: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Sonntag, 25. Januar 2004

Relikt

Content Syndication war eine Totgeburt. 2000 wurde sie noch als Rettung der New Economy gefeiert, als Revolution im Umgang mit Inhalten. Nichts wäre online besser zu verkaufen als Content. Information sollte endlich auch im Netz zur Ware werden; direkt als Bezahlinhalt oder indirekt als Lockmittel für User. Content is king. Sagten die Inhaltehändler, damals.

Dann gingen sie pleite, denn alle Analysen waren falsch. Niemand zahlte. Nur Napster boomte, und andere entwickelten eMule. Die Syndikatoren verbrannten nur ihr Geld, und wenn sie Glück hatten, verkauften sie die Reste ihrer Firmen an die Grossen der Verlagsszene, die sich auch eine blutige Nase holen wollten.

Von Tanto aus München bleibt nach 5 Jahren nur der Name übrig. Es gibt ein anderes Geschäftsmodell, andere Leute, und die Doppeldeutigkeit des Namens kennen sie nicht mehr. Natürlich kommt Tanto vom lateinischen Wort für "alles" - aber es setzte sich auch aus den ersten Silben der Vornamen der Gründer zusammen. Wo die heute sind? Keine Ahnung. Eigentlich schade drum. Die Frau mit dem "Tan" war eine Nette.

Aber auch die kleine, schmächtige Mercedes, nach der die Autos benannt sind, ist heute weitgehend vergessen. Ob es tanto aber je zum Weltkonzern schaffen wird, darf bezweifelt werden.

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Samstag, 24. Januar 2004

Flame-nwerfer

cato, Freitag, 23. Januar 2004, 21:12
“Hi, I´m xyz from xyz.com, that´s cool, eh?”
“kam jemand auf mich zu und fragte, was ich von einer gewissen New Economy Firma halten würde”

Frage: was hast Du Mitte 1999 von der New Economy gehalten? Ehrliche Antwort bitte. Bitte nichts mit “Das habe ich alles schon vorher gewusst”.
1999, als alle nachts an strahlenden Monitoren die US-Hype-Onlinepostillen lasen, als die highways im SilValley mit jedweden .com-Plakaten zugepflastert waren, studentische Hausmeisterehepaare aus den nördlichen Stadtteilen vom “next big think” träumten und jeder einigermassen hype SilValley-Mensch einem am Telefon entgegen rülpste: “Hi, I´m xyz from xyz.com, that´s cool, eh?”

“Es war nur die Frage, auf welchem Deck des Schiffes man absaufen wollte.”
Seien wir ehrlich. Wenn denn schon, wollten wir alle möglichst weit oben auf den besten Decks absaufen. VC war cooler war als ein DB oder Coba-Bankkredit. -Und leichter zu bekommen.
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donalphons, Samstag, 24. Januar 2004, 12:35
He, Du alte Römerwursthaut,
der Du anonym in meinem Blog Forderungen aufstellst: Wieso sollte ich Dir antworten?

Ich kann´s Dir schon sagen: Ich beschäftige mich seit 1997 mit dem Thema. Ich weiss, was die Prognosen für 98, 99 ff versprochen haben. In diesem geschäft, ganz gleich ob VC oder Kredit, hängt alles von der Richtigkeit der Prognosen ab. Nur wenn die Prognosen übertroffen werden, kann man sich ein drittklassiges Management leisten.

Allerdings zeigte sich schon 1998, dass die Prognosen (besonders im erwähnten Bereich) nicht stimmten. Die verantwortlichen Institute berechneten schnell ein noch grösseres Wachstum, um das in den Folgejahren zu kompensieren. Aber um so eine aus dem Ruder laufende Geschäftsentwicklung zu überstehen, braucht man erstklassige Leute, die die nicht hatten.

Ich hatte nie eine einzige Aktie. Ich war zwar mittendrin, aber auch nur dabei. Ich bin eigentlich Kulturhistoriker und wundere mich über gar nischt. Nur ein weiterer Hype, so what. Take the money and run before everything goes down in flames, war meine Devise.

Was ich mir hingegen nicht vorstellen konnte ist, dass die gesamte Kultur der New Economy ausgelöscht werden würde. Die Startups - da war 1999 klar, dass der Big Bang kommen würde. Aber die Einstellung der Leute? Das war unbegreiflich. Wo sind die heute alle hin? Was wurde aus den Träumen, der Ideologie, dem Glauben?

Deshalb auch dieses Blog. Nicht wegen so ein paar Startups.

