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Sonntag, 1. Juni 2008
Gestörte Lesezeit
Etwas spät, aber das bin ich bei englischen Sendungen ja gewöhnt, ist doch noch die neue World of Interiors in meinem Briefkasten. Wäre da nicht noch etwas Arbeit und die letzten 100 Seiten eines Romns, der nicht brilliant, aber eben auch nicht langweilig genug zum weglegen wäre, würde ich sie sofort lesen. Dann aber ist es Abend, ich gehe hoch auf die Dachterasse, und finde dort einen Ausblick, der mich die Zeitschrift weglegen lässt

Oh, sie ist wirklich nicht schlecht. Im Gegenteil, es ist eine wunderbare Ausgabe. Die haben Ideen, die AD und Home & Garden nie haben würden. Da ist etwa der Beitrag über ein nordafrikanisches Mausoleum, seine Einrichtung und seine langzeitbewohner. Das machen all die seichten Kopien nicht, die beschäftigen sich lieber mit lebendiger Prominenz, die auch in einem ewigen, oder zumindest ewig gelifteten Leben nie so viel Stil wie die Toten haben werden.

Ein wunderbares Haus in Istanbul, die Rettung einer alten, britischen Töpferei, die Werbung einer Hotelkette, die München anbietet, Berlin ignoriert und ein atemberaubendes Bild einer sonst von mir nicht sonderlich geschätzten Violinistin offeriert - das alles ist wundervoll und manchmal rührend, aber wirklich grossartig ist allein das Schauspiel des Himmels in diese halben Stunde zwischen Tag und einbrechender Finsternis, konterkariert von der Auflösung der dunklen Wolken im Westen.

Vielleicht finden es manche komisch, wenn ich dann um neun Uhr, wenn die Glocken erklingen und die Sonne ganz verschwunden bin, auf meiner Dachterasse klatsche - aber Menschen klatschen bekanntlich zu unwürdigeren Anlässen: Sportveranstaltungen, Politikerreden, Powerpointpräsentationen und Debatten abgefuckter Pleitiers in Berlin Mitte. Es ist legitim, hier oben zu klatschen, denn es war grandios. Und die Zeitschrift liest sich ohnehin am besten im auch von anderen geschätzten Kerzenlicht.

Oh, sie ist wirklich nicht schlecht. Im Gegenteil, es ist eine wunderbare Ausgabe. Die haben Ideen, die AD und Home & Garden nie haben würden. Da ist etwa der Beitrag über ein nordafrikanisches Mausoleum, seine Einrichtung und seine langzeitbewohner. Das machen all die seichten Kopien nicht, die beschäftigen sich lieber mit lebendiger Prominenz, die auch in einem ewigen, oder zumindest ewig gelifteten Leben nie so viel Stil wie die Toten haben werden.

Ein wunderbares Haus in Istanbul, die Rettung einer alten, britischen Töpferei, die Werbung einer Hotelkette, die München anbietet, Berlin ignoriert und ein atemberaubendes Bild einer sonst von mir nicht sonderlich geschätzten Violinistin offeriert - das alles ist wundervoll und manchmal rührend, aber wirklich grossartig ist allein das Schauspiel des Himmels in diese halben Stunde zwischen Tag und einbrechender Finsternis, konterkariert von der Auflösung der dunklen Wolken im Westen.

Vielleicht finden es manche komisch, wenn ich dann um neun Uhr, wenn die Glocken erklingen und die Sonne ganz verschwunden bin, auf meiner Dachterasse klatsche - aber Menschen klatschen bekanntlich zu unwürdigeren Anlässen: Sportveranstaltungen, Politikerreden, Powerpointpräsentationen und Debatten abgefuckter Pleitiers in Berlin Mitte. Es ist legitim, hier oben zu klatschen, denn es war grandios. Und die Zeitschrift liest sich ohnehin am besten im auch von anderen geschätzten Kerzenlicht.
donalphons, 01:33h
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Empfehlung heute - Et in Arcadia Thomas
Thomas Knüwer war in Siena, wo es natürlich auch vernünftige Feinkostgeschäfte gibt. Und hat die Sünde begangen, in Florenz nicht in Fiesole zu wohnen. Florenz ist die schönste Stadt der Welt, von Fiesole aus betrachtet.
donalphons, 01:09h
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Koinzidenz
Ich gehörte noch nie zu denen, die Geburtstage gern feierten, schon gar nicht den eigenen, der immer zu früh und zu schnell kommt, bis er eines, hoffentlich sehr fernen Tages im netterweise übernächsten Jahrhundert aus Gründen des immer zu vorzeitigen Ablebens gar nicht mehr kommt. Aber der 31. Mai ist inzwischen so etwas wie ein Festtag. Denn am 31. Mai vor drei Jahren, A.I.D. MMV, kehrte ich so in etwa um diese Uhrzeit zurück auf den Stuhl, auf dem ich gerade sitze, und trank den ersten Tee nach dem Ende der anderthalb Jahre in Berlin. Viel ist seitdem geschehen, aber der 31. markierte eine entscheidende Zäsur in meinem Leben, den Tag, an dem ich erkannte, was ich bin und wo ich hingehöre. Ganz sicher nicht nach Berlin.
Diesen heutigen Feierlichkeiten ging diese Woche der Besuch des Mannes voraus, der mich im Winter 2003 beauftragte, in Berlin das Büro des Aufbau zu übernehmen. Wie allgemein bekannt sein dürfte, bin ich der Zeitung als langjähriger Autor sehr verbunden; dort erschienen meine ersten Printartikel, zufälligerweise übrigens auch im Mai 1998. Dass ich den Job annahm, war ebenso selbstverständlich wie das Angebot: Ich hatte nach "Liquide" und dem Ende meiner Beratertätigkeit etwas Zeit und auch ausreichend Geld, um dem chronisch klammen Blatt, bei dem man immer und manchmal nicht zu unrecht befürchten musste, dass der nächste Anruf das Ende verkünden würde, dort finanziell nicht zur Last zu fallen. Der Aufbau hatte sich unter einer unfähigen Leitung Anfang des Jahrtausends eine falsche Expansionsstrategie aufschwatzen lassen, zu der ich glücklicherweise nur meine Kritik und Ablehnung beitrug, was dann zu einer recht abrupten Streichung des Germany Correspondent aus dem Impressum führte. Das war aber 2003 längst vorbei, die Herrschaften hatten nach Verpulverung von viel Geld den Platz geräumt, und dann wurde auch noch die Berliner Büroleiterin schwanger. Also ging ich, ohne zu ahnen, was mich erwartete.

Zum Beispiel ein ziemlich aufgeregter Wichtigtuer, der behauptete, für uns auf dem deutschen Markt als Eintreiber von Fördergeldern und Werbung zu agieren. Der Herr war mitsamt einem sittenwidrigen Vertrag noch ein Restmüll der versagenden Mannschaft in New York, und erwartete, dass er erst mal ordentlich bezahlt würde, bevor er in eine Aktion trat, in die zu treten er aber schon seit längerem versäumt hatte. Ich kam frisch aus dem innersten Höllenkreis der New Economy und darf behaupten, dass das Problem schneller einer Lösung zugeführt wurde, als er sich einen Überblick über die zu tätigenden Rückzahlungen verschaffen konnte. Dann gab es noch Leute, die sich als freie Autoren ausgaben und behaupteten, man hätte ihre weinerlichen Traktate angefordert, einen zum Rechtsextremismus abgerutschten Stammenbruder, der lernen musste, dass man seinen islamophoben Dreck nicht mehr wollte, und zu allem Überfluss dann noch aus New York die Entscheidung, dass man lieber jetzt die Zeitung einstellte und nach Investoren suchte, als sich gänzlich zu ruinieren.
Das war alles andere als lustig. Der Aufbau hatte sich ziemlich gross ein paar Jahre davor in Berlin als Hauptstadtmedium angekündigt, ohne auch nur ansatzweise den Ansprüchen gerecht zu werden, und jetzt schien die Operation am Ende zu sein, mit einem, der sie aubaden musste, ohne etwas zum Niedergang beigetragen zu haben. Aber wie schon gesagt: Ich kam aus dem innersten Kreis der Hölle und musste nur zweimal wegen falscher Darstellungen der inkompetenten, koksnasigen Hauptstadtjournaille mit Abmahnungen drohen, liess ein paar ordentliche Pressebilder machen und begab mich in den Interviewmarathon. Am schlimmsten Tag gab ich 24 davon. Als ich zugesagt hatte, wusste ich, dass es würde passieren können, dafür war ich da, also tat ich es auch.

