: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Freitag, 1. März 2013

Die 40 Geraden

Nach dem 41. Kontakt nehme ich die Anzeige wieder runter. Drei Stunden, nachdem ich sie aufgegeben habe.

Es ist keine so gute Idee, mir in der ersten Zeile gleich zu sagen, dass man als Autoverkäufer 3500 netto im Monat verdient. Das ist so ein "Du willst es doch auch"-Spruch. Wir, die Top Dogs. Ich die Kohle und Du mein Facility Management mit der Adresse, die im Büro gut ankommt.

Es ist keine so gute Idee, sich mir gegenüber als anspruchsvoller Aufsteiger zu prösentieren, der eine adäquate Bleibe sucht, bevor ihn der Weltkonzern schnell weiter schickt.

Es ist keine gute Idee, mir den Eindruck zu vermitteln, dass ich froh sein sollte, welche tollen Kunden ich haben kann. Ich glaube, das lernen sie bei Vorstellungsgesprächen, das Schnelle, Direkte, den Hook, die Punchline, die Bullet Points.



Bekommen hat sie der, bei dem klar war, dass er sich riesig freuen würde. Im Prinzip ist bei mir die Entscheidung nach 5 Minuten gefallen: Die sind es. Der Nebeneffekt der Erfolgreichen und Direkten ist leider, dass andere, die mit Sicherheit keine schlechteren, sondern sogar bessere Mieter im Sinne der Verständigung wären, angesichts der geldscheinwedelnden Drängler letztendlich die schlechteren oder teureren Wohnungen nehmen müssen. Ich hatte mal einen Massentermin mit vielen Geldscheinwedlern, und ich wusste: So, wie die um die Wohnung kämpfen, würden sie auch kämpfen, wenn es um das Herausholen weiterer Vorteile geht. Ich will aber keinen Performancejunkie, der immer das Beste herausholen will und einen ganzen Abend nervt, nur damit dieses und jenes auch noch geht. Ich will einen Mieter, mit dem ich gut kann. Deshalb mache ich auch nur Einzeltermine, und halte mich an meine Grossmutter, die gesagt hat: Man muss reden mit den Leuten. Ich erzähle viel von mir selbst, dann sieht man, ob es passt.



Es sollen unsere Erben sein. Dass diese Viertel diesen entspannten Ruf haben, liegt ganz sicher nicht darn, dass es damals, vor 25 Jahren, die Strassen der Jungmanager und Vorstandsassistentinnen waren. Wer hier einzog, wollte etwas erleben. Das war nicht nur Studium und Beruf, das war vor allem das Leben, das uns lockte.Die richtige Infrastruktur lag vor der Haustür, das Leben war leicht und schnell und sorglos, und mangels Netz und Mobiltelefonen auch recht stressfrei, und nicht so zerhackt wie heute. Es würde sich wie ein mieser Verrat anfühlen, würde ich jetzt meine alte Wohnung jemandem überlassen, der eine gute Adresse auf seiner Visitenkarte haben will, und dem Viertel der nächste Mörder seines Flairs sein wird. Ich wollte nie einer der 45-jährigen werden, die im Parkcafe an der Bar den Mädchen hinterhergafften, ich wollte dann angemessen leben, und anderen Platz machen. Meine Geschichten werden verschwinden wie der Lärm im Parkcafe verhallte, und es sollen neue Geschichten kommen, Hoffnungen, Freuden und Leben. Nicht Leute, deren erster Satz ihr Einkommen ist, und stets bereit sind, sich finanziell vollkommen nackich zu machen.



Mein Lebensweg war nicht gerade, der Lebensweg meiner Mieter ist es auch nicht wirklich. Wir sind die Krummen. Lasst es krachen, sage ich ihnen. Macht da weiter, wofür wir zu alt geworden sind. Lasst nichts aus, und wenn ihr mit einem Gehörsturz nach Hause kommt, sagt in 30 jahren, dass euch nicht das Alter taub gemacht hat, sondern die Jugend. Wir leben heute lang, sehr lang, viel zu lang, und sehr viel Zeit davon im Zustand der schwindenden Möglichkeiten. Die Wohnungen sind nicht so teuer, dass nur die Bestverdiener sie beziehen könnten, aber auch nicht so billig, dass ihr es euch leisten könntet, auf einen Vorteil zu verzichten, den das Leben hier bietet. Das ist die beste Lage für das beste Leben. Unsere Geschichten waren laut und schrill, wir standen in Gaultier und Alaia auf den Boxen und wo ihr stehen werdet, das bleibt euch überlassen. Aber bitte nicht in diesem Alter unter den Zwängen der Ökonomie. Es hätte so viele andere gegeben, so viele Gerade. Aber ihr seid krumm und die Richtigen.



