: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Freitag, 8. August 2008

75 Dollar, 60 Jahre und 40 Euro

Die anderen bekamen zum Abitur in der Regel eine Rolex, manchmal auch eine Omega, Cartier oder eine Longines, was der erste Juwelier am Platze eben so vorrätig hatte. Die Eltern kauften wohl in der Hoffnung, die frisch gebackenen Abiturienten würden damit rechtzeitig die Vorlesungen aufsuchen, und weniger das tun, was dann folgte: Sie beim Tanzen und Trinken im Parkcafe ruinieren, beim Duschen am Handgelenk vergessen oder sie, wie in einem Fall geschehen und mir weitergetragen, bei einer Bordsteinschwalbe zurücklassen, deren Wagen ein entfernter Bekannter beim Gaffen zwar angerempelt, aber keine ausreichenden Mittel zum Begleichen des Schadens verfügbar hatte. Ich dagegen hatte andere Wünsche: Nach Amerika fliegen, einen Strassenschlitten kaufen, die Westküste rauf und runter fahren und nach einer alten Gruen Curvex suchen. In den 30er und 40er Jahren war Gruen in den Staaten das, was heute ungefähr Rolex ist; eine exklusive Uhrenmarke, die ihre Werke aus der gleichen Firma wie Rolex bezog, und einige der schönsten rechteckigen Uhren des Art Deco entwickelte: Eben die Curvex mit einem in sich gebogenen Werk, das der Uhr eine hohe Krümmung verlieh und sie beim Autofahren besser ablesbar machte. Wer damals eine Gruen Curvex besass, hatte es geschafft. Es war die Uhr von Cary Grant und Errol Flynn, und in der vorletzten Nacht fuhr ich mit meinem 73er Oldsmobile Delta 88 über die San Francisco Bay Bridge, an meinem Arm die gewünschte Curvex und vor mir die Hügel und Lichter der Stadt, mit dem CanAm-Building und der Lichterkette der Golden Gate Bridge daneben. Und war glücklich.



Auch wenn mir Amerika, offen gesagt, nicht gefallen hatte. Soziale Unterschiede, die mentalität, der Dreck und Zerfall, das Fehlen von Geschichte und Bildung, was sich in der Frage einer Ärztin manifestierte, was für ein Bundesstaat bitteschön dieses "Germany" sein sollte, das habe sie noch nie gehört. Amerika war nicht so gut zu mir wie erwartet, es war damals nicht mehr die Westküste von Jan and Dean, nicht das Los Angeles von Marlowe oder das Hollywood von Gregory Peck, und auch das Hippietum in San Francisco war zu einer kruden Mischung aus Obdachlosigkeit, Prostitution, Drogen und komischen Sekten geworden, während man in einer Ölstadt in der Wüste einfach die Rolls Royce und Bentleys auf einem Schrottplatz von Wind und Sand blankstrahlen liess. Amerika war bestenfalls eine surrealistische, mitunter aber auch traumatische Erfahrung, und ich war noch nie in meinem Leben so froh, wieder daheim zu sein. Nur die Heimkehr nach anderthalb Jahren in Berlin war besser.

Die Gruen Curvex jedoch habe ich in Ehren gehalten, und es ist die einzige Uhr, die mir zu schade zum Tragen ist. An ihr hängt zu viel; ab und an nehme ich sie aus dem Schrank, schaue sie an und stelle sie zurück. In meinen Augen ist sie zu wertvoll. Um diese Einstellung vielleicht angemessen zu erklären: Die oben abgebildete Veri-Thin ist die Nachfolgerin der Curvex-Modelle und kostete in der Saison 1947/48 - in de ganz schlechten Zeit für Deutschland - 75 Dollar. 75 Dollar sind drei Tagessätze für den Detektiv Philipp Marlowe im Roman "Das hohe Fenster", und seine Auftraggeberin Mrs Murdock, eine zum Erbrechen reiche alte Schachtel aus Pasadena, beschwert sich über diesen hohen Tarif. Drei Tage muss Marlowe dann auch über Leichen stolpern, sich mit der Polizei ärgern, Prügel einstecken und sich von allen belügen lassen. Klingt nach wenig Geld, aber 1947 bekam ein normaler Facharbeiter oder Angestellter in den USA in der Regel weniger als 10 Dollar am Tag. 75 Dollar waren damals mehr als nur ein kleines Vermögen.