Dann waren die Medien weg und der Aufbau tot. Meinten sie zumindest, und wir hatten Zeit, einen Investor zu suchen und sehr, sehr oft nicht zu finden. Dafür lernte ich ein paar hochspannende Leute kennen, von denen man nie wirklich wusste, ob sie jetzt nur gestört, schon etwas Borderline, richtig verrückt oder gar die echte russische Mafia waren. Ab und zu gab es auch aufmunternde Anrufe und Leute, die wirklich Hilfe und Kontakte anboten. Zu denen gehörte an erster Stelle der Aufbau-Verlag, der in dieen Zeiten desöfteren klarstellen musste, dass er weder pleite noch das Berliner Büro des Aufbau, N.Y. ist. Die Leute, mit denen wir als Journalisten oft zu tun hatten, waren absolut reizend, nett und hilfsbereit. Da war wirklich noch sowas wie die alte Emigrantensolidarität spürbar, die sich auf die Vertreter der 3. Generetion, egal welcher Herkunft sie waren, übertragen hat.
Ich hasse Berlin, und ich war glücklich, als der Investor endlich gefunden wurde, den Aufbau unter seine Fittiche nahm und ich den zur Vortäuschung einer weiteren Tätigkeit aufrecht erhaltenen Berliner Betrieb einstellen konnte. Das Büro war schön, Berlin war hässlich wie die Seele eines Berliner Kaufbloggers, ich konnte packen und gehen. Es gibt nicht viele Leute, denen ich dort etwas zu verdanken habe; diejenigen, die anders sind, wissen das sehr genau, und sollte der Aufbau-Verlag das nicht wissen: Es ist deine der ganz wenigen Firmen der letzten 10 Jahre, bei denen mir der Insolvenzantrag wirklich weh tut, angefangen bei den dünnen Brechtbänden, die ich in den 8oern im Brechthaus kaufte, bis zu Hic&Hec von Mirabeau, das zu veröffentlichen dem Verlag nicht hoch genug angerechnet werden kann. Es gibt so vieles, was gerne auf den Ramsch kann, aber der Aufbau-Verlag soll leben. Wenn wir das damals gepackt haben, weden sie es auch schaffen. Das wünsche ich mir, zum dreijährigen, durch die Insolvenz vergällten Jubiläum jenseits von Berlin.
Diesen heutigen Feierlichkeiten ging diese Woche der Besuch des Mannes voraus, der mich im Winter 2003 beauftragte, in Berlin das Büro des Aufbau zu übernehmen. Wie allgemein bekannt sein dürfte, bin ich der Zeitung als langjähriger Autor sehr verbunden; dort erschienen meine ersten Printartikel, zufälligerweise übrigens auch im Mai 1998. Dass ich den Job annahm, war ebenso selbstverständlich wie das Angebot: Ich hatte nach "Liquide" und dem Ende meiner Beratertätigkeit etwas Zeit und auch ausreichend Geld, um dem chronisch klammen Blatt, bei dem man immer und manchmal nicht zu unrecht befürchten musste, dass der nächste Anruf das Ende verkünden würde, dort finanziell nicht zur Last zu fallen. Der Aufbau hatte sich unter einer unfähigen Leitung Anfang des Jahrtausends eine falsche Expansionsstrategie aufschwatzen lassen, zu der ich glücklicherweise nur meine Kritik und Ablehnung beitrug, was dann zu einer recht abrupten Streichung des Germany Correspondent aus dem Impressum führte. Das war aber 2003 längst vorbei, die Herrschaften hatten nach Verpulverung von viel Geld den Platz geräumt, und dann wurde auch noch die Berliner Büroleiterin schwanger. Also ging ich, ohne zu ahnen, was mich erwartete.

Zum Beispiel ein ziemlich aufgeregter Wichtigtuer, der behauptete, für uns auf dem deutschen Markt als Eintreiber von Fördergeldern und Werbung zu agieren. Der Herr war mitsamt einem sittenwidrigen Vertrag noch ein Restmüll der versagenden Mannschaft in New York, und erwartete, dass er erst mal ordentlich bezahlt würde, bevor er in eine Aktion trat, in die zu treten er aber schon seit längerem versäumt hatte. Ich kam frisch aus dem innersten Höllenkreis der New Economy und darf behaupten, dass das Problem schneller einer Lösung zugeführt wurde, als er sich einen Überblick über die zu tätigenden Rückzahlungen verschaffen konnte. Dann gab es noch Leute, die sich als freie Autoren ausgaben und behaupteten, man hätte ihre weinerlichen Traktate angefordert, einen zum Rechtsextremismus abgerutschten Stammenbruder, der lernen musste, dass man seinen islamophoben Dreck nicht mehr wollte, und zu allem Überfluss dann noch aus New York die Entscheidung, dass man lieber jetzt die Zeitung einstellte und nach Investoren suchte, als sich gänzlich zu ruinieren.
Das war alles andere als lustig. Der Aufbau hatte sich ziemlich gross ein paar Jahre davor in Berlin als Hauptstadtmedium angekündigt, ohne auch nur ansatzweise den Ansprüchen gerecht zu werden, und jetzt schien die Operation am Ende zu sein, mit einem, der sie aubaden musste, ohne etwas zum Niedergang beigetragen zu haben. Aber wie schon gesagt: Ich kam aus dem innersten Kreis der Hölle und musste nur zweimal wegen falscher Darstellungen der inkompetenten, koksnasigen Hauptstadtjournaille mit Abmahnungen drohen, liess ein paar ordentliche Pressebilder machen und begab mich in den Interviewmarathon. Am schlimmsten Tag gab ich 24 davon. Als ich zugesagt hatte, wusste ich, dass es würde passieren können, dafür war ich da, also tat ich es auch.