München belastet mich, weil mich dort meine eigene Geschichte verfolgt. Nicht ohne Grund, aber ohne den schlimmsten aller Gründe: Dass ich dort etwas verpasst hätte und nun unter dem Zwang stünde, das nachzuholen. Ich bin nicht allzu gern dort, auch, weil sich so vieles verändert hat. Es macht keinen Spass zu sehen, wie die Antiquariate verschwinden. In meinem Viertel hätte man sich diee Pinakothek der Moderne wirklich sparen können, das war eins zu viel, dieser glatte und nun schon wieder marode Marketingklotz neben der halben Ruine der Alten Pinakothek und dem gammligen 70er-Jahre-Flair der Neuen Pinakothek. Früher war das die Maxvorstadt, fertig. Heute ist es das Museumsviertel. In der Abgusssammlung bin ich immer noch allein, zum Glück. Wenn ich das nächste Mal dort bin, werde ich sie wieder besuchen. Ich hatte viel Spass mit den Koren aus Gips und denen aus Fleisch, ich war sehr glücklich in München. Und für die 40 Geraden findet sich sicher auch ein Platz. Da muss man sich keine Sorgen machen.

Tut mir Leid, dass ich nicht schrftlich abgesagt habe, aber auch ich muss leben.

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Dienstag, 5. Februar 2013

Auf Durchreise

Das Heimfahren über München wird zur schlechten Angewohnheit, zusammen mit einer leichten Überdosis dessen, was München immer noch ist.





Es ist eine hübsche Stadt, und ich tue ja auch manches, um den Charme zu erhalten; so gut wie nie fahre ich hier weg, ohne Bücher zu kaufen. Selbst wenn das inzwischen eher ein Hobby für alte Männer und nicht mehr für Studenten ist. Und ich besorge die Ersatzteile beim kleinen Baumarkt des Viertels.





Was aber immer neue und obskure Blüten treibt, ist das Benutzen der Guten Stuben für Societykrempel. Eine der übelsten Veranstaltungen meiner ganzen Münchner Zeit war von einem Zigarettenkonzern in der alten Pinakothek, und die Art, wie sie gefressen haben, zeigte überdeutlich: Die haben hier nichts verloren. Die wären sonst nie in dieses Museum. Es waren sicher mehr als 1000 Leute. Inzwischen sind es auch mal weniger, die Veranstaltung wird exklusiver, und dennoch: Kunst ist nur noch der Rahmen, ansonsten macht man eben, was man immer macht. morgen lädt dann die Regierung in den Herculessaal, oder jemand mietet einen Teil des Bayerischen Hofes, man zieht weiter und macht mit.





Das ist einfach so. Das hat Tradition, und wenn es ein Musuem ist, dann ist es einfach auf der Abfolge. Kein Drama für dieses spezielle Publikum. Es gibt einen abgefuckten Ex-Journalisten in München, und ich denke immer, dass ich sein kaputtes Gesicht hier und da mal sehen könnte: Das ist nicht erbaulich. Deshalb tue ich, was zu tun ist, und fahre weiter. Für das andere bin ich einfach zu alt, und ich habe zu viel erlebt.

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Montag, 4. Februar 2013

Ein wenig Pietät

Dieses Blog ist sehr gut bekannt als Hort der Andacht und des ehrfurchtsvollen Gedenkens; stirbt nämlich jemand wie der Haider oder sonst ein fleischgewordener Alptraum, dann halte ich mich nicht zurück oder entringe mir wie die ganzen Kackbratzen der Ösimedien ein Oh schad, nein, ich halte Andacht für Wahrhaftigungkeit und gedenke das zu tun, was in dem Fall zu tun ist. So einer muss den Weg zur Hölle so antreten, wie er gewesen ist. In Schande.Und das muss man dann auch sagen dürfen: Die Welt, sie ist ein Ort, der nicht bei jedem Tod ein schlechterer wird.



Bei dem amerikanischen Massenmörder, der seine Opfer heimtückisch im nahen Osten tötete und jetzt meinte, mit einem von seinem Einsatz gestört zurückgekommenen Kollegen eine Runde ballern zu gehen, damit der wieder besser drauf sein würde -bei dem bin ich, abgesehen von der grundsätzlichen Ablehnung solcher Tätigkeiten aber gar nicht so sicher.