Der Preis ist also alles andere als niedrig. Gerade die hier gezeigte Uhr mit den verdeckten Bandanschlüssen war ein Prestigemodell, das in den Weihnachtsanzeigen von Gruen vorgeführt wurde, und man hat sie nicht einfach so gekauft, wie man heute eine Swatch oder ein Handy kauft, das diese Funktion zunehmend usurpiert. Damals gab es zwar billige Uhren für ein paar Dollar, aber mit 75 Dollar war dieses Exemplar schon signifikant teurer als ein Einsteigermodell von Rolex. Oder Girard Perregaux. Oder Omega. Man muss sich nur das Werk anschauen, um die hohen Kosten zu verstehen; die für diese Form ausgesprochen grosse und mit Justierungsschrauben versehene Unruh, der speziell verschraubte Rubin für die Ankerhemmung, die Schriftzüge und das Finish eines Bauteils, das fast nie das Licht der Welt erblickt und heute, 60 Jahre nach seiner Herstellung, immer noch klaglos arbeitet.

Um den Wert und den Luxus zu verstehen, muss man sich die Preise der damaligen Konsumgüter vergegenwärtigen. Ein Chevrolet der oberen Mittelklasse kostete damals gerade mal 1300 Dollar, der damals schon äusserst teure Jaguar XK 120 rund 3000 Dollar, und das durchschnittliche amerikanische Haus mit Grund 6600 Dollar. Man sollte meinen, dass so eine Uhr zumindest halbwegs ihren Preis gehalten hat, zumal, wenn sie gereinigt ist, gut läuft und ein fast neues Band hat - aber man irrt sich. Keine 40 Euro inclusive Versand und Zoll über Ebay.

Und das ist typisch für Amerika. Dieses Land hat wenig Geschichte, aber zumindest nach der grossen Depression bis Mitte der 60er Jahre eine Phase der absoluten politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Dominanz. Die gute alte Zeit der USA dauerten 30 Jahre, mit einem enormen Industrieausstoss der besten Produkte, die die Welt jemals gesehen hatte, die besten Materialien und Wohlstand für weite Teile der Bevölkerung. Aber weil sie keinen Geschichtsbegriff haben, weil Amerika immer nur nach vorne schaut, werden die besten Uhren der Welt zu Preisen verramscht, für die man weitaus weniger gute Uhren aus der Schweiz nie verkaufen würde.



In meinen Augen ist es diese Umgang mit der Vergangenheit, der eine der zentralen Ursachen der amerikanischen Finanzkrise darstellt. Amerika hat in den Zeiten dieser Uhr sein Wachstum über rund 8% Inflation aufgeblasen, ohne Rücksicht auf Gespartes, weil es damals nach der Wirtschaftskrise wichtig war, Geld in Umlauf zu halten. Diesmal wurden die natürlichen Grenzen des Wachstums weniger über die Inflation ausgehebelt, sondern durch ein allumfassendes Lügen, in dem sich Kreditnehmer ein höheres Einkommen erfanden, Banken bessere Sicherheiten, Ratingagenturen bessere Bewertungen und Banken höhere Gewinne, die die globale Produktion antrieben. Hauptsache, es wird immer mehr und besser als das Alte, das man nach einem Jahr nicht mehr sehen will. Schon in den 30er Jahren ging die amerikanische Wirtschaft dazu über, langfristige Güter wie Autos jährlich neu zu entwerfen; es gab noch mehr Chrom und Blech auf Fahrgestellen, die sich seit der Tin Lizzy technisch kaum entwickelt hatten, und diese Tradition der Lüge und Verschleierung gilt bis heute. Weil aber jeder weiss, dass unter dem bunten Lack der Amerikaner eben kein ausgebufftes Werk wie das einer Gruen steckt, sondern nur eine veraltete Konstruktion, muss aussenrum aufgesext und hochgelogen werden -

