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Montag, 7. Januar 2013

Dr. Fischer aus der Maxvorstadt

Wenn es nicht so verdammt zynisch und hinterhältig wäre, könnte ich jetzt ohne Verkaufsabsicht meine demnächst mieterfreie Wohnung in München ins Internet stellen, für 6750 Euro pro m² (in der Ecke zwischen den Pinakotheken gibt es im Moment in dieser Grösse exakt Null Angebote, und weil es ohne Makler wäre, entspräche es einem Preis von moderatwen 6500) und schauen und darüber schreiben, was dann passiert. Ob der Markt wirklich so irre ist. Man hört davon ja immer nur auf Opferseite, weil der normale Journalist froh sein kann, wenn er nicht im Hasenbergl mieten muss, aber hier wäre die Gelegenheit, die Geschichte einmal von der einzig richtigen Seite zu schreiben. Der am langen Hebel des Hypes.

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Donnerstag, 3. Januar 2013

Geschenke eines Unentschlossenen

Erni, wird er gesagt haben. Eigentlich heisst Erni Ernestine, aber das sind so Namen, die zum Ausgang des 19. Jahrhunderts gern verschliffen werden. Weil man sich gut fühlt. weil man zufrieden ist, und weil sich ganz allgemein daheim die Stimmung lockert. Zumindest bei denen, die üppige Stillleben mit damals exotischen Kolonialwaren erwerben. (Überhaupt mag ich das Wort "Kolonialwaren". Darauf eine dreifache Mohrenlampe!) Erni, wird er also in jenen Tagen in der Galerie in Berlin gesagt haben, das wäre doch etwas für unsere Küche.





Eigentlich beschenke ich meine Wohnungen über das Jahr laufend und bringe auch immer wieder was von meinen Reisen mit; bei mir ist Vieles Andenken und Erinnerung. Was leider aufgrund der Preise nicht geht, ist "Dieses Stillleben habe ich aus Parma" oder "Diese Italienerin habe ich damals auf dem Corso von Verona gekauft". Nein, ich muss, da hilft kein klagen, mich in unwirtliche Regionen aufmachen und dort stöbern, wo man alles zu Geld macht, um sich dafür dann Technikglump zu kaufen. Nach Berlin, dort, wo auch die Italiener ihre Italienerinnen kaufen. Wo man um 1880 herum viele Galerien mit Bildern von Malern hatte, um all die technischen Spielsachen nicht kaufen konnte. 1880 war so eine Zeit, da waren die grosstechnischen Geräte wie Eisenbahnen und Dampfschiffe noch nicht allgemein verfügbar, aber die Preise für die Gegenstände des täglichen Gebrauchs sind damals gefühlt ins Bodenlose gefallen: Kleider, Möbel, Küchengerät, Porzellan, Silber, das alles war günstig, und so blieb auch etwas für Kunst in Haushalten übrig, die 100 Jahre davor noch Töpfe flicken lassen mussten, und es kam Geld herein, weil man kräftig exportierte. Damals herrschte ein kleiner Überschuss, heute wissen wir gar nicht mehr, wohin mit all dem Zeug. Jedenfalls, in Berlin konnte man es 130 Jahre später nicht mehr brauchen, und kaum hatte ich es ausgepackt, dachte ich mir: Das passt vielleicht besser hier in die Küche als am Tegernsee. Wenn ich etwas umhänge.





Erstaunlich; 2006 bin ich hier eingezogen, jetzt ist es 2013, und die Bilder haben schon erste Spuren an der Wand hinterlassen. Noch drei Jahre, und ich werde vermutlich neu streichen müssen, um nicht gleich mit meiner Küche - von einer Freundin einst als "Süd-Afghanistan bezeichnet - durch das Raster aller Interessentinnen zu fallen. Es gibt ja welche, die schauen hinter die Bilder und wehe, da hat sich ein Rand gebildet. Noch ist er schwach, und weil ich die letzten 4 Jahre dann doch recht häufig nicht da war - 3 Monate Italien und 4 Monate Tegernsee sind nicht ganz bedeutungslos beim Abwohnen - geht es vielleicht auch noch bis 2020, wenn ich mal ein wenig den Radiergummi zur Hilfe nehme. Das Problem solcher Wohnungen ist, dass sie frisch bemalt wie eine chinesische Fälschung aussehen. Etwas Patina muss einfach sein. Aber leider altern die Dinge unterschiedlich schnell, und deshalb werde ich beim nächsten Malvorgang die Farbe einfach ein wenig dunkler mischen. Mit weissen Wänden sähe das übrigens jetzt schon wie bei einem Hoagl aus.





