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Freitag, 5. Januar 2007
Hausbibliothek der Aufklärung III
Mit dem Absolutismus, der Ausrichtung aller Staatsbestrebungen auf den Herrscher, werden im Frankreich des späten 17. Jahrhunderts alle anderen gesellschaftlichen Grenzen vergleichsweise irrelevant - und damit leicht durchlässig. Handel und Gewerbe sind eine Möglichkeit, am neuen Staatsgebilde zu partizipieren. Natürlich gibt es auch Leistungen, die für besondere Protektion sorgen, und das durchaus in der verknöchertsten aller Institutionen: Der gallikanischen Kirche, die - im Gegensatz zu den romhörigen und erfolgreich agierenden Jesuiten - in besonderer Weise neben dem Papst auch dem französischen König verpflichtet ist.
Der 1649 geborene Adrien Baillet war so ein kirchlich geförderter Aufsteiger. Seine Eltern waren schlichte Bauern aus der Picardie, aber als Schüler zeigte er überdurchschnittliche Leistungen, was ihm die Zuneigung und Förderung durch den Bischof von Beauvais einbrachte. Seine weitere Karriere - Besuch eines Theologieseminar, Tätigkeiten als Lehrer und schliesslich Bibleothekar einer der grössten privaten Buchsammlung - lassen eigentlich nicht darauf schliessen, dass hier ein radikaler Aufklärer am Werk ist. Baillet ist pedantisch, akribisch, ein Sonderling und Bücherwurm, und die Bücher, die er verfasst, sind meist historische Arbeiten über lang vergangene Zeiten.
Aber die Geschichte ist dominiert von der Geschichtsschreibung der Kirche, und mit der kommt Baillet schnell in Konflikt. 1685 lobt er die Janseniten, eine bürgerlich-katholische Sekte, die einem stenges Glaubensideal vertreten und alleinseligmachende kirchliche Institutionen ablehnen. Besonders die Gesellschaft Jesu empört sich über ihn, und als er 1701 das Leben der Heiligen kritisch hinterfragt und deren Existenz teilweise ablehnt, ist der Skandal komplett. Als er 1706 im Ruch des Ketzertums stirbt, ist die Bombe aber noch gar nicht gezündet.

Das Buch, das Baillet zu Lebzeiten nicht publiziert sehen wollte, kommt eher unscheinbar daher: Histoire des démeslez du pape Boniface VIII avec Philippe Le Bel roy de France, erschienen a Paris, Chez François Barrois, rue de la harpe im Jahre 1718. 12 Jahre nach seinem Tod also ein historisches Werk über den Konflikt zwischen Papst Bonifaz VIII und Philipp dem Schönen. Eigentlich ist es nur eine Erweiterung und Überarbeitung eines Vorgängerwerkes des Gelehrten Pierre Dupuy von 1655, und die Handlung selbst spielte sich 1303 ab, lag damals also schon vier Jahrhunderte zurück. Entsprechend sachlich liest sich auch die Ankündigung des Druckers, der ganz auf irgendwelche Widmungen und Bücklinge verzichtet: das Buch hat das Privileg des Königs, das ist alles.

Trotzdem kommt es 1718 darüber zum grossen Skandal. Denn der Konflikt zwischen König und Papst war für keine Seite eine Ruhmestat. Im Prinzip ging es um einen banalen Steuerstreit: Philipp war ein gewissenloser Gewaltmensch, nach heutigen Massstäben ein Verbrecher auf dem Thron. Er hatte gerade die für Frankreich katastrophale Schlacht von Courtrai verloren, die allgemein als Beginn vom Ende des Rittertums gilt: Flämische Fleischhauer hackten auf sumpfigen Grund 700 Ritter von ihren Pferden und schlitzten sie gnadenöos auf. In der Folge hatte Philipp das reiche Flandern verloren, und brauchte dringend Geld. Also beschloss er, den bislang von Abgaben befreiten Klerus zu besteuern. Papst Bonifaz VIII. war der damalige moralische Tiefpunkt dieser religiöse Einrichtung. Er hielt sich dennoch für den Stellvertreter Gottes und antwortete mit der Bulle "Unam Sanctam", einem Höhepunkt des päpstlichen Machtanspruchs.
Die Bulle enthielt nicht weniger als die Forderung nach der irdischen Universalmacht, und war in der Folgezeit die Grundlage für alle derartigen Begehrlichkeiten der Kirche, und ihren Kampf gegen die Demokratie auch im 20. Jahrhundert. Stand da doch geschrieben: "Nun aber erklären wir, sagen wir, setzen wir fest und verkünden wir: Es ist zum Heile für jegliches menschliche Wesen durchaus unerlässlich, dem römischen Papst unterworfen zu sein."
Zumindest dachte man das theoretisch. Praktisch sah es 1303 erst mal anders aus: Philipp liess auf Bonifaz mutmasslich ein Attentat verüben, an dessen Folgen der Papst starb. Der übernächste Papst Clemens V. war dann nur noch eine Marionette von Philipp, und leitete das Papsttum von Avignon ein. Und Baillet erzählte diese Geschichte nicht ganz ohne Hohn, Kritik an der Kirche und leichten Sympathiebekundungen für Philipp. Im hinteren Teil des Buches standen dann noch die nicht wirklich schmeichelhaften Quellen, auf die er sich bezog. Jeder konnte jetzt lesen, wie man 1303 so mit Päpsten und der kirchlichen Allmacht umging. Wirklich jeder. Das war der eigentliche Sprengstoff.

Verbrennen konnte man Baillet nicht mehr. Das Buch war ein Anschlag auf die Macht der Kirche und des Papsttums. Posthum liess der Autor damit den damals um die geistliche und weltliche Vorherrschaft ringenden Jesuiten die Hosen runter. Minutiös schilderte er das Wesen der damaligen Kirche, und wer wollte, konnte Parallelen zu den Bemühungen der Gesellschaft Jesu erkennen. Das Buch wurde der literarische Skandal des Jahres 1718, und das Geplärre der Jesuiten sorgte nur weiter für die Popularität des Buches. Mit Baillet konnte man zeigen, was man von den Ansprüchen der Kirche hielt: Nichts.
Weshalb viele Exemplare - wie auch meines - einen sehr feinen Einband haben. Baillet lesen und besitzen, namentlich dieses Buch, war ein Plädoyer für den säkularen Staat und ein politischer Standpunkt gegen die christlich-reaktionären Kräfte, die in den nächsten Jahrzehnten die erbittertsten Gegner der Aufklärung werden sollten. Davon - bald mehr.
Der 1649 geborene Adrien Baillet war so ein kirchlich geförderter Aufsteiger. Seine Eltern waren schlichte Bauern aus der Picardie, aber als Schüler zeigte er überdurchschnittliche Leistungen, was ihm die Zuneigung und Förderung durch den Bischof von Beauvais einbrachte. Seine weitere Karriere - Besuch eines Theologieseminar, Tätigkeiten als Lehrer und schliesslich Bibleothekar einer der grössten privaten Buchsammlung - lassen eigentlich nicht darauf schliessen, dass hier ein radikaler Aufklärer am Werk ist. Baillet ist pedantisch, akribisch, ein Sonderling und Bücherwurm, und die Bücher, die er verfasst, sind meist historische Arbeiten über lang vergangene Zeiten.
Aber die Geschichte ist dominiert von der Geschichtsschreibung der Kirche, und mit der kommt Baillet schnell in Konflikt. 1685 lobt er die Janseniten, eine bürgerlich-katholische Sekte, die einem stenges Glaubensideal vertreten und alleinseligmachende kirchliche Institutionen ablehnen. Besonders die Gesellschaft Jesu empört sich über ihn, und als er 1701 das Leben der Heiligen kritisch hinterfragt und deren Existenz teilweise ablehnt, ist der Skandal komplett. Als er 1706 im Ruch des Ketzertums stirbt, ist die Bombe aber noch gar nicht gezündet.

Das Buch, das Baillet zu Lebzeiten nicht publiziert sehen wollte, kommt eher unscheinbar daher: Histoire des démeslez du pape Boniface VIII avec Philippe Le Bel roy de France, erschienen a Paris, Chez François Barrois, rue de la harpe im Jahre 1718. 12 Jahre nach seinem Tod also ein historisches Werk über den Konflikt zwischen Papst Bonifaz VIII und Philipp dem Schönen. Eigentlich ist es nur eine Erweiterung und Überarbeitung eines Vorgängerwerkes des Gelehrten Pierre Dupuy von 1655, und die Handlung selbst spielte sich 1303 ab, lag damals also schon vier Jahrhunderte zurück. Entsprechend sachlich liest sich auch die Ankündigung des Druckers, der ganz auf irgendwelche Widmungen und Bücklinge verzichtet: das Buch hat das Privileg des Königs, das ist alles.