bis das System zur Kaschierung alter Fehler unter den hohen Kosten und den Schulden zusammenbricht. Meine neue Gruen habe ich von jemandem, der sie verkauft hat, um dieses individuelle Schicksal in einem Vorort von san Francisco abzuwenden. Ihre - übrigens in bester alter europäischer Traition - aufgelegten Goldziffern werden von nun an meinem Arm funkeln, wenn ich in die Berge fahre. Und glücklich bin, in einem Land zu leben, das die Geschichte nicht vergisst, sondern in ihr lebt und daraus lernt.

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Donnerstag, 7. August 2008

Für das Schwesterschiff

Nie vergessen: Das war vor über anderthalb Jahren. Sah schlimm aus. Totalschaden, sagten sie. Kann man nichts mehr machen. Lohnt sich auch nicht. Es war auch kein Spass, sie dann so ausgeweidet zu sehen. Es war auch nicht gerade billig. Aber das ist heute immer noch:



Sie hatten nicht recht. Es ist zwar nur ein Auto. Aber es lohnt sich.

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Donnerstag, 31. Juli 2008

Bavarian Teatime

So gegen drei Uhr werde ich meistens müde, müde, immer müder, bis ich dann irgendwann aufstehe, in die Küche gehe und die in der Regel zweite grosse Kanne des Tages mit Tee bereite. Manchmal, wenn ich zu lang gearbeitet habe und noch in der Morgendämmerung fragwürdige Geschäftsberichte oder auch gute Romane lese, stimmt meine innere Uhr nicht mehr. Dann greife ich zu spät zum tee, bekomme mein Teein zu spät, und hänge folglich den halben Abend müde und faul durch. Und deshalb ist es gut, dass ich jetzt einen Teewecker habe, der mich jeden Tag um 16.15 Uhr darauf hinweist, dass es nun an der Zeit ist. Der Teewecker ist ganz einfach und besteht aus 18.000m² Weidefläche, einem Dutzend Miesbacher Fleckviecher und deren untrüglichem Sinn, dass es nun nach einem Tag des Fressens an der Zeit für die Melkerei ist.



Dann nämlich geht das Gemuhe los, von dem man sonst tagsüber kaum etwas hört, sie verlassen die saftigen Gräser, gehen zum Tankwagen, saufen noch ein paar Schluck und warten, bis endlich der Bauer kommt, um mit ihnen hoch in den Stall zu gehen. Das alles ist ein ziemliches Spektakel, das man nicht überhören oder übersehen kann, und es zeigt an, dass es nun definitiv auch die Zeit für den Tee ist.



Und natürlich eine kleine Stärkung, bevor es als Abendspaziergang auf den - kleinen - Berg geht. Morgen fangen in Bayern die Ferien an, dann wird es ziemlich voll da oben, und so habe ich den Gipfel nochmal für mich allein. Oder ich weiche in die wilden Bergregionen des Gipfelkaisers Mek aus.

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Mittwoch, 30. Juli 2008

Im Biergarten

Frau Dr. v. R. steht, angetan in schwarzen Dalmatinerpunkten auf Weiss, beginnend bei den Schuhen bis zum leichten Sommerhut vor mir und überlegt. Drei Torten müssen reichen, aber welche? Apfelmandel ist klar, Käsemandarine auch. Vielleicht probieren Sie mal die Kirschmandel und die Birnenbaiser, versuche ich mich als Ratgeber, und Frau Dr. v. R. kann sich nicht entscheiden. Letztlich nimmt sie dann jeweils eine halbe Torte und verspricht, sich nochmal zu melden, falls das nicht reichen sollte. 3 Torten, das sind ungefähr 30 Stück Kuchen. Nicht schlecht für ein Familienfest im kleinen Rahmen. Ich fühle mich danach mit meinen kleinen schmutzigen, schmalzgebackenen Wünschen, bei deren extensiver Erwähnung die Leser sofort ein halbes Kilo zunehmen würden, geradezu bescheiden.