Dann waren die Medien weg und der Aufbau tot. Meinten sie zumindest, und wir hatten Zeit, einen Investor zu suchen und sehr, sehr oft nicht zu finden. Dafür lernte ich ein paar hochspannende Leute kennen, von denen man nie wirklich wusste, ob sie jetzt nur gestört, schon etwas Borderline, richtig verrückt oder gar die echte russische Mafia waren. Ab und zu gab es auch aufmunternde Anrufe und Leute, die wirklich Hilfe und Kontakte anboten. Zu denen gehörte an erster Stelle der Aufbau-Verlag, der in dieen Zeiten desöfteren klarstellen musste, dass er weder pleite noch das Berliner Büro des Aufbau, N.Y. ist. Die Leute, mit denen wir als Journalisten oft zu tun hatten, waren absolut reizend, nett und hilfsbereit. Da war wirklich noch sowas wie die alte Emigrantensolidarität spürbar, die sich auf die Vertreter der 3. Generetion, egal welcher Herkunft sie waren, übertragen hat.
Ich hasse Berlin, und ich war glücklich, als der Investor endlich gefunden wurde, den Aufbau unter seine Fittiche nahm und ich den zur Vortäuschung einer weiteren Tätigkeit aufrecht erhaltenen Berliner Betrieb einstellen konnte. Das Büro war schön, Berlin war hässlich wie die Seele eines Berliner Kaufbloggers, ich konnte packen und gehen. Es gibt nicht viele Leute, denen ich dort etwas zu verdanken habe; diejenigen, die anders sind, wissen das sehr genau, und sollte der Aufbau-Verlag das nicht wissen: Es ist deine der ganz wenigen Firmen der letzten 10 Jahre, bei denen mir der Insolvenzantrag wirklich weh tut, angefangen bei den dünnen Brechtbänden, die ich in den 8oern im Brechthaus kaufte, bis zu Hic&Hec von Mirabeau, das zu veröffentlichen dem Verlag nicht hoch genug angerechnet werden kann. Es gibt so vieles, was gerne auf den Ramsch kann, aber der Aufbau-Verlag soll leben. Wenn wir das damals gepackt haben, weden sie es auch schaffen. Das wünsche ich mir, zum dreijährigen, durch die Insolvenz vergällten Jubiläum jenseits von Berlin.
donalphons, 23:47h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Freitag, 30. Mai 2008
Nach längerem Nachdenken
bin ich zur Auffassung gelangt, dass manche Kaufjournaille - wir erinnern und Telekom-Börsengang - nach der Bespitzelung nur sauer ist, weil beim Bespitzeln nicht der eigene Berufsstand begünstigt wird, und obendrein die Telekom eine Aufklärungsarbeit geleistet hat, die sog. recherchierende Journalisten schon lange nicht mehr zustande bringen. Ich fühle mich eher als Zeuge eines pfründebasierten Verteilungskampfes, denn eines echten Skandals. Und ich finde, man sollte die Verantwortlichen nicht bestrafen, sondern eingedenk anderer, auch nicht gerade sauber arbeitender Kollegen zu "Journalisten des Jahres" machen.
donalphons, 21:33h
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Empfehlung heute - Memo an mich.
Bei Behringer kommenden Monat doch die beiden alten, rostigen Säbel aus dem XVIII. Jahrhundert ersteigern (Konvolut). Das französische Exemplar behalten, aber den italienischen Säbel ungeputzt und verunreinigt Kitty Koma schenken. Die hat dafür sicher Verwendung. Forensiker lieben es doch, wenn sie mal etwas Abwechslung im tristen Küchenmesseralltag haben.
donalphons, 20:47h
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Der grüne Bus
Im Westviertel, das eigentlich zwei Viertel ist, das zwischen Altstadt und Donau liegende Tennisviertel mit seinen ausladenden Sandplätzen, und das hinter einem kleinen Landschaftsschutzgebiet liegende Seeviertel, von dem man aus den einzig nennenswerten See der Provinzstadt in fünf Minuten erreicht, gibt es als auch menschlich trennendes Element den Glascontainer. Dass es nicht zum Besten steht, zwischen den beiden Vierteln, erkennt man bei den in letzter Zeit gar nicht so seltenen Beerdigungen. Während die jeweiligen Teilviertel geschlossen kommen, verirren sich von den anderen Seiten nur vereinzelte Bekannte zu diesen Anlässen, die der Wirtschaftswundergeneration indezent und nachhaltig das Thema "Endlichkeit" nahebringen.
Verbindend sind wie eh und je die Kinder, die vom Seeviertel mit ihren Fahrrädern Richtung der Gymnasien ausschwäremn, niemals jedoch Realschulen, wer das nötig hätte, wäre sehr schnell nach alter Sitte in der Schweiz oder am Bodensse, und diese Kinder treffen nach dem Grün der Felder un Sumpfwiesen auf Altergenossen aus dem Tennisviertel, verlieben sich, gehen miteinander ins Bett, manchmal heiraten sie und mitunter werfen sie sich in Winternächten nach Gelagen aus dem Auto, wo die anderen dann vor dem Tor zu gepflegten Gärten, vom Drittwagen auf der Strasse vor den Blicken der Passanten verborgen, erfrieren. Aber jetzt ist Sommer, Mai, es ist heiss, da sind solche Gedanken fern, und aus den Gärten erklappern die grossen Tische, an denen fürsorgliche Mütter Eistee, Bionade und Muffins bereithalten, in der Hoffnung, dass der Nachwuchs dadurch das Gastgeben auch ohne Benimmschule lernt.

Und noch etwas bringt zusammen. Zwischen den beiden Vierteln liegt ein Feld, das im Sommer zu einer Erdbeerplantage verwandelt wird, und sich naturgemäss im gesamten Viertel grösster und ungeteilter Beliebtheit erfreut. Noch preschen S-Klasse und Boxter achtlos daran vorbei, nur weisse Blüten verraten die kommenden Genüsse, und ein alter Schulbus, an dessen vorderer Tür der Fahrer sitzt, im Schatten, denn es ist heiss. Da sitzt er den ganzen Tag und trinkt. Und schaut hinaus auf das Erdbeerfeld, wo wachstumsförderndes Stroh aufgetragen wird. Dem Kennzeichen zufolge kommt der Bus aus einem ostlichen bayerischen Landkreis, und wenn der Abend hereinbricht, wird er seine Fracht wieder aufnehmen, und nach Osten bringen. Vielleicht nach Tschechien oder Ungarn, vielleicht auch nur bis zu einer billigen Unterkunft, weil morgen der nächste Arbeitstag ansteht und die Gefahrenen nicht mal eben auf einen Abend nach Hause können, Weissrussland, Rumänien, Polen, wer kann das schon sagen. Es sind vor allem Frauen, die hier die Erdbeeren der besseren Leute pflegen, vielleicht sind die Männer irgendwo auf dem Bau der Boomregion, niemand fragt, sie sind einfach da mit dem grünen Bus und dem gelangweilten Busfahrer. Bald werden sie verschwunden sein, und nichts erinnert an ihre rote, von der Sonne aufgeheizte Haut. Aber noch gehen sie durch die Reihen, mitunter schwatzend, der Wind trägt ein paar fremde Wortfetzen herüber, und bereiten das Feld.

Wenn sie weg sind, stellt der Bauer einen hohen Zaun auf, ein Toilettenhäuschen für die, die nicht das Glück haben, im richtigen Viertel zu wohnen, und eine Waage. Dann werden die Kinder nach der Schule kommen und eimerweise Erdbeeren pflücken; sie haben freundlicherweise Zeit, denn die drückende Hitze schneidet die vielen Nachmittagsstunden des achtstufigen Gymnasiums ab, wegen dem auch in den besseren Vierteln die CSU diesmal eine Klatsche bekommen wird. Sie werden Erdbeeren essen, zum schwimmen über Wiesen fahren, auf denen aufgeschreckt Rebhuhn und Fasan ihre Wege überflattern, und denken, dass das Leben so ist, denn sie kennen niemand, der in Blocks wohnt, das gibt es hier nicht. All ihre dummen, lebensunerfahrenen Sprüche über geordnete Verhältnisse werden rein und unschuldig sein, man kann hier gar nicht anders, weil man es nicht anders kennt, und der grüne Bus ist dann sicher schon woanders, seine Fracht pflückt dann Himbeeren, sortiert Kartoffeln oder dreht im Akkord Gänsen den Hals um, die in unseren Retrozeiten längst wieder ein Stück Kulturgut der Ernährung besserer Familien sind, wenn sich das Jahr dem Ende entgegen neigt, die teuren Fahrräder im Keller verschwinden und Mama Wert darauf legt, die Kinder mit dem Auto zur Schule zu bringen, damit nichts passiert.
Den passenden Komplementärtext zum Thema Übersehen liefert Matt Wagner.
Verbindend sind wie eh und je die Kinder, die vom Seeviertel mit ihren Fahrrädern Richtung der Gymnasien ausschwäremn, niemals jedoch Realschulen, wer das nötig hätte, wäre sehr schnell nach alter Sitte in der Schweiz oder am Bodensse, und diese Kinder treffen nach dem Grün der Felder un Sumpfwiesen auf Altergenossen aus dem Tennisviertel, verlieben sich, gehen miteinander ins Bett, manchmal heiraten sie und mitunter werfen sie sich in Winternächten nach Gelagen aus dem Auto, wo die anderen dann vor dem Tor zu gepflegten Gärten, vom Drittwagen auf der Strasse vor den Blicken der Passanten verborgen, erfrieren. Aber jetzt ist Sommer, Mai, es ist heiss, da sind solche Gedanken fern, und aus den Gärten erklappern die grossen Tische, an denen fürsorgliche Mütter Eistee, Bionade und Muffins bereithalten, in der Hoffnung, dass der Nachwuchs dadurch das Gastgeben auch ohne Benimmschule lernt.