Denn, seien wir ehrlich: Menschen mit solchem Vertrauen braucht die Welt. Die glauiben sicher auch nicht, dass das hiesige Regime nie und nimmer bewaffnete Drohnen im Inneren einsetzen würde, sondern allenfalls zur Sicherung der Handelswege der sie schmierenden Wirtschaft, solange es nicht gerade die Hoteliers und die Glücksspielautomatenaufsteller und Legaldrogenhersteller sind. Wer es für eine gute Idee hält, einem Irren eine Knarre in die Hand zu drücken, der lässt auch E.ON und Vattenfall beim Ausbau der Netze mitreden. Oder die deutschen Verleger beim Lex Google. Oder einen Haschischbauern beim Drogengesetz, falls die Piraten mit Lauer, Peukert und Stefanowitsch bei denen doch noch fast stalinistische Erfolge einfahren. Menschen mit Glauben und Gottvertrauen und der Bereitschaft, dafür alles zu riskieren! Wo hat man das noch? Ausser bei den Schwachköpfen natürlich, die den Blogs der Ferengis glauben.

Generell hätte der Mann an jede Schaltstelle gepasst, an der zu entscheiden ist, ob man diejenigen weiter ranlässt, die es bislang in den Sand gesetzt haben. Man soll über solche Leute nicht lachen: Unser System braucht die. Solche Leute sind die wahren Stützen, auf denen man ein neues Tschernobyl errichten und eine zweite Challanger ins All schicken könnte. Und man kann auch an einer Torte ersticken.



Wobei... jetzt, wo wir einen weniger unter uns haben... vielleicht ist jetzt das Gleichgewicht ausser Kontrolle geraten? Diese Stütze ist weg. Tja. Was man da tun kann?

Vielleicht es den Markt regeln lassen. Mein Vorschlag wäre: Für alle Entscheidungsträger und ihre PPP-Partner mehr Schiessplätze, jede Menge automatische Waffen und Munition so viel bis keine oder, auch das ist denkbar, keiner mehr da ist. Öfters mal rausgehen und 100 Schuss ringsum ablassen, das ist echt gut zu den Nerven und wenn es einen selbst schon nicht ruhig macht - wie man sieht, schreibt der Ballerfreund jetzt keine Bestseller über das Erschiessen von Menschen mehr. Selten ein Schaden, wo nicht auch ein Nutzen dabei wäre, sagte meine Grossmutter immer, von der ich auch die Sache mit der Torte habe.

Und das gute Gefühl, dass man über Tote nichts ausser Gutes sagen darf. Gutes, das einem selbst gut tut. Und solange da ein Sahnekuchen vom Wagner ist, ist das auch nicht geschmacklos, sondern gut.

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Mittwoch, 30. Januar 2013

Alles Sexisten, Frauenkauf und die Schönheit

Ich habe ziemlich oft mit Leuten zu tun, die nur nach Äusserlichkeiten gehen. Sie neigen dazu, sich Frauen zu kaufen, und geben dafür auch wirklich viel Geld aus; für einen kurzen Kitzel beim Kauf so viel, wie andere in vier Monaten haben. Je mehr Haut man sieht, je mehr sich die Dame hingibt, je lüsterner sie schaut, desto mehr zahlen sie. Und zwar ohne alle Bedenken.

Kommt aber eine Frau züchtig und hochgeschlossen daher, ist sie gar alt und hässlich, sinken die Preise rapide. Bei Männern, die eigentlich nie als Ware dargestellt werden, geht es bei gleichen Grundlagen auch nach der Schönheit. Weil viele einfach keine alten, hässlichen Leute daheim haben wollen. es gibt natürlich Ausnahmen von der Regel, das sind dann die Perversen so wie ich, die auf rotbekleidete Kirchmänner mit intrigantem Blick scharf sind. Ein jeder Topf findet seinen Rührstab.

Aber so im Grossen und Ganzen lässt sich sagen: Je schöner, desto teurer. Eine hingeschmierte Halbnackte kostet mehr als ein fein detailliertes Pastorenweib. Viele von uns sind schlicht und einfach simpel gestrickt, wir wollen Fleisch und Haut und Anzüglichkeiten. Wir Gemäldesammler. Sittsam geht eher schlecht, es sei denn, das Kleid ist prächtig und man ahnt darunter eine Frau, die sich gern auszieht. So ist das. So ist der Markt. Ich nehme daran teil, ich schaue, was ich kriegen kann, und ich zahle dafür. Ich kaufe Lust.



