75 Dollar, 60 Jahre und 40 Euro

Die anderen bekamen zum Abitur in der Regel eine Rolex, manchmal auch eine Omega, Cartier oder eine Longines, was der erste Juwelier am Platze eben so vorrätig hatte. Die Eltern kauften wohl in der Hoffnung, die frisch gebackenen Abiturienten würden damit rechtzeitig die Vorlesungen aufsuchen, und weniger das tun, was dann folgte: Sie beim Tanzen und Trinken im Parkcafe ruinieren, beim Duschen am Handgelenk vergessen oder sie, wie in einem Fall geschehen und mir weitergetragen, bei einer Bordsteinschwalbe zurücklassen, deren Wagen ein entfernter Bekannter beim Gaffen zwar angerempelt, aber keine ausreichenden Mittel zum Begleichen des Schadens verfügbar hatte. Ich dagegen hatte andere Wünsche: Nach Amerika fliegen, einen Strassenschlitten kaufen, die Westküste rauf und runter fahren und nach einer alten Gruen Curvex suchen. In den 30er und 40er Jahren war Gruen in den Staaten das, was heute ungefähr Rolex ist; eine exklusive Uhrenmarke, die ihre Werke aus der gleichen Firma wie Rolex bezog, und einige der schönsten rechteckigen Uhren des Art Deco entwickelte: Eben die Curvex mit einem in sich gebogenen Werk, das der Uhr eine hohe Krümmung verlieh und sie beim Autofahren besser ablesbar machte. Wer damals eine Gruen Curvex besass, hatte es geschafft. Es war die Uhr von Cary Grant und Errol Flynn, und in der vorletzten Nacht fuhr ich mit meinem 73er Oldsmobile Delta 88 über die San Francisco Bay Bridge, an meinem Arm die gewünschte Curvex und vor mir die Hügel und Lichter der Stadt, mit dem CanAm-Building und der Lichterkette der Golden Gate Bridge daneben. Und war glücklich.



Auch wenn mir Amerika, offen gesagt, nicht gefallen hatte. Soziale Unterschiede, die mentalität, der Dreck und Zerfall, das Fehlen von Geschichte und Bildung, was sich in der Frage einer Ärztin manifestierte, was für ein Bundesstaat bitteschön dieses "Germany" sein sollte, das habe sie noch nie gehört. Amerika war nicht so gut zu mir wie erwartet, es war damals nicht mehr die Westküste von Jan and Dean, nicht das Los Angeles von Marlowe oder das Hollywood von Gregory Peck, und auch das Hippietum in San Francisco war zu einer kruden Mischung aus Obdachlosigkeit, Prostitution, Drogen und komischen Sekten geworden, während man in einer Ölstadt in der Wüste einfach die Rolls Royce und Bentleys auf einem Schrottplatz von Wind und Sand blankstrahlen liess. Amerika war bestenfalls eine surrealistische, mitunter aber auch traumatische Erfahrung, und ich war noch nie in meinem Leben so froh, wieder daheim zu sein. Nur die Heimkehr nach anderthalb Jahren in Berlin war besser.

Die Gruen Curvex jedoch habe ich in Ehren gehalten, und es ist die einzige Uhr, die mir zu schade zum Tragen ist. An ihr hängt zu viel; ab und an nehme ich sie aus dem Schrank, schaue sie an und stelle sie zurück. In meinen Augen ist sie zu wertvoll. Um diese Einstellung vielleicht angemessen zu erklären: Die oben abgebildete Veri-Thin ist die Nachfolgerin der Curvex-Modelle und kostete in der Saison 1947/48 - in de ganz schlechten Zeit für Deutschland - 75 Dollar. 75 Dollar sind drei Tagessätze für den Detektiv Philipp Marlowe im Roman "Das hohe Fenster", und seine Auftraggeberin Mrs Murdock, eine zum Erbrechen reiche alte Schachtel aus Pasadena, beschwert sich über diesen hohen Tarif. Drei Tage muss Marlowe dann auch über Leichen stolpern, sich mit der Polizei ärgern, Prügel einstecken und sich von allen belügen lassen. Klingt nach wenig Geld, aber 1947 bekam ein normaler Facharbeiter oder Angestellter in den USA in der Regel weniger als 10 Dollar am Tag. 75 Dollar waren damals mehr als nur ein kleines Vermögen.



Der Preis ist also alles andere als niedrig. Gerade die hier gezeigte Uhr mit den verdeckten Bandanschlüssen war ein Prestigemodell, das in den Weihnachtsanzeigen von Gruen vorgeführt wurde, und man hat sie nicht einfach so gekauft, wie man heute eine Swatch oder ein Handy kauft, das diese Funktion zunehmend usurpiert. Damals gab es zwar billige Uhren für ein paar Dollar, aber mit 75 Dollar war dieses Exemplar schon signifikant teurer als ein Einsteigermodell von Rolex. Oder Girard Perregaux. Oder Omega. Man muss sich nur das Werk anschauen, um die hohen Kosten zu verstehen; die für diese Form ausgesprochen grosse und mit Justierungsschrauben versehene Unruh, der speziell verschraubte Rubin für die Ankerhemmung, die Schriftzüge und das Finish eines Bauteils, das fast nie das Licht der Welt erblickt und heute, 60 Jahre nach seiner Herstellung, immer noch klaglos arbeitet.

