: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Donnerstag, 26. März 2015

Irre

Es kommt halt einiges zusammen: Der offensichtlich mit Asicht herbeigeführte Absturz eines Flugzeuges mit diesem Text einer jungen Autorin, die manchen nicht sensibel genug ist im Umgang mit Depression und psychischen Störungen. Letztere bekam einen Shitstorm ab.

Man kann, selbst wenn es schwer ist, Depressionen auch überwinden, statt anderen zur Last zu fallen, und generell glaube ich ohnehin, dass Lust und Leid keine Parameter von Geld und Vermögen sind, sondern von der Bereitschaft, das Leben anzunehmen und das Beste daraus zu machen. Das ist übrigens auch einer der Punkte, warum ich kein Anhänger von innergentilen Beziehungen bin: Gerade an der Spitze der Gesellschaft tritt das Unvermögen, mit dem Leben klar zu kommen, besonders deutlich hervor, und dann schon bei geringsten Anlässen. Mindervermögende sind vielleicht auch doof, komplexbeladen oder bescheuert, aber es kommt wenigstens nicht zwingend bei der erstbesten Gelegenheit zum Tragen.



Man kann es überwinden wollen und man kann sich darin suhlen, so wie es manche - besonders junge Frauen - bei Twitter machen, und jeden, der sie für doof hält, als ableistisch bezeichnen, nur eine Stufe unter dem Nazi. Man sollte deshalb dennoch den Einzelfall betrachten und niemanden abschreiben, und früher dachte ich auch, man könnte da trotzdem mal einen Gastbeitrag schreiben lassen - die Person, die gerade versucht, mit einem Anwalt etwas gegen mich zu erreichen, hat mich da eines Besseren belehrt, ich passe mittlerweile auf und schaue genau hin, bevor ich zusage. Gerade jetzt ist, nach dem Tod von Schirrmacher, nicht die Lebensphase, wo man sich über Streit mit aus der Bahn geworfenen Prolletten freuen würde, nur weil man einmal zur falschen Person zu freundlich war. Da denkt man sich dann nur, warum eigentlich so u... - und das ist kein netter Gedanke. Und eigentlich will ich doch nett sein.

Aber ganz unabhängig vom Zwang, sich beruflich mit solchen Fragen zu beschäftigen, und Burn-Out ist stets ein Thema: Es ist ja nicht so, dass man sich wirklich Depressive als Freunde zwangsläufig heraussucht. In den meisten Fällen rutschen Menschen, die man kennt und schätzt, in solche Probleme hinein, oft in einem längeren Prozess. Und auch da gibt es dann solche und solche, wie im realen Leben: Die Egomanen, die das auch wirklich ausleben und die wirklich mit keiner Faser an das denken, was sie anrichten und die anderen, die das durchaus tun und dadurch noch mehr reinrutschen, aber sich weiterhin eine gewisse Empathie behalten. Was ich selbst lernen musste, und zwar mehrfach auf die harte Tour: Man zahlt bei der ersten Variante drauf. Und zwar heftig. Da bin ich inzwischen auch ein wenig intolerant geworden und neige dazu, mir die Geistesmodelle der gefühlten Benachteiligung gar nicht mehr zu eigen zu machen - natürlich ist an dem Käfig, den sie sich errichten, alles stimmig. Aber es ist nicht meiner und ich möchte da nicht betroffen sein.

Schlimm ist es für die, die nicht einfach weggehen können: Eltern und Verwandte. Auch das ist so eine Sache, die ich im Internet lernte: Wie gehässig sich solche Leute oft über diejenigen äussern, die die eigentlichen Probleme mit ihrem Verhalten bekommen. Wie sie, die selbst wie die Axt im Walde auftreten. weinerlich werden, wenn es mal nicht die gewünschten Reaktionen gibt. Ich weiss nicht, ob geschlossene Stationen und Psychopharmaka die richtigen Antworten sind.



Aber einfach zuschauen und noch mehr Mitleid in diese selbstzerstörerischen Leute hineinzubuttern, ist, nach meiner Erfahrung, wenig zielführend. Es gibt einfach welche, so hart es einzusehen ist, die ein Talent dafür haben, sich erst selbst in die Probleme zu bringen und dann alle, die ihnen helfen wollen, obendrein. Nicht ohne das Haus der Eltern zu sprengen, nicht ohne den Lokführer, nicht ohne ein voll besetztes Flugzeug - das ist dann der Endpunkt. los geht das schon viel früher, beim demolierten Schrank, bei der getretenen Katze, beim Drogenmissbrauch, beim Schlitzen - und nun kann man darüber gern reden. wie lange Nachsicht sinnvoll ist und wann man eben nicht mehr der nette, nachgiebige Freund sein darf.

Das ist bitter, und oft genug hilft es den Betroffenen nicht. Aber es gibt nun mal welche, die andere in den Abgrund reissen, denen das auch Spass macht, und die daraus ihre Befriedigung ziehen, und wenn sie davon kommen, es woanders gleich wieder tun. Die einen sind darauf angewiesen, dass sie Hilfe bekommen und die anderen nutzen das schamlos aus. Die Differenzierung ist moralisch schwierig und menschlich schmerzhaft. Ich selbst - ich werde mit den schwarzen Momenten meines Lebens schon fertig und freue mich, wenn ich helfen kann. Ein paar Mal sass ich neben Leuten im Auto, zu denen ich mich heute nicht mehr setzen würde. Im Nachhinein wundere ich mich fast, dass so relativ wenig passierte, als man am Studienort meiner Freundin auf die irre Idee kam, einen ehemaligen Junkie mit einem schweren Dachschaden in ihre Studenten-WG aus Gründen der Inklusion zu stecken. Aber es ging wenigstens halbwegs gut zu Ende - für die anderen.



