenkugeln.
Keine Frage, Gott ist tot, und das Gebähren seines Sohnes kann er sich sparen. Naja, vielleicht konvertiert er ja zum Islam, die sind noch anders drauf, da hätte auch der Häretikerschlächter Thomas von Aquin noch seine Gaudi, da gäbe es sowas nicht im ersten Haus am Platz.
Aber die, da bist du dir sicher, kriegt ihr auch noch: Mit der fiesen Geheimwaffe der Globalisierung, den Ramadanbaumteufelsquietscheentenkugeln. Eine nimmst du mit und hängst sie an einem roten Seidenband über das Gästebett.
donalphons, 14:29h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Samstag, 25. November 2006
Real Life 24.11.06 - Echte Arbeit
Es sind diesmal drei Ster, und das Wetter ist prächtig. Letztes Jahr hatte es geschneit, es war bitterkalt und windig, aber in diesem Rekordnovember, der schon fast wieder Frühling ist und vielleicht das baldige Absaufen von Bremen, Hamburg und anderen niedrigen Gebieten ankündigt, ist das Holzschlichten eine Freude. Die eine Hälfte leichte Fichte, die andere schweres Buchenholz.

Wäre da nicht die Sache mit der Schubkarre. Denn deren Reifen ist nach einem Jahr platt. Du suchst nach einer passenden Pumpe, fragst Frau Mama, die hinter dem Haus mit Frau B. über Belanglosigkeiten redet, die weiss auch nichts von einer passenden Gerätschaft, aber Frau B. meint, dass ihr auto- und motorradverrückter Sohn so etwas haben muss. Sie wackelt über den weiten Apfelgarten in den Schuppen, erklärt dir überflüssigerweise genau, wie das Ding funktioniert - denn vor dem Tod des Seniors wird der Junior immer der unerfahrene Junior bleiben - du bedankst dich und machst dich an die Arbeit.
Es sind schöne Stücke, gerade, fest, nicht verdreckt oder nass, und nach ein paar Fuhren gelingt das Anschlichten wieder mühelos, Scheit auf Scheit findet seinen Platz und stabilisiert die Reihe entlang des viel zu grossen Hauses. Nur manches Aststück wehrt sich, und da hilft nur die Axt. Du stellst das Scheit auf den Bock, holst aus und schlägst das Eisen in das Holz. Aststücke sind verfluchte Hunde, sie wehren sich, aber es hilft ihnen alles nichts, Schlag um Schlag dringt das Beil tiefer ein, du denkst an Berlin und an ein paar verantwortungslose Mistkerle und ihre Kumpane, drehst die Axt um und benutzt die Wucht des Holzes, damit es sich selbst immer weiter in das Eisen treibt. Wenn Du Wut hast, sagte deine Grossmutter, geh raus und hau Holz, das hilft, und recht hatte sie, irgendwann quietscht der Brocken, ein, zweimal, und dann bricht er auseinander. Wenn immer noch Wut da ist - auch kein Problem, so ein Aststück quer durchzuhauen, ist genau das richtige für angesammelte Energien.
Um vier musst du fertig sein, denn um halb fünf kommt dann Frau G. zu Besuch, du musst noch duschen und dich ordentlich anziehen, denn auf das grobe Holz folgt das feine Porzellan, auf die zupackenden Hände der abgespreizte kleine Finger, der hier nie aufgehört hat, selbstverständliches Verhalten der besseren Kreise zu sein. Man tut das nicht extra, es ist so. Und es ist wie immer zu viel Kuchen da, den du mitnimmst und nachher, beim Bloggen nebenbei verzehren wirst.
Frau G. lässt sich lang und breit über dieses Internet da aus, das so gefährlich ist mit diesen Waffenseiten und Mörderspielen, von Porno und Belästigung ganz zu schweigen, wie sie aus der Glotze weiss. Was denn die jungen Leute da den ganzen Tag da drin so machen, du müsstest das doch erklären können, du seist doch so einer, der da viel macht, hat sie gehört. Was du tust, sagst du, und dann fällt es dir ein, es sind mitunter nicht wirklich schöne Dinge, und eigentlich müsstest du sagen, du tust dreckige Stalkerschweine umnieten, Nazipropagandisten in die Ecke drücken, bis sie quietschen, PRoleten den Tag versauen, Material suchen, um die Bande hochgehen zu lassen, Informanten befragen und jeden Tag eine neue Kugel in den Lauf tun, um dann wieder einen von denen wegzuknipsen, besser als ein Spiel ist das.
Du erzählst lieber etwas von den angenehmen Menschen, die dort verkehren, von den Freunden, die dich dann besuchen kommen, von der Fähigkeit des Netzes, die Augen zu öffnen und die Welt neu zu entdecken, nackte Frauen oder Gewalt siehst du da draussen nie, es gibt immer weite Bereiche, die völlig frei von all dem sind, was das - nun selbst nicht gerade zimperliche - Fernsehen so zeigt. Morde etwa wie am Freitag Abend üblich gibt es bei dir nicht.
Du sagst artig Auf Wiedersehen, schwingst dich auf dein Rennrad und bist bald wieder ist der Stadt vor der Kiste, und mit nach Harz und Buchenholz riechenden Händen killst du den Abschaum in den Kommentaren der Blogbar. Beim Tee denkst du mit gespreiztem Finger darüber nach, wie du den Stalkerschweinen am besten mit dem Herzeigen des Schlachterbeils das Wochenende zur Hölle machst, denn das Netz muss schöner werden, damit das, was du Frau G. versprochen hast, ein wenig mehr stimmt, und sie sich vielleicht auch ohne Risiko irgendwann auf diese Welt einlassen kann.

Wäre da nicht die Sache mit der Schubkarre. Denn deren Reifen ist nach einem Jahr platt. Du suchst nach einer passenden Pumpe, fragst Frau Mama, die hinter dem Haus mit Frau B. über Belanglosigkeiten redet, die weiss auch nichts von einer passenden Gerätschaft, aber Frau B. meint, dass ihr auto- und motorradverrückter Sohn so etwas haben muss. Sie wackelt über den weiten Apfelgarten in den Schuppen, erklärt dir überflüssigerweise genau, wie das Ding funktioniert - denn vor dem Tod des Seniors wird der Junior immer der unerfahrene Junior bleiben - du bedankst dich und machst dich an die Arbeit.
Es sind schöne Stücke, gerade, fest, nicht verdreckt oder nass, und nach ein paar Fuhren gelingt das Anschlichten wieder mühelos, Scheit auf Scheit findet seinen Platz und stabilisiert die Reihe entlang des viel zu grossen Hauses. Nur manches Aststück wehrt sich, und da hilft nur die Axt. Du stellst das Scheit auf den Bock, holst aus und schlägst das Eisen in das Holz. Aststücke sind verfluchte Hunde, sie wehren sich, aber es hilft ihnen alles nichts, Schlag um Schlag dringt das Beil tiefer ein, du denkst an Berlin und an ein paar verantwortungslose Mistkerle und ihre Kumpane, drehst die Axt um und benutzt die Wucht des Holzes, damit es sich selbst immer weiter in das Eisen treibt. Wenn Du Wut hast, sagte deine Grossmutter, geh raus und hau Holz, das hilft, und recht hatte sie, irgendwann quietscht der Brocken, ein, zweimal, und dann bricht er auseinander. Wenn immer noch Wut da ist - auch kein Problem, so ein Aststück quer durchzuhauen, ist genau das richtige für angesammelte Energien.
