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Freitag, 3. Mai 2013
Überflügeln
Diesmal geht es nicht mit meinem Auto nach Italien, sondern mit einem, das neu ist. Und viel Platz hat, aber dafür in ein Hotel aus der Tourismussteinzeit fährt, in dem die Zimmer so gross wie die Badezimmer sind. Es liegt in Gardone Riviera, das vor 100 Jahren ein Ort der Prominenz war, auch schon mit deutschen Beschreibungen für das Essen und dieser speziellen Abgeschiedenheit vom Rest, die entsteht, wenn um jede Villa ein Park und vor jedem Grand Hotel ein Privatstrand ist.
Normalerweise müsste ich nun an dieser Stelle wie immer darüber schreiben, dass ich am Tegernsee übernachtet habe und es überhaupt nicht verstehe, warum ich eigentlich von hier aus in einen Urlaub fahre, wo doch der Gewinn an Reiz und Schönheit alleinfalls marginal ausfallen kann. Allerdings gibt sich das Alpenvorland keine besondere Mühe, weshalb es am klassischen Ort für das passende Bild mit Blick auf Bad Wiessee, den Kampen und den Hirschberg über dem Blau des Wassers, exakt so aussieht - und den platschenden Regen muss man sich auch noch dazu vorstellen:
Nichts Besonderes also. Jemand fährt von einem verregneten See an einen See in ein Hotel, in dem die Berühmtheiten nur noch schale Erinnerungen sind, und das auch nur, weil er nicht allein ist und die Begleitung ordentlichen Komfort wünscht. Da muss ich mit meiner üblichen, von mir sehr geschätzten Bleibe in Mantua nicht gross anfangen, da muss ich mitmachen, und an und für sich ist das kein Problem: Ich kenne das alles ja. Die langen und dafür günstigen Reisen meines Blogzeitalters entsprechen meinen Wünschen, aber davor und jetzt war und wird das ganz anders. Das ist, so dumm es klingen mag, durchaus auch meine Welt. Nur war ich da schon länger so nicht mehr, weil die Prioritäten in meinem Leben nicht Hotels sind, mit denen man sich darstellen kann. Ich hatte das letztes Jahr schon in Monte Carlo und fühlte mich unwohl, und hier ist es auch nicht anders: Das ist gebuchter und gemieteter Luxus, der nicht mir gehört, und den ich hergeben muss, wenn ich gehe. Das kann also ruhig klein und günstig sein. So ein Hotel ist auch nur wie eine Mietwohnung, und am Tag der Abreise wird man von allen Privilegien entkleidet. Es ist ein Nichts, fast so etwas wie ein früher Tod.
In München eröffnet die Tage ein Geschäft für gutes Gepäck mit der Einladung von Modebloggeschmeiss, was nicht sonderlich zum Klientel passt; und bei Twitter lese ich, wie das eine wuschig macht, die sonst Ikea besucht und Sonderangebote von Nespresso schätzt. Aber hier wird dann sofort versucht, ein Stück kommerzieller Grösse zu angeln. Mit Hotels ist das ähnlich, sie sind eine Art Kleingeld unter der Repräsentanz des grossen Geldes in dieser Welt, denn auch Heiligendamm war schon im Ramsch und ausser der Saison kann man in Dubai billig Skorpione in der Dusche sammeln. Das Elend des Tourismus ist seit jeher das Halbseidene; in meinem Hotel waren es vielleicht Spieler, Heiratsschwindler und Diebe, heute muss man damit rechnen, dass am Nebentisch Reisejournaille sitzt, eine gerade passende Busladung aus Botropp oder Leute, bei denen ein Goldkettchen am Arm die Rolex darunter zerkratzt. Und sicher kommt auch die LV-IKEA-Nespressotante aus einem Kaff in Niederbayern ins Schwärmen, wenn sie es mal aus ihrer 1-Zimmer-Wohnung dorthin schafft, wo auf Villeroy serviert wird nicht bedenkend, dass die auch Hotelservice und Sanitär machen. Und es darüber hinaus noch so einiges gibt, was auch hübsch ist.
