Sonntag, 8. August 2004
dressed in yellow
Es gibt da diesen Reflex, etwas haben zu wollen, wenn es jemand anderes in der Hand hält.

Also stellen manche gewitzte Immobilienleute schon mal Zeug in die unvermieteten Objekte. Irgendwelche Reste vom Umbau. Hauptsache, man glaubt, dass sich hier was tut, und der Leerstand nicht so gross ist.
Hier hat sich aber seit Wochen nichts mehr getan. Und das gelb ist zwar mal was anderes als das blau, ist aber auch nicht gerade anziehend.

Also stellen manche gewitzte Immobilienleute schon mal Zeug in die unvermieteten Objekte. Irgendwelche Reste vom Umbau. Hauptsache, man glaubt, dass sich hier was tut, und der Leerstand nicht so gross ist.
Hier hat sich aber seit Wochen nichts mehr getan. Und das gelb ist zwar mal was anderes als das blau, ist aber auch nicht gerade anziehend.
donalphons, 03:26h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Samstag, 7. August 2004
Dior, Lange, D&G, Prada,
und was sonst noch teuer und a la mode ist, kauft man nicht immer in München. Die Vorsehung hat es in der reichen Provinzstadt so eingerichtet, dass es dort auch für gehobene Ansprüche ein entsprechendes Geschäft gibt. Die hiesige jeunesse doree hat sich mit ihrer weiblichen Hälfte schon zu früher Jugend die damals noch nicht nachgeformten Näschen an den Schaufenstern plattgedrückt, und Mama liess sich meist nicht lang bitten. Schliesslich sollten die Kinder nicht rumlaufen wie "Flichtling" oder Bewohner des Pius-Viertels.

Manche haben es geschafft, die Stadt zu verlassen und woanders ihr Glück zu machen. Es sind nicht viele; die meisten haben doch geheiratet und die Apotheke ihrer Eltern übernommen. Sie leben in der Vorstadt im süssen, pastellgespachtelten Koma des oberen Mittelstandes, unberührt von der veränderten Welt da draussen, die in wenigen Jahren ihre Vorstellung von Leben zertrümmern wird. Der Mittelstand wird das selbe Schicksal erleiden wie das mittlere Management; das System braucht frische Verlierer, und bei ihnen gibt es viel zu holen.
Sie wissen es noch nicht. Sie gehen mit ihren Kindern auch in dieses Geschäft, denn es ist inzwischen eine Tradition. Aber vielleicht treffen sie dort diejenigen, die gegangen sind nun kein Glück hatten; die Kreativen, die Wagemutigen und die Spinner, die die Krise aus dem Leben fern der Heimat gebombt hat. Die Fernseh-Autoren nach der Kirch-Krise, die Gründer, die sich auf die Nachfrage nach Luxusartikeln verlassen haben, die Kunst-LKler, die nicht mehr mal ein Praktikum in einer Werbeagentur kriegen, weil sie für diese Zeit überqualifiziert und unterbeschäftigt sind. Sie sind wieder zu Hause, und manche haben das Glück, dass sie ihre Münchner Wohnung vermieten können und so zumindest einen finanziellen Grundstock haben.
Aber Mama hält zu ihnen, steckt ihnen die Karte zu und schickt sie in den Laden, damit sie anständig aussehen. Vielleicht treffen sie sich dann mit ihren alten Freundinnen und denken einen Moment, vielleicht wäre so ein Kind und eine Ehe doch die richtige Lösung für all die Probleme. Und kaufen sich etwas Spiessiges, das in die Region passt, und nicht das rosa Kostüm von Lagerfeld mit den Glasperlenbesatz.