Um vier musst du fertig sein, denn um halb fünf kommt dann Frau G. zu Besuch, du musst noch duschen und dich ordentlich anziehen, denn auf das grobe Holz folgt das feine Porzellan, auf die zupackenden Hände der abgespreizte kleine Finger, der hier nie aufgehört hat, selbstverständliches Verhalten der besseren Kreise zu sein. Man tut das nicht extra, es ist so. Und es ist wie immer zu viel Kuchen da, den du mitnimmst und nachher, beim Bloggen nebenbei verzehren wirst.
Frau G. lässt sich lang und breit über dieses Internet da aus, das so gefährlich ist mit diesen Waffenseiten und Mörderspielen, von Porno und Belästigung ganz zu schweigen, wie sie aus der Glotze weiss. Was denn die jungen Leute da den ganzen Tag da drin so machen, du müsstest das doch erklären können, du seist doch so einer, der da viel macht, hat sie gehört. Was du tust, sagst du, und dann fällt es dir ein, es sind mitunter nicht wirklich schöne Dinge, und eigentlich müsstest du sagen, du tust dreckige Stalkerschweine umnieten, Nazipropagandisten in die Ecke drücken, bis sie quietschen, PRoleten den Tag versauen, Material suchen, um die Bande hochgehen zu lassen, Informanten befragen und jeden Tag eine neue Kugel in den Lauf tun, um dann wieder einen von denen wegzuknipsen, besser als ein Spiel ist das.
Du erzählst lieber etwas von den angenehmen Menschen, die dort verkehren, von den Freunden, die dich dann besuchen kommen, von der Fähigkeit des Netzes, die Augen zu öffnen und die Welt neu zu entdecken, nackte Frauen oder Gewalt siehst du da draussen nie, es gibt immer weite Bereiche, die völlig frei von all dem sind, was das - nun selbst nicht gerade zimperliche - Fernsehen so zeigt. Morde etwa wie am Freitag Abend üblich gibt es bei dir nicht.
Du sagst artig Auf Wiedersehen, schwingst dich auf dein Rennrad und bist bald wieder ist der Stadt vor der Kiste, und mit nach Harz und Buchenholz riechenden Händen killst du den Abschaum in den Kommentaren der Blogbar. Beim Tee denkst du mit gespreiztem Finger darüber nach, wie du den Stalkerschweinen am besten mit dem Herzeigen des Schlachterbeils das Wochenende zur Hölle machst, denn das Netz muss schöner werden, damit das, was du Frau G. versprochen hast, ein wenig mehr stimmt, und sie sich vielleicht auch ohne Risiko irgendwann auf diese Welt einlassen kann.
donalphons, 00:46h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Mittwoch, 8. November 2006
Real Life 06.11.06 - Badespass mit Iris
Und morgen bin ich - sie hält inne, beugt sich ganz weit vor über den kleinen Bistrotisch, schaut dir tief in Augen und sagt: Schau jetzt bloss nicht raus. Aus den Augenwinkeln erahnst du, dass er es sein muss, der im Auto sitzt, das am Fenster des Cafes vorbeirollt, ganz langsam, abbremst, stehen bleibt exakt auf ihrer Höhe, und ein paar Schülern im Ghettostil vorbei lässt, die Art, die sich mit Bitch und Macker und Alder anreden und fast echt klingen, auch wenn sie daheim von einer zielstrebigen Mama dann an die Hausaufgaben gezwungen werden. Er ist es, er macht das nicht zufällig, hupen würde er natürlich nicht, aber er lässt sich wirklich alle Zeit.
Du beugst dich also auch vor, schenkst Iris ein feuchtes Lächeln, dessen Schlüpfrigkeit die auch noch die Windschutzscheibe vor ihm beschlagen muss, und machst Plüschaugen. Zum Aufwischen. Draussen setzt sich der Wagen wieder in Bewegung und rollt um die Ecke. Iris lässt sich aus dem Bannkreis deines Charmes zurückfallen, gibt ein kindisches Brrrr von sich, und du versuchst dir vorzustellen, wie das zwischen den beiden im Bett gewesen sein muss. Brrrr, fürwahr.
Dann ruft sie die Bedienung, ein richtiger Witwentröster, gibt ihm auffällig viel Trinkgeld und muss sich dann doch von Dir in den Mantel helfen lassen, denn dazu reicht es bei dem Seckl bei aller Zuwendung dann doch nicht. Du wirfst ein paar sinnlose Komplimente in den Abgrund ihrer schlechten Laune, hörst in sie hinein, wie man in einen Burgbrunnen hineinhört, um das Aufklatschen eines Steins zu erlauschen, aber nur eisige Stille klirrt tonlos in ihrem Inneren.
Du plauderst irgendetwas Belangloses, als ihr in die Fussgängerzone kommt, sie schweigt mehrheitlich, interessiert sich kaum für die vollgestopften Auslagen und schon gar nicht für den sie umgebenden Menschenbrei, sie kann das stunden- und tagelang, wenn es sein muss, und wenn du ehrlich bist, freut es dich ein etwas, dass er solche Zeiten am Ende über Monate hinweg erdulden musste. Der gewonnene Scheidungskrieg, der ihm das viel zu grosse Haus gelassen hat, inclusive auf immer leer bleibender Kinderzimmer, ist da nur ein schwacher Trost. Da, sagt Iris und deutet auf ein Geschäft mit Geschenkwaren billiger Natur. Da gehen wir jetzt rein und kaufen etwas furchtbar Geschmackloses für meine Ex-Schwägerin, kleben irgendeinen Sticker aus München dran, die merkt das gar nicht.
Drinnen ist es so, wie es nun mal in Läden ist, die Badeschaum in Konfettiform verkaufen, Lipgloss mit Glitter und Kerzenhalter mit goldenen Plastikengerln. Solche Geschäfte ziehen Frauen magisch an und verwandeln Männer in verlegenere Trottel, als es ein reizwäschegeschäft je vermögen würde. Dort können sie wenigstens Haut sehen, hier jedoch sehen sie die lediglich die Staubfänger eines Lebens im Konsumabfall, und zumindest ahnen sie, dass hier etwas fundamental falsch läuft in ihrem Leben.
So ein Kristallherzerl am Kropfbanderl, wie wäre es damit? fragt Iris und hebt ein billigen Samtband mit Klunker hoch. Prima, meinst du, ich habe daheim noch irgendwo eine Schachtel von Swarowski. Oder so eine lackierte Kiste aus China, die ist sicher wahnsinnig gesundheitsschädlich, vielleicht mit Blei oder Cyanid, oder? Wie das schon riecht, bäh. Als Brotkorb, der fehlt ihr noch, denkt Iris laut nach. Oder so ein Set billiger japanisch anmutender Messer mit Holzimitatgriff. Einzeln verpackt und mit der Legende versehen, dass du die koreanischen Geschäftspartner deiner Haifische gebeten hast, dir diese edlen Schneidwerkzeuge mitzubringen. Oder eine von diesen Konsolen da hinten. Und dazu eine Hummelfigur, damit die Schnalle das Ding mitten an ihre sepiafarbende Toskanawand dübeln muss, pflichtest du bei, und dann löst sich der Groschen von der Kante Deines Grosshirns, kullert die Abänge Deiner Seele hinunter und kommt auf dem habgierigen Stammhirn zu liegen. Konsolen? Stuckkonsolen? Darf ich mal, drängelst du reichlich unfein Iris beiseite.
