: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Samstag, 12. April 2008

Weggewaschen

Dieser Samstag ist kein normaler Samstag. Es ist ein Samstag, der mich aus meinen Bergen in die Schotterebene treibt, zu einem Platz, auf dem ich sonst nie bin: Die Theresienwiese. Meine Gefühle gegen das dort stattfindende Oktoberfest als "Hass" zu bezeichnen, wäre eine linde Untertreibung, Wann immer ich konnte, habe ich diese Wochen ausserhalb von München verbracht. Sollten doch andere in die Kotze treten und in Messer stolpern.

Aber: Diesmal ist das Frühlingsfest, und wenn es den Plebs dorthin zieht, ist auch am ersten Samstag der grosse, nur einmal im Jahr stattfindende Flohmarkt. Und der ist richtig, richtig gut. Normalerweise. Dann wäre es auch kein Problem

1 versilbertes Besteck
1 Schreibtisch (Biedermeier)
2 Lampen für die Terasse
1 Perserteppich (Seide) für die Wand
1 Rosenthalservice
noch 1 versilbertes Besteck
1 Stehlampe

und noch ein paar Kleinigkeiten zu kaufen. Aber zuerst war meine kleine Schwester dabei, und die erzwang (nur Ramsch!) einen Abbruch, und beim zweiten Versuch, diesmal allein, kam der Regen.



Und ich stellte fest, dass auch ein Schirm auf meine Einkaufsliste gehören würde. Erst im letzten Moment kaufte ich einem runden Italiener einen Schreib-, oder besser Spieltisch ab. Biedermeier. Glück gehabt.

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Freitag, 11. April 2008

Empfehlung heute - Eine böse, alte Geschichte.

Es ist vielleicht nicht ganz dumm, sich mal wieder mit Wirtschaftsgeschichte zu beschäftigen. Nelson Bunker Hunt und die Silbereuphorie von 1979/80 sind ein prima Beispiel, wie wenige Leute ein ganzes Marktsystem dauerhaft zerstören können, und ich wage zu behaupten, dass sie nur Amateure gegen diejenigen waren, die uns aktuell in die Katastrophe reiten.

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Dienstleister

Wie soll man sich bei einer Hotline beschweren, die per Computerstimme vor der Weiterschaltung Basisinformationen zur Dienstleistung verlangt, die man aufgrund deren Versagens nicht erhalten hat und jetzt anfordern möchte? Und die keine Emailadresse zur Anforderung der Information hat?

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Freitag, 11. April 2008

Empfehlung heute - Ein glatter Schnitt

Aus dem finstren Stadtwald kommt der Henker
mit einem langem Strick und scharfer Axt.
Du bist die Frau von einem Zeitungslenker?
Egal! Im Schwertstreich dein Genick leis knackst.

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Real Life 10.4.2008 - Eine kompakte, schwarze Masse

Nachmittags, ungefähr zu der Zeit, da jenseits der Berliner Prekariatisten so ziemlich jeder Mensch, der Arbeit hat, dieser auch nachgeht, treffen sich die anderen in einer Konditorei in Gmund, und geben einen Vorgeschmack auf weitere Möglichkeiten, die soziale Schere zu öffnen.

Am Eingang sind ein paar sehr wohlerzogene Hunde angebunden und warten auf die leckerlibestückten Besitzer. An der Theke steht eine Frau, für die jede Elle-Diät umsonst Kiwis und Mangos mordet, und spielt beim Auswählen mit ihrer giftgrünen Pornobrille. Für ihren indischen Shawl hat vermutlich den Förderpreis für bengalische Kinderarbeit bekommen, und die in ihrer Sportlichkeit nicht ganz passenden Walkingschuhe verdanken ihre Entstehung vermutlich auch chinesischen Leuteschindern. Ein Wunder, dass sie die Damen hinter der Theke so liebenswürdig von einer Torte zur nächsten scheucht. Präventiv hat sie schon eine ebenfalls giftgrüne Brieftasche aus Lackleder in der Hand, und einen Schlüsselbund, an dem etwas unpassend ein kleines, gelbes Quietscheentchen hängt.

