: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Freitag, 27. August 2004

Vockerode Teil III

Auf der anderes Strassenseite schliesst sich ein ganzer Block mit aufgelassenen Fabrikgebäuden an.



Es sind typische Bauten der 60er, 70er und 80er Jahre, als Vockerode durch das Kohlekraftwerk noch eine Boomtown war.




Irgendwann in den 90ern muss es eine Zwischennutzung als Wohnungen gegeben haben. Dafür sprechen die Vorhänge, die von aussen zu sehen sind.




Die Gebäuse selbst sind verrammelt. Das ist eher ungewöhnlich. Viele andere Ruinen in der DDR werden aufgebrochen. Allerdings ist gegenüber ein trister Gasthof. Der hält die Vandalen an dieser Stelle vielleicht ab.




Auf dem neuesten Gebäude der Anlage wurden sogar noch Sattelitenschüsseln angebracht. Wahrscheinlich glaubte man daran, dass bald die blühenden Landschaften entstehen würden. Inzwischen ist dort alles leer, und die Scheiben sind eingeschlagen.




Auch die silberglänzenden Rohre dürften eine Neuinvestition nach der Wende gewesen sein. Sie verbanden einige der Gebäude.




Der Garten mit den alten Wegen und Stahltreppen über die Rohre ist völlig verwildert. Seit einigen Jahren dürfte er wohl nicht mehr gepflegt worden sein.




An der Plattenstrasse zur Fabrik steht ein dreigeschossiges Wohnhaus aus den 60er Jahren. Auch hier ist kein Leben mehr. Alle Fenster, bis in den dritten Stock hinauf, wurden eingeworfen.




Das Hauptgebäude der Fabrik hat starke Bezüge zur Bauhausarchitektur; innen muss es sehr hell gewesen sein. Und tatsächlich ist Dessau nicht weit von Vockerode entfernt.




Allerdings scheinen die architektonischen Qualitäten keine Rolle zu spielen. Vermutlich wird das Gebäude irgendwann abgerissen.

Zu Teil 1 und Teil 2.

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Mittwoch, 25. August 2004

Coffee2Leave,

noch gefüllt, ein vergessener Fahrradschlüssel, und dahinter ein Alfa, wahrscheinlich geleast.



Berlin im Sommer 2004 eben.

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Sonntag, 22. August 2004

Alles nur Fassade

Nur Stuck. Was ein ordentlicher Maurer ist, haut das in einer Stunde runter, verputzt neu, und malt am nächsten Tag drüber. So schnell geht das.



Ein Relikt aus den Zeiten, als man glaubte, eine gewisse Zukunft wäre für diese Gesellschaft in Stein gemeisselt, und bräuchte entsprechend dauerhafte Zeichen in der Architektur. Auch nicht neu. In Italien gibt es eine Reihe von Gebäuden, auf denen sich maximal niedrige zweistellige Ziffern befinden, und dahinter die Buchstaben E. F..

New Economy und italienischer Faschismus - das wäre mal ein interessanter Systemvergleich.

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Samstag, 21. August 2004

Rattensportarten

Schlechte Zeiten? Es gibt keine schlechten Zeiten. Personalberater verdienen im Hype als Recruiter, in der Stagnation als Optimierer und im Downturn als Sensemänner für das feige Management. Und wenn sie mit der Arbeit fertig sind, schreiben sie noch einen lustigen Wettbewerb aus. Für Zeiten wie diese, wo man es sich leisten kann, andere ein paar Monate hängen zu lassen:

Im Moment passt es nicht, vielleicht aber in den kommenden Monaten. Dann wäre es schön, auf den Bewerber wieder zukommen zu können.

Vielleicht findet sich bis dahin auch was Besseres. Oder er geht mit seinen Gehaltsvorstellungen runter. Alles Aspekte, die man berücksichtigen sollte, wenn man den Preis der Sklavenhalterinnung auf der Fachmesse für Personalwesen will.

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Freitag, 20. August 2004

Idealzustand

Manche Räume entfalten ihre Schönheit erst durch Licht und Leere.



Es wäre schade, diese Leere zu vernichten, sie mit billigen, weissen Resopalmöbeln zu füllen, Flipcharts aufzustellen und Monitore zu patzieren, und dahinter vielleicht noch ein paar hektische, überarbeitete Kreativkreaturen.

Noch ist das nicht zu befürchten. Die Miete ist zu hoch, und es gibt reichlich Alternativen, bei denen man nicht auf dem Präsentierteller im Erdgeschoss sitzt, an einer lauten Strasse in Berlin Mitte. Der Raum bleibt am späten Nachmittag den Sonnenstrahlen zum Spielen überlassen, ein Geschenk an Licht und Schatten.

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Donnerstag, 19. August 2004

Ikea wird sterben

Ikea hat im Kern nur zwei Argumente: Es ist billig, und man kann es ohne Reue nach 2 Jahren wieder wegwerfen. Nach jedem Umzug kauft man eben neues Zeug von Ikea. Ikea ist applied social Downturn in seiner buntesten, unauffälligsten Form.

Aber Ikea hat auch ein Problem: In Zeiten von Hartz IV fällt es der klassischen Zielgruppe schwer, ihr Geld noch auf die grüne Wiese zu fahren. Dazu bräuchte man das Auto, das man aufgegeben hat, und Geld. Beides nimmt, zumindest in den schlechteren Regionen dieses Landes, rapide ab.

Die Gewinner der Käuferkrise von Ikea sehen anders aus:



Hier das Möbelangebot in der Zehendicker Strasse: Ein kleiner, kompakter Kühlschrank, ideal für die kleine Küche und genug Platz für die paar Pillen, drei Dosen und die Bierflaschen, aus denen die typische Mahlzeit der Ikeakäufer besteht. Ausserdem ein flacher, sehr loungiger Sessel im Stile des Art Deco. In rot neu bezogen, stiehlt er Bräkna, Florinsk und Ole die Show.