Trotzdem kommt es 1718 darüber zum grossen Skandal. Denn der Konflikt zwischen König und Papst war für keine Seite eine Ruhmestat. Im Prinzip ging es um einen banalen Steuerstreit: Philipp war ein gewissenloser Gewaltmensch, nach heutigen Massstäben ein Verbrecher auf dem Thron. Er hatte gerade die für Frankreich katastrophale Schlacht von Courtrai verloren, die allgemein als Beginn vom Ende des Rittertums gilt: Flämische Fleischhauer hackten auf sumpfigen Grund 700 Ritter von ihren Pferden und schlitzten sie gnadenöos auf. In der Folge hatte Philipp das reiche Flandern verloren, und brauchte dringend Geld. Also beschloss er, den bislang von Abgaben befreiten Klerus zu besteuern. Papst Bonifaz VIII. war der damalige moralische Tiefpunkt dieser religiöse Einrichtung. Er hielt sich dennoch für den Stellvertreter Gottes und antwortete mit der Bulle "Unam Sanctam", einem Höhepunkt des päpstlichen Machtanspruchs.
Die Bulle enthielt nicht weniger als die Forderung nach der irdischen Universalmacht, und war in der Folgezeit die Grundlage für alle derartigen Begehrlichkeiten der Kirche, und ihren Kampf gegen die Demokratie auch im 20. Jahrhundert. Stand da doch geschrieben: "Nun aber erklären wir, sagen wir, setzen wir fest und verkünden wir: Es ist zum Heile für jegliches menschliche Wesen durchaus unerlässlich, dem römischen Papst unterworfen zu sein."
Zumindest dachte man das theoretisch. Praktisch sah es 1303 erst mal anders aus: Philipp liess auf Bonifaz mutmasslich ein Attentat verüben, an dessen Folgen der Papst starb. Der übernächste Papst Clemens V. war dann nur noch eine Marionette von Philipp, und leitete das Papsttum von Avignon ein. Und Baillet erzählte diese Geschichte nicht ganz ohne Hohn, Kritik an der Kirche und leichten Sympathiebekundungen für Philipp. Im hinteren Teil des Buches standen dann noch die nicht wirklich schmeichelhaften Quellen, auf die er sich bezog. Jeder konnte jetzt lesen, wie man 1303 so mit Päpsten und der kirchlichen Allmacht umging. Wirklich jeder. Das war der eigentliche Sprengstoff.

Verbrennen konnte man Baillet nicht mehr. Das Buch war ein Anschlag auf die Macht der Kirche und des Papsttums. Posthum liess der Autor damit den damals um die geistliche und weltliche Vorherrschaft ringenden Jesuiten die Hosen runter. Minutiös schilderte er das Wesen der damaligen Kirche, und wer wollte, konnte Parallelen zu den Bemühungen der Gesellschaft Jesu erkennen. Das Buch wurde der literarische Skandal des Jahres 1718, und das Geplärre der Jesuiten sorgte nur weiter für die Popularität des Buches. Mit Baillet konnte man zeigen, was man von den Ansprüchen der Kirche hielt: Nichts.
Weshalb viele Exemplare - wie auch meines - einen sehr feinen Einband haben. Baillet lesen und besitzen, namentlich dieses Buch, war ein Plädoyer für den säkularen Staat und ein politischer Standpunkt gegen die christlich-reaktionären Kräfte, die in den nächsten Jahrzehnten die erbittertsten Gegner der Aufklärung werden sollten. Davon - bald mehr.
donalphons, 00:22h
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Evolution of Business
1998, 1.0
Prakti: Also, Chef, jetzt hab ich Dir eine Email eingerichtet.
Chef: Oh! Ja! Und da ist auch schon eine Mail von Dir! Super.
Prakti: Ja, das ist jetzt ganz heiss aus den USA. Damit werden MILLIONEN gemacht.
Chef: Echt???
Prakti: Ja, das ist die Zukunft der Kommunikation. Und natürlich auch für das Geschäft, das wird der Markt der Zukunft. Die Firmen, die das können, denen gehört später mal die Wirtschaft, das wird irrsinnig Cash geben an der Börse. Ohne sowas - da hätte ich aber echt Angst um mein Business, weil Old Economy ist tot.
Chef: Wow. Und Du kannst das?
Prakti: Na logo. Hab ich bei meinem Auslandssemester gelernt. Ich mach da auch bald so ne Beratung auf.
Chef: Hm, sag mal, kann ich mich da beteiligen?
2006, 2.0
Prakti: Also, Chef, jetzt hab ich so ne Community mit php eingerichtet.
Chef: Oh! Ja! Und da bist Du und die Julia auch schon Mitglied! Super.
Prakti: Ja, das ist jetzt ganz heiss aus den USA. Damit werden MILLIONEN gemacht.
Chef: Echt???
Prakti: Ja, das ist die Zukunft der Kommunikation. Und natürlich auch für das Geschäft, das wird der Markt der Zukunft. Die Firmen, die das können, denen gehört später mal die Wirtschaft, das wird irrsinnig Cash geben beim Verkauf an Google oder Holtzbrinck. Ohne sowas - da hätte ich aber echt Angst um mein Business, weil ohne Web2.0 ist man tot.
Chef: Wow. Und Du kannst das?
Prakti: Na logo. Hab ich bei meinem Auslandssemester gelernt. Ich mach da auch bald so ne Communitfirma auf.
Chef: Hm, sag mal, kann ich mich da beteiligen?
Prakti: Also, Chef, jetzt hab ich Dir eine Email eingerichtet.
Chef: Oh! Ja! Und da ist auch schon eine Mail von Dir! Super.
Prakti: Ja, das ist jetzt ganz heiss aus den USA. Damit werden MILLIONEN gemacht.
Chef: Echt???
Prakti: Ja, das ist die Zukunft der Kommunikation. Und natürlich auch für das Geschäft, das wird der Markt der Zukunft. Die Firmen, die das können, denen gehört später mal die Wirtschaft, das wird irrsinnig Cash geben an der Börse. Ohne sowas - da hätte ich aber echt Angst um mein Business, weil Old Economy ist tot.
Chef: Wow. Und Du kannst das?
Prakti: Na logo. Hab ich bei meinem Auslandssemester gelernt. Ich mach da auch bald so ne Beratung auf.
Chef: Hm, sag mal, kann ich mich da beteiligen?
2006, 2.0
Prakti: Also, Chef, jetzt hab ich so ne Community mit php eingerichtet.
Chef: Oh! Ja! Und da bist Du und die Julia auch schon Mitglied! Super.
Prakti: Ja, das ist jetzt ganz heiss aus den USA. Damit werden MILLIONEN gemacht.
Chef: Echt???
Prakti: Ja, das ist die Zukunft der Kommunikation. Und natürlich auch für das Geschäft, das wird der Markt der Zukunft. Die Firmen, die das können, denen gehört später mal die Wirtschaft, das wird irrsinnig Cash geben beim Verkauf an Google oder Holtzbrinck. Ohne sowas - da hätte ich aber echt Angst um mein Business, weil ohne Web2.0 ist man tot.
Chef: Wow. Und Du kannst das?
Prakti: Na logo. Hab ich bei meinem Auslandssemester gelernt. Ich mach da auch bald so ne Communitfirma auf.
Chef: Hm, sag mal, kann ich mich da beteiligen?
donalphons, 01:01h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Mittwoch, 3. Januar 2007
Wie es ausging
Ich habe Susi natürlich nicht gefickt. Erstens ist es unziemlich, mit betrunkenen, erkälteten Frauen zu schlafen, zweitens war es eigentlich ein wunderbarer Abend, drittens ist mein Leben auch so schon kompliziert genug, viertens würde ich darüber nicht im Blog schreiben. Und fünftens trank Iris ihren Kaffee dann doch, schluckte brav die Tabletten, und nachdem sie und Susi die Bäder aufgesucht hatten, gab es ein Frühstück zu dritt. Den oberen Kühlschrank hatten sie geplündert und dabei sogar "Frischnudeln" gekocht, die ich vor einer Woche vergessen hatte und die sicher ein Belastungstest für die Darmflora waren - aber wer betrunken Fettucini mit Tomaten-Sahne-Bohnen(!)-Sauce kocht, hat nicht mein Mitleid. Den unteren, prall gefüllten Kühlschrank haben sie natürlich übersehen, und der brachte ein respaktables Frühstück hervor.
Während ich die Omletts in der Pfanne schwenkte, machten sie ironische Bemerkungen über meine Wohnung, und Susi fand, dass es so eigentlich gar nicht geht, überall Stuck, sogar im Bad, aber die Küche ist völlig kahl, das gibt wirklich Abzüge bei der Bewertung für den Grand Prix der üppigsten Stadtpalaäste. Und eigentlich hat sie damit recht. Nur habe ich abslout keinen Stuck mehr daheim, alles ist verbaut und an die Wände geklatscht. Als ich sie dann nach Hause brachte, sah ich jedoch überall die abgebrannten Raketen. Die hinten lange Stecken auf Holz haben. Genau genommen, liegen hunderte von Vierkanthölzern mit 5 und 4 mm auf der Strasse rum, eine gigantische sauerei und eine dumme Verschwendung. Mit denen man eigentlich problemlos Stuck machen kann, wenn man noch Pazzi und Rondelle hat. Die ich hatte.