Oben ist noch etwas Platz, aber unten im Küchenschrank sind noch ein paar alte Teller aus Fernasien, und sie sind schon seit Jahren - schlaues Kerlchen, das ich bin, habe ich mit so etwas gerechnet - mit Aufhängern von Kustermann versehen. Damit schliessen sich die Lücken wieder, und die abgehängten Bilder finden andere Orte. Neben dem Kühlschrank etwa ist noch Platz. Und das Holz des Rahmens passt bestens zum Holz des Küchenschranks, der auch seit ca. 1880 im Besitz der Familie sein dürfte, und seitdem treue Dienste leistet. Das alles ist schön und gut, und die Erni, die damals Ja zum Bild sagte, würde sich vielleicht freuen, dass es nicht nur trottelige Erben gibt, sondern auch Menschen, die so etwas weiter in Ehren halten (noch so ein Begriff...). Das Bild mit seiner Verbindung über Meere hinweg - eine Ananas aus Amerika, Keramik aus China, Silber und Trauben, Äpfel und Birnen - passt recht gut in die Küche eines Menschen, der viel unterwegs ist und dennoch immer gern daheim sein möchte. Darunter verweilt man auch gern zum Essen, zumal viele Gäste ohnehin nicht möchten, dass ich in der Bibliothek decke.





Jetzt hat also die eine Wohnung das Geschenk der anderen erhalten, und deshalb bekommt die andere einen Spiegel aus der grossen Wohung, der am Tegernsee als Reminiszenz an Italien bestens in den Eingang passt. Man wirft noch einen Blick auf sich im Venezianer, geht nach draussen und fährt, da man sich schon italienisch sah, in das Land, in dem die Zirtonen bald geerntet werden. Es fügt sich recht schön, das alles, es ist Tetris und Unboxing für Erwachsene, und dafür habe ich halt kein iDings und den Zwang, es alle zwei Jahre teuer zu ersetzen.

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Montag, 31. Dezember 2012

Nur noch Villen.

Schwierig. Eigentlich ist das hier, sich schon vorlaut aus der Verpackung quetschend, das Geschenk für die Wohnung am Tegernsee. Da ist in der Küche noch Platz. Aber zu wenig.



Dass man zu klein gekauft hat, merkt man, wenn die Bilder zu gross sind. So ist es auch hier: Eventuell könnte ich es aufhängen. Aber dann geht der Kühlschrank nicht mehr ganz auf. Das wird wieder Tetris für Erwachsene.

Die nächste Wohnung jedoch wird eine Villa.

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Freitag, 28. Dezember 2012

Frage an die Spezialisten und andere

Ist das Motorola Milestone 2 praktisch, veraltet und unkühl (so in Richtung Thinkpad) genug, dass ich auf Reisen damit zurechtkomme und nicht wie ein trotteliger Hipster wirke, und was wären Alternativen mit echter Tastatur, die gebraucht unter 100 Euro kosten?

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Donnerstag, 27. Dezember 2012

Licht

Viel mehr Licht.









Das hat 2012 klar gefehlt. Es hat Wochen gedauert, bis ich mit dem Fondriest zum ersten Mal im Sonnenschein fahren konnte. Und irgendwie passt das auch gut zu diesem Jahr und seinem Ende. Finster, aber gegen Ende hin besser.









Und ich bin wieder daheim, ohne besonderen Grund, aber das muss auch sein. Es kommen verspätete Pakete an, und damit ist das Rad jetzt fast komplett. Andere Bremsen kommen noch hin, die hier gehen an ein weiteres Projekt, aber so ist es schon ganz gut - und trotzdem billig. Nicht so gut wie das Colnago CX1, das eindeutig eine Offenbahrung und viel zu gut für mich ist, nicht so gut wie das Specialized, das auch zu gut ist, aber gerade gut und passend für mich ist eben dieses Luxster. Das ist das Blöde beim Altwerden: Man kann sich Dinge leistem, mit denen man nichts mehr anfangen kann.