Weitere Objekte, etwa einen Schrank, finden Sie einfach die Choriner Strasse runter. Stühle gab es zumindest gestern noch in einem Container an der Lottumstrasse. Vermutlich sind hinter dem Wellblech, auf dem Trümmergrundstück weitere Einzelstücke zu einem Preis, bei dem auch Webdesigner sich ihren Traum vom coolen, trauten Heim erfüllen können. Und wenn das Angebot in Mitte mal ausgerauft sein sollte: Im Wedding und Prenzlauer Berg finden sich weitere Horte von Möbeln im Retro-Design.

Ikea wird sterben. Keine Frage.

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Mittwoch, 18. August 2004

Franchise Frantic

Eine der vergessenen (und natürlich verlorenen) Schlachten der New Economy war das Franchising im Bereich Nahrungsmittel und Gastronomie. Während der Essensportal-Irrsinn von Firmen wie Snacker.de einigermassen berühmt-berüchtigt wurde, sind all die Pizza/Feinkost/Sandwich-Produzenten sang- und klanglos, meist nach der Gründung des ersten Caffees gestorben. Eine schöne Geschichte findet sich übrigens im Buch Minusvisionen.

Das Rennen haben die amerikanischen Ketten gemacht, mit billiger Coffee2Go-Brühe statt mit pseudo-exklusivem Lachssandwich. Das Problem der New Economy Franchiser war, grob gesagt, ihre Fixierung auf junge, gutverdiendende Hardcore-Worker, die keine Zeit mehr für Einkäufe hatten und sich lieber was Luxuriöses liefern liessen, statt in der Tanke die Tüte Chips und die Flasche Cola zu holen. Diese Personengruppe hatte den entscheidenden Nachteil, dass sie kaum, und wenn, dann nur sehr kurz existierte. Kurz, man hatte reale Produkte für nicht existierenden Kunden und beackerte einen nicht existierenden Markt. Schlecht, undankbar und zumeist sehr tödlich.

Wenn es geklappt hätte, wääre es natürlich eine tolle Sache gewesen: Zum einem hatten die Startups keine Kantinen, wodurch man sie im Rahmen einer "Outsourcing"-Lösung langfristig an sich binden hätte können. Zum anderen war klar, dass gerade mit dem Wachstum der New Economy die Gewinnmargen explodieren würden. Und wenn man erst mal bei so einer Firma am Hauptsitz in Berlin im Geschäft war, könnte man bei den anderen Standorten Franchising-Lizenzen verkaufen. Kabel New Media, I-D Media, Pixelpark und die Argonauten hatten ja viele Standorte und machten vor, wie es die anderen nachgemacht hätten - wenn es nicht zur grossen Krise gekommen wäre.

Trotzdem ist die Idee das Franchising und der Traum vom Erfolg noch nicht ganz ausgestorben:



Sonst würde man nicht unter dem Label "Einstein" eine Open Air Cafete zwischen den Fahrstreifen von Unter den Linden aufmachen. Laut umtost vom Verkehr, umwabert von Abgesen, mit den üblichen extremen Einstein-Preisen, und gänzlich leer und unbesucht. Das Photo wurde gestern bei strahlendem Sonnenschein, 25 Grad und um 2 Uhr Nachmittags aufgenommen.

Nichts ist so langlebig wie die Hoffnung.

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Montag, 16. August 2004

Eine saubere Ecke

Links davon ist alles noch Ruine, aber hier hat man gnadenlos durchsaniert, oder gleich neu aufgebaut. Klinker war dabei Pflicht, in diesen neuen Gründerzeiten.



Klinker ist nüchtern, zweckmässig, warm, und, zumindest laut der Startup-Ideologie, angemessen. Nicht so steif wie der Travertin der Old Economy oder der Marmor der Edelkanzleien. Klinker ist cool. Es gab Startups, die den Putz weghauen liessen, um Klinkerwände zu haben.

Kein Wunder, dass sich hier vor allem Startups und Kommunikationsfirmen niedergelassen haben. Manche Kommunikationsfirmen sind noch da, mit ihren witzigen, bunten Schildern und ihren ausgefeilten Corporate Identities, die bis heute den Geschmack des Pfarramts von Dinkelrode oder des Jugendzentrums von Hinterstetthausen treffen.

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Sonntag, 15. August 2004

Vollbeschäftigt

Hier hat man genug zu tun, deshalb auch die krassen Öffnungszeiten: 7 (!) bis 19 Uhr



12,3% der hier Wohnenden sind Sozialhilfeempfänger. Wieviele davon um 7 Uhr tendentiell alkomatös sind, ist nicht bekannt. Schicke Mitte, wa.

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Mittwoch, 11. August 2004

Die Beleuchtung ist neu

und sicher auch von Interlübke inspiriert, wie das heute sogar in Lokalen nicht unuglyüblich ist. Vielleicht hat jemand gedacht, mit den wechselnden Farben könne man ständige Veränderung, Innovation und Fortschritt symbolisieren. Es soll immer neu sein, in jeder Sekunde andere Farben haben, und nie gleich sein.



Nur die Information auf dem Plakat mit der Aufschrift 45% vermietet ist alt, etwa 6 Moante; solange kenne ich diese Zahl jedenfalls schon. Eine Weile war das Plakat weg, jetzt ist wieder eines da.

Es bewegt sich eben doch - seitwärts, im Krebsgang durch den Morast des Berliner Immobilienmarktes.

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