Ein ganzer Berg Konsolen. Korinthisch, ionisch und dorisch, mit Akanthusblättern, Voluten und Kaneluren, ungewöhnlich gross und wie von Robert Adams Reissbrett. Konsolen also, wie sie sonst schnell 40 Euro und mehr kosten, hier für läppische 2, 3 Euro das Stück, und während du auf Anhieb weisst, wo du mindestens sechs Stück verbraten kannst, wird Iris etwas unruhig. So war das nicht geplant, wahrscheinlich beginnt sie sich gerade vor den Lipglossmädchen zu schämen, ob ihres Begleiters.
Don, das ist nicht dein Ernst, oder? will sie wissen, und du versuchst ihr nahe zu bringen, wie wunderbar das ist, diese Konsolen lösen gleich mehrere Probleme om Badm nämlich den Ort und die Höhe für Kerzenhalter; wenn sich denn mal eine Frau darin verirren sollte, dann gibt es die richtige Beleuchtung, ach das wird eine Freude. Iris steht fassungslos mir dir an der Kasse, so war das nicht gedacht, und über den Kaufrausch vergisst sie dann auch noch das Kropfband mit dem Kristallherz.
Du aber schleppst schwer gefüllte Tüten in krachigem Gelb nach Hause, und während Iris, immer noch von leichtem Abscheu ergriffen, Tee trinkt und in Rousseaus Lettres de la Montagne (Amsterdam 1764) blättert, knallst du die Konsolen an die Badwand neben den grossen Spiegel - Iris?

Hm, äusser sie sich nicht ohne Misstrauen. Also... Ja? Also, ich könnte mir sowas wirklich nicht kaufen, ohne mich zu schämen... allein schon der Gedanke, etwas aus diesem Laden zu holen... Mhm. Also, kannst du mir welche mitbringen, und das mit dem Hinmachen? Wie geht das? Ah, mit Nägeln, nein, das kann ich nicht, das musst sowieso du dann auch machen. Hält das denn wirklich mit Nägeln? Bist du dir sicher?
Und du erzählst ihr die lange Geschichte, als du einmal, ebenfalls mit Nägel, deiner kleinen Schwester eine Konsole mitsamt schwerer Bronzetänzerin an die Wand gemacht hat, und sie dann einen ganzen Abend davor sass und Angst hatte, es würde nicht halten. Natürlich hat es gehalten, die Angst war vollkommen umsonst - so umsonst wie übrigens auch deine vage, leise Hoffnung, Iris würde sich die Geschichte vielleicht in der gefüllten Wanne anhören wollen, von dir aus auch mit Schaumdecke. Wenn es denn sein müsste. Aber
Du beugst dich also auch vor, schenkst Iris ein feuchtes Lächeln, dessen Schlüpfrigkeit die auch noch die Windschutzscheibe vor ihm beschlagen muss, und machst Plüschaugen. Zum Aufwischen. Draussen setzt sich der Wagen wieder in Bewegung und rollt um die Ecke. Iris lässt sich aus dem Bannkreis deines Charmes zurückfallen, gibt ein kindisches Brrrr von sich, und du versuchst dir vorzustellen, wie das zwischen den beiden im Bett gewesen sein muss. Brrrr, fürwahr.
Dann ruft sie die Bedienung, ein richtiger Witwentröster, gibt ihm auffällig viel Trinkgeld und muss sich dann doch von Dir in den Mantel helfen lassen, denn dazu reicht es bei dem Seckl bei aller Zuwendung dann doch nicht. Du wirfst ein paar sinnlose Komplimente in den Abgrund ihrer schlechten Laune, hörst in sie hinein, wie man in einen Burgbrunnen hineinhört, um das Aufklatschen eines Steins zu erlauschen, aber nur eisige Stille klirrt tonlos in ihrem Inneren.
Du plauderst irgendetwas Belangloses, als ihr in die Fussgängerzone kommt, sie schweigt mehrheitlich, interessiert sich kaum für die vollgestopften Auslagen und schon gar nicht für den sie umgebenden Menschenbrei, sie kann das stunden- und tagelang, wenn es sein muss, und wenn du ehrlich bist, freut es dich ein etwas, dass er solche Zeiten am Ende über Monate hinweg erdulden musste. Der gewonnene Scheidungskrieg, der ihm das viel zu grosse Haus gelassen hat, inclusive auf immer leer bleibender Kinderzimmer, ist da nur ein schwacher Trost. Da, sagt Iris und deutet auf ein Geschäft mit Geschenkwaren billiger Natur. Da gehen wir jetzt rein und kaufen etwas furchtbar Geschmackloses für meine Ex-Schwägerin, kleben irgendeinen Sticker aus München dran, die merkt das gar nicht.
Drinnen ist es so, wie es nun mal in Läden ist, die Badeschaum in Konfettiform verkaufen, Lipgloss mit Glitter und Kerzenhalter mit goldenen Plastikengerln. Solche Geschäfte ziehen Frauen magisch an und verwandeln Männer in verlegenere Trottel, als es ein reizwäschegeschäft je vermögen würde. Dort können sie wenigstens Haut sehen, hier jedoch sehen sie die lediglich die Staubfänger eines Lebens im Konsumabfall, und zumindest ahnen sie, dass hier etwas fundamental falsch läuft in ihrem Leben.
So ein Kristallherzerl am Kropfbanderl, wie wäre es damit? fragt Iris und hebt ein billigen Samtband mit Klunker hoch. Prima, meinst du, ich habe daheim noch irgendwo eine Schachtel von Swarowski. Oder so eine lackierte Kiste aus China, die ist sicher wahnsinnig gesundheitsschädlich, vielleicht mit Blei oder Cyanid, oder? Wie das schon riecht, bäh. Als Brotkorb, der fehlt ihr noch, denkt Iris laut nach. Oder so ein Set billiger japanisch anmutender Messer mit Holzimitatgriff. Einzeln verpackt und mit der Legende versehen, dass du die koreanischen Geschäftspartner deiner Haifische gebeten hast, dir diese edlen Schneidwerkzeuge mitzubringen. Oder eine von diesen Konsolen da hinten. Und dazu eine Hummelfigur, damit die Schnalle das Ding mitten an ihre sepiafarbende Toskanawand dübeln muss, pflichtest du bei, und dann löst sich der Groschen von der Kante Deines Grosshirns, kullert die Abänge Deiner Seele hinunter und kommt auf dem habgierigen Stammhirn zu liegen. Konsolen? Stuckkonsolen? Darf ich mal, drängelst du reichlich unfein Iris beiseite.