Wie das erst mal mit 80 ist, wenn man das Vermögen hätte, um jede Reise zu machen und jeden Unsinn anzustellen, vermag ich mir gar nicht vorstellen - wenn dann der Körper und das Hirn nicht mehr mitspielen. Vielleicht rennt man dann doch in die Kirche und bittet Gott, Pech und Schwefel auf all die Lässigen und Sorglosen herabregnen zu lassen. Obwohl ich vermutlich dann zu den alten Deppen gehören werde, die das mit dem Spass trotzdem versuchen, und entsprechnd blöd rüberkommen. Trotzdem, Drogen, Bordelle und Spielhallen wird es auch dann nicht geben. Da bin ich konservativ. (Ölige Callgirls mit Leinwand dagegen sind eine andere Sache.)









Ich habe es zwar rechtzeitig - mit Mitte 30 - geschafft, dem Habitus der Berufsjugendlichen zu entgehen, ich habe ein paar Sachen beendet, weil es gut war, wie es ist, und alles andere nur streddig, bemühter und weniger gut werden würde. Aber wer weiss, ob ich dieses Decorum vor dem Alter behalten werde. Mit der Hilfe von anderen mag das gelingen; ich schaue mir die Berliner an und denke mir, wie die in 10 Jahren - und dann weiss ich schon mal, was ich ganz sicher nicht tun werde. Trotzdem kann Gesundheit nicht schaden, und dafür muss man etwas tun, egal was man später so macht. Nächstes Jahr gibt es sicher wieder mehr Berg im Sommer. Aber dieses Fondriest Luxster mit weissem Carbon, aufgebaut aus überzähligen Teilen mit einer kleinen Kurbel - das geht an den Tegernsee. Das ist für die Alpen, wo man so gut alt werden kann, wie man in den grossen Städten besser jung bleiben sollte, um zu überleben.

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Donnerstag, 20. Dezember 2012

Santessa kommt in die Stadt

Wenn ich einmal alt bin, werde ich ein Buch über die absurdesten österreichischen Verpackungen für Gemälde machen, die gemeinhin stets von Geiz, Schlendrian und grenzenlosem Zynismus geprägt ist; die neuste, heissblütige Erwerbung in Öl kam daher wohl in einer Kiste eines Ölofens an.





Gleichzeitig ist es schon wieder so ein Fall einer Verschleppten; das Bild stammt höchstwahrscheinlich aus Italien, was eine österreichische Spezialität ist. Nach den napoleonischen Kriegen wurde das ehemalige Venetien und Teile der Lombardei den Österreichern zugeschlagen, und weil bei der Gelegenheit auch viel bislang italienischer Besitz verteilt wurde, bereicherte man sich in Wien gerne an dem. was diese reiche, überreiche Region hergegeben hat. Italien, man weiss es aus Büchern wie dem Husar auf dem Dach, war damals eher Besatzungszone denn Landesteil, und entsprechend rüde wurde für das neu aufsteigende Habsburgerreich konfisziert und abtransportiert.





Raubkunst, würde man vielleiczt sagen. Oder vielleicht auch nur für ein paar Münzen irgendwo erworben; fairerweise muss man sagen, dass gerade das Rokoko in Italien in allen nachfolgenden Epochen einen ganz schweren Stand hatte, war es doch die Epoche, da das Land nicht mehr die Wiege der Kultur, sondern zu einer zersplitterten, zweitklassigen Randregion Europas herabgesunken war. Man kennt die Zustände aus der Karthause von Parma, und wer weiss - vielleicht hat man die Dame auch gern gehen lassen, weil man sich lieber der grossen Zeiten erinnerte.