Um den Wert und den Luxus zu verstehen, muss man sich die Preise der damaligen Konsumgüter vergegenwärtigen. Ein Chevrolet der oberen Mittelklasse kostete damals gerade mal 1300 Dollar, der damals schon äusserst teure Jaguar XK 120 rund 3000 Dollar, und das durchschnittliche amerikanische Haus mit Grund 6600 Dollar. Man sollte meinen, dass so eine Uhr zumindest halbwegs ihren Preis gehalten hat, zumal, wenn sie gereinigt ist, gut läuft und ein fast neues Band hat - aber man irrt sich. Keine 40 Euro inclusive Versand und Zoll über Ebay.

Und das ist typisch für Amerika. Dieses Land hat wenig Geschichte, aber zumindest nach der grossen Depression bis Mitte der 60er Jahre eine Phase der absoluten politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Dominanz. Die gute alte Zeit der USA dauerten 30 Jahre, mit einem enormen Industrieausstoss der besten Produkte, die die Welt jemals gesehen hatte, die besten Materialien und Wohlstand für weite Teile der Bevölkerung. Aber weil sie keinen Geschichtsbegriff haben, weil Amerika immer nur nach vorne schaut, werden die besten Uhren der Welt zu Preisen verramscht, für die man weitaus weniger gute Uhren aus der Schweiz nie verkaufen würde.



In meinen Augen ist es diese Umgang mit der Vergangenheit, der eine der zentralen Ursachen der amerikanischen Finanzkrise darstellt. Amerika hat in den Zeiten dieser Uhr sein Wachstum über rund 8% Inflation aufgeblasen, ohne Rücksicht auf Gespartes, weil es damals nach der Wirtschaftskrise wichtig war, Geld in Umlauf zu halten. Diesmal wurden die natürlichen Grenzen des Wachstums weniger über die Inflation ausgehebelt, sondern durch ein allumfassendes Lügen, in dem sich Kreditnehmer ein höheres Einkommen erfanden, Banken bessere Sicherheiten, Ratingagenturen bessere Bewertungen und Banken höhere Gewinne, die die globale Produktion antrieben. Hauptsache, es wird immer mehr und besser als das Alte, das man nach einem Jahr nicht mehr sehen will. Schon in den 30er Jahren ging die amerikanische Wirtschaft dazu über, langfristige Güter wie Autos jährlich neu zu entwerfen; es gab noch mehr Chrom und Blech auf Fahrgestellen, die sich seit der Tin Lizzy technisch kaum entwickelt hatten, und diese Tradition der Lüge und Verschleierung gilt bis heute. Weil aber jeder weiss, dass unter dem bunten Lack der Amerikaner eben kein ausgebufftes Werk wie das einer Gruen steckt, sondern nur eine veraltete Konstruktion, muss aussenrum aufgesext und hochgelogen werden -

bis das System zur Kaschierung alter Fehler unter den hohen Kosten und den Schulden zusammenbricht. Meine neue Gruen habe ich von jemandem, der sie verkauft hat, um dieses individuelle Schicksal in einem Vorort von san Francisco abzuwenden. Ihre - übrigens in bester alter europäischer Traition - aufgelegten Goldziffern werden von nun an meinem Arm funkeln, wenn ich in die Berge fahre. Und glücklich bin, in einem Land zu leben, das die Geschichte nicht vergisst, sondern in ihr lebt und daraus lernt.

Freitag, 8. August 2008, 20:05, von donalphons | |comment

 
absoluter wahnsinn
ich lese hier seit fast Anbeginn mit und großartige Texte mit wirklich tiefem, zum nachdenken anregendem Inhalt gab es ja schon immer, aber das Feuerwerk, das Du in diesem Jahr (irgendwie seit dem Umzug an den Tegernsee) abbrennst, sucht wirklich seinesgleichen, sei es in Print oder Online.

Wie sehr würde ich mir wünschen, einmal solch augenöffnende, famos formulierte Texte in einem wirklich meinungsbildenden Medium zu lesen, nicht nur in der Nische, die Blogs nunmal leider sind...

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Meinungsbildende Medien. Das war schon zu Zeiten von Philipp Marlowe ein wohl unerfüllter Traum der Verleger.

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meinungsbildende Medien...
war vielleicht der falsche Ausdruck.
Was aber nichts an der Tatsache ändert, dass Don häufig wichtige Themen in einer Weise und Direktheit anspricht, wie sie Ottonormalbürger in seiner Tageszeitung nicht findet.

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>Und glücklich bin, in einem Land zu leben, das die Geschichte nicht vergisst, sondern in ihr lebt und daraus lernt.

Ist das nicht ein wenig hoch gegriffen? Aber egal, darf man denn erfahren in welchem Zeitraum ungefähr der Erwerb vollzogen wurde?

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Ach, was sind schon Medien... man schaue sich nur mal das hier an. Cheerleader, Arschkriecher, Lügner, Schönpinsler, und die Banken stellen für alles Experten, die sagen, was man hören will. Aber danke für das Lob. Mir reicht es, wenn es hier gelesen wird.