Manche haben es geschafft, die Stadt zu verlassen und woanders ihr Glück zu machen. Es sind nicht viele; die meisten haben doch geheiratet und die Apotheke ihrer Eltern übernommen. Sie leben in der Vorstadt im süssen, pastellgespachtelten Koma des oberen Mittelstandes, unberührt von der veränderten Welt da draussen, die in wenigen Jahren ihre Vorstellung von Leben zertrümmern wird. Der Mittelstand wird das selbe Schicksal erleiden wie das mittlere Management; das System braucht frische Verlierer, und bei ihnen gibt es viel zu holen.
Sie wissen es noch nicht. Sie gehen mit ihren Kindern auch in dieses Geschäft, denn es ist inzwischen eine Tradition. Aber vielleicht treffen sie dort diejenigen, die gegangen sind nun kein Glück hatten; die Kreativen, die Wagemutigen und die Spinner, die die Krise aus dem Leben fern der Heimat gebombt hat. Die Fernseh-Autoren nach der Kirch-Krise, die Gründer, die sich auf die Nachfrage nach Luxusartikeln verlassen haben, die Kunst-LKler, die nicht mehr mal ein Praktikum in einer Werbeagentur kriegen, weil sie für diese Zeit überqualifiziert und unterbeschäftigt sind. Sie sind wieder zu Hause, und manche haben das Glück, dass sie ihre Münchner Wohnung vermieten können und so zumindest einen finanziellen Grundstock haben.
Aber Mama hält zu ihnen, steckt ihnen die Karte zu und schickt sie in den Laden, damit sie anständig aussehen. Vielleicht treffen sie sich dann mit ihren alten Freundinnen und denken einen Moment, vielleicht wäre so ein Kind und eine Ehe doch die richtige Lösung für all die Probleme. Und kaufen sich etwas Spiessiges, das in die Region passt, und nicht das rosa Kostüm von Lagerfeld mit den Glasperlenbesatz.
donalphons, 23:40h
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Freitag, 6. August 2004
Dieses abartige Gefühl
zu hören, dass jeder 5. gehen muss, oder besser gehen wird, weil es nicht zur Rendite passt, und die, die einen heute vielleicht bräuchte, ist in Urlaub und deshalb kaum zu erreichen. Sie kriegt das noch nicht mal mit. Gut möglich, dass man ihr genau deshalb den Urlaub bewilligt hat.
Die Versager, die Teuren, die Besseren, die Ehrlichen, die Kinderlosen und Unverheirateten sind schon weg, und jedes mal blieben die Korrupten, die Kriecher und die Protegierten übrig.
Manche nennen das eine Institution des Qualitätsjournalismus in München.
Die Versager, die Teuren, die Besseren, die Ehrlichen, die Kinderlosen und Unverheirateten sind schon weg, und jedes mal blieben die Korrupten, die Kriecher und die Protegierten übrig.
Manche nennen das eine Institution des Qualitätsjournalismus in München.
donalphons, 19:58h
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Dienstag, 3. August 2004
Schwere-Reiter-Strasse 35
Man betritt das Gelände durch ein altes Eisentor. Angesichts der tiefen Löcher im Pflaster sollte man das Auto draussen abstellen, sofern es sich um einen Sportwagen handelt und man gesteigerten Wert auf den Auspuff und die Spoiler legt.

An Eingangstor ist ein Farbausdruck in Plastikfolie, für eine Veranstaltung von CapGemini. Der Drucker ist wahrscheinlich nicht mehr der Beste. Der Wegweiser wird von einer Schnur mit alten, schlaffen Luftballons umrankt. Der Symbolismus wurde hier unwillkürlich zu dick aufgetragen.

Man hat bei den Wegweisern die alten Schilder nicht abmontiert, um die neuen darauf befestigen zu können. Nun, da die neuen Schilder mitsamt Firmen verschwunden sind, weisen die alten Schilder wieder zu Einrichtungen, die es längst nicht mehr gibt.