Während du noch überlegst, was du willst - leider ist mal wieder vieles, allzu vieles alkoholbedingt geeignet, Erbtanten reif für ein Treffen mit den hiesigen, fussballergatinnengeprüften Entziehungspfuscher zu machen - geht die Tür auf, und ein ziemlich altes Paar kommt herein. Sie hat das leidige Problem recht gut im Griff, Schaftstiefel wie aus "Gerti, die blonde SS-Bestie", und irgendwie hat es ein sicher nicht billiger Figaro geschafft, das Blond mit Strähnchen halbwegs echt aussehen zu lassen. Solang man das Gesicht nicht zu genau anschaut. Dann könnte man auch fast den Eindruck haben, dass sie erheblich jünger als ihr Mann ist.

Bei dem stimmt, statisch betrachtet, auch so einiges. Der Anzug, die Manschettenknöpfe, die Schuhe, ein Mann von Welt. Einer Welt, die vermutlich sehr klein geworden ist, so wie er seiner Frau hinterhertippelt. Eine gefühlte Ewigkeit nach ihr kommt er an der Theke an, von der Anstrenung fast so grau wie sein Anzug, bis auf die vielen Altersflecke, die er nicht wie seine Frau unter Kontrolle hat bringen lassen, weist mit zitternder Hand auf etwas und nuschelt "Frngfudr". "Ist das ein Frankfurter Kranz?", bescheidet seine Frau die Bedienung, und du wunderst dich fast, dass hier keine Peitsche im Spiel ist, oder jemand die Hacken zusammenschlägt. Sie nimmt, zahlt und knallt mit den Schuhen über die Fliessen, und der Mann kreucht ihr hinterher. Sie ist schon am Auto, einem 7er BMW, als du ihm die schwere Tür aufhältst. "Dnge", nuschelt er nach etwas Nachdenken, diese Sekunde, bis das Gehirn wieder die Koordination aus Bewegung, Erkenntnis und Reaktion zusammen hat , und schleppt sich weiter, die Blicke auf den Boden gerichtet und mit erkennbarer Anstrengung, diese kleine Welt, die ihm verblieben ist, zu überstehen, das ist die Hauptsache, von der traumhaft schöne Gegend hat er nichts mehr.



Du kaufst ein, und als du auf den Platz vor der Konditorei trittst, kommt eine kompakte, schwarze Masse die Strasse hoch, laut fauchend, ein 456er Ferrari. Nicht irgendein 456, sondern der, der früher auf deinem Parkplatz stand und der, zusammen mit zwei anderen, auch zu verkaufen gewesen wäre, aber du warst so vernünftig und hast dich für die Wohnung entschieden, und dem Verkäufer, der am Steuer sitzt, war es auch lieber so. Er sieht dich nicht, er fährt weiter, und vielleicht hat er gar nicht so unrecht, sich einen schönen Tag zu machen, und noch einen, das andere kommt vielleicht schneller, als man glauben mag, und dann profitiert nur noch derjenige, der die Frau für den kommenden Zweitmann renoviert, wenn man selbst längst in einem Premium Ressort alles vergessen hat.

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Der Tod in Tyrol

oder vom Glück, zu alt für Popkultur zu sein.





Zu alt für billiges Erschrecken und Splatter, für Brust-OP-Talks und Pieps über dem Fuck, zu alt für die allgegenwärtige Pseudosexualität und uneingelöste Versprechen nach dem guten, alten Fick, dem Versprechen ewiger Jugend als Vorgruppe, dem neuesten Scheiss und all dem Plastik, in dem derselbe verwahrt ist, überall von den Pimpcars bis zu den Wohnungen von neureichen Leuten aus Startup, Werbung und Plastiktönerei, die sich alles ausser Geschmack leisten können, mit einem mokanten Lächeln und der Hoffnung, leicht zu sterben, wenn die anderen bittschön an ihrer Dummheit krepiert sind, obwohl die eigentliche Strafe so ein Leben, so ein besschissenes Vegetieren in Würdelosigkeit als ein verfickter Popopa ist.

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Donnerstag, 10. April 2008

Es ist gerade mal 23 Uhr

und ich bin so müde, als wäre es bereits früher Morgen.