Und an dem Tag, da sie es aus der Villa hinunter in den langgezogenen Schuppen an der Gardesana geschafft hat, mit Privatzugang zum Wasser und kostenlosem Lärm und keinem Park, aber jede Menge Wellness für Extrakosten, da wird sie vermutlich auf alles herabschauen, was nicht hier ist, sondern in den Parks weiter oben ist. Immerhin wohnte hier schon Churchill! Und würde sie 60 Kilometer nach Roverbella fahren, sähe sie auch das verfallende Schloss, in dem Napoleon lebte. Oder oben in Riva die schimmelnde Villa, in der Kafka lebte.Kann man mit dem Schlafsack für eine Nacht auch machen. Bevor uns alle die grosse Nichtigkeit allen Strebens am Ende einholen wird, machen wir so viele Torheiten, aber kaum etwas scheint mir angesichts des kommenden Untergangs dümmer, als ein Selbstwertgefühl, das sich aus geliehenen oder gemieteten Möglichkeiten ergibt. Zumal man die meiste Zeit darin ohnehin verschläft. Im besten Fall bringt Reisen den Menschen weiter, aber vielleicht verführt es auch nur dazu, die inneren Brüche und Abgründe noch weiter aufzureissen. Fern der Heimat, für eine Woche, der König, um den sie alle scharwenzeln. Deheim dann wieder Mietwohnung, Kaserne, Trott, Kantine, U-Bahn. Natürlich will man da raus. Aber ein Hotel ist da eine teure Sackgasse (meines hat wenigstens eine Hauskatze namens Pedro, das wiegt vieles auf).
Ich mache mir da vermutlich Gedanken, die ich mir nicht machen müsste, denn das Hotel an sich ist immer ein Rückschritt: Ich weiss schon, warum ich stets eigenes Porzellan, eigenen Tee und eine eigene Silberkanne mitnehme. Es ist halt unvermeidlich, wenn man der Sonne entgegen fliehen will, man muss sich umleben und man ist dort nur auf Zeit, die man geniessen sollte, aber mehr auch nicht. Das ist wie ein Kinderspiel, das man irgendwann durch hat, dann müsste mehr kommen als das Packen und Gehen, und wenn man darauf keine Antwort und kein passendes Leben hat: Dann ist das vielleicht etwas wenig für ein Dasein. Zumal niemand jünger wird und auch all die lackierten Durchschnittsfressen unter Dutt und unter Stiefeln der Modeblogs mit jedem Tag etwas kaputter gehen. Man kann Vergänglichkeiten austauschen, oder sich fragen, was bleiben mag.
Mal mehr, mal weniger. Grand Hotels sind nur Durchgangsstationen. Hübsch, gelungen manchmal, fast eine Theaterkulisse. Aber nicht umsonst wandelt man sie mehr und mehr in Wohnungen um: Weil es eine Klientel gibt, für die der Schein nicht reicht, und die sich das banale Dasein unter guten Bedingungen leisten kann.
Normalerweise müsste ich nun an dieser Stelle wie immer darüber schreiben, dass ich am Tegernsee übernachtet habe und es überhaupt nicht verstehe, warum ich eigentlich von hier aus in einen Urlaub fahre, wo doch der Gewinn an Reiz und Schönheit alleinfalls marginal ausfallen kann. Allerdings gibt sich das Alpenvorland keine besondere Mühe, weshalb es am klassischen Ort für das passende Bild mit Blick auf Bad Wiessee, den Kampen und den Hirschberg über dem Blau des Wassers, exakt so aussieht - und den platschenden Regen muss man sich auch noch dazu vorstellen:
Nichts Besonderes also. Jemand fährt von einem verregneten See an einen See in ein Hotel, in dem die Berühmtheiten nur noch schale Erinnerungen sind, und das auch nur, weil er nicht allein ist und die Begleitung ordentlichen Komfort wünscht. Da muss ich mit meiner üblichen, von mir sehr geschätzten Bleibe in Mantua nicht gross anfangen, da muss ich mitmachen, und an und für sich ist das kein Problem: Ich kenne das alles ja. Die langen und dafür günstigen Reisen meines Blogzeitalters entsprechen meinen Wünschen, aber davor und jetzt war und wird das ganz anders. Das ist, so dumm es klingen mag, durchaus auch meine Welt. Nur war ich da schon länger so nicht mehr, weil die Prioritäten in meinem Leben nicht Hotels sind, mit denen man sich darstellen kann. Ich hatte das letztes Jahr schon in Monte Carlo und fühlte mich unwohl, und hier ist es auch nicht anders: Das ist gebuchter und gemieteter Luxus, der nicht mir gehört, und den ich hergeben muss, wenn ich gehe. Das kann also ruhig klein und günstig sein. So ein Hotel ist auch nur wie eine Mietwohnung, und am Tag der Abreise wird man von allen Privilegien entkleidet. Es ist ein Nichts, fast so etwas wie ein früher Tod.