Und noch etwas bringt zusammen. Zwischen den beiden Vierteln liegt ein Feld, das im Sommer zu einer Erdbeerplantage verwandelt wird, und sich naturgemäss im gesamten Viertel grösster und ungeteilter Beliebtheit erfreut. Noch preschen S-Klasse und Boxter achtlos daran vorbei, nur weisse Blüten verraten die kommenden Genüsse, und ein alter Schulbus, an dessen vorderer Tür der Fahrer sitzt, im Schatten, denn es ist heiss. Da sitzt er den ganzen Tag und trinkt. Und schaut hinaus auf das Erdbeerfeld, wo wachstumsförderndes Stroh aufgetragen wird. Dem Kennzeichen zufolge kommt der Bus aus einem ostlichen bayerischen Landkreis, und wenn der Abend hereinbricht, wird er seine Fracht wieder aufnehmen, und nach Osten bringen. Vielleicht nach Tschechien oder Ungarn, vielleicht auch nur bis zu einer billigen Unterkunft, weil morgen der nächste Arbeitstag ansteht und die Gefahrenen nicht mal eben auf einen Abend nach Hause können, Weissrussland, Rumänien, Polen, wer kann das schon sagen. Es sind vor allem Frauen, die hier die Erdbeeren der besseren Leute pflegen, vielleicht sind die Männer irgendwo auf dem Bau der Boomregion, niemand fragt, sie sind einfach da mit dem grünen Bus und dem gelangweilten Busfahrer. Bald werden sie verschwunden sein, und nichts erinnert an ihre rote, von der Sonne aufgeheizte Haut. Aber noch gehen sie durch die Reihen, mitunter schwatzend, der Wind trägt ein paar fremde Wortfetzen herüber, und bereiten das Feld.

Wenn sie weg sind, stellt der Bauer einen hohen Zaun auf, ein Toilettenhäuschen für die, die nicht das Glück haben, im richtigen Viertel zu wohnen, und eine Waage. Dann werden die Kinder nach der Schule kommen und eimerweise Erdbeeren pflücken; sie haben freundlicherweise Zeit, denn die drückende Hitze schneidet die vielen Nachmittagsstunden des achtstufigen Gymnasiums ab, wegen dem auch in den besseren Vierteln die CSU diesmal eine Klatsche bekommen wird. Sie werden Erdbeeren essen, zum schwimmen über Wiesen fahren, auf denen aufgeschreckt Rebhuhn und Fasan ihre Wege überflattern, und denken, dass das Leben so ist, denn sie kennen niemand, der in Blocks wohnt, das gibt es hier nicht. All ihre dummen, lebensunerfahrenen Sprüche über geordnete Verhältnisse werden rein und unschuldig sein, man kann hier gar nicht anders, weil man es nicht anders kennt, und der grüne Bus ist dann sicher schon woanders, seine Fracht pflückt dann Himbeeren, sortiert Kartoffeln oder dreht im Akkord Gänsen den Hals um, die in unseren Retrozeiten längst wieder ein Stück Kulturgut der Ernährung besserer Familien sind, wenn sich das Jahr dem Ende entgegen neigt, die teuren Fahrräder im Keller verschwinden und Mama Wert darauf legt, die Kinder mit dem Auto zur Schule zu bringen, damit nichts passiert.
Den passenden Komplementärtext zum Thema Übersehen liefert Matt Wagner.
donalphons, 12:26h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Donnerstag, 29. Mai 2008
Heiss in der Stadt
Es gibt Tage, da macht mir diese absurde Realität da draussen Sorgen. Dann frage ich mich, ob sie mir mit ihrer Skurilität nicht doch etwas schadet. Ich denke, ich habe irgendwo ein Recht, auf offentlichen Strassen zu fahren, ohne mich über leicht bekleidete Frauen am Strassenrand und ihre fette Radarkanone wundern zu müssen. Mit Campingstühlen, rotkarierten Schuhen und Keksen. Sollte das die neue bayerische Zivilpolizei sein, wähle ich das nächste Mal Bayernpartei und kaufe mir eine Lederhose. Ich bin der festen Überzeugung, dass mein Leben anders aussehen sollte als ein schlechter Nerdcore-Beitrag.

Was immer es auch bedeuten mag, jedenfalls: Heute war so ein Tag.

Was immer es auch bedeuten mag, jedenfalls: Heute war so ein Tag.
donalphons, 21:41h
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Die Quelle der deutschen Abschreiber
Wer schon vorher lesen will, was deutsche Medien - vor allem diejenigen mit Amerikakorrespondenten, die die Anwesenheit im Wahlkampf mit fingierten Ortsangaben vortäuschen oder sich die Auftritte per Youtube reinziehen, gell, S***** Online? - morgen oder übermorgen zum amerikanischen Wahlkampf schreiben, oder erst nach Wochen, wenn das Material anzubringen ist, sollte vielleicht mal einen Blick auf eine ganz besondere Seite werfen. Nein, nicht Huffington Post. Sondern auf Real Clear Politics. Das Portal liefert die Grundbausteine dessen, woraus deutsche Reporterträume sind: Frei Haus, klug zusammengestellt, ideal für Hintergrundrecherche, ein toller Überblick, den in den USA alle lesen.
Nur nicht so faul und widerlich zusammenschmieren, mit einem Stück eingbackener Neoconspucke, wie es dann von gewissen deutschen Kollegen in deutschen Medien wieder auftaucht.
Nur nicht so faul und widerlich zusammenschmieren, mit einem Stück eingbackener Neoconspucke, wie es dann von gewissen deutschen Kollegen in deutschen Medien wieder auftaucht.
donalphons, 20:27h
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Empfehlung heute - Wunderbar surrealistisch
ist das Blog des Taubenvergrämers, als Einstimmung vielleicht diesen feinen Text hier lesen.
donalphons, 14:17h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Donnerstag, 29. Mai 2008
Bayern wie man es hier kaum kennt
Ich kann es ja verstehen, dieses Gefühl, das Landestypische zu wollen, wenn man schon nach vielen Jahren mal wieder in Bayern ist, das Verlangen nach dem, für das dieses Land berühmt ist, und sich tatsächlich klischeehaft aus Dingen zusammensetzt, die es hier sonst auf diesem kleinen, im Internet geführten Exarchat nie gibt: Die üppigen, heuschnupfenfördernden Kastanien eines ganz bestimmten Gartens, den man aber nicht zum Blumenhegen betritt.

Ein Garten, in dem von mir verachteter Alkohol in Form von Bier ausgeschenkt wird, dessen Glas man nur kurz hebt, um den Bedarf an Nachschub und den weiterhin akuten "Brand", so nennt man das hier, zu signalisieren, und dann noch etwas, das hier aus besten vegetarischen Gründen und der eigenen kompletten Unbegreiflichkeit, schon vor den Zeiten des Verzichts auf Fleisch, nie auftaucht, aber dank der bewundernswerten Modeste über einen berliner Umweg Eingang in die Blogosphäre gefunden hat, und dann auf Wunsch des Gastes auch auf dem masiven Fichtentisch in Kipfenberg Einzug hielt.

Man kann das umgebende Land, auf sich allein gestellt, ignorieren und meiden, man muss nicht auf groben Bänken das schnelle Verschwägern mit denen erdulden, die das gnadenlose Schicksal neben einen spült, vom Radler bis zum Notar, das Land ist gross und besitzt auch eine zeitgemässe Gastronomie, aber wie schon erwähnt: Würde ich nur einen Tag in Bayern haben und obendrein empfänglich sein für das, was historisch als Inbegriff der Landesküche steht, würde ich vielleicht auch so etwas wollen. Und über das triefende Fett fragen, wie dem anderen die Kässpatzn schmecken. Und der Tee. Prost.