Das Spiel geht so: Es treffen sich ein Dutzend Leute mit vorher aufbereiteten Detailkenntnissen, und werfen das alles zusammen. In zehn Stunden entsteht so langsam ein ziemlich umfassendes Bild der Lage. Sowas kann spannend sein, wenn es um neue Erkenntnisse zur Formensprache pseudovenezianischer Gläser aus dem Böhmerwald im 18. Jahrhundert geht, da jucken dann auch die vergangenen Sozialbedingungen nicht mehr.

Aber diese Phase meines Lebens ist schon etwas länger vorbei, so vorbei, wie ich mir eigentlich das von der aktuellen Tätigkeit wünschen würde. Man ist mittlerweile so abgehärtet, dass Bankenpleiten mur mehr ein Schulterzucken auslösen, und wenn es um Billionen geht, sagt jeder - egal, sind ja nur Dollar. Das geht eine Weile gut, aber wenn man heimfährt und hört, dass auf der A9 16 Kilometer Stau sind, überrascht es doch, dass es ein LKW-Unfall ist, und kein Massenselbstmord der Mandantschaft. Die hat einen Teil des Vermögens riskiert - damit habe ich jetzt zu tun - und den grösseren Teil sicher angelegt - das erweist sich gerade als ähnlich beschissen wie das Risikogeschäft.

Ich kenne Leute, die inzwischen wöchentlich Rechnungen schreiben, und andere, die keine Rechnungen mehr schreiben in der Hoffnung, irgendwann noch irgendwas realisieren zu können. Das Ding hat verfluchte Ähnlichkeit mit einer Pestepedemie, keiner weiss, wer schon infiziert ist und wie lange die Inkubationszeit dauert. Man schüttelt nur noch spitze Finger, im Hinterkopf immer die Überlegung, was nun eigentlich die Wahrheit hinter der realistischen Einschätzung der Gesundheit des Anderen ist. Manche glauben, es sind spannende Zeiten, aber am Ende hänt man doch tiefer im Geschehen drin, als es einem lieb sein kann. In einer Situation, in der es jedem nur noch um das Kleinhalten der Verluste geht.

Man hört viel, was man nicht hören will. Das fängt mit der Ankündigung an, dass die Kündigung nicht angenommen wird, man hat sonst keinen, der das machen kann, und endet mit der Frage, ob man den Journalisten P. kenne, der sich offensichtlich von der anderen Seite hat kaufen lassen, als wäre er nicht beim investigativen Teil, sondern bei der Reiseseite angestellt.

Morgen muss ich ein bestelltes Schriftstück abgeben, und ich würde gern für die Leser etwas nettes reinschreiben, etwa, dass ich einen Laden entdeckt habe, der aus JAB-Anstötz-Stoffen genähte Hasen führt, und etwas für mich, dass ich ab jetzt ein Infoportal für südbayerische Seen betreibe. Leider fehlt es der Kundschaft an der nötigen fatalistischen Einstellung, solche Ablenkung als Win-Win-Situation zu begreifen. Ich bin sehr, sehr müde, und habe noch 12 Stunden, kein Infoportal und ziemlich viele Leute an der Backe, die so immens viel Geld verlieren werden, VerlustReiche, so heissen sie bei uns, zynisch, kann sein, aber selbst wenn man davon profitiert, geht man nicht als Sieger vom Platz. Es geht nur noch darum, wie übel man verliert.

Warum? Manche sind süchtig nach dem Spiel, andere haben nie etwas anders gelernt, ein paar verstehen nicht, was sie tun, und ich - ich habe einen Bescheid über die Grunderwerbssteuer bekommen. Ich war Seeimmobilienbesitzer und brauchte das Geld, kann ich später mal als Ausrede sagen.

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Empfehlung heute - Die DDR

und ihr langer Atem bei Miss Manierlich.

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Dienstag, 8. April 2008

Empfehlung heute - Morgen werde ich aufschreiben,

wie es ist, wenn man am Tegernsee wohnt und mit dem Roadster im Sonnenschein einen Alpenpass überquert, um dann im zauberhaften Schwaz bei einem Delicatessengeschäft namens Hörtnagl an der Theke von einem Spezialisten, der aussieht wie der mittelalte Charlton Heston nach drei Wochen Gletscherski, einen selbstgebackenen Cracker mit einem Batzen selbst gemachten Kräuterkäse angeboten zu bekommen, den man sich nach der Geschmacksexplosion im Mund zur Vermeidung eines Fressanfalls besser nicht dem gerade gekauften Zwiebelbaguette vorstellt, das es auch noch mit Bärlauch gäbe - ich denke, das ist das perfekte Kontrastprogramm zum Konsum an der Reeperbahn und zeigt zusammen idealtypisch, was in diesem unserem "Deutschland, dem Land des Aufschwungs", wie Matt es bezeichnet, an Erfahrungen möglich ist.