Trotzdem, ich bin Historiker. Wir leben in einer Epoche, die selbst den gefühlt Chancenlosen einen früher undenkbaren Luxus und Hilfsangebote zur Verfügung stellt. Wir gehen flauschigst mit psychischen Erkrankungen um und machen ADHS und Anorexie zu Smalltalkthemen. Wir zahlen und akzeptieren, dass Verwandte dafür den höchsten Preis zahlen. Nur nicht diesen Leuten auf die Füsse treten, die Erkrankung als Zeichen der Krankheit unserer Kultur verstehen - das ist das Credo und so etwas liest die gestörte Luxusirre bei Twitter gern. Man lasse sie nicht ins Cockpit, man setze sich nicht zu ihr ins Auto und, statt sich für die nur mittelwindelweiche Beschäftigung mit dem Thema zu entschuldigen, ballere ihr eine rein, wenn sie ihr Drecksnaul bei Twitter aufreisst.

Vielleicht findet sie dann ihre Eltern doch wieder etwas netter.

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Samstag, 28. Februar 2015

Wir werden nicht jünger

Wir werden fetter und seltsamer und kommen auf komische Ideen, was das Äussere betrifft. Wir werden fett. Wir schauen mit einer Mischung von Ironie, Verachtung und Hinterlist auf das Kommende und benutzen unsere Ellenbogen, damit die wissen, wie viel Platz wir uns nehmen. Wir wenden uns schon etwas ab und unser Verhalten ist geharnischt. Wir tragen Hüte, und teure Fetzen, die uns dann nicht mehr schmücken können, weil wir zu alt sind. Alt und etwas hässlich. Das sind wir später und auch mir wird es so gehen.

Und dafür habe ich jetzt schon ein passendes Profilbil gefunden.



Es ist leicher, sich damit abzufinden, wenn es in Öl trotz allem stimmig ist und nicht von all den Gebrechen erzählt, von denen wir dann vermutlich zu oft reden.

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Sonntag, 30. November 2014

Ab wann darf man eigentlich Leute zusammenstauchen

Ich darf eigentlich nicht Böses sagen. Die ganze Geschichte ist lang mit Höhen und Tiefen, manches war unter der Gürtellinie und doch irgendwie verständlich - nicht jeder hat es immer leicht und wenn man das mit einbezieht, ist manche schlechte Laune vollkommen nachvollziehbar. Auf der anderen Seite ist diese Person unabsichtlich und indirekt der Grund für zwei sehr angenehme Nachmittage in München gewesen, selbst wenn sie das ziemlich sicher nicht sein wollte, Der Anlass kam zu einem lange vergangenen Zeitpunkt, gut zwei Jahre her, da war die Welt noch anders und das, was damals verkündet wurde, würde heute nicht mehr so vertreten werden. aber man neigt ja dazu, Menschen eher in angenehmer Erinnerung halten zu wollen und wie gesagt - über all die Jahre muss man auch mit persönlichen Krisen rechnen. Geht mir ja auch nicht anders, auch bei mir gibt es Tage, da bin ich unausstehlich. Tage wie heute mit dem bitterkalten Ostwind gehören dazu, wenn ich weiss, dass oben in den Bergen die Sonne scheint.



Manchmal kann ich nicht anders. Rauchen ist so ein Thema, es ist mir ziemlich egal, wenn es Leute tun, die ich nicht kenne. Wenn ich anfange, einen Raucher zu bearbeiten, ist das immer ein Zeichen dafür. dass er mir viel bedeutet. Ich bin nun mal in dem Alter, da Gleichaltrige tot umfallen, und es sind ausschliesslich Herzprobleme und immer Raucher. meist in Verbindung mit Alkohol. Aber der letzte Fall war nur Raucher, anderthalb Schachteln am Tag, angeblich. Raucher von der Sorte, die einem immer von denen erzählen, die mit 22 beim Marathon tot umfallen und deren Opas steinalt wurden, trotz Zigaretten - das ist halt der Fluch der Statistik.

Statistisch könnte mich auch ein Auto über den Haufen fahren. Damit ich kein Opfer der Statistik werde, fahre ich ausserhalb der Städte und zumeist auf Strassen ohne Autoverkehr. es wird hier und am Tegernsee sehr schnell sehr leer, wenn man die richiigen Wege benutzt. Und selbst, wenn manche Räder 40 Jahre oder älter sind, sind sie technisch in einem perfekten Zustand. Das ist keine Garantie, aber bei den doch recht langen Strecken, die ich jedes Jahr zurücklege, nicht ohne Bedeutung. Wenn mir etwas zu gefährlich ist, habe ich die Kraft, es auch bleiben zu lassen.