Fast 600 Euro pro Monat für 43,5 Quadratmeter in dieser nicht eben luxuriösen Lage - das ist heute zu teuer. Ich glaube nicht, dass er dafür einen Nachmieter findet. Wenn man sich hier 2000 einmieten wollte, hatte man keine andere Wahl. München war vollkommen überbevölkert und ausgebucht. Manche mussten 5-jährige Laufzeiten akzeptieren. Mit den Startups kamen die Mitarbeiter. Die besten Köpfe aus der gesamten Republik, und die liessen auch die Mietpreise für Wohnungen explodieren. Studenten mussten deshalb noch im Winter 2001/02 in Turnhallen schlafen. Ich war damals eine Weile out of town und habe meine Wohnung an eine Studentin verliehen, die in der New Economy gescheitert war und eine Zuflucht brauchte.

Links hat die Krise ein grosses Loch gerissen. Es muss ein komisches Gefühl sein, das Firmenschild darüber oder darunter montiert zu haben und jeden Tag gleich zu Beginn des Arbeitstages das Scheitern der anderen zu sehen. Aber der Mensch gewöhnt sich an alles. Auch an das Schild rechts oben, ein vergilbter Farbausdruck in Plastikhülle, der mit Tesa angeklebt ist.

Eine andere Lösung ist es, den Firmennamen an die Wand zu schreiben. Nur sollte man das bisweilen nachpinseln lassen. Verwitterung macht bei aufstrebenden Jungunternehmen keinen so tollen Eindruck.

Manche leisten sich doch noch ordentliche Schilder an den Briefkästen, nachdem man die Reste der Vorgänger entfernt hat. Manchmal kleben aber die Rückstände noch dran, weil man wohl mit dem Schild an sich zufrieden war. Vielleicht haben die Leute hier gar nicht mehr die Kraft, ihren Besuchern etwas vorzumachen, und ihre Facilities rauszuputzen. Oder das pralle Leben aufzuführen, das hat man sich hier vorgestellt. Damals, 2000. Lauter junge, success-orientierte Kreative, vor einem schnellen Aufstieg in die Toppositionen der Neuen Wirtschaft, die alles Dagewesene in den Schatten stellt. Eine neue Welt sollte das hier werden, jung, aufgeschlosen, lässig, casual friday every day, good looking, sexy.

Dieser Anspruch wird nur noch von 9live-Mitarbeiterinnen erfüllt, die manchmal über das kaputte Kopfsteinpflaster stackseln. 9live verdient ja noch Geld. Einer Erfolgsgeschichte. Immerhin.

An Eingangstor ist ein Farbausdruck in Plastikfolie, für eine Veranstaltung von CapGemini. Der Drucker ist wahrscheinlich nicht mehr der Beste. Der Wegweiser wird von einer Schnur mit alten, schlaffen Luftballons umrankt. Der Symbolismus wurde hier unwillkürlich zu dick aufgetragen.

Man hat bei den Wegweisern die alten Schilder nicht abmontiert, um die neuen darauf befestigen zu können. Nun, da die neuen Schilder mitsamt Firmen verschwunden sind, weisen die alten Schilder wieder zu Einrichtungen, die es längst nicht mehr gibt.

Fast 600 Euro pro Monat für 43,5 Quadratmeter in dieser nicht eben luxuriösen Lage - das ist heute zu teuer. Ich glaube nicht, dass er dafür einen Nachmieter findet. Wenn man sich hier 2000 einmieten wollte, hatte man keine andere Wahl. München war vollkommen überbevölkert und ausgebucht. Manche mussten 5-jährige Laufzeiten akzeptieren. Mit den Startups kamen die Mitarbeiter. Die besten Köpfe aus der gesamten Republik, und die liessen auch die Mietpreise für Wohnungen explodieren. Studenten mussten deshalb noch im Winter 2001/02 in Turnhallen schlafen. Ich war damals eine Weile out of town und habe meine Wohnung an eine Studentin verliehen, die in der New Economy gescheitert war und eine Zuflucht brauchte.

Links hat die Krise ein grosses Loch gerissen. Es muss ein komisches Gefühl sein, das Firmenschild darüber oder darunter montiert zu haben und jeden Tag gleich zu Beginn des Arbeitstages das Scheitern der anderen zu sehen. Aber der Mensch gewöhnt sich an alles. Auch an das Schild rechts oben, ein vergilbter Farbausdruck in Plastikhülle, der mit Tesa angeklebt ist.