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Wo man bleiben kann - Platz 3: Lissabon

Da sass ich also im Winter 1995 in einem eher kleinen Kino in der Altstadt von Lissabon, das sich schnell füllte. Kurz vor dem Start des Films drückte sich ein älterer Herr mit den anderen Besuchern herein, blieb aber vorne stehen, wartete, bis sich alle gesetzt hatten, und begann zun erzählen. Über die Zeit unter Salazar, als man ihn eingesperrt hatte, über Diktaturen im Allgemeinen und im Speziellen, wie man sie zerbricht, und darüber, dass ihm bei seinem Weg der nun kommende Film "Casablanca" so geholfen habe, dass es für ihn der Kultfilm schlechthin sei, selbst wenn er sich auch überlegt hatte, dass er gerne nochmal den Körper von Anita Ekberg in Fellinis La dolce Vita gesehen hätte, aber letztendlich sei Bogart doch sein Ideal des Kämpfers, der Film drücke das aus, was ihn angetrieben habe, also wünsche er uns viel Spass. Er setzte sich in die erste Reihe, und dann begann der Film. Und ich dachte mir: Man kann viel Schlechtes über Portugal sagen, aber ich würde verdammt gerne in einem Land leben, in dem der Staatspräsident in einem ganz normalen Kino in seiner Nachbarschaft ganz normalen Leuten seinen Lieblingsfilm zeigt und obendrein nicht ein Politapparatschik ist, sondern ein Held.

Ich fand Lissabon schon grossartig, als ich mit dem Zug aus Madrid über die verschneiten Hochebenen der iberischen Halbinsel ankam. Madrid war grausam kalt, aber in Lissabon ist im Dezember Frühling. Es war mir vollkommen egal, dass die Wohnung gleich am Schwulenstrich war, die mitbewohnenden Waliser Dinge kochten, die noch schlimmer als der allgegenwärtige Bacalao stanken, und selbst der Machismo älterer Männer störte mich nicht weiter, angesichts dieser Stadt, dieser unfassbar schönen, weitgehend erhaltenen und früher mal sagenhaft reichen Stadt, die all das einzulösen vermag, was Neapel nur verspricht. Lissabon ist das Ende Europas, aber es ist extrem altes Europa, angefangen bei den Cafehäusern bis zu den Spuren all der Kulturen, die sich hier ein Stelldichein geben.

Die Erinnerung täuscht mich natürlich, ich habe in Lissabon sehr viel mehr gemacht, aber rückblickend bleiben Stunde und Tage in Cafes, wie es sie in Deutschland nicht gibt, es bleiben die Beutezüge über die Feira di Ladra und all die vollgestopften Antiquitätenläden der Alfama, und das Meeresufer von Belem runter nach Cascais, entlang der Strecke, an der ich mir etwas suchen würde. Lissabon zum Wohnen? Etwas laut vielleicht, und jenseits der Alfama und Bairro Alto mit lebensgefährlichem Autoverkehr versehen. Dortselbst aber - auch wohnenswert. Allerdings, wenn man Immobilienbesitzerblut hat, fallen einem die vielen resaturierungsbedürftigen Villen zwischen der Stadt und Estoril mit Meerblick auf, manchmal gar im maurischen Stil, und mit der Bahn ist man auch schnell in der Stadt.