Warum das so ist, nun, ganz einfach: Am Wiener Hof sieht um 1750 herum niemand so aus. Da gelten ganz andere Konventionen,namentlich der weisse Puder für die Haare nach französischem Vorbild. Der ganze Typus ist einfach italienisch, und wenn ich einmal Zeit habe, werde ich mich genauer mit dem Perlendiadem beschäftigen... irgendwo habe ich das vor zwei Jahren doch mal... wenn ich nur wüsste... so grob geht es in die Richtung all derer, die Pompeo Batoni nacheiferten, und vermutlich wusste der Restaurator, der sehr sauber gearbeitet hat, genau, was er tat. Nun muss ich das Rätsel neu lösen, aber stünde hinten mehr an Informationen drauf, hätte man es nicht als Biedermeiser (WFT?) angeboten. Und dann hätten mich wieder die Zahnärzte plattgemacht





Jedenfalls, pünktlich vor dem Fest ist sie gekommen. Ich glaube übrigens an den Nikolaus liebend gern, wenn er nicht nur rot, sondern obenrum auch frei ist, wenn die Nikolausine in Sachen Genus genderdebattenmässig modern denkt, und so ein Lächeln hat. Und ganz ehrlich, mit diesem aufgemachten Oberkörper ist das ein eintüriger, immer ofener Adventskalender, und das reicht mir persönlich vollkommen.

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Donnerstag, 20. Dezember 2012

Früher war weniger Lametta

Nehmen wir einmal an, ich würde mir vier Ballerspiele und vier CDs zeitgenössicher Popmusik kaufen, vielleicht dazu noch ein IPhone gegen das neueste Exemplar tauschen und das Alte bei Ebay verkaufen, und dann ein paar Tage vor der Kiste zocken: Kein Mensch könnte etwas sagen. Das ist normal in einer Zeit, da sich selbst im Zeitfeuilleton lobende Beiträge zu Spielen und Elektronik aus China finden.





So kann man natürlich auch den Winter honorig zubringen, allein, ich habe keine Neigung zum Telefonieren und auch eine zum Niederballern. Und für eine Summe, die anderen vielleicht die Betriebskosten ihrer digitalen Belustigung wären, schenke ich mir halt noch einen Plastikeimer. Wobei man auch hier sagen muss: Der Wertverlust auch teuerster Dinge ist in Radbereich auch nicht von geringen Dimensionen. Zum Glück übernehmen das andere.





Wie so oft kommt es darauf an, nicht zu ihnen zu gehören und den Moment zu erwischen, da

a) sowieso schon vieles daheim ist, und nur wenig neu nachgekauft werden muss und

b) sich die Gelegenheiten passend bieten.

So etwas ist dann eher ein Projekt über zwei, drei Wochen, man muss sich etwas umtun, aber letztlich ist es auch nicht anders als beim Kauf von Antiquitäten: Aus wenig viel machen, das ist die Kunst.





Dss Wetter ist im Moment nun wirklich nichts, gar nichts für etwas anderes als ein Winterrad, aber wenn es dann fertig ist, wird es gleich ausprobiert. So kalt kann es gar nicht sein, dass ich darauf verzichten würde. Immerhin passt es mit Silber und Rot zur Zeit dazu, so eine Art Lametta-und-Christbaumkugelrad, genau das richtige für den Baum - einfach davorstellen, und dann braucht man nur noch ein paar Kerzen.





Was noch fehlt, sind ein paar Kleinigkeiten: Andere Reifen, Schnellspanner und Pedale werden es nochmal ein Pfund leichter machen, andere Laufräder wären auch verfügbar, aber es soll ja kein Wettkampf werden. Es muss gar nicht so schnell sein. Hauptsache, es gleitet angenehm über das Land. Es ist nur eine Winterbastelei, andere bauen vielleicht Kriegsspielzeug oder Modelleisenbahnen, ich baue Träume von sommerlichen Landstrassen im Massstab 1:1.





Und eine Ermahnung natürlich auch. Schliesslich habe ich 2013 so einiges vor, und das hat nichts mit Ballerspielen oder Unterhaltungselektronik zu tun.

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Sonntag, 9. Dezember 2012

Blödsinn der Woche, Nerd Version

Mit ähnlich aussehenden Rokokodamen die eigene Bloglist in Öl und Leinwand ersteigern -> Ich.