Langsam kommen die Arbeiten zum Abschluss. Ganz fertig ist man nie, aber immerhin. Wie ich gestern übrigens entdecken durfte, ist auch ein anderer Aufenthaltsort meiner Person wieder bewohnbar: Schloss Elmau, das während der New Economy eine grosse Rolle gespielt hat - so habe ich dort beim Founders Forum 2001 am Pool zum ersten Mal ein Kapitel aus meinem Roman vorgelesen - steigt wie ein Phönix aus der Asche. Man kann dort jetzt wieder buchen. Als es abgebrannt ist, hatte ich das Gefühl, als sei ein Teil meines Lebens ein Raub der Flammen geworden. Elmau kommt wieder - die New Economy bleibt hoffentlich tot.
Während ich die Omletts in der Pfanne schwenkte, machten sie ironische Bemerkungen über meine Wohnung, und Susi fand, dass es so eigentlich gar nicht geht, überall Stuck, sogar im Bad, aber die Küche ist völlig kahl, das gibt wirklich Abzüge bei der Bewertung für den Grand Prix der üppigsten Stadtpalaäste. Und eigentlich hat sie damit recht. Nur habe ich abslout keinen Stuck mehr daheim, alles ist verbaut und an die Wände geklatscht. Als ich sie dann nach Hause brachte, sah ich jedoch überall die abgebrannten Raketen. Die hinten lange Stecken auf Holz haben. Genau genommen, liegen hunderte von Vierkanthölzern mit 5 und 4 mm auf der Strasse rum, eine gigantische sauerei und eine dumme Verschwendung. Mit denen man eigentlich problemlos Stuck machen kann, wenn man noch Pazzi und Rondelle hat. Die ich hatte.

Langsam kommen die Arbeiten zum Abschluss. Ganz fertig ist man nie, aber immerhin. Wie ich gestern übrigens entdecken durfte, ist auch ein anderer Aufenthaltsort meiner Person wieder bewohnbar: Schloss Elmau, das während der New Economy eine grosse Rolle gespielt hat - so habe ich dort beim Founders Forum 2001 am Pool zum ersten Mal ein Kapitel aus meinem Roman vorgelesen - steigt wie ein Phönix aus der Asche. Man kann dort jetzt wieder buchen. Als es abgebrannt ist, hatte ich das Gefühl, als sei ein Teil meines Lebens ein Raub der Flammen geworden. Elmau kommt wieder - die New Economy bleibt hoffentlich tot.
donalphons, 14:59h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Dienstag, 2. Januar 2007
Dirt Picture Contest - Des fongt goad oh
Ist jemand eigentlich schon mal aufgefallen, dass Jahre meist mit beschissenem Wetter, kalten Temperaturen, unendlich viel Müll und im partiellen Beisein von Leuten stattfindet, die man aus gutem Grund die 364 Tage davor und danach keine Sekunde vermisst?


Und weil es gerade so hässlich ist: In der schlimmsten Woche des Berliner Winters, der letzten Januar/ersten Februarwoche gibt es ein bayerisches geistkörperliches Care-Paket für die aprigoatverseuchte Reichshauptstadt: Ich werde nämlich kommen, und dafür meine seit Tagen chanson*erfüllte, warme Wohnung verlassen. Und zweimal öffentlich auftreten. Einmal im kleinen, intimen Rahmen, und dann nochmal eher, hm, im grösseren Umfeld. Dann gibt es auch wieder viele Müllbilder. Und halb öffentliche Flohmarktbegehungen unter meiner kundigen Leutung für alle, die Lust haben. Und überhaupt.
* félix leclerc, l´hymne au printemps