Lissabon ist in jedem Fall eine sichere Adresse: Für Mitteleuropa günstige Lebenshaltungskosten, eine Stadt, die weiter wachsen wird, und obendrein noch nicht ganz verstanden hat, dass Altbauten ihre Qualitäten haben. Einrichten dürfte kein Problem sein; seit dem grossen Erdbeben (dessen Ausmasse wohl doch etwas übertrieben wurden, suchte man doch einen passenden Anlass für den grossen aufgeklärt-absolutistischen Wurf) ist man von grösseren Konflikten verschont geblieben, und als Anfang des 19. Jahrhunderts der Niedergang einsetzte, wurde immens viel einfach bewahrt. Nur um mal einen Begriff davon zu vermitteln: 18 klassisch geformte Karaffen, die in Deutschland als "Biedermeier" verkauft werden, konnte ich am Ende in den Flieger bringen, mehr als ich in all den Jahren in Deutschland sah, nebenbei gekauft für Kleinstbeträge und ausreichend bis in die dritte Generation nach mir.

Nach Lissabon sollte man gleich mit dem Lastwagen fahren, aber ich habe Angst, dass nach dem dritten Leuchter ein Händler sagen könnte, wenn man eine etwas beschädigte Villa am Strand dafür suche, sein Cousin wüsste da was - und dann würde ich mein Herz verlieren.

An etwas, das ich mir jetzt nicht mehr leisten kann. Aber zwei Karaffen aus Lissabon stehen als Mahnung am Tegernsee. Man merkt in diesem Satz vielleicht den Unterschied. Lissabon. Tegernsee. Das ist eigentlich keine Entscheidung, sondern ein Abgrund.

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Die Ähnlichkeit der Verlierer

Als ich den Tatzelwurm da sah, überlegte ich mir, an wen mich der eigentlich erinnert. Diese kalten, blauen Augen. Das Gegeifer. Dieses Rumwinden. Der ganze Charakter, der ihm innewohnt.



Jetzt ist es mir eingefallen. Der schaut aus wie der derzeitig noch im Amt verweilende CSU-Vorsitzende Huber. Dem es grad genauso nass reingeht. Wenn unser schwarzbraunes Regionalschmarrnblatt schon behauptrn muss, dass die neuesten Umfragen nicht allzu schlimm sind, weiss man, was los ist im Bayernland.

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Montag, 7. April 2008

Steigerung des Unbehagens

Ziemlich genau in der Mitte des Achensees verriegelte eine Wolkenwand das Panorama hinüber zur Bergwelt des Zillertals. In der klimatisierten Limousine mag das lediglich ein Unterschied im Licht sein, aber offen ist es wie der Wechsel von einer weiss überzuckerten Riviera in den grimmig kalten Schneesturm, der einen dort erwartet.



Aber auf dem Rückweg gab es hinter der Panoramakurve diesen Moment, als die Sonne Strasse, Berge, Wälder und den See golden durchglühte, so unfassbar schön, dass

Kurz vor der Heimfahrt war ein Zwischenhalt beim Konditor geboten. Gegenüber dann das typische Paar 60+ der Region, s 500, Miesbacher Kennzeichen aber erkennbar nicht ursprünglich von hier, unnatürlich braungebrannt und mutmasslich künstlich nachgetrafft, wie aus dem Bilderbuch der Best Ager, die Herren dieses Landes, die, denen es gehört, und die keinen Anlass haben, das zu hinterfragen. Aber vielleicht können sie auch nichts dafür, das kleine Mädchen, das drinnen an der Theke mit ihrer Ton-in-Ton-Mutter rosa Schnitten nehmen darf, kennt es auch nicht anders.

Am Bahnhof, vor der Abreise des Gastes, war diese Gruppe von Anhängern einer Berliner Kombo, die nach eigenen Angaben in der Apotheke frühstückt. Einer von ihnen hatte eine Currywurst gekauft, sehr viel Sosse aus dem Spender draufgedrückt, und dann ungegessen auf den Fussboden fallen lassen, wo sie jetzt neben der Gruppe vor sich hinstank. Sie trugen goldene Papierkronen, darauf stand der Name der Gruppe, und versuchten sich im peinlich Benehmen Berliner Art, Alda. Sie hätten die Wurst aufheben und in den daneben stehenden Mülleimer werfen können, aber das Prollen war ihnen wichtiger.

Ich glaube, ich habe ein Faible für Cabriofahrten im Schneesturm bei minus 10 Grad. Relativ betrachtet.