In den grossen Städten, in denen ich gelebt habe, wäre ich besonders vorsichtig. Und keine Komponente wäre mir da wichtiger als die Vorderradbremse, die fast ausschliesslich darüber entscheidet, wann man in der Ebene zum Stehen kommt. Ich bin diesen Sommer einmal komplett durch München gefahren, und ich war nach drei Beinaheunfällen dankbar um meine extrem teure, aber auch bissige Campagnolo Record Bremse - schuld waren zweimal übrigens Radler, eine Mama mit Jastenrad und ein Ipod-Depp auf der falschen Seite. Wie man ohne eine gute Bremse auskommt, weiss ich nicht. aber wenn ich dann höre, wie jemand zum Radgeschäft fährt, um sich die vordere Bremse reparieren zu lassen, weil da ein Seil gerissen istdann stellt sich für mich schon die Frage, ob man sich auch bei Nichtwirklichfreunden aufregen darf.

Ich mein, was geben wir nicht alles an Geld aus, um schlau, gesund und hübsch zu sein. Das alles hängt an diesem gerissenen Seil, da muss man aktuell selbst gar keine Schuld haben, es kann einem immer mal jemand die Vorfahrt nehmen - und dann ist das alles dahin. Einfach, weil nicht die Bereitschaft da ist zu sagen: Das hat oberste Priorität. Das mache ich entweder selbst oder ich schiebe. Das Risiko mag klein wirken, aber die Folgen können so übel sein, dass man das einfach nicht tun darf. Oder wenigstens jemand haben sollte, der einen dafür zur Minna macht. Wirklich. Nur im Guten. An diesem Seil hängt alles.



Mir ist einmal ein Bremsbelag bei einer Scheibenbremse aus der Halterung gebrochen. Das kann immer mal passieren, das war minderwitzig, aber ich war allein am Berg, und es hat nur mich gefährdet. Ich hatte einen Öldruckverlust bei einer anderen Scheibenbremse und weiss schon, warum ich traditionelle Mechanik, die wenig Wartung braucht und mit geringen Kräften auskommt, lieber mag. Gegen die Statistik kommt man nicht an, die Wahrscheinlichkeit, die wir Unglück nennen, findet immer einen Weg, und nur, wenn einer fällt, heisst es nicht, dass andere stehen.

Gesundheit ist das Wichtigste, hat meine Grossmutter immer gesagt, und natürlich wie immer recht gehabt. Es passiert eh zu viel. Man sollte das nicht noch zusätzlich befördern. Und im Zweifelsfall lieber einmal zu oft den Mund aufmachen. Das habe ich jetzt indirekt getan und vielleicht macht es ja die Runde zu der Stelle, wo es hin soll.

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Montag, 11. November 2013

Der Preis, den wir zahlen

Alice Schwarzer will den Erwerb sexueller Dienstleistungen verbieten, und damit Prostitution unmöglich machen. Ich habe den Eindruck, dass momentan eher die Prostitution und die damit verbundene moralische Ambivalenz dabei ist, Alice Schwarzer in die Tonne zu treten. Alice Schwarzer bettelt geradezu darum, dass man das tut. Für mich steht sie auf einer Stufe mit den Bischöfen Krenn und Mixa und deren nicht minder verquaste Weltsicht.

Das Problem ist dabei übrigens noch nicht mal die Käuflichkeit von Sex, sondern die vermutlich weit verbreitete Erfahrung, dass Sex in unserer Gesellschaft inzwischen nicht mehr zwangsweise etwas mit der einzigen grossen Liebe zu tun haben muss. Es ist heute möglich, und es wird auch so betrieben, Sex opportunistisch zu haben, je nach Neigung, Möglichkeiten und Absprachen. Das schliesst die grosse Liebe nicht aus, aber wer sich einmal mit Singlebörsen beschäftigt, sieht enorm viel an Profilpflege, Chancenoptimierung und Zieldefinition. Das ist alles keine Liebe. Das ist zuerst mal nur die Suche nach Optionen. Das geht über in einen Testbetrieb, durchaus mit hohem Eigeninteresse. Und die 50% Scheidungsquote sagen auch, dass selbst nach der Ehe das Eigeninteresse der bestimmende Faktor war.



Anders gesagt, Berechnung tritt heute offener zu Tage als in früheren Zeiten - einfach, weil sie angesichts der Konkurrenz nötig ist, weil es mehr Möglichkeiten gibt und angesichts der knappen Zeit solche Paarungswünsche effektiv organisiert werden müssen. Vielleicht sind nicht alle käuflich, aber viele passen Ansprüche an, verzichten auf Aspekte zugunsten anderer Vorteile, nicht weil sie schlecht sind, sondern weil die Umstände es erfordern. Und es ist noch nicht mal bitter, wie es bei Faust so schön heisst:

Nur fort, es ist ein großer Jammer!
Ihr sollt in Eures Liebchens Kammer,
Nicht etwa in den Tod.


Auch wenn Frau Schwarzer das genau so gern sehen würde. Man nimmt, was man kriegen kann, und sonderlich viel ist das für viele ohnehin nicht. Unsere Welt ist komplett durchökonomisiert, das Private ist es auch, und damit ist die Käuflichkeit nun mal mehr auf der Tagesordnung, denn die kunstreiche Verführung. Man probiere es aus: 100.000 mehr Jahreseinkommen decken jeden Verfall einer Dekade zu. Schön ist das nicht. Aber verdammenswert auch nicht.



