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Freitag, 25. Oktober 2013
Schickt sie mir an einem Regentag
Man könnte einen eigene Seite machen, rund um das Thema "Kunstversand österreichischer Auktionshäuser und Händler". Gebrauchte deutsche Fahrradketten werden meistens besser verpackt und gesichert, während sie Nachbarn gar keinen Hehl daraus machen, was sie von dem Geraffel halten.
Meine Überraschung, dass eine leicht lädierte Biedermeieritalienerin nun doch sauber eingepackt und in einem Karton ganz ohne verächtliche Anspielungen kommt, ist unbeschreiblich; ich wohne ja in der Altstadt, wo man sich kennt, und der Postbote staunt manchmal nicht schlecht über Damenbinden, Bananen und billlige Waschmittel, die mich aus Wien erreichen. Aber ich kenne das ja aus meiner Wiener Zeit; da gibt es Läden, die wie Rumpelkammern aussehen und de facto auch Rumpelkammern sind, und wenn man dann hineingeht und nach den Preisen für das ruinierte Zeug fragt, bekommt man Antworten, die man nicht mal in München bekäme, so unverschämt sind sie.
Insofern sind dann das Ersteigern und der Versand über jene 400 Kilometer die Donau hinunter, die Wien von meiner Heimat scheiden, keine dumme Sachen. Lieber schlecht verpackt als gut ausgenommen, würde ich meinen. Und so tröpfelt dann doch einiges zu mir, was ich früher auf dem Naschmarkt vergeblich suchte. Es ist nicht so, dass es in Wien nicht reichlich gäbe; die Stadt hat sich besonders im 19. Jahrhundert vollgesogen mit allen Reichtümern der Provinzen, und ich bin immer wieder erstaunt, was in der Zeit vor der italienischen Einheit alles seinen Weg aus Oberitalien in die k.u,k,-Hauptstadt gefunden hat. Man schimpft ja gern über die Raubzüge Napoleons, aber unter österreichischer Herrschaft haben sich auch die Beamten und Verwalter offensichtlich gut beim niedergehenden Adel und Bürgertum von Bergamo bis Venedig bedient, und nach Wien verschleppt, was an die Wände passte.
Früher, das erzählte man mir in Italien vor "la Crisi", war das durchaus bekannt, und vieles, was im inzwischen Antiquitäten liebenden Land der blühenden Zitronen und Immobilienblasen zu kaufen ist, wurde in der Frühzeit dieses Jahrhunderts zurückgeholt. Vor ein paar Wochen war ich in Österreich bei einem Händler, der seinen Sitz nun aus Wien weg in Richtung Passau verlegt hat: Man geht halt mit der Kundschaft. Und reduziert auch die Preise, weil weniger Konkurrenz da ist. Früher hätte es ein Gezerre sondersgleichen zwischen Bietern nördlich und südlich der Alpen gegeben, heute lernt man im Westbalkan wieder die Vorzüge der Deutschen zu schätzen. Abgesehen davon: Biedermeier ist gerade unglaublich unbeliebt, weil all jene, die in den 90ern sich all die teuren Möbel leisten konnten, sich nun langsam verkleinern oder an Kinder vererben, die damit nichts anfangen können. La Crisi des Überflusses.
Dazu wohnen die Kinder dann auch oft noch in Städten unter vergleichsweise beengten Bedingungen, und nicht wie die Eltern in weiträumigen Villen, in denen man sich halt ein Biedermeierzimmer eingerichtet hat. Russische Ikonen wären noch schlimmer, aber auch das Elternhaus empfinden viele als Last, und das weite Land ist nicht zwingend die Grossregion München. Wer das Pech hat, ein Haus in Bayruth oder bei Fulda zu haben, merkt nichts von Immobilienboom und den immensen Erlösen, die man in München erzielen könnte. Biedermeier ist auch schwierig, aber irgendwie bekommt man das noch unter und die Einnahmen reichen für einen halben Kinderwagen der Mittelklasse.
Nun also ist sie da, an einem Regentag, zeigt mir ihre makellosen Schultern und erzählt von den Verwerfungen der Zeiten, nach denen man sich zu ihrer Zeit überhaupt nicht gesehnt hat. Erstmal bleibt sie hier, die nächsten Dekaden werden ruhig, und mag sich auch die Welt draussen verändern: Hier ist sie nicht fremd, hier passt sie durchaus her.