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Montag, 7. April 2008

Soziale Unterschiede

Vielleicht geht es im 21. Jahrhundert vor allem darum zu verhindern, in die schlechteren Zeiten des 20. Jahrhunderts zurückzufallen. In Epochen, in denen die Menschen im Staub krochen, wenn das höhergestellte Sozialgefüger vorüberkam, und so stolz auf dessen Besuch war, dass es mit erheblichen Mühen den Besuch vermerkte, um auch etwas Glanz zu erhalten:



Man muss sich mit der Geschichte der Vorgängermonarchie des Schurkenstaates Österreich schon ziemlich gut auskennen, um auch nur einen Teil der hier erwähnten Personen einordnen zu können; so ein Erzherzog ist nicht halb so bedeutsam, wie er imposant klingt, weiter drunten in Innsbruck hat man in der Jesuitenkirche einen ganzen Gruftkeller voll mit diesen Leuten, die auch nichts am Niedergang des Systems ändern konnten. Die Liste ist lang, aber nach 1918 wäre noch einiges an Platz - allerdings, bekannte Österreicher wie Schuschnigg, Hitler oder Dollfuss kamen hier wohl nicht vorbei, und spätere Gäste waren das, was man so demokratisch nennt, und damit nicht mehr Gegenstand einer Einmeisselung. Was in den Stein durfte, hatte einen längeren Anspruch an die Welt, als eine Wahlperiode. Anders, schlechter legitimiert zumal, und nur ein paar Millionen Tote später wurde das auch ordentlich kritisch hinterfragt, bis allgemein nur noch ein müdes Lächeln angesichts der alten Ehrerbietung bleibt. Und keiner käme heute auf die Idee, Barschels letzte Unterkunft in Genf oder Friedmans Räume der Lustbarkeiten in Berlin zu kennzeichnen. Wo sind wir denn.

Nun. In einer Welt, in der der Anspruch auf Ewigkeit weg von den Politikern hin zur Wirtschaft gegangen ist. Die Fürsten förderten ein System, das zeitweilig mit dem Produkt Proletarier ihre eigene Herrschaft beendete und mit der Folge des Kapitals de facto ihre Nachfolge antrat. Nicht mehr in Stein gemeisselt. Aber man nimmt für sich in Anspruch, an jedem Punkt des öffentlichen Raumes auf sich hinzuweisen. Man findet neue Deppen, Kriecher und Cretins, die solche Namen in reale und digitale Wände kratzen, mit Logo statt Krone und Premium statt erlaucht, und es kommt uns noch nicht mal seltsam vor, es wird einfach so hingenommen. Wie man sich vom Kaiser eine weise Politik und Hilfe in allen Belangen erwartete, erhofft man sich jetzt die milden Gaben der Industrie, man verkauft Arenen und Blogeinträge, man macht wieder den Polante und meint, das müsse so sein.

Und ist dann kurz darauf überrascht, wenn diese Konstrukte soziale Scheren aufgehen lassen, Ministerien beeinflussen und sich auch sonst auffähren, als seien sie die Herren des Landes, qua Geburtsrecht und ohne zeitliche Begrenzung, sie da oben, der begriffsstutzige Plebs da unten, dem man sagen muss, was gut für ihn ist.



Die Idioten, die Bild und Krone lesen, um sich am Herabziehen der weniger Glücklichen des Starbetriebs zu erfreuen, die sie auch im Porno-, Drogen und Darmkrebssumpf sehen wollen, kaufen sich die Illusion einer Gleichheit, die nicht von ihren Möglichkeiten, sondern vom Fall der anderen berichtet. Es nährt ihren Glauben, dass sie alle da unten in Gleichheit sind, und es lenkt sie davon ab, was wirklich über ihnen an Strukturen einzementiert wird. Es gibt keinen Klassenkampf mehr, sondern das Gegeifer der Dummen gegen das Offensichtliche & Andere, Silberkannen, Bildung, Bücher, Tischsitten, langfristiges Denken und Bewahren, Zusammenhänge jenseits simpler Logik und Nachhaltigkeit, gar lange Sätze, da findet sich einiges, was unten verabscheut und oben mit einem Billig! Praktisch! Kauf! Du Arsch! Claim weggebrüllt wird, von den Leichtmachern und Einfachermöglichern, den Toröffnern zu den Müllparadiesen und Sinnstiftern der Boulevardmagazine, und wenn die Oben die Gewerkschaften von denen da unten erfinden, ist es kein Verbrechen oder ein Anschlag auf die Gesellschaft, sondern nur die konsequente Fortführung eines Systems, das sich seinem, an allzu alten Vorbildern nachempfundenen Anspruch gemäss verhält.