Nach einiger Zeit kennt man ja die anderen so ein wenig. Sei es, dass bei einer Auktion etwas unerfreulicherweise auseinandergerissen wurde, was zusammen gehörte. Sei es, dass es sich jemand nochmal anders überlegt hat und doch mehr zahlen möchte. Sei es, dass Frauenhändler über ihre Kundschaft reden. Und was soll ich sagen: Mindestens die Hälfte ist weiblich. Diese ganzen, geifernden Sexisten mit Faible für Schönheit in einer Darreichungsform, die aus der Situation der arrangierten Ehen ganz klar ein Zeichen der Unterdrückung der Frauen ist - sind Frauen. Und sie wissen das und denken sich nichts, denn auch bei Scarlett O'Hara hängt ein Gemälde von Marie Antoinette im Schlafzimmer. Es geht um Reize, Begierden und Lust am Besitz. Nicht um das Geschlecht des Käufers.

Ich mache mir da überhaupt keine Illusionen: Mit den Femrettchen der Mädchenmannschaft muss man darüber gar nicht reden, denen fehlt jedes Gefühl für Kunst und die Fähigkeit, dass man trotz der Zeitumstände auch das Wudervolle sehen kann - und ich bin Historiker, ich bin da bei dem neoarisch-reinsten aller Totschlagrülpser - Aber die Nazis! - unempfindlich. Menschen mit Eisen im Gesicht, Blauschimmel auf der Haut und Dauerempörung im Hirn werden das per default nicht verstehen. Natürlich sind das auf den Bildern selten "die Guten", meist sind es Stützen eines andere ausschliessenden, radikalen Systems, und dass da mit den extremen Kreisen des Netzfeminismus (bei Twitter böse Tweets suchen, während in der Glotze we love Sölden läuft) durchaus Ähnlichkeiten da sind, merken weder die Gemälde, weil tot, und diese Leute, weil doktrinär hirntot.

Die nackerten Frauen in meiner Wohnung sind für mich die weiche Grenze zwischen Sex und Sexismus. Manche sind verhüllt, andere lassen alles raushängen, ich nehme es, wie es kommt, und wenn da kein Brustfleisch ist - egal. Mein absolutes Lieblingsgemälde, das ich eigentlich jeden Tag gern küssen würde, lässt das Inkarnat nur am Hals ahnen. Ich möchte frei entscheiden können, warum mir eine Frau aus einer Epoche der Unterdrückung im Rosengewand gefällt, und mich eine abgeschossene Berlinerin im Essensmüll fassungslos zurücklässt. Das ist so wie im richtigen Leben, man merkt, wenn sich eine Frau für Komplimente bereit machte, oder wann man es bleiben lassen kann. Wir nehmen und geben nach Möglichkeiten. Wir wollen das Fleisch, das ist in uns drin und weder möchte ich von dem lobbyverseuchten Brüderle ein Benimmbuch, noch eines von Gendertröten. Ich will das nach meinen Vorstellungen machen. Dass mein Verhalten bei ein paar von denen als Überrgriff und bei Brüderle vielleicht als etepetete gelten würde: Mei. Ich finde schon die, die passen.

Ich will Fleisch und ich bin bereit, viel dafür zu tun und zu bezahlen. Geld, weil es auf Leinwand nicht anders geht, Freundlichkeiten und Anpassung an Vorlieben und Wünsche, wenn es um echte Menschen geht. Ich mag es, wenn Frauen gut aussehen, und ich pfeife dabei auf die Kriterien anderer Menschen. Ich habe es mir abgewöhnt, wie Don Giovanni der Jugend nachzusteigen - ich fand solche alten Macker, von denen übrigens ein paar bei Aufschrei mitmachen und selbst eine Neigung zum Stalken haben, gell P aus M., in meiner Jugend übel und das bleibt so. Aber wenn eine Frau von 40 Jahren einen grossen Auftritt hat und zu mir gehört und ich zu ihr, ist das grandios. Ob und was danach passiert, geht keinen was an. Ich bin von grösster Höflichkeit, wenn ich Lust dazu habe.