Ein Garten, in dem von mir verachteter Alkohol in Form von Bier ausgeschenkt wird, dessen Glas man nur kurz hebt, um den Bedarf an Nachschub und den weiterhin akuten "Brand", so nennt man das hier, zu signalisieren, und dann noch etwas, das hier aus besten vegetarischen Gründen und der eigenen kompletten Unbegreiflichkeit, schon vor den Zeiten des Verzichts auf Fleisch, nie auftaucht, aber dank der bewundernswerten Modeste über einen berliner Umweg Eingang in die Blogosphäre gefunden hat, und dann auf Wunsch des Gastes auch auf dem masiven Fichtentisch in Kipfenberg Einzug hielt.

Man kann das umgebende Land, auf sich allein gestellt, ignorieren und meiden, man muss nicht auf groben Bänken das schnelle Verschwägern mit denen erdulden, die das gnadenlose Schicksal neben einen spült, vom Radler bis zum Notar, das Land ist gross und besitzt auch eine zeitgemässe Gastronomie, aber wie schon erwähnt: Würde ich nur einen Tag in Bayern haben und obendrein empfänglich sein für das, was historisch als Inbegriff der Landesküche steht, würde ich vielleicht auch so etwas wollen. Und über das triefende Fett fragen, wie dem anderen die Kässpatzn schmecken. Und der Tee. Prost.
donalphons, 01:57h
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Liebenswert, eigentlich.
Es gibt so Tage, da gewinnt auch so ein alter, frustrierter Clinton-Administrations-Amerikaner wie ich, der ich damals wirklich gern für New York und dieses Land und seine Leute gearbeitet habe, sowas wie ein Stück Zuversicht zurück. Nicht, dass sie die Probleme lösen, aber dass sie es zumindest unter Obama versuchen. Es wird nie wieder so wie vor der Jahrtausendwende, aber besser. Erfuhr ich über Weisswurt, Breze und Bier. Man gebe den Amerikanern, was der Amerikaner ist, mit solchen Nachrichten.
Und erzähle nichts über den Herstellungsprozess der weissen Schlachtabfallbehältnisse.
Und erzähle nichts über den Herstellungsprozess der weissen Schlachtabfallbehältnisse.
donalphons, 22:14h
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Empfehlung heute - An den Wannsee
hat es den Weltenweisen gezogen, wo ihn die Erinnerungen überfallen haben.
donalphons, 03:15h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Mittwoch, 28. Mai 2008
20.45 bis 21.00 Uhr
Wenn man den Hype-Niedergangs-Zyklus einmal mitgemacht hat, im Zentrum des Systems und ohne Schleudersitz, der einem auch nichts geholfen hätte, denn es gibt in so einem Inferno keine sicheren Landeplätze, wenn man also schon mal dabei war und bei der zweiten Runde nur sehr peripher tangiert ist, mit einer ordentlichen Sicherheitsglasplatte zwischen der eigenen Tätigkeit und dem Inferno, mit dem man da hantiert, wenn das einzige echte Problem die 300 Milliarden Deppengelder sind, die die amerikanische Adminsitration nochmal in die Kernschmelze reinschiebt, die danach indirekt für höhere Benzin- und Nahrungsmittelpreise sorgen, Hauptsache die kriminellen Dreckschweine der Wallstreet haben weiterhin was zum spielen, wenn trotzdem alle so tun, als wäre das Problem irgendwie vorbei und man könnte das alles ignorieren, wenn man nur noch mit Begriffen der klinischen Psychiatrie zur Beschreibung weiterkommt und deren Medikamente und Zwangsmassnahmen dringenst geboten wären, wenn das alles zusammenkommt - dann ist der Abendhimmel über der Provinzstadt auf seine Art immer noch spektakulär.



Noch so etwas, das einem keiner nehmen kann.
Ich will eigentlich kündigen, seitdem ich mit diesem Job angefangen habe. Ich habe mehrfach gekündigt, aber man hat es nicht zur Kenntnis genommen. Und während der Reise hat man beschlossen, meine ausbleibende Antwort als Zusage zu werten, es schon gestern getan und geschickt zu haben. Manchmal frage ich mich, was sie tun würden, wenn ich tatsächlich nichts mehr schicken würde. Einfach sitzen bleiben, den Sonnenuntergang anschauen und das zu antworten, was meine tiefe innere Überzeugung ist: Dass es zu spät ist, dass die Leute einfach realisieren sollen, was noch zu realisieren ist, und damit glücklich werden. Ich habe eine englische Annonce für einen TR2 in dunkelrot gesehen, 9000 Pfund Sterling, das ist nicht teuer und könnte viel Spass machen. Mehr jedenfalls, als morgen in eine klimatisierte Sitzung zu gehen und Geld hinterherzudrohen, das ohnehin weg ist. Aber die, die das tun könnten, tun es nicht, und die, die zu viele Schulden haben, als dass sie noch mit mehr als dem nackten Leben rauskämen, können nicht.
Oben am See wird gerade wieder gebaut. Eines der wenigen erlaubten Projekte. Ich habe sehr laut gelacht, als ich die Bautafel sah: BauXY heisst das Unternehmen. Als XYBau mit der gleichen Adresse ging es vor drei Jahren pleite, die Folgen in Form unvermietbarer Platte bei Dresden sowie beiseite geschafften Geldern beschäftigen heute noch Gerichte und Steuerfahnder, aber hier oben werden schon wieder putzige, pseudoalpine, Achtung, man merke sich das Wort - Chalets gebaut. Chalets sind die neuen Lofts. Die meisten sind laut Werbung schon verkauft. Chalets sind gross im kommen, weit weg von den Todeszonen des thermonuklearen Kapitalwinters, hier rollt der Bagger und die Abrissbirne im Osten ist weit, weit weg.
Um 21 Uhr setzt dann der Nachtwind ein und kühlt etwas die Dächer aus, auch die Gästewohnung hier oben, für den Gast, der morgen aus den USA hier ankommt. Eine Tarte habe ich derweilen gebacken und meinen Auftrag abgeschickt, es ist ein sehr ruhiges Leben hier oben, und der Hubschrauber im letzten Licht des Tages kommt auch nicht von der US-Regierung mit dem Auftrag, Geld über den Finanzzentren der Welt abzuwerfen.
Nochmals 300 Milliarden. Fucking Bastards.



