: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Samstag, 29. Februar 2020

Seuche statt Beben

Das letzte grosse Erdbeben in Oberitalien war vor über 400 Jahren, und es war eine mehr als hässliche Erfahrung: Nach dem ersten Beben hatte man ein paar Jahre Zeit, alles wiederaufzubauen, und dann kam das zweite, genauso schlimme Beben. Zum Glück hatten manche Städte damals aber schon sicher gebaut, und zwar so sicher, dass das Gemäuer auch 2012 nochmal gehalten hat. Ferrara stand recht gut da, aber ein par Dörfer weiter sanken Bauten des 20. Jahrhunderts in Schutt und Asche nieder.



Für den neuen Beitrag in der Welt, der sich noch einmal umfassend mit den Tücken des italienischen Medizinsystems auseinander setzt, habe ich ein paar Bilder aus der damaligen Zeit gebraucht. Dafür musste ich die SD-Karte einlegen, die ich eigentlich nicht so gern durchschaue - es ging mir damals nämlich nicht sonderlich gut. Es war 2012 nicht schön, das Land in so einem Zustand zu sehen, und bei ein paar Bildern sagte man auch bei der FAZ, dass sie etwas zu hart seien. Die Zeit hat sich bei mir so eingeprägt, dass ich auch nach 8 Jahren noch weiss, wo in dem einen riesigen, 8GB grossen Ordner welches Bild sein muss, aber es ist keine schöne Prägung.



Wir haben damals öfters, weil es nichts Vergleichbares gab, über das alte Beben gesprochen, und dass ich wohl diesmal, wenn alles fertig wäre, wieder kommen müsste, um den nächsten Niedergang abzulichten. Aber wie man sieht, Geschichte macht es einem bei den Wiederholungen nicht so einfach, und jetzt könnte man in Italien praktisch alles buchen: Die Seuche ist da, und die Touristen schauen, dass sie, mit Virus oder ohne, über den Brenner nach Hause kommen. Zurück bleibt ein Land, das damit überhaupt nicht gerechnet hat. Und die üblen Nachrichten reissen gerade nicht ab.



Und für mich macht es diesmal keinen Sinn, dorthin zu fahren. Mehr als Strassenposten und Kliniken von Aussen könnte ich auch nicht ablichten. Die Italiener informieren wirklich zum ersten Mal seit dem Beginn des Virus richtig umfassend, und nicht mit Lügen wie China oder der Iran. Es gibt also keinen Grund, sich selbst in Gefahr zu begeben. Ein Erdbeben, eine Flut, ein Feuer kann man kalkulieren, aber einen Virus? Ich will hier gar nicht weiter in die Tiefe gehen, warum das alles noch deutlich schlimmer wird. Nur eines ist klar: Diesmal komme ich wahrscheinlich nicht. Ich mache das, wenn überhaupt, von Deutschland auch. Was überhaupt nicht meine Art ist.



Aber auch so wird das alles vermutlich ein Megaexperiment in Sachen Home Office, denn ich glaube nicht, dass es in Newswooms gerade viel sicherer als in Bussen und Zügen ist. Am Rande, mein Beitrag wurde schon von der Realität eingeholt: Den ersten deutschen Flixbuserkrankten gibt es mittlerweile auch schon. Also dableiben und allen Freunden in Italien sagen, dass man sie liebt, und sie gut auf sich aufpassen sollen.

Trotzdem ist da dieses Gefühl eines Verrats, klein und schäbig.

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