Ein ganzer Berg Konsolen. Korinthisch, ionisch und dorisch, mit Akanthusblättern, Voluten und Kaneluren, ungewöhnlich gross und wie von Robert Adams Reissbrett. Konsolen also, wie sie sonst schnell 40 Euro und mehr kosten, hier für läppische 2, 3 Euro das Stück, und während du auf Anhieb weisst, wo du mindestens sechs Stück verbraten kannst, wird Iris etwas unruhig. So war das nicht geplant, wahrscheinlich beginnt sie sich gerade vor den Lipglossmädchen zu schämen, ob ihres Begleiters.
Don, das ist nicht dein Ernst, oder? will sie wissen, und du versuchst ihr nahe zu bringen, wie wunderbar das ist, diese Konsolen lösen gleich mehrere Probleme om Badm nämlich den Ort und die Höhe für Kerzenhalter; wenn sich denn mal eine Frau darin verirren sollte, dann gibt es die richtige Beleuchtung, ach das wird eine Freude. Iris steht fassungslos mir dir an der Kasse, so war das nicht gedacht, und über den Kaufrausch vergisst sie dann auch noch das Kropfband mit dem Kristallherz.
Du aber schleppst schwer gefüllte Tüten in krachigem Gelb nach Hause, und während Iris, immer noch von leichtem Abscheu ergriffen, Tee trinkt und in Rousseaus Lettres de la Montagne (Amsterdam 1764) blättert, knallst du die Konsolen an die Badwand neben den grossen Spiegel - Iris?

Hm, äusser sie sich nicht ohne Misstrauen. Also... Ja? Also, ich könnte mir sowas wirklich nicht kaufen, ohne mich zu schämen... allein schon der Gedanke, etwas aus diesem Laden zu holen... Mhm. Also, kannst du mir welche mitbringen, und das mit dem Hinmachen? Wie geht das? Ah, mit Nägeln, nein, das kann ich nicht, das musst sowieso du dann auch machen. Hält das denn wirklich mit Nägeln? Bist du dir sicher?
Und du erzählst ihr die lange Geschichte, als du einmal, ebenfalls mit Nägel, deiner kleinen Schwester eine Konsole mitsamt schwerer Bronzetänzerin an die Wand gemacht hat, und sie dann einen ganzen Abend davor sass und Angst hatte, es würde nicht halten. Natürlich hat es gehalten, die Angst war vollkommen umsonst - so umsonst wie übrigens auch deine vage, leise Hoffnung, Iris würde sich die Geschichte vielleicht in der gefüllten Wanne anhören wollen, von dir aus auch mit Schaumdecke. Wenn es denn sein müsste. Aber
donalphons, 00:55h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Samstag, 28. Oktober 2006
Real Life 26.10.06 - draussen sitzen
Es ist fast Frühling in München, die Strassen Schwabings sind voll mit Erstsemestern und denen, die ihnen nachstellen, und drinnen wird man noch lang genug sitzen müssen, in den kommenden Monaten. Noch einmal kann man im Cabrio offen durch die Nacht jagen und vergessen, dass hier eben nicht der Südrand der Alpen ist, sondern lediglich das wenig bevorzugte Tor in den Süden. Kurz, es ist die Nacht, in der man sexuellen Notständen und dem Singletum schnell abhelfen kann, im Schein der Kerzen vor den angesagten Bars der Maxvorstadt, wo mancher dich auch nach den Jahren faktischer Anwesenheit noch kennt. Deine Begleitung aber hat sich geändert, keine besseren Töchter mit schlechteren Biographien und Berufsaussichten auf dem Medienstrich mehr, sondern ein Schwarm ortsunkundige Haifische, die du dorthin bringst, wo sie etwas Spass haben können.

Denn nun ist es draussen, die Gesellschafter kennen die ganze Wahrheit und das Worstcase Szenario. Du bist leidenschaftlicher Historiker und Althausbewohner, du hast im Laufe der Jahre viele Bruchbuden gesehen und Schimmel gerochen, aber es ist doch erstaunlich, was so ein paar Konstruktionsfehler im Flachdach und ein paar nachträgliche Änderungen aus einem gerade mal 6 Jahre alten Prestigeprojekt eines dereinst hochgelobten Fonds machen können. Nicht nur also, dass die versprochenen 20Euro/m²-Mieten nicht zu halten sind und das Ding 40% Leerstand hat, nein, der Boden des Geldtopfes ist nach Abzug von 16.995.275 Euro bei verbleibenden 4.725 Euro deutlich sichtbar und braucht Nachfüllung. Und das nicht zu knapp, denn erste Notmassnahmen kosten auf die Schnelle 300.000. Oder 400.000, so als Anfang, über die Verpflichtungen reden wir besser erst mal gar nicht.
Schräg neben dir sass eine Frau Dr. mit einem gefühlten Zentner Gold an den Fingern und Armen, die es damit locker mit einer grösseren Rap-Kombo aus Downtown L.A. hätte aufnehmen können. Stark gebräunt Richtung Mex ohnehin, nur die Knöchel ihrer Finger waren nach einer halben Stunde Vortrag gelbweiss vom Drücken. Du überlegst, ob du nicht vielleicht doch einen Roman über diese Szene schreiben sollst, so dramatisch und pittoresk war es dort, die Hälfte der Leute hatten ihre Anwälte gleich mitgebracht, die sich für das verschwendete Geld aufplustern und haltloses Zeug in den Raum brüllten. Bloss gut, dass du mit den Verursachern, die gerade auf Marbella unabkömmlich sind, ausser ein paar Recherchen gegen sie nichts zu tun hast. Du bist einer von den Guten. Soweit es in der Branche eben Gute gibt, die einem Besserverdienden dann mitteilen, dass er besser mal weiter besser verdienen soll, wenn er noch was rausholen will. Du hast viel Elend gesehen in dieser Welt, aber selbst der ärmste jüdische Kontingentflüchtling in einer maroden Berliner Gemeindewohnung, ohne Aussicht, als Physikprofessor jemals wieder einen Job jenseits der Berliner Stadtreinigung zu bekommen, war ausgewogener als die Leute da unten.
Es ist schön, danach irgendwo zu sitzen, mit den Haifischen und nicht genau hinzuhören, sondern lieber den Anbahnungsgesprächen der Studenten zu lauschen. Nur aus den Augenwinkeln siehst du den Herrn Prof. Dr. B., ein zierliches Männchen mit Stickweste unter dem massgeschneiderten Anzug, dem man weder seine Millionen noch sein gellendes Affengekreisch zutrauen würde, und unter dessen Messer du dir morgen lieber kein jugendliches Grinsen antackern lassen würdest, so wie der vorher drauf war. Er ist allein, es dauert etwas, bis seine Anwältin kommt, oder das, was davon übrig ist, denn schon im Saal hat er wenig freundlich auf sie eingegiftet, und als alles vorbei war, war der Streit offenkundig.