Dabei ist dies einer der Tage, an denen die Lust am Essen nicht allzu gross ist; auch der Tee schmeckt nicht und die Vorstellung, in dieser Hitze den Austausch von Erbmaterial bis zur Gummigrenze durchzuführen, wenn alles glitschig klebt und die Luft voller Dunst ist, auch diese Vorstellung mag mir nicht behagen. Es sind diese tage, an denen sich ein Mobiltelefon doch lohnt; man setzt sich unter einen Schirm in den nächsten Biergarten, ruft jemanden an und freut sich über jede Brise in den Gassen der Altstadt, während die Kurse des zweiten Heiratsmarktes besprochen werden. ich bin der festen Überzeugung, dass dieser real existierende Sommer eine fiese Sau ist: Er macht Frauen schöner und das Vergnügen mit ihnen weitgehend unmöglich; allein am See ginge vielleicht was, woraufhin Susi von sich aus klarstellt, dass sie dieses Wochenende ganz sicher nicht kommt.



Irgendwann ist die schlimmste Hitze vorbei, die ersten SSV-Käufer treiben wieder durch die Gassen, und oben an der Schule, wo sie heute das Ende des Jahres feiern, erklingt das übliche Repertoire solcher Veranstaltungen. Schülerbands. Hoffnungen, aus denen hoffentlich nicht allzuviel wird, in Zeiten des Internets sind Musikmacher noch gearschter als Journalisten. Ein Job mit sicheren Ferien und Urlaubsgeld ist eher was, dann können sie auch mit dem letzten Pausengong in den Süden starten, wenn sie ihre eigenen Kinder in die selbe Schule stecken. Alles wiederholt sich, das Girl von Ipanema werden sie auch in 20 Jahren noch singen, und dazu brennt die Sonne herunter auf die, die bleiben müssen und die, die blöd genug waren, den Bergsee zu verlassen.

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Samstag, 26. Juli 2008

Abendspaziergang

In Berlin führte mein Weg des Abends von der Gartenstadt Altlantik, die zu bewohnen ich das Vergnügen hatte, über die ein oder andere Brücke entlang an ruinösen Bauten zur Schönhauser Allee, dann hinunter zur Kastanienallee, vorbei an den Dealern unter der S-Bahn, später dann zum Arkonaplatz und über die müllverseuchten Brachen der Mauergrundstücke zurück auf die Badstrasse, hinunter zum Gesundbrunnen. Und jedesmal bracht ich mehr Dirt Pictures mit, als ich bringen konnte. Der entsprechende Ordner umfasst noch rund 900 nicht gepostete Abbildungen von Sofas, Kühlschränken und Müllansammlungen, die auf offener Strasse zu besichtigen sind, komplette Immobilien und Stadtviertel, die man eigentlich auch so bewerten könnte, nicht mitgerechnet.



Mein Abendspaziergang am See führt mich über das blitzsauber, in Blumenschmuck ersaufende Dorf Gasse hinauf durch den Wald, am Wildbach entlang auf die Neureuthalm in 1264 Meter Höhe. Man ist nur im Wald, es rauscht das Wasser und kein Fahrzeug, nur ganz zum Schluss, nach dem letzten harten Anstieg, treten die Bäume zurück und der Blick weitet sich zu einem Panorama, bei dem ich hysterisch lachen musste, so grandios ist der Blick und der Himmel, der sich am Abend ins Ultramarinblaue verfärbt.



Anderthalb Stunden dauert der Rückweg über den weichen Waldboden, und meine in Bad Ischl erworbenen Bergsportschuhe kleben geradezu auf Felsen und Wurzeln. Hier und da lugen die ersten kleinen Steinpilze aus dem Boden, zu jung noch, aber vorgemerkt für spätere Touren, die noch folgen werden. Weiter unten gleisst der See in der Abendsonne, und im letzten Licht geht es dann über die Kuppen und Hügel zurück, wo das Omelett mit Mangold, Pfifferlingen und Scamorza bereitet wird.