Und weil es gerade so hässlich ist: In der schlimmsten Woche des Berliner Winters, der letzten Januar/ersten Februarwoche gibt es ein bayerisches geistkörperliches Care-Paket für die aprigoatverseuchte Reichshauptstadt: Ich werde nämlich kommen, und dafür meine seit Tagen chanson*erfüllte, warme Wohnung verlassen. Und zweimal öffentlich auftreten. Einmal im kleinen, intimen Rahmen, und dann nochmal eher, hm, im grösseren Umfeld. Dann gibt es auch wieder viele Müllbilder. Und halb öffentliche Flohmarktbegehungen unter meiner kundigen Leutung für alle, die Lust haben. Und überhaupt.
* félix leclerc, l´hymne au printemps
donalphons, 22:38h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Dienstag, 2. Januar 2007
Real Life 01.01.07 - Der Eiswürfel
Oh nein, sagt Susi. Es regnet. Ich will nicht im Regen stehen. Da werde ich sicher noch kränker. Sie nippt an ihrer heissen Zitrone. Können wir nicht woanders hingehen, wo man alles sieht und trotzdem im Trockenen ist?
Don hat eine Wohnung unter dem Dach, mit Terasse. Die wäre das Richtige, meint Iris bestimmt, und weil sie das sagt und die anderen sie fälschlich für eine Art Hausherrin gehalten haben, sitzt du jetzt um kurz vor Acht übermüdet vor dem Rechner und schreibst etwas. In´s Bett hier unten kannst du nicht, denn da liegt Susi und hustet ab und zu im Schlaf. Sie hätte besser bei der heissen Zitrone bleiben sollen. Aber während du schnell die Sylvestergrüsse ins Blog gestellt hast, sind sie auf der Terasse im Wind auf Champagner umgestiegen, und danach wurde es richtig alkoholisch für das gute Dutzend Besucher, von denen du zu Beginn nur acht kanntest. Zum Glück war genug Wein im Haus, und das Eis für den mitgebrachten Wodka haben sie aus dem Eisfach gekratzt. Nach der zweiten Flasche fanden sie das sogar lustig. Warm wurde es bei der Menge Leute auf kleinem Raum ohnehin.
Irgendwann verschwand Susi dann aufs Klo und hustete mehrere Minuten. Du hast sie nach unten gebracht, um ihr eine Tablette zu geben und etwas Heisses, aber als die Zitrone dann ausgequetscht und kernfrei im Glas schwappte, lag Susi schon auf deinem Bett und schnarchte leise. Von oben kamen dann so gegen fünf ein Haufen Gäste runter, die dich leicht schwankend davon in Kenntnis setzten, dass da oben zwischen den beiden Gockeln gerade der Endkampf um Iris laufen würde. Da wollten sie nicht stören, und nach einer Kanne Tee haben sie dann auch den Heimweg angetreten. Gegen sechs sammelte sie das Taxi auf, und eine Unbekannte nutzte die Gelegenheit, sich endlich offiziell vorzustellen. Woran sie sich garantiert nicht mehr erinnern dürfte, schliesslich war sie das mit dem Wodka.
Irgendwann poltert dann jemand die Treppe herunter, und danach gleich noch einer. Es sind Schritte der gemeinschaftlichen Niederlage; so geht kein Eroberer. Sie klopfen versehentlich ein Stockwerk drüber an die Tür, weil sie nicht mehr so den grossen Peil von der Anlage des Stadtpalastes haben, und weil du für heute genug sexuell frustrierte Besoffene gesehen hast, verhältst du dich still, als sie runter auf die Strasse stolpern. Du zählst nochmal kurz durch und kommst zum Schluss, dass Iris jetzt wirklich allein oben sein müsste. Also, wenn du nicht die Übersicht verloren hast.
Du deckst Susi zu und schleichst dich über die schmale Treppe nach oben. Der Schlüssel steckt, die klopfst an, keine Reaktion - wäre sie nicht allein, hätte sie schon was Deutliches gesagt. Also gehst du hinein, tänzelst über Flaschen, Pralinenpackungen hinweg und an den Töpfen auf dem Herd vorbei, mit denen sich jemand offenkundig wenig erfolgreich an der Pasta versucht hat. Auf dem Bett ist eine Decke, und darunter etwas in Menschenform. Ganz oben schaut etwas Kopf, Haare und eine die Decke hochgezogen haltende Hand heraus, an deren Mittelfinger ein Ice Cube blitzt, ein monströser Diamant, das Prunkstück der Familie, das Iris Mutter seit den frühen 80er Jahren nicht mehr im Theater getragen hat, weil es zu protzig ist. Der Ice Cube hat eine Grösse, dass man ihn erst mal für Strass hält. Er ist dir während des Abends nicht aufgefallen, aber jetzt, da man von Iris kaum mehr sieht als die Hand, ist er ein Feuerfleck auf dem blendenden Weiss der Decke.
Iris?
Die Hand bewegt sich langsam, der Ice Cube funkelt böse, und dann wird das Gesicht einer Japanerin sichtbar - so klein und zusammengekniffen sind ihre Augen, und so gelb wirkt die Haut im Schneesturm, der draussen niedrgeht.
Kopf, sagt Iris, und du machst ihr das passende Frühstück aus zwei Thommies und einer Tasse Kaffee, den der letzte Besuch vergessen hat, bringst ihr alles ans Bett, aber sie schläft schon wieder. Du streichelst vorsichtig die beringte Hand, fühlst die Kälte und Kanten des Eiswürfels, berührst ihre Wange, legst den Zeigefinger auf ihre Lippen. Sie öffnet die Augen, und dein Finger gleitet langsam zum Kinn, verfängt sich an der Feuchtigkeit der Unterlippe, zieht sie mit nach unten, kostet die Weichheit des Fleisches aus und lässt sie mit einem satten Plopp zurückfedern.
Kannst du dich bewegen? Oder brauchst du einen Strohhalm, fragst du.
Die Hand packt die Decke, zieht sie über den Kopf, so dass nur noch drei Finger und der Ice Cube wie die Kralle eines Drachens auf dem Schatz herausschauen, und unter der Decke kommt etwas undeutlich hervor, was klingt wie
Fick doch Susi.
Don hat eine Wohnung unter dem Dach, mit Terasse. Die wäre das Richtige, meint Iris bestimmt, und weil sie das sagt und die anderen sie fälschlich für eine Art Hausherrin gehalten haben, sitzt du jetzt um kurz vor Acht übermüdet vor dem Rechner und schreibst etwas. In´s Bett hier unten kannst du nicht, denn da liegt Susi und hustet ab und zu im Schlaf. Sie hätte besser bei der heissen Zitrone bleiben sollen. Aber während du schnell die Sylvestergrüsse ins Blog gestellt hast, sind sie auf der Terasse im Wind auf Champagner umgestiegen, und danach wurde es richtig alkoholisch für das gute Dutzend Besucher, von denen du zu Beginn nur acht kanntest. Zum Glück war genug Wein im Haus, und das Eis für den mitgebrachten Wodka haben sie aus dem Eisfach gekratzt. Nach der zweiten Flasche fanden sie das sogar lustig. Warm wurde es bei der Menge Leute auf kleinem Raum ohnehin.
Irgendwann verschwand Susi dann aufs Klo und hustete mehrere Minuten. Du hast sie nach unten gebracht, um ihr eine Tablette zu geben und etwas Heisses, aber als die Zitrone dann ausgequetscht und kernfrei im Glas schwappte, lag Susi schon auf deinem Bett und schnarchte leise. Von oben kamen dann so gegen fünf ein Haufen Gäste runter, die dich leicht schwankend davon in Kenntnis setzten, dass da oben zwischen den beiden Gockeln gerade der Endkampf um Iris laufen würde. Da wollten sie nicht stören, und nach einer Kanne Tee haben sie dann auch den Heimweg angetreten. Gegen sechs sammelte sie das Taxi auf, und eine Unbekannte nutzte die Gelegenheit, sich endlich offiziell vorzustellen. Woran sie sich garantiert nicht mehr erinnern dürfte, schliesslich war sie das mit dem Wodka.
Irgendwann poltert dann jemand die Treppe herunter, und danach gleich noch einer. Es sind Schritte der gemeinschaftlichen Niederlage; so geht kein Eroberer. Sie klopfen versehentlich ein Stockwerk drüber an die Tür, weil sie nicht mehr so den grossen Peil von der Anlage des Stadtpalastes haben, und weil du für heute genug sexuell frustrierte Besoffene gesehen hast, verhältst du dich still, als sie runter auf die Strasse stolpern. Du zählst nochmal kurz durch und kommst zum Schluss, dass Iris jetzt wirklich allein oben sein müsste. Also, wenn du nicht die Übersicht verloren hast.
Du deckst Susi zu und schleichst dich über die schmale Treppe nach oben. Der Schlüssel steckt, die klopfst an, keine Reaktion - wäre sie nicht allein, hätte sie schon was Deutliches gesagt. Also gehst du hinein, tänzelst über Flaschen, Pralinenpackungen hinweg und an den Töpfen auf dem Herd vorbei, mit denen sich jemand offenkundig wenig erfolgreich an der Pasta versucht hat. Auf dem Bett ist eine Decke, und darunter etwas in Menschenform. Ganz oben schaut etwas Kopf, Haare und eine die Decke hochgezogen haltende Hand heraus, an deren Mittelfinger ein Ice Cube blitzt, ein monströser Diamant, das Prunkstück der Familie, das Iris Mutter seit den frühen 80er Jahren nicht mehr im Theater getragen hat, weil es zu protzig ist. Der Ice Cube hat eine Grösse, dass man ihn erst mal für Strass hält. Er ist dir während des Abends nicht aufgefallen, aber jetzt, da man von Iris kaum mehr sieht als die Hand, ist er ein Feuerfleck auf dem blendenden Weiss der Decke.
Iris?
Die Hand bewegt sich langsam, der Ice Cube funkelt böse, und dann wird das Gesicht einer Japanerin sichtbar - so klein und zusammengekniffen sind ihre Augen, und so gelb wirkt die Haut im Schneesturm, der draussen niedrgeht.
Kopf, sagt Iris, und du machst ihr das passende Frühstück aus zwei Thommies und einer Tasse Kaffee, den der letzte Besuch vergessen hat, bringst ihr alles ans Bett, aber sie schläft schon wieder. Du streichelst vorsichtig die beringte Hand, fühlst die Kälte und Kanten des Eiswürfels, berührst ihre Wange, legst den Zeigefinger auf ihre Lippen. Sie öffnet die Augen, und dein Finger gleitet langsam zum Kinn, verfängt sich an der Feuchtigkeit der Unterlippe, zieht sie mit nach unten, kostet die Weichheit des Fleisches aus und lässt sie mit einem satten Plopp zurückfedern.
Kannst du dich bewegen? Oder brauchst du einen Strohhalm, fragst du.
Die Hand packt die Decke, zieht sie über den Kopf, so dass nur noch drei Finger und der Ice Cube wie die Kralle eines Drachens auf dem Schatz herausschauen, und unter der Decke kommt etwas undeutlich hervor, was klingt wie
Fick doch Susi.
donalphons, 00:50h
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to all whom it may concern
Frohes, glückliches und erfülltes 2007. Es wird ein gutes Jahr.
muss es ja - die deppen da draussen haben ihr pulver schon verschossen
muss es ja - die deppen da draussen haben ihr pulver schon verschossen
donalphons, 01:13h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Sonntag, 31. Dezember 2006
Über Vermögen
Eigentlich sollte hier ein ganz anderer Beitrag stehen, aber bei Blogger.de gehen gerade die Bilder nicht, und nachdem Che hier eine kleine Sozialneiddebatte ;-) anstösst und ausserdem bei der Kaltmamsell ob eines Zeit-Artikels über Starnberg ähnliches geschieht, ein paar Worte über Vermögen. Das ich allen meinen wohlmeinenden Lesern und mir selbst und allen meinen Freunden für das nächste jahr und alle weiteren Zeiten wünsche. Weil nur, wer im Wohlstand lebt, lebt angenehm.
Das mit dem Reichtum ist so eine Sache. Ich kenne reiche Leute, die sich den ganzen Tag ärgern können, weil ihnen der Staat Knüppel zwischen die Beine wirft. Der Höhepunkt war ein Herr, der unter den 100 reichsten Deutschen zu finden ist und sich mir gegenüber über den Verwaltungsaufwand beschwerte, den ihm die Beschäftigung seines Gärtners auf 400-Euro-Basis bereitete. Doch, das gibt es. Wie auch die Tochter eines hiesigen Unternehmers, der ihre Eltern ein Geschäft in bester Lage geschenkt haben, mit allem Drum und Dran, in dem irgenwelche Geschäftsführer viel Geld erzeugen, aber sie steht jeden Tag auf und hasst ihr Leben bis zum Schlafengehen. Ich kenne jemanden, der hat eine 400 m² Villa mit 5 Räumen, dem sie jetzt nicht mehr gefällt und der, obwohl er auf den mittleren siebenstelligen Verkaufspreis nicht angewiesen ist, bei jeder Begegnung jammert, wieviel Zinsen ihm entgehen, weil den potentiellen Käufern die exotische Holzvertäfelung des Schwimmbades dann doch zu Spät-70er ist. Und ich kannte einen Haufen Leute aus meinem Viertel, die sich vor dem 30. Geburtstag umgebracht haben; das war eine Zeitlang eine Mode unter meiner Kohorte, deren Erzeuger es in all ihrem Luxus nicht begriffen haben.
Umgekehrt kenne ich aber auch die andere Seite. Den Schwarzarbeiter, der zur Sicherung seiner Sozialbezüge jeden Trick zum Linken des Staates ausnützt. Die Emporkömmlinge, die nie genug haben und es an denen auslassen, die sie daran erinnern, dass sie selbst auch mal unten waren, und die beschleimen, die immer wissen werden, wer da vor ihnen steht. Die Mieter billiger Räume, die alles runterwirtschaften und für die Luxus ein teurer Urlaub, ein teures Auto und jedes Jahr der neueste Fernseher und die frische Couchgarnitur ist, und die sich in die Überschuldung wirtschaften, die sie dann am Vermieter rauslassen. Und die Arschkrampen, die irgendwas demolieren, weil es cool ist, dann jemand krankenhausreif schlagen und sich vor Gericht auf ihr soziales Umfeld berufen.
Der Umstand, dass Armut ebensowenig automatisch den Anstand bildet wie Reichtum jemanden asozial macht, ändert natürlich nichts daran, dass es in Deutschland eine enorme Kluft zwischen den sozialen Schichten gibt. Meines Erachtens gibt es keine irgendwann in den 70ern abgekoppelte Schicht der Reichen; ich denke, diese Schicht gab es schon immer, und erst die Bedrohung der Mittelschicht durch den sozialen Abstieg als Folge des Übergangs von einer Nachfragewirtschaft zu einem produktionsbedingt abartigen Konsumsystem lässt die Unterschiede sichtbar zu Tage treten. Helfen tut dabei die Johurnaille, die die längste Zeit auf dem monopolymässigen Weg nach oben war und momentan darum kämpft, nicht die Avantgarde des Niedergangs zu werden.
Ich denke, dass die pauschale Betrachtung der "Reichen" nicht weiterhilft. Es gibt "die" Reichen nicht, sowohl die Definition als auch die Abgrenzung ist schwierig. Ich würde grob gesagt das Sechstel der Bevölkerung, die weitgehend frei von materiellen Sorgen leben, als reich bezeichnen, wenn man den Begriff schon anwenden möchte. Reich ist damit weniger eine Frage des Verdienstes, der heutigentags eine sehr variable Grösse darstellen kann, wie einem sicher gern mancher der 5000 arbeitslosen Manager in München bestätigen wird. Desto weniger Basis da ist, desto höher muss das Einkommen sein. Und, jetzt kommen wir zum eigentlichen Punkt, desto verantwortlicher mit der Basis umgegangen wird, desto eher wird Reichtum zu einer Tugend. Das klingt jetzt vielleicht etwas calvinistisch, aber ich denke, man muss nicht prüde oder geizig sein, um das so zu sehen.