In Meran hingen diese Plakate vor einem scheusslichen Neubau, der für viele die Realität ihres wabenartigen Lebens darstellt: Die eine ist so freigestellt, dass man nur sie und ihre graduelle Nacktheit sieht, und die andere ist im Prunk eines alten Palastes. Es geht gar nicht mehr um Hausfrau oder Prostituierte, im Optimierungszwang sind es Selbstpromotion und Einbettung in die Wünsche der Betrachter, die relevant werden. Und das Bild da rechts, das sagt leider vielleicht auch ein wenig mehr über mich, als ich möchte: Dafür bin ich klar anfällig. Dafür würde ich weit gehen. Nicht zum Dessousgeschäft, aber es greift meine Vorstellungswelt auf.

Reich mir die Hand, mein Leben,
komm auf mein Schloss mit mir...


Don Giovanni besticht Zerlina nicht nur mit dem Leben, sondern auch mit dem Vermögen, und hier nun tritt Schwarzer als Statue des Komturs auf und möchte das verhindern. Denn die Grenzen zwischen bester Präsentation und Kauf, sie sind fliessend und manches Nein zum Tag wird bei Kerzenschein schneller ein Ja, als Nadine Lantzsch critical whiteness sagen kann. Irgendwann werden die Mittel unfair, und Liebe, Zuneigung, Kauf und Missbrauch, man muss sie scheiden. Aber in diesem Bereich gibt es keine Moral so fein, dass sie immer formschön passen würde, ausser bei den Taliban, bei den Gendertröten und was sonst noch lustfeindlich sein mag.: Kranke Hirne haben es da leichter. Für den Hausgebrauch muss man die Grenzen selbst finden. Schön wäre es, wenn ich mir Gunst allenfalls mit Bildung, den Büchern und dem berühmten, gefüllten Omelett am nächsten Morgen erkauft? erarbeitet? hätte.



Wir sind frei, wir dürfen Obsessionen haben und uns unseren Neigungen hingeben, und niemand steht es eigentlich an, darüber zu urteilen. Meine Perversion ist die wohlhabende, gebildete Normalität, die für andere vielleicht spiessig sein mag, aber da muss jeder selbst wissen. Ist man sich über den Sex einig, schadet man keinem und was da passiert, ist absolut privat. Man baut keine Waffen, man bestiehlt nicht Staat und Menschen, man schaut nicht aus wie die meisten Politiker und ist nett, viel netter als Pharmalobby und NSA zusammen. Schwarzer erinnert verteufelt an Abmahnanwälte, die einen wegen einem MP3 ruinieren wollen, an das ganze Geschmeiss, das meint, das recht auf seine Seite ziehen zu müssen, für einen der wenigen bleibenden Freiräume ohne Datenspeicherung.

Wir alle zahlen für unser Treiben einen Preis, und der Preis, den Schwarzer zahlen muss, den sollten wir so hoch wie möglich machen.

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Mittwoch, 23. Januar 2013

Der König von München

Der König von München sass mit drei nicht mehr ganz jungen, dafür aber sehr blonden Frauenim Cafe, fasste mal der und mal der ans Bein, und lachte so laut, dass es jeder hörte. Man konnte ihn nicht übersehen und ignorieren, jeder bemerkte, dass hier der König sass. Das Cafe war inmitten seines Reiches, und wer hier verkehrte, wusste auch, dass der König beim Kaiser so gut wie alles entscheiden konnte. Der Kaiser war ein feiner Herr und wusste nur zu gut, dass er, je dreckiger sein König war, um so geistreicher und sauberer strahlen könnte. Auch wenn sein Geschäft alt, ererbt, schmutzig und schwarz war. Die üblien Dinge überliess er eben dem König, und der war bestens drauf, und mmer stand die Champagnerflasche neben ihm. Der König hatte zwei, drei richtige Entscheidungen getroffen, die ihn davor bewahrt hatten, als ausgebrannter, fetter Säufer unter dem Tresen zu enden. Nun also endete er hier an der Bar, und es ging ihm gut. Keiner traute sich etwas zu sagen, und mir war es egal. Ich gehörte nicht dazu. Das war nicht meine Welt, und die Macht des Königs endete abrupt jenseits des Areals.





Es muss um diese Zeit herum gewesen sein, als dem König die Zügel entglitten. Jahrelang hatte er an der Schöpfung eines gewissen Typus mitgewirkt, am dynamischen, auf seinen Vorteil bedachten Aufsteiger mit "Eure Armut kotzt mich an"-Aufkleber an der Stossstange des geleasten 3-er Kombis. Der typische Neumünchner, dem die Welt gehören sollte, unter der Woche Brioni und auf dem Oktoberfest Polyestertracht. Diese Mode des übersteigerten Mittelmanagements, das sich wirklich für die 300 teuersten Uhren begeistert, ging auch irgendwann vorüber, und so wurde das Ganze so peinlich wie auch der König. Natürlich machte ihm das nichts aus, und auch, wenn die Ränder seines Reiches bröckelten, so war um ihn herum alles gut und bestens und blond und voller Speichellecker. Nur von aussen sah das mehr so wie Berlin 44 aus, denn wie München 2008.