Sie stakst auf ihren hohen Absätzen vorbei, das gelbe Hermestuch als ein Stigma ihrer Zunft um den Hals tragend, und keiner hält sie auf, sie würde sich auch nicht aufhalten lassen, denn gleich steigt sie in ihren zum Kostüm perfekt passenden, dunkelgrünen Z3, klappt das Verdeck nicht runter, und allen am Tisch ist klar, dass sie auf dem Weg heim heulen wird, denn man hat ihr mit dem wackligen Mandanten einen Schleudersitz unter den Hintern gepackt, und jetzt wurde der rote Knopf betätigt. Du überlegst, sie vielleicht nachher kurz anzurufen, aber dann fällt dir das Neocongequatsche ein, das sie sonst von sich gibt, das Erfolgsgewäsch wie aus den OpenBC-Foren und ihre Herablassung, mit der sie im Triumpf die behandelt, die ihr in Krisen halfen, und so schaust du nur zu, wie der Wagen erheblich zu lange am Strassenrand steht, dann anspringt und langsam in der Nacht über der einzigartigen Munich Area verschwindet, die für sie diesmal sehr, sehr lang dauern wird.
tschuldigung für den zynismus aber anders packe ich das alles momentan nicht. scheiss area. es ist nie vorbei. nie.

Denn nun ist es draussen, die Gesellschafter kennen die ganze Wahrheit und das Worstcase Szenario. Du bist leidenschaftlicher Historiker und Althausbewohner, du hast im Laufe der Jahre viele Bruchbuden gesehen und Schimmel gerochen, aber es ist doch erstaunlich, was so ein paar Konstruktionsfehler im Flachdach und ein paar nachträgliche Änderungen aus einem gerade mal 6 Jahre alten Prestigeprojekt eines dereinst hochgelobten Fonds machen können. Nicht nur also, dass die versprochenen 20Euro/m²-Mieten nicht zu halten sind und das Ding 40% Leerstand hat, nein, der Boden des Geldtopfes ist nach Abzug von 16.995.275 Euro bei verbleibenden 4.725 Euro deutlich sichtbar und braucht Nachfüllung. Und das nicht zu knapp, denn erste Notmassnahmen kosten auf die Schnelle 300.000. Oder 400.000, so als Anfang, über die Verpflichtungen reden wir besser erst mal gar nicht.
Schräg neben dir sass eine Frau Dr. mit einem gefühlten Zentner Gold an den Fingern und Armen, die es damit locker mit einer grösseren Rap-Kombo aus Downtown L.A. hätte aufnehmen können. Stark gebräunt Richtung Mex ohnehin, nur die Knöchel ihrer Finger waren nach einer halben Stunde Vortrag gelbweiss vom Drücken. Du überlegst, ob du nicht vielleicht doch einen Roman über diese Szene schreiben sollst, so dramatisch und pittoresk war es dort, die Hälfte der Leute hatten ihre Anwälte gleich mitgebracht, die sich für das verschwendete Geld aufplustern und haltloses Zeug in den Raum brüllten. Bloss gut, dass du mit den Verursachern, die gerade auf Marbella unabkömmlich sind, ausser ein paar Recherchen gegen sie nichts zu tun hast. Du bist einer von den Guten. Soweit es in der Branche eben Gute gibt, die einem Besserverdienden dann mitteilen, dass er besser mal weiter besser verdienen soll, wenn er noch was rausholen will. Du hast viel Elend gesehen in dieser Welt, aber selbst der ärmste jüdische Kontingentflüchtling in einer maroden Berliner Gemeindewohnung, ohne Aussicht, als Physikprofessor jemals wieder einen Job jenseits der Berliner Stadtreinigung zu bekommen, war ausgewogener als die Leute da unten.
Es ist schön, danach irgendwo zu sitzen, mit den Haifischen und nicht genau hinzuhören, sondern lieber den Anbahnungsgesprächen der Studenten zu lauschen. Nur aus den Augenwinkeln siehst du den Herrn Prof. Dr. B., ein zierliches Männchen mit Stickweste unter dem massgeschneiderten Anzug, dem man weder seine Millionen noch sein gellendes Affengekreisch zutrauen würde, und unter dessen Messer du dir morgen lieber kein jugendliches Grinsen antackern lassen würdest, so wie der vorher drauf war. Er ist allein, es dauert etwas, bis seine Anwältin kommt, oder das, was davon übrig ist, denn schon im Saal hat er wenig freundlich auf sie eingegiftet, und als alles vorbei war, war der Streit offenkundig.
Sie stakst auf ihren hohen Absätzen vorbei, das gelbe Hermestuch als ein Stigma ihrer Zunft um den Hals tragend, und keiner hält sie auf, sie würde sich auch nicht aufhalten lassen, denn gleich steigt sie in ihren zum Kostüm perfekt passenden, dunkelgrünen Z3, klappt das Verdeck nicht runter, und allen am Tisch ist klar, dass sie auf dem Weg heim heulen wird, denn man hat ihr mit dem wackligen Mandanten einen Schleudersitz unter den Hintern gepackt, und jetzt wurde der rote Knopf betätigt. Du überlegst, sie vielleicht nachher kurz anzurufen, aber dann fällt dir das Neocongequatsche ein, das sie sonst von sich gibt, das Erfolgsgewäsch wie aus den OpenBC-Foren und ihre Herablassung, mit der sie im Triumpf die behandelt, die ihr in Krisen halfen, und so schaust du nur zu, wie der Wagen erheblich zu lange am Strassenrand steht, dann anspringt und langsam in der Nacht über der einzigartigen Munich Area verschwindet, die für sie diesmal sehr, sehr lang dauern wird.
tschuldigung für den zynismus aber anders packe ich das alles momentan nicht. scheiss area. es ist nie vorbei. nie.
donalphons, 01:15h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Donnerstag, 26. Oktober 2006
Real Life 24.11.06 - Die richtige Zeit
Einer muss da jetzt anrufen.
Du sagst nichts. Es gibt genug andere Leute, die mehr Ahnung von dem Thema haben, da schwimmen so viele Haifische rum, du bist nur der Transporteur. Operativ bist du draussen. Infologistik, das ist alles, was du tust. Und dehalb sagst du nichts und hörst den leisen Atmern zu.
Meinst du...
Nein, gehst du nachdrücklich dazuwischen, nein, ich meine nicht, dass ich damit was zu tun haben will. Wirklich. Ich kann die Sprache nicht, ich kenne mich mit den juristischen Details nicht aus, es ist euer Ding, ihr seid die Knochenbrecher, seid einfach ehrlich.
Und sowaseinzwei Monate vor Weihnachten...
Tja sagst du, und dann nichts mehr, hörst auf das Atmen, und als es zu lange dauert, sorry, ich wäre jetzt auch gern woanders und in einer anderen Zeit. Geht uns allen so. Aber hey, immer dran denken, es gab noch schlimmere Zeiten, da wurde einem bei solchen Meldungen der Kopf abgehackt.
Und welche Zeit und welcher Ort wäre dann besser gewesen für dich, schindet sie etwas Zeit, denn sie will nicht anrufen.
Schwer zu sagen. Historiker wissen, dass es gute alte Zeiten nie gab, es war immer scheisse, und in 50 Jahren wird man sich denken, wie haben die es damals unter das Merkel in dem Umweltgift nur ausgehalten, die Hälfte der Leute abhängig von Drogen, und dann diese Kleider... es ist immer das gleiche. Also, welche Zeit...
Irgendein gutes historisches Ereignis, meint sie, wo es jetzt besser wäre.