Eine andere Lösung ist es, den Firmennamen an die Wand zu schreiben. Nur sollte man das bisweilen nachpinseln lassen. Verwitterung macht bei aufstrebenden Jungunternehmen keinen so tollen Eindruck.

Manche leisten sich doch noch ordentliche Schilder an den Briefkästen, nachdem man die Reste der Vorgänger entfernt hat. Manchmal kleben aber die Rückstände noch dran, weil man wohl mit dem Schild an sich zufrieden war. Vielleicht haben die Leute hier gar nicht mehr die Kraft, ihren Besuchern etwas vorzumachen, und ihre Facilities rauszuputzen. Oder das pralle Leben aufzuführen, das hat man sich hier vorgestellt. Damals, 2000. Lauter junge, success-orientierte Kreative, vor einem schnellen Aufstieg in die Toppositionen der Neuen Wirtschaft, die alles Dagewesene in den Schatten stellt. Eine neue Welt sollte das hier werden, jung, aufgeschlosen, lässig, casual friday every day, good looking, sexy.

Dieser Anspruch wird nur noch von 9live-Mitarbeiterinnen erfüllt, die manchmal über das kaputte Kopfsteinpflaster stackseln. 9live verdient ja noch Geld. Einer Erfolgsgeschichte. Immerhin.
donalphons, 19:25h
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Mittwoch, 28. Juli 2004
Vockerode Teil II
Vockerode liegt an der Elbe. Vockerode war früher ein wichtiger Industriestandort. Heute ist es über weite Strecken eine Geisterstadt.

Bitte auf das Bild klicken. Es sind nur Steine. Hier lebt nichts, was gefährlich werden könnte.
Alles ist tot.

Bitte auf das Bild klicken. Es sind nur Steine. Hier lebt nichts, was gefährlich werden könnte.
Alles ist tot.
donalphons, 14:32h
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Vockerode Recreation Area II
Der erste Teil dieser Serie ist hier, die Erklärung ist hier, und hier der dritte Teil.

Über eine Treppe im Inneren kann man auch den ersten Stock erreichen. Ein früherer Besucher schrieb mit Kreide an die Wand "Macht ne Disco aus dem Gebäude". Vockerode macht nicht den Anschein, dass es genug junge Leute für so ein Unterfangen hätte.

Es wäre viel zu tun. Das Gebäude ist an vielen Stellen zertrümmert. Selbst tragende Teile sind schlecht erhalten.

Dass die Holzvertäfelung fehlt, sieht man nicht nur an den Wänden. Die Reste sind noch auf dem Boden erkennbar - als Asche von Lagerfeuern.

Hinter der Deckenverkleidung kommt nur noch der nackte Beton der Dachkonstruktion. Weitere Installationen sind nicht erkennbar. Es war sicher kein allzu teurer Bau, und auch nicht auf Dauerhaftigkeit ausgerichtet.

Sieht man durch die zerstörte Fensterfront nach draussen, blickt man gegenüber auf eine aufgelassene Industrieanlage mit Wohnblöcken. Wahrscheinlich gehören beide Objekte Zusammen. Obwohl wir uns am Rande von Vockerode befinden, ist im Umfeld von 500 Meter keine Zivilisation mehr. Nur mein blauer Fiat Punto ist ein Zeichen dafür, dass hier jemand ist. Ich. Allein. Sonst niemand.

Hier oben war wohl ein Restaurant oder eine Kantine. Im Kern des Gebäudes sind grosse, gekachelte Räume mit Metalltüren. Ausser Müll sind keine Gegenstände mehr vorhanden.

So ganz ernst wurden die Sauberkeitsvorschriften am Ende wohl auch nicht mehr genommen. Um welche Vorteilspackung es sich gehandelt hat, ist unbekannt.

Die Hauben der Oberlichter fehlen. Licht und Regen fällt ungehindert in die Räume. Der Betonboden senkt sich an diesen Stellen. Es riecht nach nasser, kalter Fäulnis.