Ich mag ihr Lächeln.
Meine Überraschung, dass eine leicht lädierte Biedermeieritalienerin nun doch sauber eingepackt und in einem Karton ganz ohne verächtliche Anspielungen kommt, ist unbeschreiblich; ich wohne ja in der Altstadt, wo man sich kennt, und der Postbote staunt manchmal nicht schlecht über Damenbinden, Bananen und billlige Waschmittel, die mich aus Wien erreichen. Aber ich kenne das ja aus meiner Wiener Zeit; da gibt es Läden, die wie Rumpelkammern aussehen und de facto auch Rumpelkammern sind, und wenn man dann hineingeht und nach den Preisen für das ruinierte Zeug fragt, bekommt man Antworten, die man nicht mal in München bekäme, so unverschämt sind sie.
Insofern sind dann das Ersteigern und der Versand über jene 400 Kilometer die Donau hinunter, die Wien von meiner Heimat scheiden, keine dumme Sachen. Lieber schlecht verpackt als gut ausgenommen, würde ich meinen. Und so tröpfelt dann doch einiges zu mir, was ich früher auf dem Naschmarkt vergeblich suchte. Es ist nicht so, dass es in Wien nicht reichlich gäbe; die Stadt hat sich besonders im 19. Jahrhundert vollgesogen mit allen Reichtümern der Provinzen, und ich bin immer wieder erstaunt, was in der Zeit vor der italienischen Einheit alles seinen Weg aus Oberitalien in die k.u,k,-Hauptstadt gefunden hat. Man schimpft ja gern über die Raubzüge Napoleons, aber unter österreichischer Herrschaft haben sich auch die Beamten und Verwalter offensichtlich gut beim niedergehenden Adel und Bürgertum von Bergamo bis Venedig bedient, und nach Wien verschleppt, was an die Wände passte.
Früher, das erzählte man mir in Italien vor "la Crisi", war das durchaus bekannt, und vieles, was im inzwischen Antiquitäten liebenden Land der blühenden Zitronen und Immobilienblasen zu kaufen ist, wurde in der Frühzeit dieses Jahrhunderts zurückgeholt. Vor ein paar Wochen war ich in Österreich bei einem Händler, der seinen Sitz nun aus Wien weg in Richtung Passau verlegt hat: Man geht halt mit der Kundschaft. Und reduziert auch die Preise, weil weniger Konkurrenz da ist. Früher hätte es ein Gezerre sondersgleichen zwischen Bietern nördlich und südlich der Alpen gegeben, heute lernt man im Westbalkan wieder die Vorzüge der Deutschen zu schätzen. Abgesehen davon: Biedermeier ist gerade unglaublich unbeliebt, weil all jene, die in den 90ern sich all die teuren Möbel leisten konnten, sich nun langsam verkleinern oder an Kinder vererben, die damit nichts anfangen können. La Crisi des Überflusses.
Dazu wohnen die Kinder dann auch oft noch in Städten unter vergleichsweise beengten Bedingungen, und nicht wie die Eltern in weiträumigen Villen, in denen man sich halt ein Biedermeierzimmer eingerichtet hat. Russische Ikonen wären noch schlimmer, aber auch das Elternhaus empfinden viele als Last, und das weite Land ist nicht zwingend die Grossregion München. Wer das Pech hat, ein Haus in Bayruth oder bei Fulda zu haben, merkt nichts von Immobilienboom und den immensen Erlösen, die man in München erzielen könnte. Biedermeier ist auch schwierig, aber irgendwie bekommt man das noch unter und die Einnahmen reichen für einen halben Kinderwagen der Mittelklasse.
Nun also ist sie da, an einem Regentag, zeigt mir ihre makellosen Schultern und erzählt von den Verwerfungen der Zeiten, nach denen man sich zu ihrer Zeit überhaupt nicht gesehnt hat. Erstmal bleibt sie hier, die nächsten Dekaden werden ruhig, und mag sich auch die Welt draussen verändern: Hier ist sie nicht fremd, hier passt sie durchaus her.
Ich mag ihr Lächeln.
donalphons, 15:32h
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