Che fragt in seinem Kommentar danach, ob sich hier in der absoluten Boomregion jemand das Bauen leisten kann. Die Antwort ist Ja und Nein. Tatsächlich sorgen die Preise nahe der Munich Area und mit zwei auf vollen Touren laufenden Weltkonzernen in der Provinz dafür, dass der Traum vom eigenen Haus nicht leicht realisiert werden kann. Das stetige Ausweisen neuer Baugrundstücke ändert nichts an den Kosten. Umgekehrt haben wir hier Leute, die einfach keine Nachbarn haben wollen und deshalb ein Grundstück neben sich kaufen und verwildern lassen, oder ein Haus leer stehen lassen, weil es sie an etwas Unerfreuliches - eine Scheidung, einen Selbstmord, ein nicht wirklich geschmackvolles Ambiente - erinnert. Und wir haben den klassischen Fall der älteren Herrschaften ohne Kinder in der Nähe, die drei Stadthäuser verrotten lassen, die man restauriert für 3000 Euro pro m² verkaufen könnte.
An der Dummheit der Leute kann man wenig ändern. Vor der Stadt wird von Immobilienhaien wie blöd Toskanakitsch für Irrsinnspreise gebaut, und was wollen die privaten Bauherren? Toskanakitsch. Lieber 100 m² Toskanakitsch, nach eigenen Vorstellungen als Doppelhaushälfte in die Landschaft geschissen, als sich ein älteres Gebäude kaufen. Weil man das nicht nach eigenen Vorstellungen gestalten kann. Weil die Küche ein Eckchen zu klein ist und in das Wohnzimmer nicht die monströse Liegelandschaft vor die 180-cm-Glotze passt. Den hilfreichen Bausparer der Eltern hat man sowieso im offenen Zweitwagen für die Frau versenkt. Und weil das eine eben nicht geht und das andere zu viel kostet, mietet man doch lieber weiter. Das ist für das gleiche Geld grösser, und ausserdem gibt es einen Vermieter, den man wegen dem kleinsten Problem anhauen kann. Statt selber mal zu schauen, ob die Sicherungen alle wieder drin sind.
Manche Reiche und manche Nichtreiche kapieren ein System nicht: Besitz ist gleich Verantwortung. Reiche können sich von den meisten Verantworungen irgendwie loskaufen, die Tujenhecken für den Gärtner, den Pool für den Schwarzen und das Internat für die Blagen. Nichtreiche verzichten manchmal auf die Vermögensbildung, indem sie sich nicht einschränken wollen. Mein Mitleid mit Rauchern, Aktienspekulanten, Klingeltonrunterladern, Tempo-200-Bolzern, Feuerwerksteufeln und Malleeimersäufern ist da kleiner gleich Null. Und ich wehre mich dagegen, in diesen Fällen irgendetwas von sozialer Ungerechtigkeit hören zu müssen. Wer das Geld so verbrennt, muss selber wissen, was er tut. Wie auch der Reiche, der nach einem halben Vollgasleben plötzlich Ärger mit der Steuer und der Bank bekommt. Das deckt beileibe nicht alle Fälle der hierzulande existierenden Ungerechtigkeit ab, aber es relativiert so einiges.
Am Rest muss man arbeiten. Die sozialen Spannungen dürfen sich nicht erweitern, sonst wird das Land instabil, und das ist für niemanden gut. Es wird hierzulande keine Revolution geben, aber ein dominierendes Gefühl der Lecktmich-Haltung gegenüber der Gemeinschaft, die eigentlich alle umfassen sollte. Und jeder, der Scheisse baut, wird auf die andere Schicht zeigen und sagen: Aber die machen doch auch sowas. Der Sprayer findet die Bankchef asozial und umgekehrt - beides stimmt, aber keiner hat Recht. So etwas kann und wird nicht gut gehen, und daran ändert es auch nichts, wenn die Politikervolldeppen dieses Landes alle zusammen nächstes Jahr mehr kassieren wollen, bei gleichzeitig anhaltender Umverteilung. Dabei wären Steuern ein prima Mittel zur Bekämpfung von Unverantwortlichkeiten - zu dumm, dass Aprigoat, Spitzelede und AsozialPD in der Hinsicht die Vorreiter sind. Nur: Wer sich darüber beklagt, soll zeigen, dass er es selbst anders macht.
Wie wär´s? Rauchen aufhören, Tempo 100 auf der Autobahn, ein kleines, solides Haus kaufen mit Hilfe der Verwandtschaft, statt Urlaub das Haus herrichten, und die nächsten drei Jahre keinen neuen Rechner kaufen - so Zeug halt. Das macht keinen zum Millionär, aber es ist ein Stück Sicherheit; und wenn man es hat, kann man weiterschauen. Was? Klingt spiessig? Ich habe mit einem Stadtpalast leicht reden? Liebe Leute, heute ist der 31.12., und während andere den freien Tag geniessen, habe ich heute beim Einzug von Mietern geholfen und statt einem Spaziergang in der Sonne einen Boiler repariert. Ich bin auf dem Ohr heute TAUB.
Frohes neues Jahr.
Das mit dem Reichtum ist so eine Sache. Ich kenne reiche Leute, die sich den ganzen Tag ärgern können, weil ihnen der Staat Knüppel zwischen die Beine wirft. Der Höhepunkt war ein Herr, der unter den 100 reichsten Deutschen zu finden ist und sich mir gegenüber über den Verwaltungsaufwand beschwerte, den ihm die Beschäftigung seines Gärtners auf 400-Euro-Basis bereitete. Doch, das gibt es. Wie auch die Tochter eines hiesigen Unternehmers, der ihre Eltern ein Geschäft in bester Lage geschenkt haben, mit allem Drum und Dran, in dem irgenwelche Geschäftsführer viel Geld erzeugen, aber sie steht jeden Tag auf und hasst ihr Leben bis zum Schlafengehen. Ich kenne jemanden, der hat eine 400 m² Villa mit 5 Räumen, dem sie jetzt nicht mehr gefällt und der, obwohl er auf den mittleren siebenstelligen Verkaufspreis nicht angewiesen ist, bei jeder Begegnung jammert, wieviel Zinsen ihm entgehen, weil den potentiellen Käufern die exotische Holzvertäfelung des Schwimmbades dann doch zu Spät-70er ist. Und ich kannte einen Haufen Leute aus meinem Viertel, die sich vor dem 30. Geburtstag umgebracht haben; das war eine Zeitlang eine Mode unter meiner Kohorte, deren Erzeuger es in all ihrem Luxus nicht begriffen haben.
Umgekehrt kenne ich aber auch die andere Seite. Den Schwarzarbeiter, der zur Sicherung seiner Sozialbezüge jeden Trick zum Linken des Staates ausnützt. Die Emporkömmlinge, die nie genug haben und es an denen auslassen, die sie daran erinnern, dass sie selbst auch mal unten waren, und die beschleimen, die immer wissen werden, wer da vor ihnen steht. Die Mieter billiger Räume, die alles runterwirtschaften und für die Luxus ein teurer Urlaub, ein teures Auto und jedes Jahr der neueste Fernseher und die frische Couchgarnitur ist, und die sich in die Überschuldung wirtschaften, die sie dann am Vermieter rauslassen. Und die Arschkrampen, die irgendwas demolieren, weil es cool ist, dann jemand krankenhausreif schlagen und sich vor Gericht auf ihr soziales Umfeld berufen.
Der Umstand, dass Armut ebensowenig automatisch den Anstand bildet wie Reichtum jemanden asozial macht, ändert natürlich nichts daran, dass es in Deutschland eine enorme Kluft zwischen den sozialen Schichten gibt. Meines Erachtens gibt es keine irgendwann in den 70ern abgekoppelte Schicht der Reichen; ich denke, diese Schicht gab es schon immer, und erst die Bedrohung der Mittelschicht durch den sozialen Abstieg als Folge des Übergangs von einer Nachfragewirtschaft zu einem produktionsbedingt abartigen Konsumsystem lässt die Unterschiede sichtbar zu Tage treten. Helfen tut dabei die Johurnaille, die die längste Zeit auf dem monopolymässigen Weg nach oben war und momentan darum kämpft, nicht die Avantgarde des Niedergangs zu werden.
Ich denke, dass die pauschale Betrachtung der "Reichen" nicht weiterhilft. Es gibt "die" Reichen nicht, sowohl die Definition als auch die Abgrenzung ist schwierig. Ich würde grob gesagt das Sechstel der Bevölkerung, die weitgehend frei von materiellen Sorgen leben, als reich bezeichnen, wenn man den Begriff schon anwenden möchte. Reich ist damit weniger eine Frage des Verdienstes, der heutigentags eine sehr variable Grösse darstellen kann, wie einem sicher gern mancher der 5000 arbeitslosen Manager in München bestätigen wird. Desto weniger Basis da ist, desto höher muss das Einkommen sein. Und, jetzt kommen wir zum eigentlichen Punkt, desto verantwortlicher mit der Basis umgegangen wird, desto eher wird Reichtum zu einer Tugend. Das klingt jetzt vielleicht etwas calvinistisch, aber ich denke, man muss nicht prüde oder geizig sein, um das so zu sehen.
Che fragt in seinem Kommentar danach, ob sich hier in der absoluten Boomregion jemand das Bauen leisten kann. Die Antwort ist Ja und Nein. Tatsächlich sorgen die Preise nahe der Munich Area und mit zwei auf vollen Touren laufenden Weltkonzernen in der Provinz dafür, dass der Traum vom eigenen Haus nicht leicht realisiert werden kann. Das stetige Ausweisen neuer Baugrundstücke ändert nichts an den Kosten. Umgekehrt haben wir hier Leute, die einfach keine Nachbarn haben wollen und deshalb ein Grundstück neben sich kaufen und verwildern lassen, oder ein Haus leer stehen lassen, weil es sie an etwas Unerfreuliches - eine Scheidung, einen Selbstmord, ein nicht wirklich geschmackvolles Ambiente - erinnert. Und wir haben den klassischen Fall der älteren Herrschaften ohne Kinder in der Nähe, die drei Stadthäuser verrotten lassen, die man restauriert für 3000 Euro pro m² verkaufen könnte.
An der Dummheit der Leute kann man wenig ändern. Vor der Stadt wird von Immobilienhaien wie blöd Toskanakitsch für Irrsinnspreise gebaut, und was wollen die privaten Bauherren? Toskanakitsch. Lieber 100 m² Toskanakitsch, nach eigenen Vorstellungen als Doppelhaushälfte in die Landschaft geschissen, als sich ein älteres Gebäude kaufen. Weil man das nicht nach eigenen Vorstellungen gestalten kann. Weil die Küche ein Eckchen zu klein ist und in das Wohnzimmer nicht die monströse Liegelandschaft vor die 180-cm-Glotze passt. Den hilfreichen Bausparer der Eltern hat man sowieso im offenen Zweitwagen für die Frau versenkt. Und weil das eine eben nicht geht und das andere zu viel kostet, mietet man doch lieber weiter. Das ist für das gleiche Geld grösser, und ausserdem gibt es einen Vermieter, den man wegen dem kleinsten Problem anhauen kann. Statt selber mal zu schauen, ob die Sicherungen alle wieder drin sind.
Manche Reiche und manche Nichtreiche kapieren ein System nicht: Besitz ist gleich Verantwortung. Reiche können sich von den meisten Verantworungen irgendwie loskaufen, die Tujenhecken für den Gärtner, den Pool für den Schwarzen und das Internat für die Blagen. Nichtreiche verzichten manchmal auf die Vermögensbildung, indem sie sich nicht einschränken wollen. Mein Mitleid mit Rauchern, Aktienspekulanten, Klingeltonrunterladern, Tempo-200-Bolzern, Feuerwerksteufeln und Malleeimersäufern ist da kleiner gleich Null. Und ich wehre mich dagegen, in diesen Fällen irgendetwas von sozialer Ungerechtigkeit hören zu müssen. Wer das Geld so verbrennt, muss selber wissen, was er tut. Wie auch der Reiche, der nach einem halben Vollgasleben plötzlich Ärger mit der Steuer und der Bank bekommt. Das deckt beileibe nicht alle Fälle der hierzulande existierenden Ungerechtigkeit ab, aber es relativiert so einiges.
Am Rest muss man arbeiten. Die sozialen Spannungen dürfen sich nicht erweitern, sonst wird das Land instabil, und das ist für niemanden gut. Es wird hierzulande keine Revolution geben, aber ein dominierendes Gefühl der Lecktmich-Haltung gegenüber der Gemeinschaft, die eigentlich alle umfassen sollte. Und jeder, der Scheisse baut, wird auf die andere Schicht zeigen und sagen: Aber die machen doch auch sowas. Der Sprayer findet die Bankchef asozial und umgekehrt - beides stimmt, aber keiner hat Recht. So etwas kann und wird nicht gut gehen, und daran ändert es auch nichts, wenn die Politikervolldeppen dieses Landes alle zusammen nächstes Jahr mehr kassieren wollen, bei gleichzeitig anhaltender Umverteilung. Dabei wären Steuern ein prima Mittel zur Bekämpfung von Unverantwortlichkeiten - zu dumm, dass Aprigoat, Spitzelede und AsozialPD in der Hinsicht die Vorreiter sind. Nur: Wer sich darüber beklagt, soll zeigen, dass er es selbst anders macht.
Wie wär´s? Rauchen aufhören, Tempo 100 auf der Autobahn, ein kleines, solides Haus kaufen mit Hilfe der Verwandtschaft, statt Urlaub das Haus herrichten, und die nächsten drei Jahre keinen neuen Rechner kaufen - so Zeug halt. Das macht keinen zum Millionär, aber es ist ein Stück Sicherheit; und wenn man es hat, kann man weiterschauen. Was? Klingt spiessig? Ich habe mit einem Stadtpalast leicht reden? Liebe Leute, heute ist der 31.12., und während andere den freien Tag geniessen, habe ich heute beim Einzug von Mietern geholfen und statt einem Spaziergang in der Sonne einen Boiler repariert. Ich bin auf dem Ohr heute TAUB.
Frohes neues Jahr.
donalphons, 21:27h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Sonntag, 31. Dezember 2006
Sehr zu empfehlen - Gipsköpfe oder kauft beim Italiener
Wer in Italien oder Griechenland Museen besucht, kennt vermutlich die langen Reihen von Gipsnachbildungen der Exponate, die in den angegliederten Shops verkauft werden. Oder auch die unvermeidlichen Stände davor, an denen das Gleiche in erheblich schlechterer Qualität kaum billiger angeboten wird. Solche Mitbringsel haben eigentlich allerbeste europäische Tradition, denn die jungen Briten, die man im vorletzten Jahrhundert auf die Grand Tour schickte, kauften diese Figuren in grossen Mengen, um sie dann zu Hause als Beweis ihrer Bildung auf den Kamin zu stellen. Und weil die wissenschaftliche Beschäftigung mit antiker Plastik gut 150 Jahre älter ist als die Photographie, und Figuren am besten immer noch in drei Dimensionen wirken, schickten sich auch Sammlungen nördlich der Alpen an, das Wichtigste, was man nicht mehr zusammenrauben konnte, als Gipsabguss zu erhalten.
Was da also von Verona an Richtung Süden angeboten wird und vielen als Kitsch erscheint, ist ein mehr oder weniger gesunkenes Kulturgut. So eine mediceische Venus sieht neben einer Lavalampe auf der Glotze natürlich bei weitem nicht so elitär aus, wie als singuläres Exponat in der Bibliothek. Aber angesichts der von den Römern praktizierten Art, jedes griechische Original von Sklaven nachbohren und an jeder unmögliche Stelle aufstellen zu lassen, kann man auch dafür noch Verständnis haben. Ich allerdings bin dieses Jahr ohne einen Blick auf die Figürchen an den Ständen vorbeigelaufen, denn, so dachte ich, was ich brauche, beschaffe ich mir im Museumsshop in München. Da weiss man, was man bekommt. Nicht angeblich echtes Alabaster, sondern hochwertige, ehrliche Gipsabgüsse.
Ich habe solche Figuren früher auch schon ein paar mal gekauft. Wenn ich nichts anderes gefunden habe, wenn es bei einem Deal dabei war. Und ich dachte mir, es lohnt sich nicht wirklich, denn besonders alt und wertvoll sind die Abgüsse nicht. Was die Freude des Wissenschaftlers angeht, sind sie nicht fein genug, da greift man wirklich besser zu den Produkten aus München. Dachte ich. Und ging vorgestern frohgemut zur Glyptothek. Um dort festzustellen, dass mein Etat für den billigsten Gipskopf gerade mal bis zur Unterlippe reichen würde: 495 Euro sagte das Preisschild an einem Köpfchen minderer Grösse, von dessen Sorte ich ein halbes Dutzend brauche. Zwei poplige Repliken von Tanagrafigürchen hätte ich mir kaufen können. Dabei sind Tanagrafiguren antiker Brutalkitsch, vergleichbar mit Meckiigeln und Heidiluftballons.