Und für die Frage, wie man so eine Veränderung der Interessen sinnvoll gestaltet, hatte der König auch keine Antwort. Warum auch, um ihn herum sprudelte weiter das Geld, und die Talkshoweinladungen kamen viel zu oft, als dass er sie hätte annehmen können. Er war immer noch der bestens vernetzte König. Auch wenn es im Königreich der Parvenüs war. Was aber nichts sonderlich schlimm zu sein schien, denn auch andere hatten in den 90ern versucht, sich dort festzusetzen. Bei den entscheidenden Aufsteigern. Der neuen Elite. Die, das weiss man heute, inzwischen massiv ausgebremst wird. Da hätte sich der König nur mal seine verstossenen Palladine anschauen müssen. Sicher: Die hatten nicht viel getaugt. Aber mit der "Ich geh morgen golfen kommen'se doch mit"-Attitüde kommt man heute nicht mehr weit. Da, wo das Publikum war, ist heute das Einsparpotenzial der Wirtschaft, die man hofierte.





Die nächsten Könige werden nicht mehr so einen Schweinehof halten. Die neuen Könige werden dem Zeitalter des grossen Mimimi angehören und ihre Allüren dort ausleben, wo das Geschmeiss der Überkorrekten heute sich schon delektiert: Bei den Demütigungsritualien im TV. Die nächsten Könige werden immer wissen, was in ihren Tabellen steht, und dass Beeinflussung auch leise und durch die Hintertür kommen kann. Sie werden wissen, dass sie ein kleineren Reichen herrschen werden, nicht mehr als brutale Diktatoren, sondern effizient und immer mit einer Entschuldigung auf den Lippen, das System verlange es nun mal so. Das verstehen all die Geschassten, Verlierer und Unsicheren auch. In München gibt es wenigstens noch Alternativen. Man krebst seitwärts. Die Stadt ist reich, und bislang hat auch noch niemand den alten König wirklich vermisst. München muss sich gerade neu erfinden, und das geht ziemlich in Richtung alpines Biedermeier, oder auch: Der Münchner Süden marschiert nach Norden vor, wo einst das Königreich der aus dem Norden Einwandernden lag. Es ist die Zeit der trockenen Schafe. Und auch die werden neue Hüter brauchen, und Schlächter, die ihnen die Häute abziehen.

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Dienstag, 25. Dezember 2012

Selbstverständlichkeiten

gibt es auf dieser Welt nicht. Ich war im Juni in einem - an sich abgesperrten - Haus, war über die flatternden Bänder gestiegen, und unter meinen Füssen knirschte der von der Wand herabgefallene Putz. Nur so habe ich dann mal versucht, den Wasserhahn aufzudrehen: Da kam natürlich nichts. Draussen, im Feld, waren die Pakistaner ohne Aufenthaltsgenehmigung. Da gibt es auch eine Klassengesellschaft. Die einen bekommen einen Platz im Flüchtlingslager, und die Botschaft kommt mit dem Mercedes. Und die anderen sitzen eben im Feld, wo man sie von der Strasse aus nicht sieht, und das Geld wird knapp. Aber es ist in der Poebene, und da fliesst Wasser in einem der vielen Gräben.



Die echten Geschenke haben wir hier immer: Ich muss nicht an etwas glauben, an das ich nicht glauben möchte, und wenn es dem einen sein Gott ist, kann es trotzdem mein Witz sein. Wir können das alle so machen, wenn wir wollen.



Wir haben die Kälte des Winters besiegt. Vor hundert Jahren, in der sogenannten guten, alten Zeit, war es noch vollkommen normal, dass jeden Winter Zigtausende erfroren oder an den Folgen der Kälte gestorben sind. Man musste nur krank und zu schwach werden, um Holz zu holen.



Wir haben Freizeit. Wir aben so viel davon, dass viele gar nicht wissen, wohin mit diesen Möglichkeiten. Wir haben ein System, das so viel davon zur Verfügung stellt, dass manche schon meinen, das mit BGE belohnen zu müssen. Ich mag Freizeit. Und ich hasse Leute wie den Ponader, die, offen gesagt, mit ihrer Haltung dieser Welt und den sonstigen Zuständen ins Gesicht...



Wir haben einen Klimawandel. Gut, wir haben vielleicht etwas viel davon, aber historisch betrachtet und mit anderen Warmzeiten verglichen, ist es halt so, dass in den Kältephasen wenig und in den Warmphasen viel gegangen ist. So ein klein wenig Klimawandel ist nicht schlecht, und das Einsehen, dass wir zu viel haben und etwas tun müssen, ist schon mal ein Fortschritt im Vergleich zu sonstigen Vorkommnissen der Geschichte. Wenn man bedenkt, wie viele Jahrhunderte der Mensch Arsenbronze hergestellt hat, zum Beispiel. Oder Wein mit Bleipulver konservierte. Oder Frauenhaut mit Gift bleichte.



Die ungeschriebenen Gesetze gelten nicht mehr, die persönlichen Freiheiten und Möglichkeiten sind grandios. Natürlich muss man sich Tag um Tag darum kümmern, und man muss aufpassen, dass man sich nicht von Firmen versklaven lässt, wo einen die Gesellschaft in die Freiheit entlassen hat. Das Netz ist eine Sensation, wie es keine in der Geschichte der Menschheit je gab. Wenn man es auch mal ausschalten und was anderes tun kann.



Wir können tragen, was wir wollen, und aussehen, wie wir möchten. Wir können rosa Stepphandtaschen und Bommelmützen tragen, wenn uns danach ist, und wenn es eine Blase Münchner Schwuler ins Cafe am See treibt, dann ist das eben so. Vor 50 Jahren wäre die Polizei angerückt. Im Osteuropa kämen die Nazis, noch heute.