Aber ich habe auch keine Skrupel, dem genderistischen Berliner Winselkreis zu sagen, dass sie mir nicht gefallen. Jeder kriegt das, was er will, ich streite mich weiter mit Frauen um Leinwände und sie können gern darüber reden, was sie sich als nächstes als Schimmel in die Haut stechen lassen. Es sind unterschiedliche Welten. In beiden kann man glücklich und befriedigt werden. Ich mag Mirabeau und Diderot und die Philosophie im Boudior, wegen dem Sex und der Freiheit. Das sind meine Begriffe.

Ihr habt andere?

Behaltet sie. Es sind heute viele Leute in Versailles.

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Donnerstag, 24. Januar 2013

Mein Lieblingsgeräusch

Das satte Klatschen einer Hand im Gesicht eines überheblichen, aufgeblasenen und intriganten Nichtstuers, dessen einzige Kompetenz es ist, mit seinen miserablen Manieren, irren Ideen und Selbstbereicherungswünschen die Arbeit vieler Menschen komplett zu ruinieren. Sowas wie diesen offenen Brief an Ponader sollte die SPD auch mal dem Steinbrück schreiben.

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Montag, 21. Januar 2013

Von oben betrachtet.

Finanzkrise ist, wenn die Banken pleite gehen und von den Staaten gerettet werden müssen. Wenn die Staaten dazu die Gelddruckmaschine anwerfen und natürlich nicht in der Lage sind, diesen Vorgang zu revidieren, ist das keine Finanzkrise. Es ist dann halt nur so, dass sich das Geld neue Wege in das System der Realwirtschaft sucht. Und anderes Geld verdrängt, das sich dann andere Fluchtorte sucht. Man nennt das bei uns eine Immobilienblase. was aber eigentlich gar nicht geht, denn eine Immobilie kann man nicht aufblasen. Statt zu sagen, die Immobilie ist mehr wert, müsste man eigentlich sagen: Das Geld für die Immobilie ist weniger wert. Das ist ja eigentlich nur logisch, wird aber gern anders dargestellt.







So etwa von dem in Bedrängnis geratenen Gierschlund und Teilzeithetzer Steinbrück, der sich momentan die Vermieter als Scheusale herausgesucht hat, die es zu bestrafen gilt. So nach dem Motto, die haben den Gewinn, die sollen zahlen - auch wenn man, wie man oben gelernt hat, nicht mehr Haus für das Haus bekommt, sondern nur mehr Geld, mit dem man sich weniger Haus kaufen kann. Aber in den Augen der Massen ist erstaunlicherweise bedrucktes Papier die Bezugsgrösse (weil es an den Vermieter bezahlt werden muss), und nicht die unaufblasbare Immobilie, die, wie sie eigentlich wissen sollten, nicht grösser wurde. Das ist irgendwie lustig.





(Für Kid)---->



Aber andererseits auch traurig, weil es zeigt, wie wenig Menschen in der Lage sind, den Blick von ihren eigenen, kleinen Bereichen zu heben und das Gesamte zu sehen. Es ist ein wenig wie die "Aber der Strom aus dem Kernkraftwerk ist doch so billig"-Ideologie, oder die "Wenn da ein Stau ist baut eine breirere Strasse"-Vorstellung. Es ist furchtbar kindisch, und dumm, und während ich da meine 500 Meter hoch steige, wird es mir warm beim Gedanken an meine Einsamkeit. Keiner schaut mich schief an, weil es die Wellen aus den Zentralbanken zufälligerweise, wegen Jahrzehnten und Jahrhunderten alten Entscheidungen bei uns anlandet. Und ist es nicht amüsant? Als das Geld die Jahre davor bei den Aktionären und "dem Markt" ankam, sprachen alle von Deregulierung. Ich wähle gerne. Aber keine dummen., opportunistischen Arschlöcher oder ihre Einflüsterer, die auf der Vortgragsgehaltsliste der Bankster stehen. Dass die wiederum davon profitieren, wenn man den Mietmarkt reguliert und diese Verbrecher agieren lässt, weil dann wieder eher Aktien und CDOs gekauft werden, dass man da auch ein grossen Prgoramm zur Wiederbelebung des dummen Kleinaktionärs sehen kann, das fällt hoffentlich schon dem einen oder anderen auf.