In München eröffnet die Tage ein Geschäft für gutes Gepäck mit der Einladung von Modebloggeschmeiss, was nicht sonderlich zum Klientel passt; und bei Twitter lese ich, wie das eine wuschig macht, die sonst Ikea besucht und Sonderangebote von Nespresso schätzt. Aber hier wird dann sofort versucht, ein Stück kommerzieller Grösse zu angeln. Mit Hotels ist das ähnlich, sie sind eine Art Kleingeld unter der Repräsentanz des grossen Geldes in dieser Welt, denn auch Heiligendamm war schon im Ramsch und ausser der Saison kann man in Dubai billig Skorpione in der Dusche sammeln. Das Elend des Tourismus ist seit jeher das Halbseidene; in meinem Hotel waren es vielleicht Spieler, Heiratsschwindler und Diebe, heute muss man damit rechnen, dass am Nebentisch Reisejournaille sitzt, eine gerade passende Busladung aus Botropp oder Leute, bei denen ein Goldkettchen am Arm die Rolex darunter zerkratzt. Und sicher kommt auch die LV-IKEA-Nespressotante aus einem Kaff in Niederbayern ins Schwärmen, wenn sie es mal aus ihrer 1-Zimmer-Wohnung dorthin schafft, wo auf Villeroy serviert wird nicht bedenkend, dass die auch Hotelservice und Sanitär machen. Und es darüber hinaus noch so einiges gibt, was auch hübsch ist.
Und an dem Tag, da sie es aus der Villa hinunter in den langgezogenen Schuppen an der Gardesana geschafft hat, mit Privatzugang zum Wasser und kostenlosem Lärm und keinem Park, aber jede Menge Wellness für Extrakosten, da wird sie vermutlich auf alles herabschauen, was nicht hier ist, sondern in den Parks weiter oben ist. Immerhin wohnte hier schon Churchill! Und würde sie 60 Kilometer nach Roverbella fahren, sähe sie auch das verfallende Schloss, in dem Napoleon lebte. Oder oben in Riva die schimmelnde Villa, in der Kafka lebte.Kann man mit dem Schlafsack für eine Nacht auch machen. Bevor uns alle die grosse Nichtigkeit allen Strebens am Ende einholen wird, machen wir so viele Torheiten, aber kaum etwas scheint mir angesichts des kommenden Untergangs dümmer, als ein Selbstwertgefühl, das sich aus geliehenen oder gemieteten Möglichkeiten ergibt. Zumal man die meiste Zeit darin ohnehin verschläft. Im besten Fall bringt Reisen den Menschen weiter, aber vielleicht verführt es auch nur dazu, die inneren Brüche und Abgründe noch weiter aufzureissen. Fern der Heimat, für eine Woche, der König, um den sie alle scharwenzeln. Deheim dann wieder Mietwohnung, Kaserne, Trott, Kantine, U-Bahn. Natürlich will man da raus. Aber ein Hotel ist da eine teure Sackgasse (meines hat wenigstens eine Hauskatze namens Pedro, das wiegt vieles auf).
