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Samstag, 14. Dezember 2013
Lebensbedingungen
Zur Spree hin gibt es immer noch die Einschusslöcher, die mich schon faszinierten, als ich vor über 25 Jahren noch die DDR kennenlernte. Davor steht aber schon das Schild des Kommenden, das vielleicht sogar wirklich kommt, wenn, ja wenn der Boom in Berlin so lange anhält. Es steht ja auch so in den Zeitungen. Nur ich stoöpere über kaputte Gehwege und habe meine Zweifel. Vielleicht ändert sich irgendwann die Jugend und ihre Ansprüche, und dann ist es halt nicht mehr Berlin, sondern eine andere Stadt, in der man sein muss.
Es gehört nicht viel dazu, die fundamentalen Unterschiede zu erkennen; in München würde ich mit einem Kaschmirmantel nicht auffallen, weil den jeder trägt, und in Berlin falle ich nicht auf, weil es das weit und breit nicht gibt. Im Hotal ist zwar Weihnachtsball einer Tanzschule für ältere Herrschaften, aber die alle sehen so aus, als kämen sie gerade aus einem Geschäft, das vielleicht "Hollywood" heisst, und wirken in ihren Jacken und Kleidern so fremd, wie ich vielleicht mit 16 im Tanzkurs ausgesehen habe. Es ist eine Inszenierung drinnen, und es ist eine Inszenierung des Nachlässigen draussen. Es ist sehr viel Licht, die Wolken sind auch entsprechend grau wie angelaufenes Silber, ein Farbmatsch in der Luft und pardon, aber ich merke es beim Atmen: Eine schlechte Luft.
Ich bin eigentlich gesund, aber ich atme, als hätte ich eine abklingende Grippe. Im gleichen Jahr, als ich in Berlin war, war ich auch in Grasse. Dort besuchte ich eine Fabrik für Essenzen. Der Geruch in so einer Fabrik ist schwer zu ertragen, als ob man flüssige Seife inhalieren würde. Es dauert etwas, bis man den Würgreiz unter Kontrolle hat. Der eigentliche Schock kommt aber erst, wenn man die Schleusen wieder hinter sich lässt und in die scheinbar reine Luft der Provence, nur hier aber in einer französischen Kleinstadt tritt: Da treffen einen dann die Abgase mit voller Wucht. Man kann sich ein paar Minuten, bis sich der Körper wieder eingestellt hat, gar nicht vorstellen, dass man darin leben kann. Man müsste das mal als Versuch machen: Jemanden aus Berlin an den Tegernsee einladen. Und ihm dann einen Kubukmeter Luft von Daheim vorsetzen. Das Gefühl, das ihn dann überkommt, das fliesst hier immer durch meine Adern. Es ist falsch, es ist nicht gut, und sie haben sich hier nur an das Unannehmliche gewöhnt, weshalb sie dann auch bereit sind, zu viel zu zahlen.
Es geht nicht um Heidiromantik, es geht einfach um die Frage, was der Mensch braucht. Gäste in meinem Zimmer im 10. Stock finden, die Aussicht sei gut, von der Charitee über einen alten Flakhügel bis ins Brandenburgische, aber ich sehe nur Grau, Grau, Grau. Keinen Berg. Keine Rokokokirche. Da drüben mag ein Penthaus sein, aber wie viele Berliner leben im echten Altbau, also vor 1800?
In der Decke sind Halogenspots. Ich bin für Berliner Verhältnisse ausgezeichnet untergebracht. Ich halte es hier ein paar Tage aus. Aber wie ich hier anderthalb Jahre leben komnte, keine Ahnung.
Es gehört nicht viel dazu, die fundamentalen Unterschiede zu erkennen; in München würde ich mit einem Kaschmirmantel nicht auffallen, weil den jeder trägt, und in Berlin falle ich nicht auf, weil es das weit und breit nicht gibt. Im Hotal ist zwar Weihnachtsball einer Tanzschule für ältere Herrschaften, aber die alle sehen so aus, als kämen sie gerade aus einem Geschäft, das vielleicht "Hollywood" heisst, und wirken in ihren Jacken und Kleidern so fremd, wie ich vielleicht mit 16 im Tanzkurs ausgesehen habe. Es ist eine Inszenierung drinnen, und es ist eine Inszenierung des Nachlässigen draussen. Es ist sehr viel Licht, die Wolken sind auch entsprechend grau wie angelaufenes Silber, ein Farbmatsch in der Luft und pardon, aber ich merke es beim Atmen: Eine schlechte Luft.
Ich bin eigentlich gesund, aber ich atme, als hätte ich eine abklingende Grippe. Im gleichen Jahr, als ich in Berlin war, war ich auch in Grasse. Dort besuchte ich eine Fabrik für Essenzen. Der Geruch in so einer Fabrik ist schwer zu ertragen, als ob man flüssige Seife inhalieren würde. Es dauert etwas, bis man den Würgreiz unter Kontrolle hat. Der eigentliche Schock kommt aber erst, wenn man die Schleusen wieder hinter sich lässt und in die scheinbar reine Luft der Provence, nur hier aber in einer französischen Kleinstadt tritt: Da treffen einen dann die Abgase mit voller Wucht. Man kann sich ein paar Minuten, bis sich der Körper wieder eingestellt hat, gar nicht vorstellen, dass man darin leben kann. Man müsste das mal als Versuch machen: Jemanden aus Berlin an den Tegernsee einladen. Und ihm dann einen Kubukmeter Luft von Daheim vorsetzen. Das Gefühl, das ihn dann überkommt, das fliesst hier immer durch meine Adern. Es ist falsch, es ist nicht gut, und sie haben sich hier nur an das Unannehmliche gewöhnt, weshalb sie dann auch bereit sind, zu viel zu zahlen.
Es geht nicht um Heidiromantik, es geht einfach um die Frage, was der Mensch braucht. Gäste in meinem Zimmer im 10. Stock finden, die Aussicht sei gut, von der Charitee über einen alten Flakhügel bis ins Brandenburgische, aber ich sehe nur Grau, Grau, Grau. Keinen Berg. Keine Rokokokirche. Da drüben mag ein Penthaus sein, aber wie viele Berliner leben im echten Altbau, also vor 1800?
In der Decke sind Halogenspots. Ich bin für Berliner Verhältnisse ausgezeichnet untergebracht. Ich halte es hier ein paar Tage aus. Aber wie ich hier anderthalb Jahre leben komnte, keine Ahnung.
donalphons, 20:31h
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