Blah, mag der Berliner stöhnen, der mit seinen Bildern, nicht schlecht, aber dafür muss er auch bei den Halbaffen in Bayern sitzen, den Korruptis der Staatspartei, und irgendwann werden sie ihm auch seine Berge weggentechniken und einen Kurpalast vor seine Berge klatschen, wo jetzt noch der Blick auf den Ostinberg ist. Aber - auch Bayern ändert sich. Gestern hat der mit der CSU bestens verdrahtete Herr Schörghuber zusammen mit seinen Freunden im Gmundner Rathaus vom bayerischen Verfassungsgericht oane neibetoniat, wie man hier sagt, bekommen. Denn der schönste Biergarten unten am See in in Gut Kaltenbrunn wird nach dem Urteil so schnell kein bonzokratisches, siebenstöckiges Tagungsressort mit Denkmalkadaver als Attrappe einer nicht mehr existierenden Gemütlichkeit.

Und, das sei noch gesagt, es ist hier so lächerlich einfach, tolle Bilder zu schiessen. It´s like shooting fish in a barrel.

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Samstag, 12. Juli 2008

Morgen dann ist es vorbei

Vielleicht dachte sich das schöne Wetter, noch einmal loslegen zu müssen, bevor der grosse Ansturm kommt. Die meisten Schilder zeigen zwar schon "belegt", aber die einen fahren, und die anderen kommen. Aber erst, nachdem das schöne Wetter einem Gewitter Platz gemacht hat, wie überall in Bayern sonst schon während der Nacht.



Es ist noch nicht viel los. Ein paar vereinzelte Gäste, halbvolle Ausflugsdampfer, fast wieder Vorsaison, denn die Tagestouristen aus München sind noch nicht da, oder bleiben ganz aus. Eine Mutter auf dem Weg über den Spielplatz brüllt nach Sarah, Maximilian und Kevin - was sonst - und stört mit ihrer Hektik den ein oder anderen, der im Schatten der Bäume döst.



Nur ein paar Schritte weiter ist es entgültig vorbei mit der Ruhe, denn es werden Zelte aufgeschlagen und Gatter montiert für sie Sportfraktion, die dachte, an einem 13. Juli könnte das Wetter auch mal schön sein. Das wird ein Massaker morgen, beim Triathlon, aber ich bin dann schon auf dem Heimweg.



Bis zur nächsten Schönwetterperiode.

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Donnerstag, 10. Juli 2008

Würde ich

Würde ich mit schlechter Bezahlung beim Trashportal Zoomer.de arbeiten müssen, wäre heute der Tag, ab dem ich mich intensiv nach einer beruflichen Alternative umschauen würde. Mehr als eine "Neuausrichtung" gibt es in der Regel bei Holtzbrinck nicht, bevor sie ein Projekt in den Eimer treten, in dem schon News Frankfurt und Business News sind.



Würde ich generell bei einem Medium der Mecom-Holding arbeiten, würde ich versuchen, irgendwas dort zu kapern - am besten die Netzeitung - und mir Helfer suchen, um es Montgomery mal richtig zu zeigen. Und sei es nur, um ihm und seinen Aktionären einen Kurseinbruch zu bescheren. Mehr als gefeuert werden kann man dafür auch nicht, und das passiert ohnehin.



Würde ich was mit Medien in einer weniger gut aufgestellten Region machen, würde ich versuchen, dort wegzuziehen, nachdem ich gehört habe, welche Bremsspuren im Bereich Werbung eines grossen Bankhauses zu erwarten sind. Sie sagten, das machen jetzt alle so. Die Durststrecke dauert mindestens anderthalb Jahre. Und was Springer mit dem Projekt "Humanglobaler Zufall" macht, ist auch nicht hübscher als das "Übergeben an die Community", mit dem die Agentur Knallgrau ihr Vorzeigeprojekt Mindestens Haltbar loswerden will.