Ausserdem sind im Obergeschoss Wasch- und Sanitäreinrichtungen. Das ist an den Löchern in der Wand noch erkennbar. Alles Verwertbare wurde entfernt.

Die Türen sind ebenfalls zerstört und verbogen. Sie bewegen sich nur noch widerwillig in ihren Angeln. Von hier aus geht es wieder hinunter in das Erdgeschoss.

Beim weg nach draussen geht es an Kleiderhaken vorbei. Sie sind sauber nummeriert und warten für immer vergeblich darauf, dass jemand kommt und seine Jacke hinhängt.

Ein Blick zurück, und dann geht es weiter zu den anderen Ruinen. Vockerode hat viel davon.

Über eine Treppe im Inneren kann man auch den ersten Stock erreichen. Ein früherer Besucher schrieb mit Kreide an die Wand "Macht ne Disco aus dem Gebäude". Vockerode macht nicht den Anschein, dass es genug junge Leute für so ein Unterfangen hätte.

Es wäre viel zu tun. Das Gebäude ist an vielen Stellen zertrümmert. Selbst tragende Teile sind schlecht erhalten.

Dass die Holzvertäfelung fehlt, sieht man nicht nur an den Wänden. Die Reste sind noch auf dem Boden erkennbar - als Asche von Lagerfeuern.

Hinter der Deckenverkleidung kommt nur noch der nackte Beton der Dachkonstruktion. Weitere Installationen sind nicht erkennbar. Es war sicher kein allzu teurer Bau, und auch nicht auf Dauerhaftigkeit ausgerichtet.

Sieht man durch die zerstörte Fensterfront nach draussen, blickt man gegenüber auf eine aufgelassene Industrieanlage mit Wohnblöcken. Wahrscheinlich gehören beide Objekte Zusammen. Obwohl wir uns am Rande von Vockerode befinden, ist im Umfeld von 500 Meter keine Zivilisation mehr. Nur mein blauer Fiat Punto ist ein Zeichen dafür, dass hier jemand ist. Ich. Allein. Sonst niemand.

Hier oben war wohl ein Restaurant oder eine Kantine. Im Kern des Gebäudes sind grosse, gekachelte Räume mit Metalltüren. Ausser Müll sind keine Gegenstände mehr vorhanden.

So ganz ernst wurden die Sauberkeitsvorschriften am Ende wohl auch nicht mehr genommen. Um welche Vorteilspackung es sich gehandelt hat, ist unbekannt.

Die Hauben der Oberlichter fehlen. Licht und Regen fällt ungehindert in die Räume. Der Betonboden senkt sich an diesen Stellen. Es riecht nach nasser, kalter Fäulnis.

Ausserdem sind im Obergeschoss Wasch- und Sanitäreinrichtungen. Das ist an den Löchern in der Wand noch erkennbar. Alles Verwertbare wurde entfernt.

Die Türen sind ebenfalls zerstört und verbogen. Sie bewegen sich nur noch widerwillig in ihren Angeln. Von hier aus geht es wieder hinunter in das Erdgeschoss.

Beim weg nach draussen geht es an Kleiderhaken vorbei. Sie sind sauber nummeriert und warten für immer vergeblich darauf, dass jemand kommt und seine Jacke hinhängt.

Ein Blick zurück, und dann geht es weiter zu den anderen Ruinen. Vockerode hat viel davon.
donalphons, 14:26h
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Dienstag, 27. Juli 2004
In der Ecke, neben dem Kopierer
liegt er und wartet darauf, dass endlich mal jemand kommt und mit ihm durch das Loft brettert. Wie damals, 2000, als er mit Tausenden anderen von Korea nach Europa verfrachtet wurde, um in den Start-Ups seinen Dienst zu tun, die Praktis jung und schlank zu halten und den Sysadmins beim Brechen der Unterarme und Kiefer behilflich zu sein - eine Standardkombination, wenn der Lenker zu tief und der Zeichentisch, in den sie donnern, zu hoch ist.