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Mittwoch, 5. Dezember 2012

Rechnen und Schrauben mit Krampus und Nikolaus

Es fehlt in dieser Welt nicht an Schuldzuschreibungen an die Hersteller von Kartoffelchips: Sie wären exakt so entwickelt, dass die Käufer immer weiter essen würden, bis nichts mehr da wäre - der Nachgeschmack würde sie zwingen. Und dann werden die Menschen fett und ungesund und nicht ausreichend ernährt und wir alle müssten dafür zahlen, und zwar sehr viel. Ausserdem sind jede Menge fragwürdiger Stoffe drin. Das erinnert stark an ein anderes Elend, die Zigaretten. Ich habe überhaupt keinen Zweifel, dass Chips in den nächsten Jahren gesellschaftlich massiv verachtet jund ihre Konsumenten sozial ausgegrenzt werden. Ich dagegen bin da anderer Meinung, denn ich kann sehr wohl aufhören. Normalerweise esse ich so etwas ohnehin nicht, aber vor vor etwas mehe als 10 Jahren stellte ich fest, dass ich nicht mehr stundenlang in der Nacht Autofahren konnte. Und es amerikanischer Panzerfahrer erzählte mir, dass sie sich im zweiten Weltkrieg mit Chips wachgehalten haben, denn das langsame Kauen hält das Bewusstsein auf Trab. Ich habe das ausprobiert, und es stimmt. Allerdings erstze ich in Italien die Chips dutch Grissini mit Salz und Rosmarin. In Deutschland gäbe es auch eine Alternative. Aber die hat einen schweren Nachteil:



Ich kann damit offensichtlich nicht aufhören, und schon gar nicht, wenn ich dazu Tee trinke. Ich mag auch eigentlich Plätzchen nicht besonders, mit Ausnahme von einer bestimmten Bäckerei. Normalerweise kaufe ich dort, packe sie weg und bringe sie anderen mit. Aber diesmal hatte ich Besuch, der keinesfalls Torte wollte, und als der Besuch dann weg war... diese Silberschalte ist nicht ganz klein und recht tief und war am Abend gehäuft voll. Ernährungswissenschaftler dieser Welt! Schaut auf diese Schale. Das Übel sind nicht die Chips, das Böse haust in meiner Bäckerei.



Wie es nun mal so ist - der Besuch war nur kurz da, erkannte dann auch, dass ich vielleicht doch nicht ganz das Wahre bin, und ging wieder, was mich auch nicht gerade unglücklich zurückgelassen hat - blieb dann genug Zeit für Einsicht und auch die Erkenntnis, dass mir der Bewegungsmangel in dieser Zwischenzeit nicht wirklich gut tut. Draussen schneit es, aber drinnen, ist mir dann eingefallen, stehen ja noch ein paar Pakete, und wenn ich jetzt wieder direkt auf das Gewicht eines mittelrunden Kalbes zugehe, kann ich ja auch mal etwas zusammenschrauben, was mir im Frühjahr leichter über die Berge hilft. Auch Schrauben ist Bewegung, besonders, wenn man sich den Daumen dabei überdehnt und dann wie ein Gummiball durch die Wohnung zum kalten Wasser hüpft.



Zentrum der Angelegenheit sind jede Menge Teile, die im Laufe der Zeit abgefallen sind; so etwa ein ehemals furchtbar teurer Laufradsatz, den mir mein italiensicher Händler als Ersatz mitgab, falls sich beim originalen Satz meines Specialized Probleme entstehen würden, und an den nur eine bestimmte, extrem teure Art der Ritzel passt. Da habe ich auch noch welche, aber nur in der mörderischen 11-23-Abstufung für Götter, Helden und keinesfalls für Gelehrte, wie ich einer bin. Aber dann kam noch eine XTR-Kurbel für Bergräder meines Weges, die jemand nicht mehr haben wollte, weil sie etwas lädiert war. Für ein Schlammrad. Versteh einer die Leute, aber gut, ich nehme das gerne. Das wären dann 23 Zähne hinten und 24 Zähne vorn, damit kommt man überall hoch, und mit 46 vorn und 11 hinten auch relativ schnell wieder runter.