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Freitag, 23. Januar 2004

Mitte 1999

kam jemand auf mich zu und fragte, was ich von einer gewissen New Economy Firma halten würde. Ich sagte meine Meinung, aber die hatte keinen erkennbaren Einfluss auf die Entscheidung der fragenden Person. Der Job war gut dotiert, verlockend und über alle Massen schick, in dieser Zeit. Und wurde natürlich angenommen. Er verliess seinen alten Arbeitgeber mit einem "Leck mich Chef Grinsen". Das Ganze endete in der totalen Katastrophe, wie es nun mal so üblich ist.

Gestern nun hatte ich ein langes Gespräch mit einer Person, die diese Firma und ihren Markt gut kannte und auch etwas mit deren Werden und Vergehen zu tun hatte. Nicht viel, nur am Rande, aber doch so viel, dass sie Einblicke in die realen Abläufe hatte.

Er erzählte mir, dass keiner der Gründe, die ich 1999 genannt hatte, entscheidend für den Niedergang war, und dafür, dass der Fragesteller 2 Jahre seines Lebens vor die Wand gesetzt hat, und heute sein Leben für verpfuscht hält. Es waren Eifersüchteleien der Leute im Hintergrund, ein Streit um Einflusssphären und Marktanteile, und, um die Ironie auf die Spitze zu treiben, ein Konflikt, bei dem auch sein alter Arbeitgeber letztlich geschluckt und ausgeweidet wurde. Das miserable Management, seine mangelnde Erfahrung und die Menschenverachtung waren zu keinem Zeitpunkt Kriterien der Entscheidungsfindung-

Es gab 1999 keine richtige oder falsche Entscheidung. Es war nur die Frage, auf welchem Deck des Schiffes man absaufen wollte.

Aber zumindest habe ich ihn in dieser Frage gut beraten, liess mich mein gestriger Gesprächspartner wissen, und wechselte das Thema.

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Mittwoch, 21. Januar 2004

Blog aus der Gruft

Morgenlektüre des Jahres 2000: sueddeutsche.de, spiegel.de, salon.com, thestandard.com, danach der Rest. The industry Standard musste man lesen, egal ob man an das Zeug glaubte oder respectfully disagreete, wie ich. ZDnet und Wired schafften den Spin aus Wirtschaft, Technologie und Entertainment nie so rund und glatt wie the Standard. Es schien eine neue, unschlagbare Wirtschaftszeitung zu werden. Was ganz anderes als die drögen Managerverehrer hier in Deutschland. The Standard war die Zukunft.

Dann kam die Krise, die Anzeigenkunden sprangen ab, der frühere 400-Seiten-Wälzer schrumpfte auf knapp 100 Blättchen zusammen. Leute wurden entlassen, nochmal, mehrfach, eine Notmannschaft versuchte es noch eine Weile, aber dann ging The Standard als eine der grössten Pleiten in der jüngeren Verlagsgeschichte in die an Versagen reichen Annalen der New Economy ein...Bis jetzt.

The Standard ist wieder da. Und blogt zurück. In Person von Jimmy Guterman, einem früheren Redakteur. Die Jungs wollen es nochmal wissen. Und nutzen die rebrandete Plattform. Es ist Zeit für einen neuen Hype, für eine neue Barrikade, scheint es.

Und natürlich gesehen bei Ben Schwan von der Netzeitung

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Dienstag, 13. Januar 2004

Gotham City Architectural Guide I

In der New Economy waren sie eher still und zurückhaltend, aber jetzt sind sie die Gewinner.



Marsh Mercer Putnam am Altstadtring in München. Was ganz anderes als KPMG, die im Westend vergeblich hoffen, diesen Slum aufzuwerten.

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Montag, 12. Januar 2004

Deadlinitis

Als ob es nicht schon genug unaufschiebbare Dates gäbe, und ausserdem noch ein paar Sachen, wo die Luft dünn wird. Jetzt kommt noch eine Deadline dazu. Kein alterthümlicher Termin, nein, eine echte Deadline ohne wenn und aber. Am 20. Februar. Aber nur mit Vorvertrag, meinte der, den ich dafür brauche. Der Vorvertrag muss erst noch gemacht werden, unterzeichnet, gegengezeichnet. Und auch so ein Vorvertrag enthält eine andere Deadline.

Und wenn es mit dem 20. klappt, wird es eine weitere Deadline geben. Eine 40 mm Schnellfeuerkanone für Deadlines ist das einzige, was helfen könnte.