Ich bin aber schon der Ansicht, dass man in Deutschland seit der letzten Bubble 2000 dazugelernt hat. Weniger bei den banken, als vielmehr bei den Anlegern. Und ich habe auch das gefühl, dass hierzulande seitdem erheblich sauberer gearbeitet wird, jetzt mal jenseits des grauen Kapitalmarktes.

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Daß sich "irgendwie seit dem Umzug an den Tegernsee" etwas geändert hat, wie hajomitmajo feststellt, unterschreibe ich.
Aber ich unterschreibe es nicht gern.

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Sommerloch und Kreditkrise.

Was mich überrascht, immer noch überrascht ist die lässige Reaktion darauf. Man könnte glauben, es betrifft uns nicht. Kreditkrise ist New Economy in Potenz. Für alle.

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Fatalismus?

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Etwas Angst, weniger um mich, als um das, worin ich lebe. Manchmal denke ich, das beste wäre es, es jetzt noch in vollen Zügen zu geniessen, ohne an da Kommende zu denken. Ich weiss nicht, ob das fatalistisch ist. Ich bin ratlos im Grossen.

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(und auch etwas Verärgerung über den fallenden Euro, der meine amerikanischen Rezessionswetten massiv erschwert; in den letzten Wochen habe ich ziemlich oft "schau ob du die Luxusuhr, die schon immer haben wolltest, jetzt in den USA für 1/4 des Geldes bekommst, was man sonst so verlangt, oft sehr deutlich gewonnen; das ist jetzt wieder vorbei. Schade. War ein todsicheres Geschäft.)

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Der amerikanische Optimismus nimmt gelegentlich irreale/surreale Züge an.

Heute wollte mir einer am Telefon weismachen, jetzt käme die große Dollar-Rallye, mit Europa ginge es bergab, in den USA sei die Krise überstanden, Öl ginge in den Keller, und ob ich nicht einsteigen wolle, jetzt ginge es ganz groß los und so.

Nö die lernen nix

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In den letzten Wochen wollen einem auch bedenklich viele Sparkassen die Chance auf 8% in den nächsten 3 Jahren andrehen.

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Ich glaube tatsächlich, dass der Euro jetzt eine Weile etwas niedriger gehandelt werden wird, was angesichts von Resteuropa wie Irland, Spanien und Italien ja auch nicht ganz unverständlich ist. Glücklicherweise habe ich meine kleine Kollektion an Uhren, soweit ich sie brauchen kann, schon erworben und bezahlt. Und die Ignoranz, mit der man wegen fallender Rohstoffpreise in Folge der Rezession heute die Zahlen von Fannie Mae und der Royal Bank of Scottland ignoriert hat, ist nur noch als dummdreist zu bezeichnen. Wie Moose Malloy in "Lebwohl, mein Liebling", den auch viele Kugeln einfach nicht zu Fall bringen. Zuerst mal. Es wird noch einige Magazine schlechter Nachrichten brauchen, damit sich die Rezession auch entfalten kann. Und Rezession gehört nun mal dazu.

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Zum Aspekt 'mangelnde Geschichte und Bildung' bei der beschriebenen Ärztin: Könnte man jemanden, der noch nie etwas von Deutschland gehört hat und auch offenbar noch keinem Deutschen begegnet ist, nicht auch einen glücklichen Menschen nennen?

(Umgekehrt wüßte ich die Nebenflüsse des Missisippi auch nicht zu benennen.)

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Aber zumindest weiß man was im Umfeld des Missisippi stattfand und die unsägliche jüngste Geschichte Deutschlands sollte selbst in entfernten Gefilden halbwegs ein Begriff sein.

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Mississippi? Huckleberry Finn. Noch was?

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Ich habe vergleichsweise lange in den USA gelebt, und zwar Midwest, also den richtigen USA. Seit einigen Jahren bin ich wieder hier in D und kann mit Fug und Recht behaupten, dass der durchschnittliche Deutsche einen Scheissdreck über die USA weiss (ebenso wie umgekehrt natürlich). Regelmässiger Konsum von Teeniekommödien, TV-Serien und Chart-Musik reicht leider nichtmal für ordentliches Halbwissen aus.

Ein deutlicher Unterschied ist allerdings, dass die deutschen extrem judgemental sind und sowieso immer alles besser wissen (am deutschen Wesen etc.), während die Amerikaner in der Regel ehrlich interessiert sind und überhaupt kein Problem damit haben ihr Unwissen zu bekennen.

Daher durchschnittlicher Ami >= durchschnittliche Kartoffel.

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es gibt ein gutes blog dazu, usa erklärt. da kann man sich als deutsche(r) informieren. kennen hier aber vielleicht viele schon.

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Gut, Die USA gibt es genausowenig wie die Bundesrepublik. Und der White Trash von Kiel bis Oklahoma City dürfte auch überall gleich sein. Wenn es aber um das Thema "Borniertheit", nachgerade in wirtschaftlichen Zusammenhängen geht, gibt es durchaus sowas wie eine sehr typische amerikanische Haltung, die schon nicht mehr optimistisch ist, sondern unbeleckt undgleichzeitig arrogant. Ich erinnere mich da noch mit Freuden an das Founders Forum 2001, als ein MIT-Gründungsguru sagte, es sei jetzt eine grossartige zeit für Internetunternehmer. Das muss man erst mal schaffen. Da ist mir das grüblerische Nachdenken, das mitunter dann auch fundiertes Wissen zur Folge hat, lieber. Man könnte die Geschichte der New Economy auch als Geschichte einer Amerikanisierung schreiben. Mal ganz unabhängig davon, dass die USA für mich ein Dauerschockzustand waren.