He, sagst du, doch, da wüsste ich vielleicht sogar was. 1940, Trickfilmbteilung von MGM, Stories schreiben für Tom und Jerry, für William Hanna und Joseph Barbera. Eine Geschichte irgendwo am Rande des Pazifiks, was mit ein paar Haifischen und ein Hochhaus, das bei der ewigen Jagd auf einer finsteren Bande von Kriminellen zusammenfällt. Das wäre eine gute Zeit gewesen.
Hihi, macht sie. Ich hätte Dich, sagt sie dann spitz, ja eher mit einer Tasse Tee in Eton vermutet, im Plausch mit Evelyn Waugh.
Wusstest Du, dass Waugh bei Tito Verbindungsoffizier war und im letzten Moment dem Tode durch die Deutschen entronnen ist? Das nenne ich Zeitgefühl.
Nein, meint sie, der hatte eben Glück. Und wir.... was ist jetzt. Rufst du den B. an?
Du hrst dem Atmen zu. Mit dem B. kannst du, eigentlich. Na gut, sagst du. Aber nur den B. Legst auf, machst die Mail mit dem traurigen Resultat der Bemühungen auf, stellst dir vor, wie Tom Jerry und die Haie Tom jagen, bis das Gebäude zusammenstürzt und die finsteren Gestalten, die aussehen die eine Hirohito-Karikatur bei Disneys "In the Fuhrers Face", unter sich begräbt, nur ihre Übersetzerin entgeht der Katastrphe und winkt mit den Haien am Ende Katz und Maus zu, wie sie an Bord eines Dampfers zurück zu Will und Joe nach Hollywood fahren, wo du auch gern wärst - und dann rufst du an und versaust B. und wohl auch seinen Töchtern die nächsten Wochen.
Du sagst nichts. Es gibt genug andere Leute, die mehr Ahnung von dem Thema haben, da schwimmen so viele Haifische rum, du bist nur der Transporteur. Operativ bist du draussen. Infologistik, das ist alles, was du tust. Und dehalb sagst du nichts und hörst den leisen Atmern zu.
Meinst du...
Nein, gehst du nachdrücklich dazuwischen, nein, ich meine nicht, dass ich damit was zu tun haben will. Wirklich. Ich kann die Sprache nicht, ich kenne mich mit den juristischen Details nicht aus, es ist euer Ding, ihr seid die Knochenbrecher, seid einfach ehrlich.
Und sowas
Tja sagst du, und dann nichts mehr, hörst auf das Atmen, und als es zu lange dauert, sorry, ich wäre jetzt auch gern woanders und in einer anderen Zeit. Geht uns allen so. Aber hey, immer dran denken, es gab noch schlimmere Zeiten, da wurde einem bei solchen Meldungen der Kopf abgehackt.
Und welche Zeit und welcher Ort wäre dann besser gewesen für dich, schindet sie etwas Zeit, denn sie will nicht anrufen.
Schwer zu sagen. Historiker wissen, dass es gute alte Zeiten nie gab, es war immer scheisse, und in 50 Jahren wird man sich denken, wie haben die es damals unter das Merkel in dem Umweltgift nur ausgehalten, die Hälfte der Leute abhängig von Drogen, und dann diese Kleider... es ist immer das gleiche. Also, welche Zeit...
Irgendein gutes historisches Ereignis, meint sie, wo es jetzt besser wäre.
He, sagst du, doch, da wüsste ich vielleicht sogar was. 1940, Trickfilmbteilung von MGM, Stories schreiben für Tom und Jerry, für William Hanna und Joseph Barbera. Eine Geschichte irgendwo am Rande des Pazifiks, was mit ein paar Haifischen und ein Hochhaus, das bei der ewigen Jagd auf einer finsteren Bande von Kriminellen zusammenfällt. Das wäre eine gute Zeit gewesen.
Hihi, macht sie. Ich hätte Dich, sagt sie dann spitz, ja eher mit einer Tasse Tee in Eton vermutet, im Plausch mit Evelyn Waugh.
Wusstest Du, dass Waugh bei Tito Verbindungsoffizier war und im letzten Moment dem Tode durch die Deutschen entronnen ist? Das nenne ich Zeitgefühl.
Nein, meint sie, der hatte eben Glück. Und wir.... was ist jetzt. Rufst du den B. an?
Du hrst dem Atmen zu. Mit dem B. kannst du, eigentlich. Na gut, sagst du. Aber nur den B. Legst auf, machst die Mail mit dem traurigen Resultat der Bemühungen auf, stellst dir vor, wie Tom Jerry und die Haie Tom jagen, bis das Gebäude zusammenstürzt und die finsteren Gestalten, die aussehen die eine Hirohito-Karikatur bei Disneys "In the Fuhrers Face", unter sich begräbt, nur ihre Übersetzerin entgeht der Katastrphe und winkt mit den Haien am Ende Katz und Maus zu, wie sie an Bord eines Dampfers zurück zu Will und Joe nach Hollywood fahren, wo du auch gern wärst - und dann rufst du an und versaust B. und wohl auch seinen Töchtern die nächsten Wochen.
donalphons, 01:56h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Montag, 2. Oktober 2006
Real Life 1.10.06 - Finale, Allegro
Noch ein paar Sekunden steht der Hall der Trompeten im Raum, aber da bricht auch schon der Applaus los, verscheucht die feine Harmonie aus den prachtvoll verzierten Wänden und lobpreist die Damen und Herren, die fünf Monate lang, Sonntag für Sonntag, dem Spiesser der kleinen Stadt etwas klassische Kurzweil zwischen Gottesdienst und Schweinshaxn verschafft hat. Noch einmal ist der Saal bis zu den Stehplätzen gefüllt mit denen, für die es dazu gehört, oder anderen, die mitgeschleift werden, um danach die heile Familie zu präsentieren. Manche fehlen, wie etwa die Frau mit der Tochter und deren Tennislehrer und einem vor kurzem empfangenen Sohn, der sicher mal, wenn die väterlichen Gene durchschlagen, ein witziges Kerlchen wird - sein Papa jedoch ist, erzählt dir Iris im abflauenden Applaus, ab diesem Sonntag in einem Club in Norddeutschland zu Gange, wo er eine Knabenmannschaft trainiert. Dabei wippt sie fröhlich mit ihren schwarzen Lackballerinas, und die Schnürchen federn im Takt mit, ein Tänzchen der Bosheit zum Hohne derer, die aus religiösen Irrsinn heraus dieses Gebäude erschaffen haben. Hoch sind die Ideale, niedrig die Motive und der Schmutz, der uns bekotet, ist immer noch besser als der Staub der Langeweile. Lieber den Schweiss der Erregung abwischen, die Galle der Bosheit gegenüber ehemalig angeheirateten Moralisten, als im reinen Wasser der Unschuld eingelegt zu verschrumpeln.