Oh, und natürlich können wir unsere Sexualität vergleichsweise frei ausleben. Das mag in den Ohren all der Singles in grossen Städten ein wenig wie Hohn klingen, aber es liegt nicht an den Gesetzen und auch nicht an der Gesellschaft. Wenn es nicht geht, ist es vor alleim ein Problem der Lebensgestaltung, aber prinzipiell können wir es treiben wie die Karnickel, und wenn wir dabei an Pille und Kondom denken - UND ZWAR IMMER - dann bleibt das Spass ohne Folgen.



Wir können überall hin. Klar, es gibt ein paar Privatstrassen, und manche meiner Mitbewohner hier am See möchten das Öffentliche privatisieren, aber es liegt auch an uns, die FDP nächstes Jahr zu verjagen und eine Regierung zu installieren, die diese Bande mitsamt ihren Handlangern und Auftraggebern so verfolgt, wie das gerade mit der Deutschen Bank passiert, und hoffentlich auch noch bei den "Versorgern" kommen wird.



Wir bekommen eher eine medizinische Versorgung als eine Schnellfeuerwaffe. Es gibt im sog. "Westen" Länder, da ist das genau andersrum. Ich mag es, in einer Zivil- und Bürgergesellschaft zu leben, die sich nicht als Bürgermiliz begreift, und das Gewaltmonopol des Staates als solches auch funktioniert. Mehr Überwachung muss dafür nicht sein, wir haben uns so als Gesellschaft doch recht wacker geschlagen, und wie man letzthin so sah, sind die echten Probleme mehr dort, wo man die Marktwirtschaft zum totalitären Koloss werden lässt. Auch da können wir mit unserer Realwirtschaft raus; bei den Schusswaffenfreunden sieht das nicht so gut aus.



Wir können die Familie als Freude begreifen. Früher hätten sich solche Fragen gar nicht gestellt, da war die Familie alles und der Staat hat nichts getan. In Italien ist das heute oft noch so, weshalb ich Probleme habe, die beiden Gesellschaften zu vergleichen. Vielleicht gehen wir deshalb so oft so verächtlich mit der Familie um - weil wir es uns leisten können. Vielleicht ist das, wenn der Staat sich ändert, keine allzu gute Idee. Ich finde Familie eigentlich gut.



Wir haben den Hunger weitgehend besiegt. Es gibt jede Menge falscher Ernährung und Exzesse und warum Menschen, die es ohnehin schon nicht allzu gut haben, sich auch noch mit Kettenrauchen und Drogen weiter in die Misere treiben, verstehe ich nicht wirklich. Aber Hunger ist heute nur noch das, was man vor dem Essen hat. Und nicht mehr ein Grund für den Tod.



Es sind, egal in welche Zeit man schaut, und ich welche Region der Gegenwart, goldene Zeiten. Wir leben heute als Gesellschaft in jeder Hinsicht besser und vielfach auch luxuriöser als der in unseren Augen dekadente Adel des 18. Jahrhunderts.

Und wie immer gibt es keine Garantie dafür, dass es so bleibt.

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Montag, 17. Dezember 2012

Traumpaare

Es gibt nicht gerade ideale Kombinationen: Meine berüchtigten Omeletts, die jede Pizza Calzone wie ein Diätprogramm aussehen lassen, und das, was gerade mit der Post hereinkam: Jemand wollte einem Kindergarten etwas Gutes tun, und verkaufte darüber so einen alten, OMG schon 7 Jahre alten Rahmen für ungefähr das, wofür man einen halben Einkaufswagen Plastikspielzeug bekommt. Aber ich hoffe, dass dieser Kindergarten so ist, wie sie sein sollen, und nur Holzspielzeug und Holzbaseballschläger und biologisch genähte Puppen anbietet. Ist eigentlich schon Barbie dem Bewusstseinswandel zum Opfer gefallen? Schön wäre es.





Schön wäre auch Sommer und eine Wiederkehr all der langen Tage, und wie ich da so über Matsch und modrige Blätter rase - irgendwie muss ich bei einer halbwegs schlanken Figur bleiben, sonst wird das im Frühling wieder schlimm und der Rahmen knaxt- frage ich mich schon Ach und Warum. Warum habe ich den Sommer nicht noch besser genutzt und eine Runde mehr gedreht, als es warm und schön war, warum bin ich immer erst so spät los, und warum habe ich nicht doch Meran - ach so, ich weiss es. Nächstes Jahr wird es besser, weil es gar nicht schlechter werden kann. Ausser natürlich für Ken und Barbie des Internets und in der Folge auch für mich, weil einem das Radeln keiner verbieten wird. Aber in anderen Bereichen wird es scheusslich. Wegen Ken. Und Barbie.