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der werterhaltende gedanke ist inzwischen auch bei uns in germany verkommen. gerade erst komme ich nach hause, es war ein langer tag im büro, und womit habe ich ihn verbracht? mit dem ausrechnen von dividend yields sämtlicher großer immobiliengesellschaften weltweit. dividend yields! keine kennzahl könnte zweifelhafter sein, und nirgendwo wird so viel gelogen wie bei der darstellung der dividendenrendite. man nimmt einfach den niedrigsten aktienkurs (in der aktuellen situation ein kinderspiel) und schon hat man einen fantastischen dividend yield!

ich erzähle das nur, weil es auch zu der anderen augenblicklichen begehrlichkeit der geschäftsführung passt, nämlich eine marktübersicht der internationalen reits zu erhalten, an der ich ebenfalls gerade arbeite. und die zeigt, dass die amerikanischen reits gerade wieder ordentlich auftrieb bekommen. du denkst in deiner naivität, die krise müsste jeden denkenden menschen jetzt endlich dazu veranlassen, seine assets anderweitig unterzubringen als in wertpapieren. aber mir fiel es schon gestern wie schuppen von den augen, denn es ist ja sonnenklar: immobilienaktien scheinen in krisenzeiten allemal sicherer als andere papiere, vor allem die der banken, und so bewegt sich die karawane der anleger ganz von selbst dorthin, und das, obwohl sie dort auch noch ordentlich versteuern müssen. so bleibt alles unverändert: die "lösungen" entsprechen dem system so, wie es immer schon gewesen ist. um etwas ganz anderes zu machen, ist die krise zu lang und anscheinend aktuell noch nicht heftig genug.

sie entspricht damit dem menschlichen verhalten, was das treten auf der stelle noch bestärkt. wie oft habe ich das schon beobachtet: die meisten leute, die nach ihrer lebenserfahrung genügend gründe für eine radikale veränderung ihrer bisherigen verhaltensweisen hätten, machen nach diesen "krisen" nichts anderes, sondern wieder doch nur mehr vom gleichen. damit kennen sie sich aus, hier fühlen sie sich trittsicher, und wenn sie vorher nicht wirklich _vollkommen_ am boden waren, tritt keine wirkliche veränderung ein. so ist es auch jetzt in der finanzkrise.

"der dividend yield ist eine zweifelhafte kennziffer", wagte ich heute zu behaupten, "man nimmt sie besser nicht, um entscheidungen auf unternehmensebene vorzubereiten, die langfristig ausgelegt sein sollen." ich hätte nichts ekligeres sagen können. und was habe ich statt dessen vorgeschlagen? (man möchte ja nicht nur kritik üben, sondern auch eine lösung anbieten.) die aktienrendite (TSR). die ist zwar um einiges realistischer als kennzahl, weil sie nicht nur die dividende, sondern den gesamten gewinn betrachtet (oder verlust - sie kann auch schon mal negativ sein, der DY ist immer eine positive zahl!), aber dennoch bleibt man dabei mitten im system. und so machen es alle. die analysten, die millionen von kleinen helfershelferchen in den finanzabteilungen der unternehmen, die angestellten der relevanten firmen, die freitags abends früher feierabend machen statt bis in die puppen gewinnbetrachtungen auszutüfteln und dabei der geschäftsführung ans bein zu pinkeln, die aktionäre mit ihrem anlagedruck, die banker, die vorstände, denen die angst vor der nächsten gesellschafterversammlung im nacken sitzt undsoweiter undsofort.

nur wer außerhalb dieses wertvernichtungssystems steht (wenn auch manchmal nur temporär und privat), hat die chance, sich anders dazu zu verhalten.

jedenfalls vor der revolution.

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@strappato, dieser natürlich auch. Aber z.B ebenso diverse Musikrichtungen, die im Mississippi-Delta gründeten und auch ebenso der schwelende Rassismus, der dort enorm ausdrucksstark fortlebte und zumindest noch in den 80ern lautstark gar öffentlich formuliert wurde. Andererseits weiß ich auch um den republikanischen Gouverneur Louisianas indischer Abstammung. Beim Mississippi kommen mir viele positive als auch negative Dinge in den Sinn. Man muß nur mit offenen Augen durch die Welt gehen.

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"nirgendwo wird so viel gelogen wie bei der darstellung der dividendenrendite"

Wetten dass doch? Ich sage nur Faktorregelung bei Gewerbeimmobilien! Rückdatierte Verträge, vergessene Kaufpreisberechnungen, Scheingesellschaften, Closing durch Bürgschaften, die nicht existieren...