Und natürlich auch: Ein Programm zur Förderung der Mieterflexibilität. Dann können sie nämlich viel leichter von Job zu Job, von Abteilung zu Abteilung wechseln. Was manchmal ein Fluch ist, aber oft auch als Segen gesehen wird. Ich glaube, es ist kein Zufall, dass es ausgerechnet im Land der grössten und durchaus profitablen Arbeiterselbstausbeutung diese hohe Anzahl von Mietern gibt. Sicher, es ist bequem, und es macht das Leben auch angenehm, nicht irgendwo sein zu müssen: Aber das Just-in-time-Prinzip der Logistik kann es bei uns in Sachen Menschen nur geben, weil es so viele Möglichkeiten für Mieter gibt. Ich persönlich bin übrigens der Meinung, und ich rate es auch jedem: Mieten nur, wenn es nicht anders geht. Aber wenn sich das Leben dann so gestalten lässt, dass es solide und sicher ist: Bauen, oder noch besser Kaufen und Restaurieren. Und das Leben ein wenig überdenken.







Man wird deshalb nicht geistig unrege oder reaktionär. Es nimmt einem manche Möglichkeit und gibt andere Chancen. Es hat wie alles zwei Seiten, und je nach Lebenslage kann man sich entscheiden. Das nennt man Freiheit. Man muss in diesem Leben nur sterben und zuschauen, wie das Geld kaputt geht. Alles andere ist die Freiheit des Menschen, und die sollte man bewahren. Statt jene zu verteufeln, die der Wahrung der Freiheit der anderen ihre Dienste anbieten.

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Samstag, 19. Januar 2013

Die Streifen, auf die alle abfahren

Ich fahre wirklich gern Auto. Wenn es einmal ganz schlimm wird, lege ich die CD mit italienischen Hits der 70er Jahre ein und denke mich zurück an die Gardesana. Ich bin einmal mit einem Mädchen dort entlang gefahren und habe genau das gehört - unter anderem Fred Bongusto - und so schlimm kann es eigentlich gar nicht sein, dass mich das nicht ein wenig anhebt. Wenn es ganz übel kommt, denke ich mir: Die Villa, die ich mir einst dort kaufen wird, wird sich selbst beleuchten, wenn ich komme, und genau dieses Lied abspielen. Das hat beim Heimfahren geholfen. Zwischen den diversen Bildern von mal mehr, mal weniger schlimmen Unfällen. Was wollten die alle hier? Und warum genau fuhr ich überhaupt weg?



Besonders schön sind natürlich auch die Nachrichten nicht. Hat also Armstrong zugegeben, was nicht mehr zu leugnen war, und alle reden über den befleckten Radsport. Was er zweifelsohne ist, Doping war immer mit dabei, es ist nur irgendwann jemandem aufgefallen, und jetzt kommt das eben alles ans Licht. Ich wünschte mir, die Kollegen könnten so freundlich sein und von - ja, was nun - vielleicht professionellem Werbebannerdurchdiegegendfahren sprechen. Denn darum geht es im Kern. Um Markenbotschaften, die im TV erscheinen sollen. Dass da ein Radler mit dranhängt, interessiert nur in Form seiner Platzierung. Diese Differenzierung würde ich gern lesen.



Wobei: Natürlich sind Menschen für solche Stars auch beim Radfahren anfällig. 1999 hat Armstrong die Tour de France auf Laufrädern gewonnen, die zwar keine Rolf Verctor Pro waren, aber zumindest so aussahen. 1999 gewann jemand - bislang noch ohne dass man ihm Doping nachgewiesen hätte, dafür mit einer wenig beliebten Taktik des Hinterradlutschens - damit auch die Strassen-Weltmeisterschaft. Und deshalb findet man diese Laufreäder auch noch recht häufig; Menschen glauben eben gern, dass ihnen so etwas hilft, wie es scheinbar den Profis geholfen hat. Freundlicherweise muss man aber sagen: Hobbyradler kaufen Räder und keine Eigenblutbehandlung.



Noch etwas: Ja, die ganzen Fälle sind schlimm, und das alles sieht nach einem rabenschwarzen Zeitalter aus. Alle deuten auf die Radler und sagen, das sei, vielleicht neben China und der DDR, der absolute Sündenpfuhl. Mich erinnert das ein wenig an die früheren Fälle, als damals noch einzelne Nationen andere Nationen runtermachten; ihre Radler seien natürlich sauber. Und die Nationen - hier besonders Frankreich, Italien und Spanien - haben das bei ihren Göttern gern geglaubt. Was sich als Fehler herausgestellt hat, denn diese Perversion von Sport geht nun mal nur, wenn man in allen Bereichen an das Limit geht. Wundert sich eigentlich kein Fussballfan, dass das Siglo d'Oro des spanischen Fussballs justament zu der Zeit war, als Spanien auch beim Doping führend war? Solche Unsicherheiten gibt es jetzt auf zwei Rädern nicht mehr. Aber auf zwei Beinen sollte man vielleicht mal bedenken - und hier besonders die ganzen neuen Kickerfreunde, die viel Geld in den Stadien lassen - dass an der Spitze auch kleinste Vorteile viel ausmachen können. Man bedenke: In Deutschland dominiert Fussball so, dass dagegen alles andere kaum Bedeutung hat. Und so beinhart sind dann auch die Fans, wie in gewissen italienischen Regionen mit dem Profiradeln. Rückblickend glaubt dem Profiradsport kein Mensch mehr, und ich gehe gern radeln, weil es gesund hält und man etwas von der Landschaft sieht - sonst nichts.



