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Freitag, 11. Oktober 2013
Auf die Schnelle
Teil 2 der Buchmessesaga, von einer unsäglichen Buchmessetastatur aus geschickt.
donalphons, 18:57h
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Wie ich überlebe
Wie ich überlebe? Die Zugfahrt bekomme ich gar nicht so richtig mit, die ist am Vormittag, und dann bin ich ohnehin zu nichts zu gebrauchen. Schicksalsergben füge ich mich dem Unvermeidlichen, während draussen die Wolken auch niedrige Berge verhüllen. In den Bergen sind heute Nacht die Bäume umgefallen, weil sie die Last des – übrigens spät gekommenen - Schnees nicht tragen können, und ich hoffe, dass meine Korkenzieherweide (ist das überhaupt eine Weide?) und die grosse, alte Esche gut durchgekommen sind. Und wenn meine Gedanken schon mal am Rand des deutschen Elends sind, dann erklimmen sie am Seil der Erinnerung auch die Berge. Viel schreiben muss ich im Moment, und wenn meine Beiträge für die FAZ vollendet sind, blase ich sie nochmal für das Blog auf – das kann ich nicht dauernd machen. Dazwischen schraube ich an Rädern, und das Wissen, auch noch etwas anderes zu können, ist angenehm und treibt mich auch im Zug von dannen.
Ich weiss, dass ich den Berg jedesmal verfluche, wenn ich ihn bezwinge, ich wünschte, er wäre niedriger oder bald zu Ende, er lässt mich Grenzen erfahren, die durch das Alter und den Zerfall viel zu eng gesteckt sind, und überhaupt geht es mir nicht wirklich gut dabei. Gut geht es mir im Sessel oder auf dem Sofa mit einer Kanne Tee. Und trotzdem schweifen meine Gedanken hierher zurück, und es ist seltsamerweise immer die quälende Auffahrt und nie der Rausch der Abfahrt, an den ich denke. Ich denke an Bergpfade und Steine, an Latschen und die karstigen Mondlandschaften jenseits der Baumgrenzen, ich denke an die Kälte, die auf die Hitze des Körpers trifft, und den monotonen, stumpfsinnigen Atem, der so sein muss, denn über 2000 Meter muss man an das Atmen denken. Nichts ist sicher und nichts ist selbstverständlich in mir, während der Zug ein Land durcheilt, das nicht meines ist, hin zu einer Stadt, nach der der Anlass der Reise benannt ist, aber sonst nichts in meinem Leben. In meinen Gedanken ziehe ich Stahlseile durch Hüllen und ziehe Schrauben so fest wie möglich, denn der Berg kennt keine Gnade mit den Nachlässigen.
Der Berg begleitet mich im Zug und manchmal, im Gedränge auf Rolltreppen, überkommt er mich; da ist dieses erstaunliche Fehlen einer Kameradschaft bei der Bewegung von oben nach unten. Am Berg grüsst jeder. Hier grüsst niemand. Ich habe an einem verregneten Alpenpass mehr Aufmunterung als hier, wo es kostenlose Massagen gibt, Termine und überhaupt jeder nur da ist,. um Kontakte zu machen. Es ist immer das gleiche Gerede, die Zeitung, die Verlage, die Autoren, die Visitenkarten, bitteschön, irgendwann, alle möchten verbindlich sein und doch ist nie das Gefühl der Verbundenheit am Berg da. Dort weiss jeder, was der andere erlebt, hier wollen alle nichts erlebe, sondern wirken und darstellen. Die Intellektuelle. Der Autor. Die Denkerin und der Feminist, und am Abend wollen sie auf einen Empfang, an den ich nicht denken darf, sonst dreht mir die Sozialneurose den Magen um. Lieber nochmal Berg, lieber nochmal die grosse Kurve vor der Waldgrenze.
Mehrere hundert Meter hoch sind die Nadeln und Türme der Stadt, aber winzig und nichtig sind sie im Vergleich zu jenen Steinformationen, über die der Mensch auf schmalen Linien nach oben keucht. Man kann dabei leicht sterben, oder leben, um dann woanders nur die Augen zu schliessen und zu wissen: Das ist nicht echt. Ich erlebe eine absurde Fiktion. Ich wache wieder auf, wenn ich an der ersten Rampe bin.
Ich weiss, dass ich den Berg jedesmal verfluche, wenn ich ihn bezwinge, ich wünschte, er wäre niedriger oder bald zu Ende, er lässt mich Grenzen erfahren, die durch das Alter und den Zerfall viel zu eng gesteckt sind, und überhaupt geht es mir nicht wirklich gut dabei. Gut geht es mir im Sessel oder auf dem Sofa mit einer Kanne Tee. Und trotzdem schweifen meine Gedanken hierher zurück, und es ist seltsamerweise immer die quälende Auffahrt und nie der Rausch der Abfahrt, an den ich denke. Ich denke an Bergpfade und Steine, an Latschen und die karstigen Mondlandschaften jenseits der Baumgrenzen, ich denke an die Kälte, die auf die Hitze des Körpers trifft, und den monotonen, stumpfsinnigen Atem, der so sein muss, denn über 2000 Meter muss man an das Atmen denken. Nichts ist sicher und nichts ist selbstverständlich in mir, während der Zug ein Land durcheilt, das nicht meines ist, hin zu einer Stadt, nach der der Anlass der Reise benannt ist, aber sonst nichts in meinem Leben. In meinen Gedanken ziehe ich Stahlseile durch Hüllen und ziehe Schrauben so fest wie möglich, denn der Berg kennt keine Gnade mit den Nachlässigen.
Der Berg begleitet mich im Zug und manchmal, im Gedränge auf Rolltreppen, überkommt er mich; da ist dieses erstaunliche Fehlen einer Kameradschaft bei der Bewegung von oben nach unten. Am Berg grüsst jeder. Hier grüsst niemand. Ich habe an einem verregneten Alpenpass mehr Aufmunterung als hier, wo es kostenlose Massagen gibt, Termine und überhaupt jeder nur da ist,. um Kontakte zu machen. Es ist immer das gleiche Gerede, die Zeitung, die Verlage, die Autoren, die Visitenkarten, bitteschön, irgendwann, alle möchten verbindlich sein und doch ist nie das Gefühl der Verbundenheit am Berg da. Dort weiss jeder, was der andere erlebt, hier wollen alle nichts erlebe, sondern wirken und darstellen. Die Intellektuelle. Der Autor. Die Denkerin und der Feminist, und am Abend wollen sie auf einen Empfang, an den ich nicht denken darf, sonst dreht mir die Sozialneurose den Magen um. Lieber nochmal Berg, lieber nochmal die grosse Kurve vor der Waldgrenze.
Mehrere hundert Meter hoch sind die Nadeln und Türme der Stadt, aber winzig und nichtig sind sie im Vergleich zu jenen Steinformationen, über die der Mensch auf schmalen Linien nach oben keucht. Man kann dabei leicht sterben, oder leben, um dann woanders nur die Augen zu schliessen und zu wissen: Das ist nicht echt. Ich erlebe eine absurde Fiktion. Ich wache wieder auf, wenn ich an der ersten Rampe bin.
donalphons, 17:53h
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