Das positive Problem bei Immobilienaktien vs Banken ist doch, dass man einen signifikanten Einbruch bei beiden hat. Nur scheint es erst mal logischer, dass sich bei Immobilien eher ein Boden bildet, als bei Banken mit kranken Leverages und hochgradig faulen Krediten. Was man mir erst vor kurzem erzählt hat: Wer in den USA 2005 bis 2007 einen Hauskredit beantragt hat, durfte sein Einkommen und Vermögen quasi selbst schätzen, und damit natürlich dafür sorgen, dass er in günstigere Risikoklassen kam - da wäre mir ein haus von so jemandem auch lieder als eine Bank, die das geglaubt hat.

Im prinzip ist das Anlegerspiel im Moment eine Wette auf die Dauer der Krise. Sollte sie in einem Jahr vorbei sein, dann wäre jetzt ein guter Zeitpunkt, um das, was es bösest erwischt hat, wieder zu kaufen. Sollte es aber länger dauern, was ich für sehr wahrscheinlich halte, geht es ihnen so wie denen, die im Oktober 2000 günstige Schnäppchen am Neuen Markt sahen. Prinzipiell aber denke ich mir: Sollen sie doch. Wenn sie den Zahlen glauben - warum nicht? Vielleicht ganz gut, wenn es manche brutal derbröselt - so kommen dann nette Dissidenten wie ich an Immobilien, die sie sich ansonste nie hätten leisten können.

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ja, aber es ist derweil "schade" (und für mich jetzt mal auch ganz egoistisch gesehen riskant), wenn sich im grunde gut sortierte immobilienunternehmen zwecks kurzfristigem aufbessern (unter anderem) des cash-flows mittels börsengang ausverkaufen.

ich möchte das nicht.

der nette dissident möchte bitte lieber weiterhin uhren kaufen und somit nicht meinen liebgewonnenen arbeitsplatz gefährden.

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abgesehen davon: "wette auf die dauer der krise" - ja, das stimmt. ich hasse diesen glücksspielmechanismus ja ohnehin. da könnte man für töten.

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Ich bezweifle, dass die Börse kurzfristig attraktiv sein wird, selbst wenn inzwischen Fonds mit Blick auf Sicherheit die Immobilien neu entdecken. Vor allem, weil gerade im grauen Kapitalmarkt zu viel pessiert ist, und schröpfbare Kleinanleger schon bei Fonds der Banken genug Geld verloren haben. ich sehe einfach keinen Börsenmarkt für Betongeld, selbst wenn man immer wieder darüber nachdenkt.

ich tippe mal drauf, dass es ein paar IPOs geben wird, mit durchwachsenen Ergebnissen, und dann wird man es sich überlegen, ob das sinnvoll ist.

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für eine heuschrecke, die am kerngeschäft nicht interessiert ist und ihren exit plant, ist die börse immer interessant. aber wir haben hier auch noch ein paar andere interessante optionen, und darauf hoffe ich jetzt. insgesamt aber kann ich natürlich nicht meckern, schließlich ist bei großen vermietungsgesellschaften der cash flow sozusagen fast durchgehend sichergestellt. insofern ist das schon einigermaßen krisensicher.

dass man es mit manchen dingen hysterisch genau nimmt und aus jeder risikomücke einen elefanten macht, liegt sozusagen am job selbst und weniger am unternehmen oder an der branche. und außerdem bin ich beim stichwort börse ganz übel vorgeprägt. das gehört alles verboten!

was außer einem börsengang nach umwandlung etc. auch noch richtig scheiße sein könnte, wäre eine fusion mit einem ortansässigen unternehmen. zwar würde ich auch dann meinen eigenen arbeitsplatz für relativ sicher halten, aber bei sowas fliegen bekanntlich synergiefetzen. ich sehe momentan aber keine neigungen in diese richtung, nicht bei dieser marktlage.

insofern: IPO oder fond. ich tippe mal auf letzteres und auf sowas wie versicherungsgruppe oder so.

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"insofern: IPO oder fond. ich tippe mal auf letzteres und auf sowas wie versicherungsgruppe oder so."

Boah, ist das mutig ...

Nachdem in jedem Blättchen steht, daß Versicherungen über die Aufstockung ihres Immobilienportföjs nachdenken, ist das aber eine riskante Prognose. ;-)

Immobilien eignen sich nicht für Aktiengeschäfte, weil ihr Geschäftsgegenstand kaum Kursphantasien ermöglicht. Im Grund sind Immobilien eine solide, langweilige Sache.

"Richtig Geld" macht man bei Immobilien nur mit
Veredlung, d.h. durch die "Aufwertung". Im Großen als Bauträger, Initiator; im Kleinen z.B. als Erbe eines MFH, der das DG ausbaut und vermietet oder ein Baugrundstück abteilt.

Kreativität über den leveraged-Effekt, in dem man die Spanne aus Hypotheken-Zins und Mietrendite ausnutzt, ist irgendwann ausgenudelt ... insbesondere weil mE die Verkäufer großer Wohnbestände zuletzt (sehr) gute Preise erzielt haben.

Der Verkauf hat wenig gebracht. Insbesondere bei sog. Einzelprivatisierung wird dazu geneigt, die Gewinne zu über- und den Aufwand zu unterschätzen.