Und weil Winter ist, und das Wetter scheusslich, sind auch Ken und Barbie nicht gerade Traumfiguren mit hübschen Kleidern, sondern Johannes Ponader von den Piraten und Nadine Lantzsch von der Mädchenmannschaft. Man kann beiden zugute halten, dass sie die Debatten in ihren Bereichen, Gleichberechtigung, ihrer Teilhabe am Geschehen und der persönlichen eigenen Freiheit, so weit vorangebracht haben wie sonst kaum jemand, der durch das Netz bekannt wurde. Toleranz jetzt wenger, aber man kann nicht alles haben. Wir diskutieren heute über das BGE für jede Ratte Frederic und Küssverbote für Heterocismänner, die sonst Lesben diskriminieren würden, und über Binnen-I-Neusprech und darüber, was sonst noch alles skandalisierbar sein könnte -ausser den grossen Skandalen unserer Zeit zum Beispiel, wie etwa Nahrungsspekulation oder Fracking oder die Kostenverteilung der "Energiewende", die nach der Atomkraft der nächste Raubzug der Versorger ist. Die Stromrechnung kommt sicher schneller als das BGE und die Binnen-I-Regelung- Wir bekommen Schnappatmung, wenn wir sehen, wie zerfasert und intern verbiestert die Debatten geführt werden, wie Positionen in Extreme geschoben werden und sich Gutmeinende abwenden, wir sehen die Gründerinnen von Mädchenmannschaft aussteigen und einen fähigen Piratenvorstand seinen Rücktritt einreichen, weil es mit Ponader und den Berliner Senatsmobbern nicht geht - so weit ist diese Geisteslandschaft, und so wüst geworden. man kann alles denken und Andersdenkende kaputtquatschen oder fertigmachen, wenn sie dann nicht transparent genug sind. Wir reden über Schauprozesse, nichts anderes läuft bei Twitter.





Ich las, man könnte heute im Mainstream Dinge debattieren, die vor 10 Jahren noch als linksradikal oder gar undenkbar galten. Ich sehe aber auch, wie wenig diese Debatte tatsächlich Auswirkungen hat, wenn man einmal von den frei Diskutierenden weggeht, runter auf die Ebene der realen Gesellschaft. Wir leben in Zeiten krasser Umverteilung, und an der Debatte kann sich nur der freuen, der keine Altersvorsorge hat, die gerade geschlachtet wird. Wir haben tolle Theorien und jede Menge Mütter, die mit ihrer Situation nicht fertig werden. Wir haben eine Netzelite und einen riesigen Anteil der Bevölkerung, der das alles für Spinner hält, weil die Spinner in der Talkschow sitzen. Und wenn die Wahlen 2013 vorbei und die Piraten verdientermassen dank Ratte Frederic gescheitert sind, wird man sich auch mal gründlich um dieses Netz kümmern, gleich nach dem ersten Anschlag. Dazu werden dann die Nadine Lantzschs und Helga Hansens dieser Welt durchs Netz ziehen und nach einer Gleichstellungsstelle für ihre öffentlichen Pöbeileien schreien, Mädchenmannschaft halt, Theorie nach vorne und echte Belange der anderen nach hinten, selbst schuld, wenn sie mit Männern rummachen. Schön, wenn man sonst keine Probleme kennt, wie, sagen wir mal, der Irrsinn, dass Hundenahrung einen reduzierten Mehrwertsteuersatz hat, aber Babynahrung nicht. Das wird auch sicher so bleiben.





Wir werden über viele Theorien wieder reden können, nicht nur die des Bankstertums, auch dieTheorien der Überwacher und politische Korrektheitszwänge derer, die sie gern anderen aufbürden möchten. Wir, eher die Normalos, nicht die Weitvorausdenker, die ohnehin das komplette System ändern wollen. Wir werden dabei hübsch machtlos sein, und auch, wenn wir uns zusammenrotten, wird es nichts helfen; die Politiker wissen doch, was daraus wird, die Extremen, Doktrinären und Brüllaffen setzen sich bei sowas durch, und wenn ich heute so lese, was der selbsternannte Anti-Acta-Urbach von den Piraten so sagt, wundert es mich gar nicht, dass er seine Gruppe "Schwert und Schild der Partei" nannte, wie die Stasi. Man säubert erst mal die eigenen Reihen von abweichenden Meinungen, und wenn dann noch was übrig ist, hätte man gern ein Bundestagsmandat, mit Mitarbeitern, so wie der das der Höffinghof aus Berlin macht, der mit seiner Mitarbeiterin zusammen ist und sie lustige Sprüche twittern lässt, egal wie das bei den Wählern so ankommen mag. Aber was denn, das sind Piraten, das ist kein Nepotismus und kein schmutziges Geschäft wie bei den Altparteien, wenn ein Abgeordneter mit der Mitarbeiterin auf Steuerkosten - was auch immer. Morgen schreit er dann wieder, dass man Abweichler rauskanten soll, damit die Piraten eine stramm linke Bewegung sind, die sich für Benachteiligte einsetzt und ihnen Posten und





Kurz, ich glaube, die Politik wird das alles nach den letzten Erlebnissen - Occupy sei hier noch unter Ponader subsummiert - nicht wirklich ernster nehmen wird, als Ihr, liebe Leser, meine Behauptung, dass ich nächstes Jahr wieder 67 Kilo wiegen möchte. Ja, dann gibt es natürlich noch Nico Lummas Privatlobby namens D64 und die Kumpels vom Beckedahl mit DigiGes und obwohl ich allenfalls ein paar HTML-Tags kann, so überlege ich doch, unterstützendes Mitglied beim CCC zu werden. Da kenn ich welche, die vielleicht was tun können, wenn es so wird, wie ich befürchte: Einfach, weil sie durch dieses 2012 nicht so restlos kompromittiert sind wie alles, was irgendwie von den Piraten und ihrem weiteren Umfeld ruiniert wurde.Die werden dann auf die Schröder-Köhler und den Friedrich zeigen und sagen, ja, wenn Ihr uns gewählt hättet...

und damit begründen, warum sie Recht hatten und Recht haben werden, in ihrer kleinen, ideologieverstrahlten Stalinistenecke. Niemand wird uns ernster nehmen, als wenn Ken und Barbie über Trotzkis permanente Revolution reden. Man wird rechts durchregieren, während das Netz links weiterquatscht.