Und ich habe in Italien nichts gekauft... und so fuhr ich nach Hause, ging nach oben, wo die von mir gering geachteten alten Gipsabgüsse stehen, entschuldigte mich bei Zeus, Herkules, Venus und dem beim Hebräer Verfolgen ersaufenden Pharao für mein Verhalten, und brachte sie nach unten, wo schon die Konsolen auf sie warteten. Wenn ich daran denke, wie oft ich so etwas liegen gelassen habe, vergeht mir der Hunger. Denn vermutlich werde ich jetzt Woche um Woche vergeblich nach dem suchen, was ich so abschätzig betrachtet habe. Oder ich muss bis zum nächsten Italienurlaub warten.
Ich Rindvieh.
Was da also von Verona an Richtung Süden angeboten wird und vielen als Kitsch erscheint, ist ein mehr oder weniger gesunkenes Kulturgut. So eine mediceische Venus sieht neben einer Lavalampe auf der Glotze natürlich bei weitem nicht so elitär aus, wie als singuläres Exponat in der Bibliothek. Aber angesichts der von den Römern praktizierten Art, jedes griechische Original von Sklaven nachbohren und an jeder unmögliche Stelle aufstellen zu lassen, kann man auch dafür noch Verständnis haben. Ich allerdings bin dieses Jahr ohne einen Blick auf die Figürchen an den Ständen vorbeigelaufen, denn, so dachte ich, was ich brauche, beschaffe ich mir im Museumsshop in München. Da weiss man, was man bekommt. Nicht angeblich echtes Alabaster, sondern hochwertige, ehrliche Gipsabgüsse.
Ich habe solche Figuren früher auch schon ein paar mal gekauft. Wenn ich nichts anderes gefunden habe, wenn es bei einem Deal dabei war. Und ich dachte mir, es lohnt sich nicht wirklich, denn besonders alt und wertvoll sind die Abgüsse nicht. Was die Freude des Wissenschaftlers angeht, sind sie nicht fein genug, da greift man wirklich besser zu den Produkten aus München. Dachte ich. Und ging vorgestern frohgemut zur Glyptothek. Um dort festzustellen, dass mein Etat für den billigsten Gipskopf gerade mal bis zur Unterlippe reichen würde: 495 Euro sagte das Preisschild an einem Köpfchen minderer Grösse, von dessen Sorte ich ein halbes Dutzend brauche. Zwei poplige Repliken von Tanagrafigürchen hätte ich mir kaufen können. Dabei sind Tanagrafiguren antiker Brutalkitsch, vergleichbar mit Meckiigeln und Heidiluftballons.