Er heisst "Flash", und er sollte schnell sein. Aber irgendwann war klar, dass so ein billiges Gefährt die Chefs unernst erscheinen lässt, und Zucht kam schnell wieder in Mode. Es wurde nicht mehr wild rumgescootert. Es wurde wieder gearbeitet. Die Wege im Büro konnte man besser nutzen - zum Beispiel zum schnellen Essen.
Und als dan die McKs kamen, wurde er schnell beim Kopierer versteckt. Und blieb dort. Bis heute und irgendwann einmal, wenn sie ihn wegschmeissen.

Er heisst "Flash", und er sollte schnell sein. Aber irgendwann war klar, dass so ein billiges Gefährt die Chefs unernst erscheinen lässt, und Zucht kam schnell wieder in Mode. Es wurde nicht mehr wild rumgescootert. Es wurde wieder gearbeitet. Die Wege im Büro konnte man besser nutzen - zum Beispiel zum schnellen Essen.
Und als dan die McKs kamen, wurde er schnell beim Kopierer versteckt. Und blieb dort. Bis heute und irgendwann einmal, wenn sie ihn wegschmeissen.
donalphons, 16:09h
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Samstag, 24. Juli 2004
Business Model Handtasche revisited
Es gibt hier in Berlin gerade einen Boom an derartigen Handtaschenläden, stand auf dieser Site am 21. Juni.

Wie man sieht, hat jeder Boom auch mal ein Ende. Demnächst soll dort eine Galerie für junge Kunst aus Mitte anfangen. Für den ehemaligen Handtaschenladen gibt es noch nicht mal eine Kontaktadresse an den Fenstern.

Wie man sieht, hat jeder Boom auch mal ein Ende. Demnächst soll dort eine Galerie für junge Kunst aus Mitte anfangen. Für den ehemaligen Handtaschenladen gibt es noch nicht mal eine Kontaktadresse an den Fenstern.
donalphons, 03:14h
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Freitag, 23. Juli 2004
Mal was ganz anderes
Ich versuche hier eine Art Bestandsaufnahme der Post-new-economy-Depression, die mein früheres Leben und das meines Umfeldes atomisiert hat. Es geht um die Frage, wie "WIR" leben, wie es zu diesem Versagen kommen konnte, und wie die Story weitergeht, nachdem die Medien die Lust daran verloren haben.
Es sind keine guten Zeiten, keine Frage. Viele gut ausgebildete Leute sind arbeitslos, Autoren kriegen bei den Verlagen nichts mehr unter, und manche sind Sozialfälle geworden. Ich will mich darüber nicht lustig machen, und ich will auch kein Mitleid erwecken. Es gab 1999 die einzigartige Chance, den Hauch einer Chance, die Welt und das Leben anders zu gestalten. Neu zu erfinden. Es gab diese Chance nicht wirklich, in Wahrheit war das Rennen 1999 längst gelaufen, und die Protagonisten standen als Verlierer fest, aber in den Köpfen war diese Chance real.
Wie wir alle wissen, hat es nicht funktioniert mit der Rebellion gegen die grünen Ökopaxe, die altkonservativen Säcke der Old Economy, und die lahmarschigen Berufsbedenkenträger. Die Marginalisierung ist ein teil des Preises, den die Rebellen von damals dafür zahlen. Es gibt keinen Markt mehr für sie.
Ich bin eine Ausnahmeerscheinung, nicht nur, weil ich weiterhin auf diversen Märkten agieren kann. Ich war Teil des Systems und Teil seiner Vernichtung. Ich war einer von ihnen und kann es immer noch sein, ein paar Minuten, und ich habe auf ihre Values geswitched. Ich weiss, wie sie ticken, und ich weiss, warum sie Dotcomtod und das hier lesen. Es ist nicht nett, aber es ist zumindest noch etwas. Man existiert, wenn darüber berichtet wird. Das "Wie" ist dann gar nicht mehr entscheidend.
Darüber verliert man schnell den Blick für das Wesentliche. Es gibt noch andere Realitäten. Eine Rubrik hier heisst "Katastrophentourismus" und bringt Bilder aus restlos überteuerten Lokalen, scheusslichen Büros und geschmacklosen Läden, sie zeigt Bilder einer Konsumkultur, die manche für ihren Daseinszweck erachten. Bitte das Wort Konsumkultur nicht negativ verstehen, es ist nicht gut oder schlecht, es ist wertneutral.
Katastrophentourismus kann auch ganz anders aussehen.