P.S. Man könnte natürlich aus hiesigen Wohnungsunternehmen eine Menge mehr herausholen, indem man den Personalbestand der Privatwirtschaft anpaßt und die "Pöstchen" abschafft. :-)

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die pöstchen sind bei uns lange schon abgeschafft. wir sind auch insofern super vorbereitet, als alle "sekundären" dienstleistungen wie facility, vermietungs-management usw. ausgegliedert sind. es geht auch nicht mehr ums "richtig geld machen" - das hat die heuschrecke längst schon gemacht. es geht nur noch um einen eleganten exit. und angesichts der marktlage liege ich da mit meiner vermutung wahrscheinlich richtig, auch wenn das aus der sicht von schnellgewinnorientierten schnarchig erscheint (worüber ich aber eigentlich ganz froh bin).

leverage ging bei uns kurzzeitig gut, jetzt aufgrund der aktuellen situation am derivativen markt nicht mehr. ich war von anfang an dagegen. bei leicht verderblicher ware mag das ja noch angehen (ich hätte da aber ebenfalls vorbehalte), aber bei immos braucht man das nicht wirklich.

was bei uns problematisch war (nach der privatisierung) waren geförderte darlehen, und da wird sicher auch jeder sofort verstehen, weshalb wir die abgelöst haben.

einzelprivatisierungen aber gehen gar nicht. (bin nicht ganz sicher, was genau du damit meinst, aber bei uns läuft die einzelprivatisierung über die kg zumindest sehr schwer - was u.u. aber am portfolio liegt.)

über den eigentlichen aufwand bei sowas wollen wir mal gar nicht reden. das hat bislang auch bei uns noch keiner ordentlich gegengerechnet. aus dem bauch heraus: gemessen am kapitaldienst wäre das vermutlich vernachlässigenswert.

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Uhrenfrage
"... die ihre Werke aus der gleichen Firma wie Rolex bezog ..." - war das bereits zu dieser Zeit Cortébert?

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Es war die Firma Aegler in Biel, die heute physisch die zentrale von Rolex ist. Rolex hatte in den dreissiger Jahren keine eigenen Produktionsstätten, und die grössten Kunden von Aegler waren Rolex (bekannt in Europa und besonders in England) und Gruen (Marktführer in den USA, die damals Rolex nicht kannten). Beide Firmen hatten auch Anteile an Aegler, bis Gruen in der Schweiz komplett selbst ferigen liess. Davor hiess Aegler eigentlich Aegler, Societe Anonyme, Fabrique des Montres Rolex & Gruen Guild A. Die vorliegende Veri-Thin wurde praktisch neben der Firma Aegler im Gruenwerk gebaut, und Aegler hat als das mechanische Herz von Rolex überlebt. Gruen dagegen gibt es heute als Billigmarke für den amerikanischen Markt wieder - in etwa so, wie es heute auch wieder Zeiss.Kameras in Deutschland gibt. Um so bedauerlicher ist dann auch der Umgang unserer amerikanischen Freunde mit dem Besten ihrer Geschichte, und man sollte nicht zögern, ihnen mit dem ein oder anderen Euro zu helfen, falls sie partout dafür einer Gruen aus der Zeit vor 1958 hergeben möchten - wie man sich ja auch den Briten nicht verschliessen sollte, die partout ihr Familiensilber zum Decken der Kreditlast ins Internet stellen.

Sollte dereinst hier wieder der braune Mob kommen und diese Länder es als angezeigt empfinden, ein neues Lübeck zu machen, können sie es sich ja wieder holen.

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(Wobei ich jetzt keinem raten würde, zu Ebay zu rennen und blind drauflos zu kaufen. Es ist nicht wie bei englischem Silber, wo man de facto grob nach Gewicht und Jahr gehen kann. Man muss schon wissen, wonach man sucht. Neue Billiggruens gibt es auch im alten Design, nicht jede Veri-Thin läuft noch, nicht alle Händler sind koscher, und Gruen selbst hat gleich nach dem zweiten Weltkrieg Uhren von 25 bis 4000 Dollar gefertigt, je nach Werk, Gehäuse und Zifferblatt - und selbst die Veri-Thins haben sehr unterschiedliche Werke)

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@"Die anderen bekamen zum Abitur in der Regel eine Rolex" ---- Hmm. Bei uns gabs zum Abitur in der Regel ein Auto (einen alten Polo, Käfer oder R5 für 2000 DM). Vor Rolex-Trägern hätten die meisten von uns ausgespuckt oder sie gefragt, ob sie Koks verkaufen könnten. Wer so etwas trug, war Hauptklassenfeind oder Zuhälter. Ich kann mich nicht entsinnen, wann ich zum ersten Mal bewusst einen Rolexträger sah, aber das müsste so um 2001 in der New Economy gewesen sein.

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Rolex gabs bei uns auch nicht. Einen Kadett B, wenn es gut lief. Überhaupt, von der Sitte mit dem Abitur ein "Geschenk fürs leben" zu bekommen, habe ich erstmals bei Don gelesen. Vielleicht hat es mich damals auch einfach nicht interessiert.