Würde ich bei Vanity Fair Deutschland arbeiten, würde ich mich fragen, warum man nicht auf diejenigen gehört hat, die sich dem Konzept "Oberschicht" anders angenähert hätten, ohne Gbrüll, Tittenschwingen und D-Promis, die es nie auch nur in die Nähe der überwucherten Gärten am Leeberg schaffen werden - höchstens, wenn sie mal gegenüber in Wiessee auf Entzug sind. Und würde ich Kinder haben, würde ich sie eher auf den Bau schicken, als in die Medien. Zynische Dreckschweine gibt es auch bei Immobilienfonds, aber dann ist es wenigstens kein Hungerleiderjob.

Aber ich habe keine Kinder, bin nicht in Berlin und habe eine Arbeit, die ich auch am Spitzingsee machen kann, oder in der Dämmerung am Ufer, solange der Akku reicht.

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Dienstag, 8. Juli 2008

Sieben sommerliche Lügen zum Dienstag

Liebste Frau Mama!

Sollte Ihre Freundin Frau P. wirklich morgen kommen und die nächsten Tage bleiben wollen, so bin ich natürlich gern bereit, meinen Aufenthalt hier zu beenden. Frau P. wird sicher ohne Unfall durch all die holländischen Staus hier angelangen, und so schlimm ist es auch nicht, wenn ihre Rosen vertrocknen - sie hat eh zuviel von dem Unkraut. Ich weiss, ich habe versprochen, ihren Stadtgarten zu giessen, aber leider habe ich hier schon entsetzlichen Heuschnupfen. Frau P. wird es aber sicher besser überleben als die Rosen. Und Lilien. Und Asparagi. Und was da sonst noch den praktischen Golfrasen verhindert. Also, wenn sie will: Sie kann gerne kommen!

Untertänigst

Euer liebender Sohn.



Liebe Mieter des Stadtpalastes,

leider habe ich daheim einige Unterlagen für die Abrechnung auf einem USB-Stick vergessen, so dass Ihr noch etwas warten müsst. Angesichts der leider mal wieder gestiegenen Kosten für Gas und Strom verschönt Euch mein Missgeschick noch die folgenden Tage - zu gern hätte ich diese Arbeit jetzt schnell hinter mich gebracht. Ihr wisst ja, ich mag diese Aufschieberei absolut nicht.

Bis dann,

Don



Hallo A.,

das ist natürlich blöd, wenn es bei Euch an der Nordsee regnet. Aber mach Dir nichts draus, hier ist es auch manchmal bewölkt.

Alles Liebe und Sonne im Herzen

Don



Liebe Frau F.,

vielen Dank für Ihre Einladung, als Ersatz für die blöde, geldgeile Sau den geachteten, aber verhinderten Onlineprofi P. fast kostenlos nach Berlin zu fahren und dort vor führenden Arschkrampen und PR-Strichern Kommunikationsprofis in dieser vergammelten Vertreterabsteige diesem exklusiven Rahmen einen Vortrag über Anzugarschficken Web2.0 zu halten. Leider kommt ihre Anfrage etwas kurzfristig, und mein Terminplan lässt - wie so oft in diesem arbeitsreichen Jahr - diese Wahrnehmung dieser Gelegenheit leider nicht zu. Darf ich Ihnen raten, sich an den vergammelten Ritalinfresser Herrn Soundso zu wenden? Der ist Spezialist für diese Themen und macht es ebenfalls sicher gern umsonst, wegen der glänzenden Business Opportunities.

Mit freundlichen Grüssen

Don Alphonso Porcamadonna (nach Diktat verplant)



Liebe Susi,

jederzeit wieder, aber ganz ehrlich: Ulli und ihre Kinder werden sich hier zu Tode langweilen, das hier ist absolut ungeeignet für alle unter 30, nur alte Knacker, also, wenn Du Ulli einen Gefallen tun willst, lass sie daheim und komm allein hierher. Es ist nicht wegen meiner nordischen Klassikeroriginale, die mir die Blagen ruinieren würden, es ist nicht, weil ich Dich in Ruhe vernaschen will oder weil ich Kinder hasse, ich meine es einfach nur gut. Das hier ist Altersheim.