Dieses Bild stammt aus Vockerode; rund 100 Kilometer die A9 von Berlin aus Richtung München. Vockerode war ab 1937 ein Energiezentrum in Mitteldeutschland und generierte den Strom für die Chemieregion Bitterfeld.
Heute ist Vockerode weitgehend eine Geisterstadt. Am Rande des Ortes liegen Ruinen von grösseren Gebäuden. Ich denke, im Vergleich zu dem, worüber ich hier sonst schreibe, sind das die wahren Probleme. Ich mochte - trotz des Borderline-Journalismus - immer gern diese Tschernobyl-Motorrad-Geschichte. Ohne das wirklich vergleichen zu wollen: Wahrscheinlich ist es nicht nötig, für solche Bilder nach Weissrussland zu fahren. Wir haben unsere eigenen Katastrophenregionen. Und die Bilder ähneln sich.
Zu den weiteren Bildern bitte auf das Bild klicken.
Es sind keine guten Zeiten, keine Frage. Viele gut ausgebildete Leute sind arbeitslos, Autoren kriegen bei den Verlagen nichts mehr unter, und manche sind Sozialfälle geworden. Ich will mich darüber nicht lustig machen, und ich will auch kein Mitleid erwecken. Es gab 1999 die einzigartige Chance, den Hauch einer Chance, die Welt und das Leben anders zu gestalten. Neu zu erfinden. Es gab diese Chance nicht wirklich, in Wahrheit war das Rennen 1999 längst gelaufen, und die Protagonisten standen als Verlierer fest, aber in den Köpfen war diese Chance real.
Wie wir alle wissen, hat es nicht funktioniert mit der Rebellion gegen die grünen Ökopaxe, die altkonservativen Säcke der Old Economy, und die lahmarschigen Berufsbedenkenträger. Die Marginalisierung ist ein teil des Preises, den die Rebellen von damals dafür zahlen. Es gibt keinen Markt mehr für sie.
Ich bin eine Ausnahmeerscheinung, nicht nur, weil ich weiterhin auf diversen Märkten agieren kann. Ich war Teil des Systems und Teil seiner Vernichtung. Ich war einer von ihnen und kann es immer noch sein, ein paar Minuten, und ich habe auf ihre Values geswitched. Ich weiss, wie sie ticken, und ich weiss, warum sie Dotcomtod und das hier lesen. Es ist nicht nett, aber es ist zumindest noch etwas. Man existiert, wenn darüber berichtet wird. Das "Wie" ist dann gar nicht mehr entscheidend.
Darüber verliert man schnell den Blick für das Wesentliche. Es gibt noch andere Realitäten. Eine Rubrik hier heisst "Katastrophentourismus" und bringt Bilder aus restlos überteuerten Lokalen, scheusslichen Büros und geschmacklosen Läden, sie zeigt Bilder einer Konsumkultur, die manche für ihren Daseinszweck erachten. Bitte das Wort Konsumkultur nicht negativ verstehen, es ist nicht gut oder schlecht, es ist wertneutral.
Katastrophentourismus kann auch ganz anders aussehen.