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Es ist nur ein sehr guter, sehr zuverlässiger Zeitmesser, und dass es oft nicht weiter auffällt, liegt am zurückhaltenden, klassischen Design einer Uhr, die für sich genommen einfach nur ein genialer Entwurf ist, kopiert von vielen anderen. ich kann das etwas seltsame Gefühl ansatzweise nachempfinden, Rolex hat das Pech, für eine gewisse Haltung zu stehen, aber ich habe hier ein Erbstück, das knapp 40 Jahre seinen Dienst tut, die halbe Welt gesehen hat und fraglos jede Mark wert war. Manchmal ist es sinnvoll, bei Dingen das Image zu ignorieren, man zerhackt ja auch keine Röntgenmöbel, weil darin der französische Adel lebte. Eine Rolex ist mit Sicherheit nachhaltiger und besser als der Müll der globalen Plastikuhrverschieberei.

Dagegen hat sich das mit dem Auto in Grenzen gehalten; in engen Grenzen sogar. Bestenfalls gab es irgendwann das alte Auto von Mutti, und das auch nur geliehen. Mit ganz wenigen, aber stadtbekannten Ausnahmen wie dem weissen Porsche 924 für den Sohn der lokalen Elektrohandelsdynastie. Der damit die Tochter des Chefs der Dresdner Bank aber trotzdem nicht bekam.

(Fairerweise muss man aber auch dazu sagen, dass die in der Regel erworbenen Studienwohnungen stets nah bei der Uni waren, und Auto in München ist ein eigenes Thema)

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Für uns war das Auto ein Fortbewegungsmittel, um einen Hunderte Kilometer entfernten Studienort zu erreichen. Später, im Studium und danach noch bis ins Alter des Mittdreißigers, musste ich mich vor Freunden/Genossen moralisch dafür rechtfertigen, ein solches Geschenk angenommen zu haben. Die waren zumeist Arbeiterkinder, hatten zum Abi eine Flasche Rotwein geschenkt und ein Essen beim Griechen spendiert bekommen und vertraten den Standpunkt, dass ein Recht, ein Auto zu besitzen nur haben könne, wer in der Produktion so viel gearbeitet habe, wie dem Gegenwert eines Autos entspräche.

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Naja, ich sage ja auch, dass ich nur Pässe fahre, deren Höhe ich auch mit eigenen Füssen und Händen zu erreichen in der Lage bin. Jedem die demut, die er braucht. Über weite Teile des Studiums bin ich im Sommer mit dem Rennrad von München in die Provinz gefahren; es waren ja nur undramatische 85 Kilometer.

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Mal von Arbeiter und Adel abgesehen. Ich habe den Eindruck, dass um das Abitur heute viel mehr Aufsehen gemacht wird, als in den 80ern. Abiball, Ticket für eine Besinnungs-Fernreise, "Abi209" am Rückfenster des tiefergelegten Polos, usw. Zwar erreichen mehr Schüler eines Jahrgangs die Hochschulreife (irgendeine, ob "Abitur" oder Fachabi an der hauswirtschaftlichen Oberschule) - aber ein Studium ist wichtiger geworden, gerade weil es so viele sind. Ohne Studium keine verantwortungsvolle, kreative Tätigkeit und keine Aussicht auf ein auskömmliches Einkommen. Die Bedeutung ergibt sich aus dem Gefühl der Armut entronnen zu sein - nicht aus der Freude auf neue interessante Herausforderungen.

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Der Unterschied liegt vielleicht gerade in Bayern. Nirgendwo ist das Schulsystem sozial so selektiv, nirgendwo ist Schule - zumindest in meiner Zeit - noch so hart und prä-68 gewesen, und das Abitur an sich war dann auch nochmal eine besondere Härte, ein dornenkrönender Abschluss, eine Belastung für die ganze Familie, und die Entscheidung, ob es mit den NC-Fächern klappt.Ich wüsste keinen, für den das Abi nicht eine eminent wichtige Zäsur gewesen wäre, und man war einfach nur froh, es hinter sich zu haben. besondere Anlässe, besondere Geschenke, und die Uhr hat da Tradition. Abgesehen davon hat sich natürlich auch das Konsumverhalten der jungen Generation stark verändert. Es ist nicht so, dass wir nichts hatten, aber...

Ws ist so: Meine 11. Klasse war dank der Herkunft der meisten Jungs - es waren nur Jungs - extrem trink- und partyfreundlich (a Feschtl mocha). Die grosse Jahresparty wurde auch in der 12. und 13. noch hart begossen, und so gegen drei waren die meisten hackedicht. Vor dem Schuljahresende war ich mit meinem Vater radeln. Auf der gleichen Wiese waren ebenfalls junge Leute mit feiern beschäftigt. Es war am Nachmittag nach der Schule, und sie waren trotzdem schon blau. Bei uns gab es Bier, Spezi, Mineralwasser und eine Flasche Kirsch und Blu Curaceau, die "Adam" aber alleine gesoffen hat. Diese Klasse am See hatte eine ganze Batterie Wodka dabei. Ich will das nicht verurteilen, die werden trotzdem später meine Rente finanzieren, aber das Konzept Jugend entwickelt sich fort. Und ich sehe auch nicht, dass man heute noch Uhren verschenken würde, da die Zeit auf den Handies allgegenwärtig ist.

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Nichts gegen meine mechanische persische Taschenuhr aus getriebenem Silber ;-)

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Innovationen in der US-Bankenkrise
Immer dieses Geschimpfe über eine geschichtsvergessene oberflächliche amerikanische Kultur - Gier, Dummheit und ein betrügerisches Bankwesen usw.