Ihr verlasst den Raum, werft einen recht ansehnlichen Betrag in das Weidenkörbchen, das prall gefüllt ist mit den Zuwendungen der anderen, und tretet hinaus in das immer gleissende Sonnenlicht. Fast immer scheint die Sonne in diesem Moment, als wolle das Schicksal seine immerwährende Bevorzugung dieses Fleckens jeden Sonntag aufs Neue beweisen, zur Freude der Spiesser, die trockenen Fusses zu den schweren Wägen gelangen, um dann wieder in die Vorstädte zu entschwinden. Es ist alles wohlgeordnet, passend und korrekt. Probleme gibt es woanders, allein das Thema mit den Siemens-Handies verstört manchen, aber sowas gibt es hier nicht. Auch kein Handygebimmel während des Konzerts. Alles so still hier.
Übrigens sagt Iris, kennst du eigentlich die S.? und weist mich auf eine nicht mehr ganz junge Frau hin, die in einem Pulk von bekennenden Müttern und bisweilen flennenden Blagen umgeben ist. Vom Sehen, sagst du, aber du kannst Sie nicht zuordnen, die Stadt ist voll mit diesen abgemagerten, energischen Frauen um die 40 auf der Suche nach Ablenkung vom Hausfrauendasein. S., erzählt Iris, habe gerade einen Laden für bessere Kinder aufgemacht. Schuhe, Hosen, Röcke, Oberteile fernab des Looks, mit dem sich heute schon 10-jährige als Gangster oder Ghettobitch aufstylen. Kleidung, die ihnen sicher kein Fleischklops aus den Blocks entreisst. Stil eben.
Du erinnerst dich, du bringst das Gesicht mit einem Laden zusammen und mit einem Luxusgefährt, das allenthalben mikt Strafzetteln bewehrt im Parkverbot nicht weit von dir steht. S. nun ist eine Freundin des Clans, aus dem Iris kommt, und habe ihr angeboten, ihre nun doch schon etwas längere Phase der Untätigkeit nach der Scheidung mit einer kleinen Beteiligung an diesem Zukunftsgeschäft zu beenden. Das muss ein Erfolg werden, man kann es den reichen Eltern dieser Stadt nicht zumuten, ihren Nachwuchs nicht von Kindesbeinen an der ihnen vorbestimmten Position zuzuführen. Diese Leute wollen Beratung, sie wollen einen stimmigen Gesamtauftritt, viel und lang und mit Juchzern, wenn sie was sooo Süüüses gefunden haben, da muss alles sitzen, und die Sozialkontrolle des Luxuskindergartens im Grünen werde schon ihr Übriges tun, dass bislang auch abstinente Mütter in Scharen bei ihr einlaufen.
Du denkst an die Apothekerstochter G., die ihren mühsam erschlafenen Beitrag zur Arterhaltung in einem 1000 Euro teuren Sportkinderwagen durch die Parks rollt, an die Grossbauerntochter H., die gerade ein Baugrundstück verkauft, um dem Nachwuchs ein Polster mitzugeben, und all die unausgelasteten Gebärmutterträgerinnen ohne Job aber mit Gatten im gehobenen Management, die irgendwas mit ihrer Zeit anfangen müssen, und an Kinder, die wahrscheinlich die Klamotten hassen, aber wenn sie mal einen Nachmittag nicht lernen müssen, damit sie auch ja die richtige Note in der Endabrechnung haben, um Medizin studieren zu können, freiwillig in die Stadt gehen werden, du denkst an V., der nach dem Tod seiner strengen Mutter Playboy hätte werden können und nun den Porsche Boxter gegen einen Cayenne eingetauscht hat, zwecks Familientransport, und an die Geschäftsmodelle, die...
Dummerweise, sagtr Iris, hasse ich Kinder. Wir grüssen höflich die Geschäftsfrau, begeben uns in Richtung Konditorei, während hinter uns Blagen quengeln, die später sicher mal erstklassige Stützen der Gesellschaft sein werden. Tennislehrer sind out, aber Golflehrer werden ihren Platz einnehmen auf den Dreilochplätzen dieser kleinen, privilegierten Stadt am Rande der einzigartigen greater Munich Area.

Ihr verlasst den Raum, werft einen recht ansehnlichen Betrag in das Weidenkörbchen, das prall gefüllt ist mit den Zuwendungen der anderen, und tretet hinaus in das immer gleissende Sonnenlicht. Fast immer scheint die Sonne in diesem Moment, als wolle das Schicksal seine immerwährende Bevorzugung dieses Fleckens jeden Sonntag aufs Neue beweisen, zur Freude der Spiesser, die trockenen Fusses zu den schweren Wägen gelangen, um dann wieder in die Vorstädte zu entschwinden. Es ist alles wohlgeordnet, passend und korrekt. Probleme gibt es woanders, allein das Thema mit den Siemens-Handies verstört manchen, aber sowas gibt es hier nicht. Auch kein Handygebimmel während des Konzerts. Alles so still hier.
Übrigens sagt Iris, kennst du eigentlich die S.? und weist mich auf eine nicht mehr ganz junge Frau hin, die in einem Pulk von bekennenden Müttern und bisweilen flennenden Blagen umgeben ist. Vom Sehen, sagst du, aber du kannst Sie nicht zuordnen, die Stadt ist voll mit diesen abgemagerten, energischen Frauen um die 40 auf der Suche nach Ablenkung vom Hausfrauendasein. S., erzählt Iris, habe gerade einen Laden für bessere Kinder aufgemacht. Schuhe, Hosen, Röcke, Oberteile fernab des Looks, mit dem sich heute schon 10-jährige als Gangster oder Ghettobitch aufstylen. Kleidung, die ihnen sicher kein Fleischklops aus den Blocks entreisst. Stil eben.
Du erinnerst dich, du bringst das Gesicht mit einem Laden zusammen und mit einem Luxusgefährt, das allenthalben mikt Strafzetteln bewehrt im Parkverbot nicht weit von dir steht. S. nun ist eine Freundin des Clans, aus dem Iris kommt, und habe ihr angeboten, ihre nun doch schon etwas längere Phase der Untätigkeit nach der Scheidung mit einer kleinen Beteiligung an diesem Zukunftsgeschäft zu beenden. Das muss ein Erfolg werden, man kann es den reichen Eltern dieser Stadt nicht zumuten, ihren Nachwuchs nicht von Kindesbeinen an der ihnen vorbestimmten Position zuzuführen. Diese Leute wollen Beratung, sie wollen einen stimmigen Gesamtauftritt, viel und lang und mit Juchzern, wenn sie was sooo Süüüses gefunden haben, da muss alles sitzen, und die Sozialkontrolle des Luxuskindergartens im Grünen werde schon ihr Übriges tun, dass bislang auch abstinente Mütter in Scharen bei ihr einlaufen.
Du denkst an die Apothekerstochter G., die ihren mühsam erschlafenen Beitrag zur Arterhaltung in einem 1000 Euro teuren Sportkinderwagen durch die Parks rollt, an die Grossbauerntochter H., die gerade ein Baugrundstück verkauft, um dem Nachwuchs ein Polster mitzugeben, und all die unausgelasteten Gebärmutterträgerinnen ohne Job aber mit Gatten im gehobenen Management, die irgendwas mit ihrer Zeit anfangen müssen, und an Kinder, die wahrscheinlich die Klamotten hassen, aber wenn sie mal einen Nachmittag nicht lernen müssen, damit sie auch ja die richtige Note in der Endabrechnung haben, um Medizin studieren zu können, freiwillig in die Stadt gehen werden, du denkst an V., der nach dem Tod seiner strengen Mutter Playboy hätte werden können und nun den Porsche Boxter gegen einen Cayenne eingetauscht hat, zwecks Familientransport, und an die Geschäftsmodelle, die...