Und nun eile!

Don



Liebe Frau H.,

ich habe schon gehört, dass der andere Don abgegeben hat, und mir fehlen wegen diverser familiärer und privater Zwischenfälle nur noch 10.000 Zeichen. Ich schwöre, dass ich morgen fertig bin!

Tief beschämt, Ihr pralinenmitschickender

Don



Lieber Herr Prof. Dr. Nachbar,

ich will Ihnen nicht zu nahe treten, aber Ihr Wagen ist schlecht für die Umwelt und frisst Ihnen mit seinen 6 britischen Zylindern und Ihrem Akademikergehalt die Haare vom Kopf. Hellblau ist unmodern, und über den Luftwiderstand der Speichenräder brauchen wir erst gar nicht zu reden. Als Einstand in dieser Anlage biete ich ihnen hiermit 1000 Euro Übernahmeprämie an, die ihnen beim Erwerb eines Opel Astra helfen können; ich werde ihr vorsintflutliches Monster derweilen einmotten und nur ab und zu bewegen, weil für die Schrottpresse, das gebe ich zu, ist es doch zu schade.

Mit besten Empfehlungen an die Frau Gemahlin, die sicher genug Pannen erlebt hat,

Ihr - sagen Sie Donnie zu mir - Porcamadonna



Immer diese Schreibarbeit im Urlaub, als ob die Markisenkurbelei nicht schon genug Stress wäre, und dann die Lauferei über das Strandbad zum Konditor - nun zu Tee und Kuchen.

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Mittwoch, 2. Juli 2008

Don Alphonso darstellen

Ich bin absolut kein Freund von Pressephotos in dem Sinn, dass die Presse Photos von mir macht. Man hat zwar Persönlichkeitsrechte, aber einem Urheberrechtsverletzer und Lügner wie dem Pleitier Peter Turi ist das erkennbar egal, insofern behält man besser alle Rechte, dann kann man sich auch schnell und effektiv wehren. Ich würde mich auch ungern in meinem Zuhause ablichten lassen, das geht absolut nicht, vielleicht, weil ich mich weniger als Gegenstand von Berichterstattung sehen möchte, als ich letztlich bin, und deshalb auch auf mein Recht auf Privatsphäre poche.

Nun gab und gibt es in letzter Zeit einige Berichte, die fast schon in den Bereich Homestory gehen, und natürlich versuche ich, dem Bild im Blog dann auch im Interview gerecht zu werden; ich sehe mich veranlasst, eine Kunstfigur darzustellen und sie Dinge sagen zu lassen, die gar nicht unbedingt die Meinigen wären. Um hier einem Manko solcher Berichte abzuhelfen, die sich deskriptiv behelfen müssen, um die dem Gesagten natürlich angepasste Umgebung des Gesprächs in den Text zu bringen:



Ein wenig rechts vom Fenster sitze ich dann sehr breit und zurückgelehnt auf dem Sofa, biete Tarte, Torte, Tee, Kaffee und Auszogne mit hausgemachter Marmelade an, und wenn alles vorbei ist, trinke ich an Tagen wie heute ein Glas (a la facon venise) Eistee.

Ich denke, es gibt die Erwartungshaltung gut wieder, und man bekommt als Interviewer in etwa das, was man in der Redaktion vorgeschlagen hat. Und nun würde mich mal interessieren, wie es bei anderen heimgeschichteten Bloggern so aussieht.

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Montag, 30. Juni 2008

Welch herrlicher Abend

Das tiefe Blau des Himmels, die warme Luft, ein paar angerötete Wolken nach einem dramatischen Sonnenuntergang, und noch Stunden werde ich draussen sitzen können.



Ein paar Autotüren schlagen, ein paar Leute verlassen die Stadt, und irgendwo gab es auch mal einen Schrei, ansonsten ist es angenehm still hier. Meine Tarte schmeckt vorzüglich, und sollte es doch nochmal etwas lauter werden: In meiner Anlage läuft eine CD mit spanischer Renaissancemusik.

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