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Empfehlung heute - Das Schöne an Verbohrten

ist ja, dass man auch kluge Ratschläge geben kann, im Wissen, dass sie dieselben nicht annehmen, wegen der Hwerkunft und der Problematik, ihr altes Tun in Frage zu stellen. "Fuck you" jedenfalls ist kein allzu kluger Ratschlag; das, was an dieser Stelle Dr. Dean analysiert, dagegen schon. Würde ich mal meinen.

aber wer bin ich schon.

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Freitag, 4. April 2008

Systemkampf

ich weiss ja nicht, wie die durchschnittliche Verpflegung bei den Werbetotalitaristen und sonstigen Aufmarschierern in der Reichshauptstadt so ist - mässig, wage ich hier zu vermuten -



aber das hier bekommt man beim werbefeindlichen Praktikum bei der nordkoreanischen Staatszeitung.

Ich durfte heute etwas Hübsches über andere hören, die Blogsoftware nutzen, und in Berlin sind: "Letztes Jahr dachte ich, es wäre sowas wie ein Klassentreffen, das ich verpasse, dieses Jahr ist es nicht mal mehr meine Schule." Das trifft es für mich ziemlich gut. Man muss sich damit beschäftigen, weil zwischen den Berliner Bonkern und den Teehäusern in Pjönjang noch sehr viel anderes gibt, das man denen nicht einfach so überlassen kann und soll. Das ist nicht repräsentativ oder durchschnittlich, das sind keine Klassensprecher und auch keine Pioniere, das ist eine Clique mit Ansprüchen und fataler Umsetzungsschwäche, die ihre beste Zeit erkennbar hinter sich hat.

Da ist es gar nicht mehr so leicht, von der Subkultur zu schwafeln, die sich auf dem Weg zur Kultur aufbäumt. Und wenn Werbeflaute herrscht, sind Banner und PR auch keine Kultur, die eine andere Kultur ermöglichen. Wäre man vor einem Jahr in Berlin schlau gewesen, hätte man einfach gemacht und ansonsten alle lauten Töne vermieden. Wenn ein Dienstleister der Blogs ineffektiv ist, kann man es auf die Umstände schieben. Wenn eine gross verkündete Kulturrevolution beim Weg zu den Fleischtöpfen der Wirtschaft verhungert, liegt es am Weg, der Idee und besonders denen, die meinten, sie müssten das jetzt auf teufel komm raus machen.

Haben sie auch. Es war ihnen scheissegal, was sie in der Blogosphäre angerichtet haben, es hat sogar in ihr Konzept gepasst, um sowas wie eine Hegemonie zu erreichen und die anderen als wenige Plärrer ausgrenzen zu können. Hat nicht geklappt, der Widerstand war besser, zäher und intelligenter, als sie dachten.

Und deshalb möchte ich mich hier - bei Adical bedanken. Danke, dass ausgerechnet Ihr es gemacht habt. Danke für die Fehler, das Hintenrum, das Gemauschel und die Angeberei, für die Fehler und die Inkompetenz. Wie der Autor von Massenpublikum gesagt hat: Ihr habt es geschafft, den Markt kaputt zu machen. Dazu gehören natürlich immer zwei, geholfen haben dabei auch die von der anderen Seite, aber der Unterschied zwischen Pjönjang und Berlin ist: Ich finde das super.

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Angenehme Zeiten,

das umschreibt wohl am besten, wenn man auf der See:Publica ist, und zuschaut, wie im fernen Berlin traurige Zahlen trauriger Blogunternehmer präsentiert werden. Aber ich bin ja nicht so und habe gute Ratschläge, was man besser machen könnte.

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Einblicke in das Profibloggen

die man sonst nur hintenrum zugetuschelt bekommt, weil das gewissen Berliner Kreisen gar nicht gefällt, wenn es plötzlich gar nicht mehr so erfolgreich rüberkommt, erhält man an der Blogbar.

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