: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Montag, 9. März 2015

Waschlappen

Hier freut sich die taz-Mitarbeiterin Margarete Stokowski öffentlich, dass jemand sein Krautreporter-Abo kündigt und zur taz wechselt.

Und hier delektiert sich der Verein "pro Quote" über die angekündigten konsequenzen für Tilo Jung bei Krautreporter, weil er etwas sehr Dummes auf seinem Instagram-Account veröffentlicht hat.

Und hier nun fällt ein Krautreporter-Gründer Tilo Jung in den Rücken, als die deutsche Buzzfeed-Gossenbetreiberin Juliane Leopold aus dem Umfeld des Aufschrei am Shitstorm mitwirkt. Heute ist sie bei Buzzfeed - einer Firma, die das Bild selbst gebracht hat, über das sie sich aufregt.

Ich wasche meine Hände in dreckigem Öl. Ich brauche ehrliche Arbeit, wenn ich sehe, was für Leute heutzutage Journalisten sein wollen. Eine Unterscheidung zum Mob ist da nicht mehr vorhanden, und Gewalt ist immer nur dann beklagenswert, wenn man nicht zu den Tätern gehört. Gab es da nicht mal so Sprüche wie "entschlossen in die Fresse fisten"?



Shitstorms gab es bei mir und der FAZ auch, und zwar gleich mehrfach. Nicht alles, was ich tat, hat Schirrmacher vollumfänglich gefallen, aber wir haben offen darüber geredet und dem Umstand verdanke ich es auch, dass ich heute jede Menge Kompromat habe, an dem ich zeigen kann, wie politische Aktivisten versuchen, einen Journalisten um den Job zu bringen. Schirrmacher, der das alles selbst öfters mitgemacht hat, war da recht cool und wusste, dass eine Zeitung nach 70 Jahren nicht auf Pöbel reagieren muss, der sich nach 7 Stunden ein neues Opfer gesucht hat - und Nachwuchshetzer wären prompt auf der schwarzen Liste gelandet, wo die mspros und Jakubetzes dieser Welt standen. Ich weiss nicht, ob ich so eine Nummer wie die von Tilo Jung unbeschadet überstanden hätte, aber es war nun mal so, dass es eine gewisse Toleranz für Fehler gab, und ein Fehlgriff nicht die restliche Arbeit auf immer verdarb. Einfach, weil ich für das Überschreiten von Grenzen eingestellt wurde. Nach den Regeln kann jeder feige Depp. Ausgereizt habe ich nur die allgemeinen Grenzen, aber nicht die von Schirrmacher, und wenn es Ärger gab, hat er sich eben hingestellt und das im Zweifelsfall verteidigt, weil das Ganze wichtiger war als die bald verpuffende Empörung.

So hat das all die Jahre funktioniert und so hat es gehalten. Natürlich war Schirrmacher eine Ausnahmeerscheinung, und er kam aus einer anderen Welt. Die Krautreporter jedoch, auf die Schirrmacher grosse Stücke hielt, kommen nur aus dem Netz und sind abhängig davon, wie sie im Netz dastehen. Nach meiner Meinung sind das Waschlappen, wenn sie hier schon einknicken - was machen die eigentlich, wenn sie mal keinen Wohlfühljournalismus mehr bringen, sondern sich wirklich mit jemandem anlegen, der einen Anwalt schickt?

Das will ich nach dieser Nummer gar nicht mehr wissen. In dieser Nummer geht es darum, dass ein Haufen mehr oder weniger prekär lebender Aktivistinnen munter mit den wirklich Angesäuerten mitplärren, weil sie ein Medium auf Linie bringen können, und eventuell auch, weil nach einer möglichen Entlassung von Jung die inhaltlichen Löcher gestopft werden müssen - und sowas könnte einer stümpernden H4-Feministin nicht weniger gefallen, als dem Fussvolk von Pro Quote oder den Freundinnen der Frau, die im Auftrag der Bild die sozialen Netzwerke mit Dreck spamt. Jede kann sowas brauchen, zumindest, solange noch Geld da ist. Mit gegenderter Sprache und noch mehr Gewinsel, als bei KR ohnehin schon zu finden ist. Ich kann davon ein Lied singen, ich hatte Mitarbeitsmöglichkeiten bei den Blogs zu vergeben und weiss, was passiert, wenn man mal so einen Müll nicht annimmt. Ich würde auch jedem davon abraten, sich solche Leute ins Haus zu holen.

Ich mochte Tilo Jung und seine Art noch nie. Ich kann mit seinem Stil nichts anfangen, ich mag das Auftreten nicht, ich hasse Distanzlosigkeit, ich lehne Bewegtbild ab und ich bin wirklich voreingenommen. Ich würde so nicht werden wollen und müsste ich es - ich würde den Beruf wechseln. In der Sache kann man wenig zu seiner Verteidigung vorbringen, aber wegen eines dummen Postings den ganzen Frust wegen der mies laufenden Krautreporter auf ihn auskübeln und seinen Kopf fordern und nachtreten, so lange es geht, wenn er sich schon entschuldigt hat - das ist auch nicht meine Vorstellung davon, was sich Medien vom Mob gefallen lassen sollten, schreibe ich in der FAZ.

Ich hätte gern gewusst, was passiert wäre, wenn Schirrmacher sich mit 2 Dutzend guter Leute rangesetzt und was Neues gemacht hätte. Schirrmacher hatte den Charakterer derer, die die Medien vor über hundert Jahren gross gemacht haben, raubtierartig, wenn es nötig war und grossmütig, wenn es ging. Ich sage Charakter. Das kaufe ich gerne. Aber keine Schwörbellapp Waschlappen. Die braucht niemand und ich glaube auch nicht, dass "Die Einknicker" ein Geschäftsmodell ist, das tragen kann.

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