Dummerweise, sagtr Iris, hasse ich Kinder. Wir grüssen höflich die Geschäftsfrau, begeben uns in Richtung Konditorei, während hinter uns Blagen quengeln, die später sicher mal erstklassige Stützen der Gesellschaft sein werden. Tennislehrer sind out, aber Golflehrer werden ihren Platz einnehmen auf den Dreilochplätzen dieser kleinen, privilegierten Stadt am Rande der einzigartigen greater Munich Area.
donalphons, 15:10h
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Mittwoch, 27. September 2006
Real Life 26.9.06 - Tracht global
Du trägst keine Tracht. Es gibt keinen Grund dazu, obwohl dein Clan länger in dieser Region ist, als die meisten anderen Bewohner der Stadt, und auch länger, als die "Tracht" im Historismus erfunden wurde. Genau genommen hast du keine Tracht, eben weil ihr schon länger da seid. Denn Stadterer tragen keine Tracht, das ist ein Standeskennzeichen der Dorfbewohner. Als Stadtbewohner Tracht anzuziehen, wäre in etwa so, als würde ein Bewohner Moskaus den Kaftan anziehen. Tracht hat das wenige an Tradition, das es besitzt, nur draussen, aber nicht hier drinnen. Der dreiteilige Anzug, das ist es, was dich und deine Vorfahren als Angehörige der städtischen sog. besseren Gesellschaft ausweist und hier und allen anderen Städten erkennbar macht. Tracht geht gar nicht.
Tracht aber trägt der Typ auf der anderen Strassenseite: Blond, gross, schlacksig, vom Körperbau her, das erkennt man als Eingeborener sofort, kein Bayer. Der ausschreitende Gang, die schlenkernden Arme, das alles passt nicht zur Krachledernen. Obwohl, er hat keine Krachlederne an, sondern eine Hose aus hellbraunem Wildleder, aufwendig von oben bis unten bestickt, und mit geflochtenen Kordeln an den Trägern. Hinten hat er eine gerade Arschnaht - billig und nicht bayerisch. Und als wäre das alles noch nicht gebrochen genug, isst er Eis aus der Waffel. Natürlich ist es der hiesigen Bauern Sitte, ohne Manieren auf der Strasse zu fressen, aber kein Eis. Und noch etwas passt nicht. Du hörst keine Schritte. Die Schuhe haben keinen Klang. Du schaust genau hin - es sind keine Haferlschuhe, sondern seitlich gebundene Moccasins mit flacher Plastiksohle und Haferloptik.
He, da jehts lang, tönt es von hinten. Der Typ dreht sich um, du auch, und hinter ihm kommen noch drei andere, ähnlich verkleidete Typen her. Nö, ruft er zurück. Doch, da runter, sagt einer, der zum Holzfällerhemd allerdings eine Jeans trägt. Die anderen beiden reden was von den Prüfungen im Kurs Marketing II. Wir können doch auch vorne rumgehen, insistiert der Eislutscher, fügt sich dann aber der abbiegenden Mehrheit und kehrt um, in die Richtung, wo das Volksfest das Gschwerl des Umlandes und der Elite-Uni anzieht.
Du gehst weiter Richtung Stadtmitte, wunderst dich noch, wo die eigentlich ihre abartig falschen Wildlederhosen herhaben, und dann kommst du an einem Geschäft vorbei und weisst es:

Der einzige Trost ist das Wissen, dass sich die in China gefertigten Nähte bald auflösen werden, das auf den Weltmärkten zusammengekaufte Leder mit unschönen Substanzen verseucht ist, sie sich einem schnellen Tod entgegensaufen und den Alterungsprozess mit Aldifood noch beschleunigen. Und wenn sie vergangen sind, werden andere Deppen hierher kommen und wieder billige chinesische Trachten kaufen und bayerisches Bier drüberschütten, das ist die Globalisierung, Baby, oans zwoa, drei, gsuffa, denn der Sonderpreis macht immer das Rennen, 199, dea kriegt man sonst doch nur ein paar Schuhe, hey das ist cool, und so billig, dieses Bayern, und den anderen bleibt nur das granteln -
oder ihnen aufm Blog oane einzubetonian, dene varegtn Brunzkacheln, dene elendiglichn.
Tracht aber trägt der Typ auf der anderen Strassenseite: Blond, gross, schlacksig, vom Körperbau her, das erkennt man als Eingeborener sofort, kein Bayer. Der ausschreitende Gang, die schlenkernden Arme, das alles passt nicht zur Krachledernen. Obwohl, er hat keine Krachlederne an, sondern eine Hose aus hellbraunem Wildleder, aufwendig von oben bis unten bestickt, und mit geflochtenen Kordeln an den Trägern. Hinten hat er eine gerade Arschnaht - billig und nicht bayerisch. Und als wäre das alles noch nicht gebrochen genug, isst er Eis aus der Waffel. Natürlich ist es der hiesigen Bauern Sitte, ohne Manieren auf der Strasse zu fressen, aber kein Eis. Und noch etwas passt nicht. Du hörst keine Schritte. Die Schuhe haben keinen Klang. Du schaust genau hin - es sind keine Haferlschuhe, sondern seitlich gebundene Moccasins mit flacher Plastiksohle und Haferloptik.
He, da jehts lang, tönt es von hinten. Der Typ dreht sich um, du auch, und hinter ihm kommen noch drei andere, ähnlich verkleidete Typen her. Nö, ruft er zurück. Doch, da runter, sagt einer, der zum Holzfällerhemd allerdings eine Jeans trägt. Die anderen beiden reden was von den Prüfungen im Kurs Marketing II. Wir können doch auch vorne rumgehen, insistiert der Eislutscher, fügt sich dann aber der abbiegenden Mehrheit und kehrt um, in die Richtung, wo das Volksfest das Gschwerl des Umlandes und der Elite-Uni anzieht.
Du gehst weiter Richtung Stadtmitte, wunderst dich noch, wo die eigentlich ihre abartig falschen Wildlederhosen herhaben, und dann kommst du an einem Geschäft vorbei und weisst es:

Der einzige Trost ist das Wissen, dass sich die in China gefertigten Nähte bald auflösen werden, das auf den Weltmärkten zusammengekaufte Leder mit unschönen Substanzen verseucht ist, sie sich einem schnellen Tod entgegensaufen und den Alterungsprozess mit Aldifood noch beschleunigen. Und wenn sie vergangen sind, werden andere Deppen hierher kommen und wieder billige chinesische Trachten kaufen und bayerisches Bier drüberschütten, das ist die Globalisierung, Baby, oans zwoa, drei, gsuffa, denn der Sonderpreis macht immer das Rennen, 199, dea kriegt man sonst doch nur ein paar Schuhe, hey das ist cool, und so billig, dieses Bayern, und den anderen bleibt nur das granteln -
oder ihnen aufm Blog oane einzubetonian, dene varegtn Brunzkacheln, dene elendiglichn.
donalphons, 17:11h
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