Dieses Bild stammt aus Vockerode; rund 100 Kilometer die A9 von Berlin aus Richtung München. Vockerode war ab 1937 ein Energiezentrum in Mitteldeutschland und generierte den Strom für die Chemieregion Bitterfeld.
Heute ist Vockerode weitgehend eine Geisterstadt. Am Rande des Ortes liegen Ruinen von grösseren Gebäuden. Ich denke, im Vergleich zu dem, worüber ich hier sonst schreibe, sind das die wahren Probleme. Ich mochte - trotz des Borderline-Journalismus - immer gern diese Tschernobyl-Motorrad-Geschichte. Ohne das wirklich vergleichen zu wollen: Wahrscheinlich ist es nicht nötig, für solche Bilder nach Weissrussland zu fahren. Wir haben unsere eigenen Katastrophenregionen. Und die Bilder ähneln sich.
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donalphons, 19:41h
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Ruine in Vockerode
Wahrscheinlich handelt es sich dabei um die Reste einer aufgelassenen Vergnügungsstätte für Arbeiter eines Volkseigenen Betriebes, der mitsamt Siedlung auf der anderen Strassenseite vor sich hin rottet.

Das Betreten ist verboten. Allerdings lebt im Umkreis von 500 Meter niemand mehr, der das Verbot überwachen könnte. Der Zaun um das Gebäude herum ist eingedrückt. Der Zutritt ist ohne Probleme möglich

Im Erdgeschoss, links neben dem Eingang ist eine grosse, niedrige Halle. Die Betonträger waren mit Holzbögen verkleidet.

Die grossen Fensterfronten existrieren nicht mehr. Wahrscheinlich sind sie Vandalismus zum Opfer gefallen. Im Inneren liegen grosse Mengen von Glasscherben.

Im hinteren Teil des Raumes ist noch die tapete an den Wänden. Sie ist rosa. Das Muster wäre heute wieder modern. Irgendwann nach dem Ende der regulären Nutzung hat man die Dielen durchschlagen und den Boden aufgerissen.

Lampen, Kabel, Schalter und Rohre haben offensichtlich Liebhaber gefunden.

Dabei ist man planmäsig vorgegangen. Alles, was verwertbar war, wurde entfernt. Wo es keine Lampen mehr gibt, braucht man auch keine Lichtschalter.

Auch von der Kegelbahn ist wenig übrig. Der Metallschrott auf dem Boden war Teil der Entlüftungsanlage. Auch hier sind die fenster eingeschlagen; die Trennung zwischen Drinnen und Draussen ist aufgelöst.

Eine Aussentreppe hat in den ersten Stock geführt, aber die Stufen fehlen.

Innen jedoch sind die Treppen erhalten. Mehr im zweiten Teil, morgen.
Update: Der zweite Teil.

Das Betreten ist verboten. Allerdings lebt im Umkreis von 500 Meter niemand mehr, der das Verbot überwachen könnte. Der Zaun um das Gebäude herum ist eingedrückt. Der Zutritt ist ohne Probleme möglich

Im Erdgeschoss, links neben dem Eingang ist eine grosse, niedrige Halle. Die Betonträger waren mit Holzbögen verkleidet.

Die grossen Fensterfronten existrieren nicht mehr. Wahrscheinlich sind sie Vandalismus zum Opfer gefallen. Im Inneren liegen grosse Mengen von Glasscherben.

Im hinteren Teil des Raumes ist noch die tapete an den Wänden. Sie ist rosa. Das Muster wäre heute wieder modern. Irgendwann nach dem Ende der regulären Nutzung hat man die Dielen durchschlagen und den Boden aufgerissen.

Lampen, Kabel, Schalter und Rohre haben offensichtlich Liebhaber gefunden.

Dabei ist man planmäsig vorgegangen. Alles, was verwertbar war, wurde entfernt. Wo es keine Lampen mehr gibt, braucht man auch keine Lichtschalter.

Auch von der Kegelbahn ist wenig übrig. Der Metallschrott auf dem Boden war Teil der Entlüftungsanlage. Auch hier sind die fenster eingeschlagen; die Trennung zwischen Drinnen und Draussen ist aufgelöst.

Eine Aussentreppe hat in den ersten Stock geführt, aber die Stufen fehlen.

Innen jedoch sind die Treppen erhalten. Mehr im zweiten Teil, morgen.
Update: Der zweite Teil.
donalphons, 19:12h
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