Reifen, Lenker, Sattel, Sattelstütze, Bremsen, Schaltwerk, Umwerfer, das alles lag noch in Kisten und kostete gar nichts; im Milchmädchenrechnen hatte ich stets eine Eins mit Auszeichnung.Und in einer anderen Kiste war noch ein Rahmen einer untergegangenen italienischen Firma, den ausser mir keiner haben wollte: Gekauft zum "Billiger als ein Essatzsteueratz"-Preis. Während Stahlrahmen zunehmend unerschwinglich werden und Plastik teuer bleibt, will niemand mehr Aluminium haben. Auch nicht, wenn so ein 1200-Gramm-Rahmen aus Metall auch nicht schwerer als ein 1200-Gramm-Rahmen aus Carbon ist. Nicht nur ich bin gut im Milchmädchenrechnen.



Fehlen also nur noch die Bremsschaltgriffe. Das ist nicht ganz so einfach, denn mit drei Shimanokettenblättern braucht man spezielle Schalthebel, die auch drei Blätter ansteuern, und bei 10-fach Ritzeln hinten - wir erinnern uns, etwas anderes passt nicht - kann man auch nicht mehr so einfach die unproblematischen Campagnolohebel mit Shimano kreuzen, und zudem sind diese speziellen Hebel auch selten und gesucht und teuer. Auch gebraucht sind sie teurer als alles, was das Rad bisher gekostet hat. Aber dann bot jemand welche für lumpige 40 Euro an. Wegen einiger Sturzschäden. Wenn man will, kann man die beschädigten Zierteile für 10 Euro austauschen. Aber mir macht ein wenig Patina nichts.



Etwas mehr macht mir dann aber der Sturz im Renngeschehen, der zum Verkauf führte; es ist nicht wirklich schön zu hören, dass das Material jetzt verkauft wird, weil das mit dem Rennradeln für den Besitzer nun vorbei ist. Für immer. So ein Rad ist leichter repariert als ein Mensch, und dann schraubt man doch eine Spur bewusster. Was ich damit sagen will: Ich kann das Fahren eines Rennrades uneingeschränkt empfehlen, es ist sicher, die Kompnenten sind exzellent, es ist leicht, und die Geschwindigkeiten sind, verglichen mit dem Auto, lächerlich gering. So ein Rennrad ist eigentlich eine wunderbare Sache, um es ruhig anzugehen. Man muss nicht rasen, man hat ja genug Reserven, wenn es doch mal eilen sollte.Man ist so flink, man kann auch über kleinste Nebenrouten fahren. Riskant wird es erst, wenn man es übertreibt und meint, man müsste auf Teufel komm raus rasen. Ich würde nicht über dicke mittelalte Männer in Lycra auf Colnagos lachen, die tun was für ihre Gesundheit und die italienische Wirtschaft; jeder Chipskäufer im Supermarkt würde die Ächtung mehr verdienen. Das Fimas, das ich gerade aufbaue, hat auch genug Platz für breite Reifen und einen hohen Vorbau; wenn ich die Post-Plätzchen-Panik überwunden habe und begreife, dass ich das gar nicht brauche, um auf den Berg zu kommen, wird es ein Gästerad. Das Ziel heisst ankommen und sich dabei gut fühlen.Dann kann man auch im hohen Alter noch klug milchmädchenrechnen.

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Dienstag, 4. Dezember 2012

Feiern wie 1825

In Gmund auf dem Parkplatz standen zwei Männer vor einem Auto mit Berliner Kennzeichen.

"Oh, a Berlinah, den zind ma oh."

"Naaah, blos ned, sunsd fuidase dahoam und bleibd do."

Bayern, weltoffen und tolerant.



Daheim ist es dann so kalt, dass ich angezogen einschlafe und später eine Geschichte darüber schreiben werde. Die dicken Mauern sind Wärme- oder Kältespeicher, je nachdem, und in dieser Nacht strahlen sie arktisch. Ich behelfe mir mit körperlichen Tätigkeiten, Aufräumen, Putzen, Sortieren, was man halt so tut, wenn man sich bewegen will, und sonst nur ungern nach draussen geht. Kerzen sind das Kaminfeuer des kleinen Mannes.