Noch so etwas, das einem keiner nehmen kann.
Ich will eigentlich kündigen, seitdem ich mit diesem Job angefangen habe. Ich habe mehrfach gekündigt, aber man hat es nicht zur Kenntnis genommen. Und während der Reise hat man beschlossen, meine ausbleibende Antwort als Zusage zu werten, es schon gestern getan und geschickt zu haben. Manchmal frage ich mich, was sie tun würden, wenn ich tatsächlich nichts mehr schicken würde. Einfach sitzen bleiben, den Sonnenuntergang anschauen und das zu antworten, was meine tiefe innere Überzeugung ist: Dass es zu spät ist, dass die Leute einfach realisieren sollen, was noch zu realisieren ist, und damit glücklich werden. Ich habe eine englische Annonce für einen TR2 in dunkelrot gesehen, 9000 Pfund Sterling, das ist nicht teuer und könnte viel Spass machen. Mehr jedenfalls, als morgen in eine klimatisierte Sitzung zu gehen und Geld hinterherzudrohen, das ohnehin weg ist. Aber die, die das tun könnten, tun es nicht, und die, die zu viele Schulden haben, als dass sie noch mit mehr als dem nackten Leben rauskämen, können nicht.
Oben am See wird gerade wieder gebaut. Eines der wenigen erlaubten Projekte. Ich habe sehr laut gelacht, als ich die Bautafel sah: BauXY heisst das Unternehmen. Als XYBau mit der gleichen Adresse ging es vor drei Jahren pleite, die Folgen in Form unvermietbarer Platte bei Dresden sowie beiseite geschafften Geldern beschäftigen heute noch Gerichte und Steuerfahnder, aber hier oben werden schon wieder putzige, pseudoalpine, Achtung, man merke sich das Wort - Chalets gebaut. Chalets sind die neuen Lofts. Die meisten sind laut Werbung schon verkauft. Chalets sind gross im kommen, weit weg von den Todeszonen des thermonuklearen Kapitalwinters, hier rollt der Bagger und die Abrissbirne im Osten ist weit, weit weg.
Um 21 Uhr setzt dann der Nachtwind ein und kühlt etwas die Dächer aus, auch die Gästewohnung hier oben, für den Gast, der morgen aus den USA hier ankommt. Eine Tarte habe ich derweilen gebacken und meinen Auftrag abgeschickt, es ist ein sehr ruhiges Leben hier oben, und der Hubschrauber im letzten Licht des Tages kommt auch nicht von der US-Regierung mit dem Auftrag, Geld über den Finanzzentren der Welt abzuwerfen.
Nochmals 300 Milliarden. Fucking Bastards.
donalphons, 00:55h
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Wildes Sommergelinke
Man könnte fast meinen, angesichts des Rücktritts von Patrick als Werbeblogger mache ich auf dem GT-Blog einen Ehrensalut mit Werbung für einen Kofferhersteller und sehr rote, fast durchgehend italienische Sportwägen -

aber dem ist nicht so.

aber dem ist nicht so.
donalphons, 17:59h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Dienstag, 27. Mai 2008
Real Life 26.05.08 - Leben inclusive
Du hast keine Ahnung, woher er die Nummer hat. Das ist bedenklich, weil die Leute in diesem Bereich eigentlich dazu angehalten sind, keine Informationen rauszugeben. Und du kannst auch nur hoffen, dass er jetzt nicht standardmässig am See anruft, denn das ist keine Firmenadresse. Selbst, wenn es über weite Strecken private Dinge sind, die er vorzutragen gewillt ist. Irgendwo zwischen dem beruflichen betätigungsfeld und dem privaten Nutzen. Irgendwo verständlich, du verdankst das hier ja auch dem Kontakt zu einem Kunden, der schnell Geld brauchte. Und er verdankt seine Geldanlage dem grossen Spiel, der Initiatorenseite eures kleinen, moralisch miesen Arbeitsgebietes, den schlauen Herren, die schnell flüssige Mittel brauchen, um die Investoren vom Klageweg abzuhalten wegen Prospektlügen und Scheingeschäften mit anderen Anlagen, die irgendwann nicht mehr laufen. Dann muss eben nach draussen verkauft werden, um weiter wirtschaften zu können, gerne auch mit günstiger Zwischenfinanzierung, Hauptsache die Bücher stimmen. Und der junge Herr in Berlin kann sich trotz hoher Kosten für das Automobil eine Immobilie leisten. Mietwohnung, das geht in diesen Kreisen so gar nicht, in denen man normalerweise an mehreren Orten Wohnungen hat.
Und da sitzt er nun und ist froh, mit seinem der Krise geschuldeten Gehalt eine der Krise geschuldete Wohnung erworben zu haben, und weil er in der sache viel, sehr viel nachzuholen hat, bekommt er sich gar nicht mehr ein über seinen dreistelligen Quadratmeterpreis und die Lage und die Hauptstadt und das, was er seinem Vermieter noch reindrücken wird, die verbleibenden drei Monate, da braucht der nicht glauben, dass die Miete für die Bruchbude noch komplett kommt, ausser er findet einen Nachmieter, der bereit ist, für die Ablöse zu zahlen, er sagt es nicht so, er verwendet Worte, die in seinem Hirn unter "salopp" verschlagwortet und dir eher fremd sind, weil sie ausdrücken, dass bei diesem Geschäft der andere der Dumme ist.
Die Wohnanlage ist allgemein in diesen Kreisen bekannt, jeder weiss um die Ausführung durch rumänische Subunternehmer und das kleine Problem, dass zwischendrin der Sanitärlieferant pleite machte und der Nachfolger nicht bereit war, die alten Arbeiten abzunehmen. All das vermag den neuen Eigentümer nicht zu stören, und er lässt es sich nicht nehmen, den - von ihm zu hoch eingeschätzten - Preis für deine kleine Sommerfrische mit seinem City Loft, so hiess das auch im Prospekt, zu vergleichen, und du würgst ihm, als es dir zu bunt wird und ausserdem der Abendspaziergang ansteht, die Sache mit dem Stadtpalast rein. Das ist etwas, das er versteht, alles andere begreifen sie nicht, sie sehen nur die Mauern und die Preise, sie können runterrechnen und vergleichen, aber die Wiese

über die du nach dem Aufhängen dieses Störers deiner Ruhe gehst, die Wiese vor der Terasse und dem Lattenzaun, über den du kletterst, entlang des ersten kleinen Berges der Alpen, bevor es in die 1000er geht, mit ihrem Grün und ihrem Geruch und ihrer grandiosen Fülle, die so unter dem Schnee nicht zu ahnen war, als du zugesagt hast, diese surrealistisch überbordende Almwiese über dem See

der darunter liegt und sich verändert und neu erfindet, zwischen dem Schwarz des Morgens, dem Türkis des Mittags und dem gehämmerten Goldsilber des Abends, der in keinem Kaufvertrag steht und dennoch inclusive ist, das alles entzieht sich all den Mitteln zur Ertragsabschätzung und Profitberechnung, das alles ist einfach so da, es existiert und es existiert nur hier und für diesen einen Moment, und du würdest dich auch nicht gut fühlen, wenn du zumindest den Abglanz davon weitergibst daneben so ein Stück Werbung für Autoversicherung, SEO-Dienste oder drittklassige Viagraabzocker stünde.
Und da sitzt er nun und ist froh, mit seinem der Krise geschuldeten Gehalt eine der Krise geschuldete Wohnung erworben zu haben, und weil er in der sache viel, sehr viel nachzuholen hat, bekommt er sich gar nicht mehr ein über seinen dreistelligen Quadratmeterpreis und die Lage und die Hauptstadt und das, was er seinem Vermieter noch reindrücken wird, die verbleibenden drei Monate, da braucht der nicht glauben, dass die Miete für die Bruchbude noch komplett kommt, ausser er findet einen Nachmieter, der bereit ist, für die Ablöse zu zahlen, er sagt es nicht so, er verwendet Worte, die in seinem Hirn unter "salopp" verschlagwortet und dir eher fremd sind, weil sie ausdrücken, dass bei diesem Geschäft der andere der Dumme ist.
Die Wohnanlage ist allgemein in diesen Kreisen bekannt, jeder weiss um die Ausführung durch rumänische Subunternehmer und das kleine Problem, dass zwischendrin der Sanitärlieferant pleite machte und der Nachfolger nicht bereit war, die alten Arbeiten abzunehmen. All das vermag den neuen Eigentümer nicht zu stören, und er lässt es sich nicht nehmen, den - von ihm zu hoch eingeschätzten - Preis für deine kleine Sommerfrische mit seinem City Loft, so hiess das auch im Prospekt, zu vergleichen, und du würgst ihm, als es dir zu bunt wird und ausserdem der Abendspaziergang ansteht, die Sache mit dem Stadtpalast rein. Das ist etwas, das er versteht, alles andere begreifen sie nicht, sie sehen nur die Mauern und die Preise, sie können runterrechnen und vergleichen, aber die Wiese