Aber jene, die da singen, dass Fussball ihr Leben wäre, sollten bedenken, wie kurz das Leben sein kann, kurz wie die Beine von Lügen. Profiradler werden im Schnitt so schlecht bezahlt, dass manche Teams die Räder verkauften, um sich Doping leisten zu können. Fussballer dagegen...

Ich sage es mal so: In meinen Augen ist das wie bei den Bankstern. Es gab vor der Finanzkrise Möglichkeiten, die nicht sauber waren, aber alle machten mit, weil sie gar nicht anders konnten. Intern wie extern. Sobald die Möglichkeiten da sind, werden sie auch genutzt. Viele Profiradler, viele Leichtathleten waren mit dabeu, und alle anderen stehen beiseite und sagen: Nein, wir nicht. Als ob jemand, der einem anderen mit voller Wucht die Beine wegtritt, dann plötzlich den Moralischen kriegt, wenn es um EPO geht.

Der Radsport hat es hinter sich. Was bleibt, ist der Breitensport, und das würde ich auch den ganzen Stadiongehern raten. Fangt an, Euch selber gut zu finden, statt Hemden von Idolen zu tragen, die gar keine andere Möglichkeit haben, als das Letzte aus sich heraus zu holen. Redet am Montag über Eure Bergwanderungen, über den Dauerlauf am See oder am Fluss, über die Radtour zu einem Biergarten, raucht und trinkt weniger, findet Euch selber gut. Man braucht keine WCS-Streifen und kein Gegröle. Kaum etwas ist so hässlich wie ein Betonklotz mit Zigtausend Menschen, die sich nicht benehmen, oder ein Alpenpass voller Brüllaffen. Es geht auch ohne. Das ist die Lektion beim Radeln, denn egal was war: Es ist beliebt, die Leute machen es gern auch ohne Idole. Und vielleicht kann man davon etwas lernen, wie vielleicht der ein oder andere Bolzer von Armstrong gelernt hat.

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Mittwoch, 16. Januar 2013

Ohne Benzin

Ich könnte natürlich behaupten, es sei zwecks der Umwelt, aber die schäbige Wahrheit lautet: Es ist wegen der Parkplätze. Sobald schönes Wetter ist, immer am Wochenende, oft auch einfach nur so, ist der Wanderparkplatz in Gasse überfüllt. Im Sommer ist das egal, da fahre ich mit dem Rad hin. Aber im Winter musste ich den Rodel mitnehmen. Und das war der Grund, warum ich als Tegernseeanwohner mich mit ordinären Münchnern herumschlagen musste. Aber weil das Wetter so schlecht war, dachte ich mir: Wenn es hier und heute mit dem Rad geht, dann geht es immer. Und nach etwas Tüftelei ging es dann auch los.







Los zum modernen Tegernseefünfkampf: Radeln, Bergsteigen, Rodeln und wieder Radeln, um den Kuchen zu holen. Und es ging ganz erstaunlich gut. Kein Wunder eigentlich, früher hattem die Menschen ja auch kein Auto, und trotzdem hat man den Rodel zum Berg gebracht. Parkplatznot macht erfinderisch. Und ausserdem ist den überholten und um die Plätze streitenden Münchnern dann klar: Der da ist keiner von ihnen. Der da ist von hier und kann alles mit dem Rad machen.







Vor allem aber kann der jetzt wieder durchrodeln. EEs ist viel Schnee gefallen, genug für die nächsten Tage und Wochen, und damit ist die Saison erst mal gerettet. Gut, gerade warm ist es nicht und etwas Sonne wäre auch nicht schlecht, aber das kommt sicher auch noch irgendwann. Vielleicht gibt es dieses Jahr auch wieder einen Zauberwald, in dem die Diamanten funkeln, und ich bis März dem Heuschnupfen entgehen, entsteigen und davonrodeln kann, bevor es wieder nach Italien geht.