Es sollte jemand einmal einen Beweis dafür antreten, dass die betroffenen amerikanischen Banken wirklich innovative Methoden zur Krisenbewältigung entwickelt haben! Ah - da hab ich es. Bittschön:
"Manche Banken lassen den Rasen inzwischen sogar grün
a n m a l e n , damit es besser aussieht und niemand merkt, dass das Haus nicht mehr bewohnt ist", sagt Carlos Rodrigue"
Die Immobilien verfallen und der Rasen ist grün.

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Rolex gabs bei uns auch nicht. Einen Kadett B, wenn es gut lief.

Einige aus meinem Abi-Jahrgang (306 Leute) bekamen Autos*, die meisten verdienten die sich aber selbst, davor oder danach. Abi-Aufkleber gab es nicht, Abi-Ball schon gar nicht. Mein Vater holte mich damals zusammen mit meiner jüngeren Schwester nach der mündlichen Prüfung von der Schule ab und wollte uns zum Essen einladen. Da es aber so heiß war, wollten wir zu seiner Enttäuschung nur einen Eisbecher. Ach ja, einen Kaktus gab es für jeden von uns auch noch als Mitbringsel. Den habe ich noch viele Jahre gehabt, eines Tages blühte der sogar.

Schmuck gab es zum 18., zum 21. und zum 30. Geburtstag. Und zu den Uni-Examen, natürlich.

* Das waren meistens die, deren Noten nicht so toll waren.

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Im Unterschied zu Dons Gruen, die unter dem Glas schon recht strapaziert ist, finden wir meine Glashütte Gold-Savonette (Diamantdeckstein, Goldregulierschrauben, geschraubte Goldchatons) auch hier in tadellosem Zustand, ebenso wie das mit Samt ausgeschlagene Originaletui.
Gebaut um 1865 in der "1A-Qualität" trägt sie noch die alte Werkgravur "Adolph Lange Dresden", erst später trugen die Uhren die Gravur "A. Lange & Söhne".
Auf der Website von Lange & Söhne wird diese Uhr unter "Historische Uhren – Taschenuhr von Adolph Lange" gezeigt.
Ein gerichtlich vereidigter Sachverständiger hat die Uhr – "Je nach dem, welche Leute bei der Auktion drin sitzen" – auf einen Wert zwischen 16.000 und 20.000 Euro taxiert.

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angeber!:)

ich habe zum abitur von meinem vater 100,- dm bekommen und von meiner mutter nichts. bei der offiziellen zeugnisübergabe war ich die einzige schülerin, deren eltern nicht anwesend waren. die hundert mark habe ich zu den etwa 1.000,- dm gelegt, die ich zwischen abi und studium in der fabrik verdient hatte, und damit haben der spätere ehemann nummer eins und ich uns eine wohnung in berlin besorgt. damals war die lage auf dem wohnungsmarkt für mieter noch derartig desolat, dass man für einen bepissten teppichboden, den man dann eh herausgerissen hat, 500,- euro "abstand" zahlen musste.

was mich heute daran einzig immer noch bekümmert ist, dass andere mittels abi an führerschein und auto kamen. ich habe bis heute weder das eine noch das andere. den führerschein nicht, weil man berlin nicht autofahren braucht, und der führerschein für ein danach-sowieso-fast-nie-autofahren inzwischen deutlich zu teuer ist, und das auto nicht, weil meine männer aus irgendeinem grund immer eigene autos hatten. aber ich liebe folgenden satz bei bewerbungsgesprächen: "ich habe ein abgeschlossenes anglistik-studium, ein abgeschlossenes germanistik-studium und ein abgeschlossenes bwl-studium. vielleicht mache ich irgendwann auch noch mal den führerschein." den job beim dämpferlieferanten habe ich nach dieser äußerung (und nach dem einschlägigem gelächter sämtlicher anwesenden ingenieure) jedenfalls sofort bekommen.

zur konfirmation bekam ich von meiner oma eine armbanduhr von junghans (welche ich niemals trug), ein von der uroma geerbtes goldenes halsband mit einem kreuz aus in gold eingefassten rubinen (das ich ebenfalls niemals trug), und einen silbernen serviettenring. alle drei gegenstände dürften noch irgendwo im haus meiner mutter zu finden sein, weiß der teufel, wo.

ich bekam zur konfirmation aber auch einen großen, orange lackierten, hölzernen kerzenständer. der stammte aus der boutique der eltern meines schulkameraden joachim, der seit der 3. klasse ein bisschen in mich verliebt gewesen war.

ich mochte ihn eigentlich auch. irgendwann danach hatte er geburtstag, und ich war das einzige mädchen, das er eingeladen hatte. während dieser party hatten wir es zwischendurch einmal geschafft, uns in einer kammer unter der kellertreppe zu verstecken. dort war es ziemlich dunkel. da wollten wir uns küssen, haben uns dann aber nicht getraut.

ah, mir fällt gerade noch ein: zum 30. geburtstag bekam ich von meinem vater dreißig rote rosen.

den führerschein würde ich aber immer noch machen wollen.

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