Ich mache mir da vermutlich Gedanken, die ich mir nicht machen müsste, denn das Hotel an sich ist immer ein Rückschritt: Ich weiss schon, warum ich stets eigenes Porzellan, eigenen Tee und eine eigene Silberkanne mitnehme. Es ist halt unvermeidlich, wenn man der Sonne entgegen fliehen will, man muss sich umleben und man ist dort nur auf Zeit, die man geniessen sollte, aber mehr auch nicht. Das ist wie ein Kinderspiel, das man irgendwann durch hat, dann müsste mehr kommen als das Packen und Gehen, und wenn man darauf keine Antwort und kein passendes Leben hat: Dann ist das vielleicht etwas wenig für ein Dasein. Zumal niemand jünger wird und auch all die lackierten Durchschnittsfressen unter Dutt und unter Stiefeln der Modeblogs mit jedem Tag etwas kaputter gehen. Man kann Vergänglichkeiten austauschen, oder sich fragen, was bleiben mag.
Mal mehr, mal weniger. Grand Hotels sind nur Durchgangsstationen. Hübsch, gelungen manchmal, fast eine Theaterkulisse. Aber nicht umsonst wandelt man sie mehr und mehr in Wohnungen um: Weil es eine Klientel gibt, für die der Schein nicht reicht, und die sich das banale Dasein unter guten Bedingungen leisten kann.
donalphons, 01:58h
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Das Totladen der Kommentare
Nun ja.
Es gibt in Gardone Riviera Internet.
Aber keine neuen Beiträge der Stützen.
Weil die handgestrickte Kommentaradminfunktion in Italien aus was für Gründen auch immer beim Laden abröchelt. Ich habe den Verantwortlichen gesagt: Fasst die Datenbanken nicht an, das ist was für Experten und nicht einfach. Aber sie haben Javascript drübergekleistert und Überschriften drangeschraubt, und das hat jetzt eben Folgen. Vielleicht ist es so, dass es ordentlich lädt, wenn man direkt auf den Server zugreifen kann, aber mit normalen Internetverbindungen in Italien habe ich es jetzt in drei Regionen versucht: Bis zu 10 Minuten Wartezeit. Eine kleine Wartezeit auf das Jüngste Gericht.
Ja, ich finde das auch nicht lustig. Wie ich inzwischen jede Menge mit dieser Technik nicht mehr lustig finde. Im Prinzip passiert bei den FAZ-Blogs nicht, was man schreiben und kommentieren könnte, sondern das, was man gegen die Technik auf die Seite presst.
Ich bedaure das sehr. Ich bin nicht faul, ich habe nur im Moment keine besondere Lust auf die Bloggerei, und werde einfach Urlaub ohne aktuelles Bloggen machen und den Rest dann bei Gelegenheit irgendwann nachtragen.
Es gibt in Gardone Riviera Internet.
Aber keine neuen Beiträge der Stützen.
Weil die handgestrickte Kommentaradminfunktion in Italien aus was für Gründen auch immer beim Laden abröchelt. Ich habe den Verantwortlichen gesagt: Fasst die Datenbanken nicht an, das ist was für Experten und nicht einfach. Aber sie haben Javascript drübergekleistert und Überschriften drangeschraubt, und das hat jetzt eben Folgen. Vielleicht ist es so, dass es ordentlich lädt, wenn man direkt auf den Server zugreifen kann, aber mit normalen Internetverbindungen in Italien habe ich es jetzt in drei Regionen versucht: Bis zu 10 Minuten Wartezeit. Eine kleine Wartezeit auf das Jüngste Gericht.
Ja, ich finde das auch nicht lustig. Wie ich inzwischen jede Menge mit dieser Technik nicht mehr lustig finde. Im Prinzip passiert bei den FAZ-Blogs nicht, was man schreiben und kommentieren könnte, sondern das, was man gegen die Technik auf die Seite presst.
Ich bedaure das sehr. Ich bin nicht faul, ich habe nur im Moment keine besondere Lust auf die Bloggerei, und werde einfach Urlaub ohne aktuelles Bloggen machen und den Rest dann bei Gelegenheit irgendwann nachtragen.
donalphons, 01:52h
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