Und ich habe in Italien nichts gekauft... und so fuhr ich nach Hause, ging nach oben, wo die von mir gering geachteten alten Gipsabgüsse stehen, entschuldigte mich bei Zeus, Herkules, Venus und dem beim Hebräer Verfolgen ersaufenden Pharao für mein Verhalten, und brachte sie nach unten, wo schon die Konsolen auf sie warteten. Wenn ich daran denke, wie oft ich so etwas liegen gelassen habe, vergeht mir der Hunger. Denn vermutlich werde ich jetzt Woche um Woche vergeblich nach dem suchen, was ich so abschätzig betrachtet habe. Oder ich muss bis zum nächsten Italienurlaub warten.
Ich Rindvieh.
donalphons, 00:30h
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Nichtoskana
Nach einer kleinen Spritztour ins Voralpenland macht es den Anschein, als könnte ich kommendes Jahr eine gewisse Zeit dadurch aufwerten, dass ich einen neuen Drittwohnsitz einnehme: Man überlegt auf Seiten des Clans ernsthaft, eine alte Familientradition a la 1900 wiederzubeleben und sich einen kleinen Sommersitz am Tegernsee anzulächeln. Nichts grosses, lediglich eine Wohnung mit Balkon, aber so, wie ich die Clanmitglieder kenne, wird das Ding drei Viertel der Zeit leer stehen. Und das heisst sturmfreie Bude. Kenner dieses Blogs wissen vielleicht, dass ich dort Bekannte habe, ausserdem kann man dem See eine gewisse Schönheit nicht absprechen, und von dort aus ist man in 30 Minuten in Hall, in weniger als einer Stunde in Innsbruck und in zwei Stunden in Italien. Warum also nicht einen Teil der Zeit dort verbringen.
Ja, die CSU-Prominenz nebenan ist ein Schönheitsfehler, genauso schlimm wie die Lega Nord am Lago und die FPÖ in Kärnten. Desto reizvoller die Gegend, desto mieser die Politik, gesteigert zu betrachten in Thailand, Indonesien, Burma und von den Arkaden des bayersichen Landtages aus. Dieser grandiose Blick auf die Isar, und davor diese Kotzbrocken, es ist unfassbar, aber gut, am Tegernsee kann man sich aus dem Weg gehen. Die gehen Viecher abknallen und Landrätinnen mobben, ich geh cabriofahren. Wenn der Clan das Angebot annimmt. Was mich überrascht: Der Tegernsee ist mitunter immer noch billiger als das vernebelte Donautal.
Ja, die CSU-Prominenz nebenan ist ein Schönheitsfehler, genauso schlimm wie die Lega Nord am Lago und die FPÖ in Kärnten. Desto reizvoller die Gegend, desto mieser die Politik, gesteigert zu betrachten in Thailand, Indonesien, Burma und von den Arkaden des bayersichen Landtages aus. Dieser grandiose Blick auf die Isar, und davor diese Kotzbrocken, es ist unfassbar, aber gut, am Tegernsee kann man sich aus dem Weg gehen. Die gehen Viecher abknallen und Landrätinnen mobben, ich geh cabriofahren. Wenn der Clan das Angebot annimmt. Was mich überrascht: Der Tegernsee ist mitunter immer noch billiger als das vernebelte Donautal.
donalphons, 21:29h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Samstag, 30. Dezember 2006
Gegen den Zeitgeist
Da, wo früher der Türkendolch war, wurde Anfang des Jahrzehnts alles rausgerissen. Statt dem einzigen Studentenkino in Schwabing machte sich dort ein Kleiderladen breit, dessen Auswahl sich in nichts unterschied von dem, was es auch in der Kaufingerstrasse oder in der Amalienpassage so gibt. Die Maxvorstadt verlor eine weitere Tradition im Austausch gegen den üblichen Krempel. Als ich in Berlin war, ging der Laden über den Jordan, und das Cafe, das sich jetzt dort beitgemacht hat, heisst ebenfalls Zeitgeist. Das Publikum sind die langweiligen Typen, die beim Vorgänger eingekauft haben dürften. Selbst üble bayerische Provinzkäffer haben heute solche Cafes, und nichts ist dem Charme des Besonderen abträglicher als das, was man auch in Altötting finden kann. Oder n Straubing. Regensburg ist da schon mitunter fortschrittlicher.
Die Mieten in dieser Gegend machen es eben schwer, wenn man sich halten will gegen die uniforme Pest, aber manche schaffen es trotzdem. Manche, weil sie beizeiten die Häuser gekauft haben, in denen sie sind, und andere, weil sie etwas Besonderes haben. Das dürfte der Grund sein, warum etwa die Teppichreinigung weiter unten in der Türkenstrasse jetzt immer noch genauso aussieht wie früher.