über die du nach dem Aufhängen dieses Störers deiner Ruhe gehst, die Wiese vor der Terasse und dem Lattenzaun, über den du kletterst, entlang des ersten kleinen Berges der Alpen, bevor es in die 1000er geht, mit ihrem Grün und ihrem Geruch und ihrer grandiosen Fülle, die so unter dem Schnee nicht zu ahnen war, als du zugesagt hast, diese surrealistisch überbordende Almwiese über dem See

der darunter liegt und sich verändert und neu erfindet, zwischen dem Schwarz des Morgens, dem Türkis des Mittags und dem gehämmerten Goldsilber des Abends, der in keinem Kaufvertrag steht und dennoch inclusive ist, das alles entzieht sich all den Mitteln zur Ertragsabschätzung und Profitberechnung, das alles ist einfach so da, es existiert und es existiert nur hier und für diesen einen Moment, und du würdest dich auch nicht gut fühlen, wenn du zumindest den Abglanz davon weitergibst daneben so ein Stück Werbung für Autoversicherung, SEO-Dienste oder drittklassige Viagraabzocker stünde.
donalphons, 01:24h
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Empfehlung heute - Ich halte
Oskar Lafontaine für peinlich, politisch angegammelt und nur noch irgendwo am Drücker, weil es gerade ein Trend im rotlichtigen Bereich rund um das Kanzleramt in Berlin ist (An der Laterne vor dem Brandenburger Tor, zahlen Lobbyisten, die Politik, die bückt sich vor...) abgehalterte Politchargen nicht dorthin zu entlassen, wo sie keinen Schaden mehr anrichten können - die ganze Latte von dem Unheil im Kanzleramt über die Adlati in der bayerischen Staatskanzlei, dem hessischen Kochwürstchen bishin zum guantanamohinnehmenden Aussenminister und dem SPD-Chef, bei dem man gar nicht mehr weiss, ob er alles falsch macht, oder so sehr im Ruf steht, alles falsch zu machen, dass er den widerlichen Schmierbratzen rechtsreaktionärer Kaufpresse einfach nachstolpert, während die FDP beim Kriechgang in den Unionspodex immer noch eingeklemmt zappelt. ich mag das alles nicht mehr sehen, aber dennoch ist die Analyse von feynsinn über den Erstgenannten und seine Rezeption in den Medien lesenswert.
Disclosure: Ich habe mal einen geselligen Abend mit obigem O. verbracht.
Disclosure: Ich habe mal einen geselligen Abend mit obigem O. verbracht.
donalphons, 23:46h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Montag, 26. Mai 2008
Der Stolz der Natur oder auch
Die ganze Welt eine Freakshow.
Man kann auch als bekannter Blogger überleben, wenn man am Tag nur eine halbe Stunde Zugang zum Netz hat. Man konzentriert sich auf das Abschicken von Texten und Bildern, beantwortet ein paar Kommentare und lässt die anderen die anderen mit ihren absurden Ideen von der Professionalisierung der Blogosphäre einfach ein paar Tage arme Schlucker sein. Das rächt sich, wenn man ihnen dann wieder ein, zwei Tage voll ausgesetzt ist, es ist nicht leicht, sowas dann wieder ernsthaft zu begegnen, ohne jeden Beitrag mit ROFL zu überschreiben.
Auch andere Realitäten drängen sich unschön wieder in die angenehm gedämpfte Erinnerung. Italienische Kuriositätenmärkte sind hübsch leer und überteuert, man kommt erst gar nicht in Versuchung, sich mit weiterem Gut zu belasten, und zudem muss man sich auch nicht allzu sehr über die Mentalität der Besitzer wundern. In Pfaffenhofen nun ist das etwas anders:

Da röhrt der Hirsch ob der Einfälle meiner Landesbrüder, was man so alles mit Hirchgeweih machen kann. Ich schwöre: So viel war von dem Zeug noch nie da, das ist erst im letzten Jahr aufgekommen, ungefähr zeitgleich mit der auf Stafan Niggemeiers unfreiwillig, wenngleich auch erfreulich werbefreien Blog zu findende Behauptung, die Professionalisierung der Blogosphäre stünde, wie auch Sascha Lobo das verkündet habe, bevor. Der Kasten mit all seinen Protuberanzen erinnert mich stark an die Blogs dieser Leute, mit Grimmepreisbapperl für die beste Mauschelarbeit mit ihren Geschäftspartnern und Jurykollegen, und das komische Jägerlatein, das die im Glauben sprechen, irgendwie Teil von was Neuem und nicht einem sehr, sehr alten Gewerbe zu sein.

Ja, es gebricht dem Menschen nicht an Ideen, was man aus der Natur machen kann, wie man die freie Wildbahn verhunzt für das Ablegen des eigenen fetten Arsches. Seitdem solche Sitze in den Häusern amerikanischer Neureicher beliebt sind, tauchen sie auch bei uns auf und warten vielleicht auf den ein oder anderen kommenden Internetmillionär auf der Suche nach einem Stück Männlichkeit, das sich so am Schreibtisch nicht ausleben lässt, vielleicht gar späterals Staublutscher irgendwelcher politischer Gremien, bis jemandem auffällt, dass die Steuerunterlagen gefälscht und der Beweis getwittert wurde.

Das hier, das erinnert mich an Spreeblick, Nerdcore und andere modische Freunde rebellischer Haltungen. Vielleicht ist dem ein oder anderen noch das Verkünden diverser Töde geläufig, von Print, Jamba und Musikindustrie, die heute allesamt dort werben dürfen - oder dürften, Konjunktiv ist die Grundsubstanz aller Berliner Ironie wenn es nicht klappt, werben wäre schön, würden sie doch nur, ach, bittebitte, nur wollen - wo nicht mehr gazellengleich über die Abgründe unserer Konsumgesellschaft gesprungen wird, sondern still an den dunklen Waldeshängen nahe der Grenzen chinesischer Diktaturen geäst wird. Ohne Bocksprünge braucht man keine Beine, aber durchaus etwas, woran man das hängen kann, was man mal als Überzeugung präsentierte. Synergien nutzen, Baby!

Heute geht alles. Wasser predigen und der next08 billigen Wein saufen ist Mashup, als aufgeblasener bayernpopanz nicht genehme Bundespräsidentinnen verhindern gilt als Politik, Märkte sind auch nach der neuesten Blase noch weise und wenn wir schon unsere Japanschwerter aus chinesischer Staatsfälscherwerkstatt in die Bude stellen, dann bitte zumindest mit eigenen, nachwachsenden Rohstoffen versehen. Der Irrsinn bricht sich Bahn in meine Welt des Alten und Gebrauchten, ganz ruhig bleiben, es ist nur der Absturz, nach zwei, drei Tagen kommt einem das alles wieder normal vor, so normal fast, wie die sich fühlen, und der Rest macht die Blogbar aus, surreal ist aus der Mode, gehe in deinen Garten und ziehe dabei nichts vom webbasierten Schnorrertum der anderen ein, beschneide die Rosen oder kaufe dir zumindest ein paar chinesische Teller aus dem 19. Jahrhundert, deren Maler vermutlich opiumsüchtig waren, aber nicht so durchgeknallt, dass man es am Ergebnis merkt.