Hier geht es erst mal rauf und dann wieder - gemächlich - runter. Das ist immer so bei Neuschnee, da müssen erst mal ein paar Horden den Schnee plattfahren, damit die Eisen richtig laufen. So lange bin ich hier auch mit dem eher huchbeinigen Tourenrodel. Die roten Teufel sind doppelt so schwer, und man wird sehen, ob das dann auch so leicht mit dem Rad sein wird - aber der Bayer als ein solcher hat den Magen von einem Schwein und den Rücken von einem Ochsen - "one of the failures" würde Franknfurter sagen - und ich bin da sehr zuversichtlich. Schliesslich habe ich es ja nicht weit. Und das ist der Preis, wenn man eben nicht im Schatten der Berge, sondern an einem Sonnenhang wohnt.







Dann geht es hinunter ins Tal, wo die viertelten Artgenossen im Stall das Heu des Frühlings fressen - man riecht das, irgendwie ist etwas Blütendunst in der Nase - und weiter zum See, in die Konditorei, und dann wieder hoch, die Torte am Lenker und die Husarenflügel des Rodels auf dem Rücken. Keine eingefrorenen Türen, kein Gerangel um den Parkplatz, und auf Schnee fährt das gute, alte Marin auch stabil. Bete nicht um eine geringere Last, sondern um einen stärkeren Rücken, hat Theresa von Avila einst gesagt. Meiner ist stark genug.

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Mittwoch, 9. Januar 2013

Schlechte Zeiten für alte Bolschewiken

Man muss nur mal bei Twitter nachlesen, was vor allem aus Berlin über diesen Beitrag hier gesagt wird, um zu verstehen, warum die Piraten auch weiterhin auf dem Weg zur stalinistischen Kaderpartei bleiben werden. Man könnte diese Morlangs, Peters, Urbachs, Belzs und ähnliche gar nicht besser erfinden, und ich habe wenig Zweifel, dass sie - einfach, weil es bei den Piraten inzwischen menschlich extrem unangenehm ist - auch weiterhin den Fortgang der Geschichte dominieren. Da bleib für andere kein Freiraum mehr. Diese Leute haben keine Angst, der Abgeordnete hat eine Beziehung Mitarbeiterin, die vom Staat bezahlt wird und das gilt denen als in Ordnung, weil es ja transparent ist, und daher muss man auch keine Konsequenzen ziehen - man steht ja auf der richtigen Seite. Es sagt auch kaum jemand was dageen, weil Die Frau, ihr sie beschäftigender Freund im AGH und dessen Freunde der verbale Schlägertrupp der Partei sind. So läuft das. Sie nennen es "das Betriebssystem des Landes ändern" und "Themen statt Köpfe".

Seit einem dreiviertel Jahr bestimmt vor allem dieser Flügel von Lauer bis Ratte Frederic, wie die Piraten in der Öffentlichkeit ankommen, und inzwischen sind sie nur noch vor der FDP, weil die auf 2% ist. Es wird, und eigentlich muss man darüber froh sein, keine Partei mit der Agenda für selbstverwirklichende Berliner Trittbrettfahrer vom linken Rand geben, die bundesweit über 5% kommt. Dass sich führende Berliner Piraten sich jetzt echauffieren, wenn der dortige Finanzsenator die Hoffnung ausdrückt, Berlin könnte bald weniger Geld aus dem Bundesfinanzausgleich brauchen, sagt vieles über diese Leute, und ihre Vorstellungen, wie man das mit dem Geld am besten macht.

Den anderen Piraten (also denen, die mal liberale Bürgerrechtspartei sein wollten) würde ich raten, das System zu rebooten und dann mit einem Virenscanner und Malwarekiller zu arbeiten.

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Dienstag, 8. Januar 2013

Hiermit möchte ich als Sozialdemokrat

alle Sozialdemokraten auffordern, auf gar keinen Fall für den industriegelagerten Lobbyisten Steinbrück, seine 170k Vorstandsgehalt und seine Beihilfe bei der Belastung der Bürger zugunsten der Schwerindustrie zu stimmen.

Wählt was anderes. Aber nicht diesen Handaufhalter, der besser in der FDP wäre.

(Wenn die Partei den nicht vom Amt rauskantet, braucht sie ein neues Mitglied)

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