Im Gegensatz zum Prenzlauer Berg und anderen Szenebezirken ist die Maxvorstadt durchaus teuer, das gehobene Bürgertum ist nicht eine abgedrängte Minderheit, sondern eher dominierend. Während meiner Studienzeit etwa hatte ich nur drei Bekannte, die hier in der Nähe der Uni wohnten, der Rest war über die Stadt verstreut. Damals kostete der Quadratmeter - nach heutiger Vorstellung schlappe, früher enorme - 3.500 Mark. Heute kostet es immer noch 3.500 - Euro. Was dafür sorgt, dass hier auch Leute wohnen, die ihre Teppiche hin und wieder von Profis reinigen lassen, oder einen antiken Perser kaufen. Scheint zumindest zu laufen, die letzten Jahrzehnte. Etwas kürzer ist dagegen der Italiener daneben da:

Mit dem immer gleichen Sconto am Schaufenster. Italienische Mode zu Sonderpreisen, die immer gleich sind. Gar nicht so dumm, der Trick, und die Qualität ist auch in Ordnung. Zumal Kleiderkauf für Männer in der Ecke der Stadt gar nicht so einfach ist. Man landet hier gewissermassen zwangsweise, seitdem es Annas nicht mehr gibt. Weil es gut ist, und dennoch nicht so verstaubt wie Konen oder Frey in der Innenstadt, jenseits des Altstadtrings.
Das Beständige wurde natürlich abgedrängt in die Ränder des Unibezirks, aber es ist immer noch da, trotz allem, was einem das bequeme, eingelatschte alte Südschwabing heute so vermiest. Nicht alles hat sich verschlechtert, manches früher hochnäsige Antiquariat stellt heute auch Kisten mit wirklich alten Büchern und Stichen raus, was sofort die üblichen Verdächtigen anzieht, insofern: Sollte ich dauerhaft zurück nach München gehen, würde ich wieder hier landen.
Die Mieten in dieser Gegend machen es eben schwer, wenn man sich halten will gegen die uniforme Pest, aber manche schaffen es trotzdem. Manche, weil sie beizeiten die Häuser gekauft haben, in denen sie sind, und andere, weil sie etwas Besonderes haben. Das dürfte der Grund sein, warum etwa die Teppichreinigung weiter unten in der Türkenstrasse jetzt immer noch genauso aussieht wie früher.

Im Gegensatz zum Prenzlauer Berg und anderen Szenebezirken ist die Maxvorstadt durchaus teuer, das gehobene Bürgertum ist nicht eine abgedrängte Minderheit, sondern eher dominierend. Während meiner Studienzeit etwa hatte ich nur drei Bekannte, die hier in der Nähe der Uni wohnten, der Rest war über die Stadt verstreut. Damals kostete der Quadratmeter - nach heutiger Vorstellung schlappe, früher enorme - 3.500 Mark. Heute kostet es immer noch 3.500 - Euro. Was dafür sorgt, dass hier auch Leute wohnen, die ihre Teppiche hin und wieder von Profis reinigen lassen, oder einen antiken Perser kaufen. Scheint zumindest zu laufen, die letzten Jahrzehnte. Etwas kürzer ist dagegen der Italiener daneben da:

Mit dem immer gleichen Sconto am Schaufenster. Italienische Mode zu Sonderpreisen, die immer gleich sind. Gar nicht so dumm, der Trick, und die Qualität ist auch in Ordnung. Zumal Kleiderkauf für Männer in der Ecke der Stadt gar nicht so einfach ist. Man landet hier gewissermassen zwangsweise, seitdem es Annas nicht mehr gibt. Weil es gut ist, und dennoch nicht so verstaubt wie Konen oder Frey in der Innenstadt, jenseits des Altstadtrings.
Das Beständige wurde natürlich abgedrängt in die Ränder des Unibezirks, aber es ist immer noch da, trotz allem, was einem das bequeme, eingelatschte alte Südschwabing heute so vermiest. Nicht alles hat sich verschlechtert, manches früher hochnäsige Antiquariat stellt heute auch Kisten mit wirklich alten Büchern und Stichen raus, was sofort die üblichen Verdächtigen anzieht, insofern: Sollte ich dauerhaft zurück nach München gehen, würde ich wieder hier landen.
donalphons, 00:52h
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Sie können es nicht.
PRler, die noch jedesmal versagt haben, versagen auch diesmal. Erwartungsgemäss. Und kriegen dann noch nicht mal die Klappe auf, wenn sie es versenkt haben. Peinliches Schauspiel an der Blogbar.
donalphons, 00:52h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Donnerstag, 28. Dezember 2006
Maxvorstadt,
von der Arcisstrasse bis zum Königsplatz. Und für alle ist es das gleiche, in diesem sagenhaften Winter und unter der Sonne, die von dieser Stadt nicht lassen kann. Für die Millionäre in den bevorzugten Wohnlagen

und für die Stadtstreicher, denen die Wärme des Tages die Heizung ersetzt

und für die Ruinen des Fortschritts, die neuen, besseren, kommenden Ruinen des noch grösseren Fortschritts weichen

und für die Touristen an der Glyptothek, deren goldene Wände jetzt, am Nachmittag schimmern wie gehämmertes Gold.

Für all das hat der Himmel über der Stadt ein Herz, in diesen Tagen, bevor dann der Regen fällt auf alle, aber dann ist es schon dunkel, und auch das Glatteis geht an der Stadt vorüber. Es ist besser hier, sagen wohl alle, und vermutlich stimmt es auch.

und für die Stadtstreicher, denen die Wärme des Tages die Heizung ersetzt

und für die Ruinen des Fortschritts, die neuen, besseren, kommenden Ruinen des noch grösseren Fortschritts weichen

und für die Touristen an der Glyptothek, deren goldene Wände jetzt, am Nachmittag schimmern wie gehämmertes Gold.

Für all das hat der Himmel über der Stadt ein Herz, in diesen Tagen, bevor dann der Regen fällt auf alle, aber dann ist es schon dunkel, und auch das Glatteis geht an der Stadt vorüber. Es ist besser hier, sagen wohl alle, und vermutlich stimmt es auch.
donalphons, 12:50h
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