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Sonntag, 11. März 2012

Die Badesaison wurde eröffnet

Und zwar exakt 1 Tag nach dem Ende der Rodelsaison. Da kann es keinen Zweifel geben. In jenen 0,1% des Sees, die eisfrei sind, kann man schon wieder planschen.



Es gibt halt so Dinge, für die braucht man echte bayerische Wildjungmädel, da braucht man die Lebensfreude, und mit diesen dürren, ausgewilderten Outdoorpreussen braucht man da erst gar nicht anfangen. Die sind hart im Klettern, aber ansonsten zu normal.



Alles weitere ist absehbar: Sonne, Wärme, Tauwetter, Heerscharen von Münchnern, Blüte, Schneeschmelze bis hoch auf die Gipfel, Frühling halt, zwei Wochen später als anderswo, zwei Wochen weniger Qual für Allergiker.



There is no such thing as a free lunch: Erhauft wird das alles durch irrwitzige Immobilienpreise (heute nur noch "auf Anfrage") und den deustchen Spitzenplatz in Sachen Hautkrebs. An irgendwas muss man auch im Heilklima sterben.



Es wenig Smog könnte das lindern, aber das haben wir hier nicht allzu oft. Blendend weiss schmilzt der Schnee harschig zusammen. Es gibt hier keinen grauen Matsch, nur weiss und blau und das Quietschen, wenn sie sich nass spritzen. Weil, ein wenig wärmer könnte es schon noch werden.

Ich aber werde nicht da sein.

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Mittwoch, 15. Februar 2012

14.

Es ist so scheusslich draussen; ich glaube, jeder kann an einem Tag wie heute ein klein wenig Kitsch vertragen, zumal, wenn er aus Italien kommt und bei 30 Grad aufgenommen wurde.



Es kommen bessere Zeiten, und jeder Topf findet dereinst seinen Deckel. Oder Zweitdeckel. Oder es geht einmal durch den Geschirrschrank. Wir sind da heute ja nicht mehr so.

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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Montag, 21. Juni 2010

Der Sommer der Lieblosigkeit

Zumindest im Süden der Republik könnte man ein Blog über Scheidungen aufmachen; das hätte jede Menge betroffener Leser. Ich weiss nicht, ich ahne nur, dass es etwas mit dem Wetter zu tun hat, denn es scheint, als wären all die zugeeisten Hoffnungen des Winters durch den Regen des Nachwinters weggewaschen worden. Oder ist es nur normal, dass sich heute jeder erst mal ohne Nachdenken in die Ehe stürzt und dann merkt, dass es in Freiheit doch besser war?



Die kleine, dumme Stadt hat immer noch ihre Hochzeiten, und als Anwohner einer klassischen Ehestrecke zwischen Barockkirche und Feiersaal kann ich auch sagen, dass der Aufwand 2010 den vorläufigen Höhepunkt der Entwicklung darstellt: Meterlange Schleppen, Schleppenträger, voranziehende Musiktruppen, ein Verleih britischer Prachtkarossen musste aufstocken, und die Feiern, früher gegen Mitternacht vorbei, ziehen sich nun bis in den frühen Morgen hin: Volles Programm, externes Catering, immer mehr, immer üppiger, Trauung am Morgen und dann ein Marathon, bis alle Hits der 80er und 90er gespielt sind (Summer of 69) und alle Erinnerung an benale Ereignisse ausgegraben wurden. Eventcharakter. Planung. Orchestrierung. Da geht immer noch was. Emely hatte so eine tolle Hochzeit, aber Sabrina machte es noch besser. Nur läuft das Niveau auseinander: Vorne in Weiss und Schwarz der ganze Prunk. Dahinter: Was man halt als Sonntagsanzug so hat, und zu tiefe Griffe in das Sortiment einer Boutique, die "Hollywood" heisst. Zu hohe Schuhe.



Früher war es so, dass sie nach 7 Jahren schockiert feststellten, dass sie sich getäuscht hatten. Was man nun so hört ist, dass die Grenze gegen 5 Jahre geht. Vielleicht, weil es die letzte Gelegenheit ist, noch vor dem Kind abzuspringen. Oder was auch immer. Man kann nicht in die Leute hineinschauen. Vielleicht liegt es auch nur an diesem Nichtsommer in Süddeutschland, der einen auf existenzielle und wenig erfreuliche Fragen zurückwirft. Die hatte man früher sicher auch, aber im Rahmen des allgemeinen Reichtums und der schnellen Ersetzbarkeit jeden Eigentums ist die Scheidung im Kern etwas, das man sich genauso leisten kann, wie die teure Hochzeit.

Die Liebe? Nun, die Liebe, die Emotionalität, das ist ein anderes Thema, und nat nur wenig mit Heirat zu tun, mag mir scheinen. Vielleicht sollte man Hochzeiten für Heiratsunwillige anbieten, all der Pomp und die Grösse ohne Nebenwirkungen und Folgeschäden, die sich im Regen über den Niederungen immer einstellen, und zumehmend eintreten, wenn die Fundamente noch ganz frisch sind. Ich verstehe das alles nacht, aber ich bin ja auch nur ein Libertin.

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