Auf dem Rückweg vom Obsthändler - der ist zum Glück nur zwei Blocks entfernt - fällt dann ein Neuzugang im Briefkasten auf. Eine an jemanden anders adressierte Postkarte aus Thailand, bei der ich lange überlegen musste, wer zum Teufel in meinem Bekanntenkreis Yolo heisst - seien wir ehrlich, privat bin ich so reaktionär, da kommen die Postkarten meist auch noch per Sie - und ein Lieferschein. Zum Glück über einen Gegenstand, der beim Nachbarn abgegeben wurde, denn die Poststelle für die Innenstadt haben fantastische Kostenschneider inzwischen ausserhalb der Altstadt eingerichtet, ziemlich genau inmitten des grossen Staus an einer radfeindlichen Strasse. Und diesmal, das weiss ich, ist es etwas grösser. Nicht so gross wie ein Rad. Aber gross genug für den Platz über einer Kommode.



Das wird mit etwas Pech das letzte derartige Paket für dieses Jahr sein, denn während andere zumindest davon ausgehen können, dass die Preise bei Industrieprodukten gleich bleiben, weil Nachschub hergestellt wird, sieht bei unsereins die Lage ganz anders aus: Tendenziell steigt zum Jahresende das Interesse an Gegenständen, die nicht mehr hergestellt werden können. Gleichzeitig ist das aber auch nicht die Jahreszeit, in der so etwas besonders oft anfallen würde: Verkauft wird mehr im Frühling, wenn Wohnungen und Häuser neu eingerichtet werden. Anders kann ich mir die Preisentwicklung der letzten Wochen nicht erklären. Warum es dieses eine Mal noch geklappt hat? Ich weiss es auch nicht. Vielleicht, weil kein Rahmen dabei war, vielleicht, weil zu wenig Haut zu sehen ist, oder manche haben es einfach übersehen: Jedenfalls war alles Interessante um Quantensprünge teurer, als ich erwartet hatte. Aber diese Dame von 1825 war eigentlich recht günstig.



Und warum, wo ich doch keinen Platz mehr habe? Ich habe tatsächlich keine neuen Räumlichkeiten, aber was ich habe - und was mich letztlich verleitet hat - ist die Idee einer jahreszeitlich unterschiedlichen Hängung. Wobei diese spezielle Dame sogar eine Ausnahme ist und tatsächlich noch Platz findet, aber das ist nicht so wichtig; statt dessen werde ich Bilder umräumen, wie andere ihre Möbel umstellen. Im Sommer kommen dann die ganzen Nackerten an die Wände und im Winter die Hochgeschlossenen... so in etwa stelle ich mir das vor. Manche werden natürlich bleiben, Aber so kann ich dann Akzente setzen und ausserdem, falls mal konservativere Gäste kommen, es ihnen ersparen, unter "Faun zerrt Nymphe im Gebüsch! Tee trinken zu müssen. Das ist jetzt mal eine von den Anständigen, sogar mit Uhr an der Kette. Die war sicher kein Spass für ihre Angestellten.



Darunter wird der weitere Ausbau der Silbersammlung "leiden", aber obwohl die Briten heute mal wieder einsehen musste, dass gar nichts bergauf geht, und das Tal der Tränen bis hinter den Horizont reicht, obwohl das Land weiter in Bankenmeile und den Rest zerfallen wird, sind die Preise für Kannen immer noch unanständig hoch. Noch so ein Beispiel, wo die Nachfrage klein, aber preistreibend ist. Dann warte ich eben noch, ich habe schliesslich in den frühen Tagen der Krise genug erworben, und spare auf einen grossen Rokokobrocken - am Wochenende können wir dann nochmal die Richtigkeit meiner These überprüfen, während in den Geschenkverpackungen der Wert von iPhone und TV-Gerät Tag für Tag schrumpft.



Es gibt schon Gründe, warum an Aschentonnen Bilder angebracht werden, damit man keine alten Mobiltelefone hineinwirft. Es gibt gute Gründe, so etwas zu tun, aber hier sind klar die Schlechteren gemeint: Veralterung und der Wunsch nach Neuem. Bei Ölgemälden wird man das eher nicht befürchten müssen. Das Bild dürfte von 1825 sein, und kaum ein Gerät, vor dem wir zum 200. Jubiläum sitzen werden, wird noch zu jenen Tagen entstanden sein, da ich dies schreibe. Manche glauben, Zeit sei absolut. Das stimmt nicht. Nichts ist so relativ wie Zeit. Und wir sollten gut aufpassen, dass uns die Zeit behandelt, als seien wir ein Gemälde, und nicht wie ein Datentransfergerät.

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