Wahrscheinlich könnte man die auch in grossen Stückzahlen in meiner Generation vertreiben.

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Sonntag, 11. Januar 2004

Medienstandort

Da hinten, in einer Baracke, die so hellbraun ist wie alle anderen Gebäude hier, ist ein Sender. Immer noch, auch wenn das vor zwei Jahren niemand gedacht hätte. Aber von der Dummheit der Menschen lässt sich gut leben. Warum auch nicht.

Die Chefin hat einen Titel qua Geburt und einen weiteren qua hoher Gebühren einer Akademie, die zu nichts taugt ausser zu überzogenen Lohnforderungen.

Die Mitarbeiter sehen aus wie Kokser, wenn sie mal in der Kantine aufkreuzen, die für viel mehr Menschen gedacht war. Sie haben auch immer diesen nervösen Tick. Wenn man stundenlang schwafeln muss, ohne was sagen zu können, und alles wiederholt sich, dann bleibt nur der Weg zu so einem Zeug.

Es sei denn, man ist naturprall. Vielleicht nehmen sie auch nur Puderzucker und bilden sich ein, gut drauf zu sein. Schwächen kann man sich da nicht leisten. München ist voll von arbeitslosen Medienvölkchen in suizidnah und burnout. Also lieber daran klammern, auch wenn es nicht das ist, was man sich mal gedacht hat, beim KW-Studium.

Oder so. Eigentlich dürfte man niemand mehr für diesen Job ausbilden. Die nächsten 5 Jahre warten, bis die Alten in Pension sind und die jungen in der Psychiatrie. Dann geht wieder was. Vielleicht.

Jetzt nach Hause. Klinkerbrauner Alptraum, das hier.

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Blau

Draussen vor dem Fenster friert ein Mädchen in einem surreal leuchtendblauen, gesteppten Daunenmantel. Ihr Gesicht hat den fraktalen, ausgedörrten Teint der Drogensüchtigen. Sie ist viel zu dünn. Ihre kinnlangen, blauschwarzen Haar fallen wie tote Raben. Sie ist höchstens 22, 23 Jahre alt, aber in ihren Augen ist die Zeitlosigkeit der enttäuschten Hoffnung.

Hier in der Startup Zone, in diesem gescheiterten New Media Cluster, gibt es viele Gestalten, die so aussehen. Bei ihr sind es wahrscheinlich Pillen, weil sie auch etwas schwankt und hyperventiliert. Vielleicht ist sie auch nur bei einem Casting rausgeflogen. Alles an ihr sagt, dass nichts, wirklich nichts in Ordnung ist. Und dass sie nicht darüber reden kann.

Woanders als hier wäre sie wunderschön. Wenn sie ein paar Tage durchschlafen würde, und eine Weile die Finger von dem Zeug, ganz gleich ob die blauen Pillen oder die Fernbedienung, lassen könnte.

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Freitag, 9. Januar 2004

Berlin im Dunkeln

Suhrkamps Antwort auf die publizistischen Nachwehen des Berlin-Hypes: Berlin im Licht, die Resteverwertung aus dem Kadaver der Berliner Seiten der FAZ. Der von ihrem Freundeskreis in den Edelfedern-Himmel geschriebene Wurmfortsatz des FAZ-Feuilletons darf es nochmal als Buch probieren. Alte Texte werden zu einem virtuellen Tag recycelt.

Der ewige Konkurrent KiWi hat es im Sommer mit seiner billigen Hassanthologie "Hier spricht Berlin" vorgemacht. Auch Mitte, auch Autoren der FAZ, aufgekochter Haferschleim von gestern auf trendy Buchtellern.

Der Neuling ist eine Mischung aus Frankensteins Monster und verkrümmtem Homunculus. Hauptsache, man kriegt es nochmal unter die Leute, die beim Ende der Berliner Seite geheult haben sollen. Die gibt es, angeblich. Ad maiorem gloriam der Herren Illies und Schirrmacher. Wie es der Zufall will, gehören Verlag und Zeitung zum gleichen Holtzbrinck-Konzern.

Das nennt man wohl Value Chain Management.

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Donnerstag, 8. Januar 2004

Rebellen per SMS

Am Mittwoch, 14.1. 14h Uni Hgb demonstrieren wir für eine besserer Bildungspolitik, lassen mich die Studenten wissen. Per SMS. Damit es auch ja ankommt. Was es denn auch getan hat.

Und ich werde da wohl hingehen. Muss ja. Wenn schon mal was passiert. Trotz SMS.

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