: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Mittwoch, 30. Dezember 2015

Hamburg, Teil Zwei.

Ich glaube, jeden Tag 9000 Zeichen schreiben, Kommentare verwalten, Leute Treffen und Vorträge der CCC-Kongresses anhören - von denen die letzten drei so schwach waren, dass ich darüber lieber nicht schreibe - ist so ziemlich das Maximum, das ich schaffe. Besser wäre es wohl, würden sich vor Ort zwei Leute abwechseln. Dann könnte man jeden Tag wirklich ordentlich abdecken

Ich finde es ausdrücklich nicht ärgerlich, wenn Leute die Bühne betreten, die Steinigungen von ehebrecherischen Frauen verteidigen. Ich hatte mit solchen Irren schon mehrfach selbst zu tun und auch solchen Irren sollte man erst mal zuhören, um sie zu verstehen -eine Grundlage der gelungenen Bekämpfung. Was mir aber entschieden auf die Nerven geht, ist die Show, die Cage UK auf dem Kongress abgezogen hat. Das können keine Partner sein, für niemanden, der auch nur ansatzweise für die Freiheit einsteht. Auch wenn sie hier jemanden vorschicken, der nur sein eigenes Leid klagt und sich auf die Magna Charta beruft, während seine Spiessgesellen Massenmörder toll finden. Das war in meinen Augen kein Vortrag, sondern ein Test zun kritischen Denken. Ich war dort als Nichtkombattant, ich habe mir das nur angeschaut - Schlüsse muss jeder selbst ziehen. Wenn die TOR-Leute sich damit in Billern assoziieren lassen - tja. So kommt dann die Idee, dass ihre Arbeit den Falschen hilft. Ich hoffe, der Klingelbeutel dieser Leute ist leer geblieben.

Oh, und wie schon die deutschen Totalitären von der Politischen Schönheit prügeln sie auf Amnesty ein. Ist wohl Sport bei allen, die politische Arbeit für ihre eigenen Zwecke unterwandern.

Geerell bin ich etwas unempfindlich gegen Vibrationen grosser Menschenmengen, wenn es um positive Effekte geht. Genau genommen hasse ich Massenveranstaltungen und bin gern auch länger mal allein. Ich lasse mich so gut wie nie mitreissen - Ausnahme sind klassische Konzerte. Wenn mir Flow und Miteinander versprochen wird, oder gar Solidarität, weiss ich schon vorher, dass das nichts wird. Ich will als Individuum behandelt werden, gleichgeordnete Massen machen mich sehr schnell sehr rebellisch. Auch wenn die angeblichen Zwecke gut und richtig sind, werde ich zunehmend kritisch. Vermutlich ist das ein angeborenes Übel, viele in der Familie können da auch nicht anders. Diese nett gemeinten Ansagen,. jetzt doch auch mal Ja zu sagen und der Mehrheit recht zu geben, ist eine der besten Methoden, mich zwischenmenschlich stur werden zu lassen. Ich verabscheue Fahnen, Parolen un Gleichschritt. Der Kongress war - zum Glück. und weil ich dort genug Dissidenten und Freigeister kenne - nicht weiter schlimm. Aber für viele ist er im Kern so eine Art Oktoberfest der Nerds, wo sie endlich die Attraktionen, Räusche und Marschmusik bekommen, die sie wollen. Sie haben dort die Definitionsmacht. Das muss gar nichts Schlechtes sein. Aber es setzt mich geistig in die Rakete, die vor dem Gebäude steht, und lässt mich die Schwerkraft des Richtigen, Guten und Sicheren verlassen. Das klingt jetzt vielleicht negativer, als es gemeint ist. Ich kann das alles auch nett ironisch formulieren. Es ist nicht das Problem des Kongresses, er so vielen sehr taugt - es ist einfach meine Art.

Mein Gefühl ist halt, dass, wenn andere meinen, man müsste doch über dieses und jenes nicht mehr gross reden, es genau dann wieder wichtig wird. Wer etwas weiss, kennt zu wenige Fakten. Und wer nur Fakten sieht, verkennt ihre ambivalente Natur. Wahrheit ist bestensfalls ein Gefühl und meistens Teil einer Lüge. Erkenntnis dauert lang und muss trotzdem manchmal weggeworfen werden. Manche möchten dagegen einfach in Überzeugungen aufgehen und jeden arin aufgehen lassen. Ich höre mir eigentlich so ziemlich alles an. Es darf gern so abseitig sein, wie ich mich letztlich mit meinem Stanpunkt fühle. Das ist dann das beste aller möglichen Gefühle. Nicht gut, aber immer noch das beste.

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