Geh weiter. Eigentlich suchst du noch einen alten Lederkoffer, denjenigen, der für dein Gepäck noch fehlt, mit dem du morgen wieder fahren könntest, wenn nur die Herrschaften aus der Konzernzentrale überweisen, aber du findest nichts, der eine Koffer ist zu kaputt und zerfetzt wie die Blogosphäre, das Futter schimmelt und das schwere Leder ist rissig geworden, und der Besitzer der massiven Ledertasche möchte nicht verhandeln, er hat Prinzipien und einen Preis, und Hochachtung ist das einzige, womit seine Standhaftigkeit zu belohnen ist. Weiter dann, zurück zum Wagen, aber da stehen sie, zwei Lampen wie die, die in Verona im Lampenladen mit ein paar hundert Euro zu teuer gewesen wären:

Früher, im XVIII. Jahrhundert, standen auf solchen Säulenstümpfen Heiligenfiguren, aber die Aufklärung oder auch nur ein gieriger Händler haben sie getrennt, und die Stümpfe mit ihrer weissgoldenen Fassung zu Lampen umgestaltet. Das passiert in den besten Familien, bittschön, Ingwertöpfe aus Imariporzellan erdulden dieses Schicksal, oder auch Hirschgeweihe, und ich suche doch noch dringend zwei kleine Beistelllampen für den hinteren Tisch am Tegernsee, wenn der Tag vorbei ist und nichts mehr auf dem Berg vor dem Gartenzaun an die Kühe erinnert, die dort leicht surreal Blumen wegfressen und Meter für Meter vor sich hinbimmeln, in einer Ruhe, die den Stolz, den herrischen und unnachsichtigen Stolz einer Natur erahnen lässt, die uns alle, die wir uns daran vergehen, bitte eher bald als später als geschmacklose, hörnerverschandelnde, egovermarktende, für Schönheit unempfängliche Pickel hinwegfegt vom Antlitz dieser Erde.
Man kann auch als bekannter Blogger überleben, wenn man am Tag nur eine halbe Stunde Zugang zum Netz hat. Man konzentriert sich auf das Abschicken von Texten und Bildern, beantwortet ein paar Kommentare und lässt die anderen die anderen mit ihren absurden Ideen von der Professionalisierung der Blogosphäre einfach ein paar Tage arme Schlucker sein. Das rächt sich, wenn man ihnen dann wieder ein, zwei Tage voll ausgesetzt ist, es ist nicht leicht, sowas dann wieder ernsthaft zu begegnen, ohne jeden Beitrag mit ROFL zu überschreiben.
Auch andere Realitäten drängen sich unschön wieder in die angenehm gedämpfte Erinnerung. Italienische Kuriositätenmärkte sind hübsch leer und überteuert, man kommt erst gar nicht in Versuchung, sich mit weiterem Gut zu belasten, und zudem muss man sich auch nicht allzu sehr über die Mentalität der Besitzer wundern. In Pfaffenhofen nun ist das etwas anders:

Da röhrt der Hirsch ob der Einfälle meiner Landesbrüder, was man so alles mit Hirchgeweih machen kann. Ich schwöre: So viel war von dem Zeug noch nie da, das ist erst im letzten Jahr aufgekommen, ungefähr zeitgleich mit der auf Stafan Niggemeiers unfreiwillig, wenngleich auch erfreulich werbefreien Blog zu findende Behauptung, die Professionalisierung der Blogosphäre stünde, wie auch Sascha Lobo das verkündet habe, bevor. Der Kasten mit all seinen Protuberanzen erinnert mich stark an die Blogs dieser Leute, mit Grimmepreisbapperl für die beste Mauschelarbeit mit ihren Geschäftspartnern und Jurykollegen, und das komische Jägerlatein, das die im Glauben sprechen, irgendwie Teil von was Neuem und nicht einem sehr, sehr alten Gewerbe zu sein.

Ja, es gebricht dem Menschen nicht an Ideen, was man aus der Natur machen kann, wie man die freie Wildbahn verhunzt für das Ablegen des eigenen fetten Arsches. Seitdem solche Sitze in den Häusern amerikanischer Neureicher beliebt sind, tauchen sie auch bei uns auf und warten vielleicht auf den ein oder anderen kommenden Internetmillionär auf der Suche nach einem Stück Männlichkeit, das sich so am Schreibtisch nicht ausleben lässt, vielleicht gar späterals Staublutscher irgendwelcher politischer Gremien, bis jemandem auffällt, dass die Steuerunterlagen gefälscht und der Beweis getwittert wurde.

Das hier, das erinnert mich an Spreeblick, Nerdcore und andere modische Freunde rebellischer Haltungen. Vielleicht ist dem ein oder anderen noch das Verkünden diverser Töde geläufig, von Print, Jamba und Musikindustrie, die heute allesamt dort werben dürfen - oder dürften, Konjunktiv ist die Grundsubstanz aller Berliner Ironie wenn es nicht klappt, werben wäre schön, würden sie doch nur, ach, bittebitte, nur wollen - wo nicht mehr gazellengleich über die Abgründe unserer Konsumgesellschaft gesprungen wird, sondern still an den dunklen Waldeshängen nahe der Grenzen chinesischer Diktaturen geäst wird. Ohne Bocksprünge braucht man keine Beine, aber durchaus etwas, woran man das hängen kann, was man mal als Überzeugung präsentierte. Synergien nutzen, Baby!

Heute geht alles. Wasser predigen und der next08 billigen Wein saufen ist Mashup, als aufgeblasener bayernpopanz nicht genehme Bundespräsidentinnen verhindern gilt als Politik, Märkte sind auch nach der neuesten Blase noch weise und wenn wir schon unsere Japanschwerter aus chinesischer Staatsfälscherwerkstatt in die Bude stellen, dann bitte zumindest mit eigenen, nachwachsenden Rohstoffen versehen. Der Irrsinn bricht sich Bahn in meine Welt des Alten und Gebrauchten, ganz ruhig bleiben, es ist nur der Absturz, nach zwei, drei Tagen kommt einem das alles wieder normal vor, so normal fast, wie die sich fühlen, und der Rest macht die Blogbar aus, surreal ist aus der Mode, gehe in deinen Garten und ziehe dabei nichts vom webbasierten Schnorrertum der anderen ein, beschneide die Rosen oder kaufe dir zumindest ein paar chinesische Teller aus dem 19. Jahrhundert, deren Maler vermutlich opiumsüchtig waren, aber nicht so durchgeknallt, dass man es am Ergebnis merkt.

Geh weiter. Eigentlich suchst du noch einen alten Lederkoffer, denjenigen, der für dein Gepäck noch fehlt, mit dem du morgen wieder fahren könntest, wenn nur die Herrschaften aus der Konzernzentrale überweisen, aber du findest nichts, der eine Koffer ist zu kaputt und zerfetzt wie die Blogosphäre, das Futter schimmelt und das schwere Leder ist rissig geworden, und der Besitzer der massiven Ledertasche möchte nicht verhandeln, er hat Prinzipien und einen Preis, und Hochachtung ist das einzige, womit seine Standhaftigkeit zu belohnen ist. Weiter dann, zurück zum Wagen, aber da stehen sie, zwei Lampen wie die, die in Verona im Lampenladen mit ein paar hundert Euro zu teuer gewesen wären:

Früher, im XVIII. Jahrhundert, standen auf solchen Säulenstümpfen Heiligenfiguren, aber die Aufklärung oder auch nur ein gieriger Händler haben sie getrennt, und die Stümpfe mit ihrer weissgoldenen Fassung zu Lampen umgestaltet. Das passiert in den besten Familien, bittschön, Ingwertöpfe aus Imariporzellan erdulden dieses Schicksal, oder auch Hirschgeweihe, und ich suche doch noch dringend zwei kleine Beistelllampen für den hinteren Tisch am Tegernsee, wenn der Tag vorbei ist und nichts mehr auf dem Berg vor dem Gartenzaun an die Kühe erinnert, die dort leicht surreal Blumen wegfressen und Meter für Meter vor sich hinbimmeln, in einer Ruhe, die den Stolz, den herrischen und unnachsichtigen Stolz einer Natur erahnen lässt, die uns alle, die wir uns daran vergehen, bitte eher bald als später als geschmacklose, hörnerverschandelnde, egovermarktende, für Schönheit unempfängliche Pickel hinwegfegt vom Antlitz dieser Erde.
donalphons, 01:52h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Sonntag, 25. Mai 2008
Die Ruhe über Bayern
Manchmal lässt es der Bayer auch krachen. So wie die Gesellschaft im nachbarlichen Klerikalenpalast, die die Hochzeit allen Ernstes mit "I will survive" begeht - ich dachte, das spielt man bei Trennung, Scheidung und Schwulenparty, aber inzwischen geht das wohl auch beim Bund für das Leben. Der Bayer lässt es auch beim Wochenmarkt krachen. Und quietschen. Tatsächlich hat mir die Spargelverkäuferin, die nebenher musikalisch ist und bei einem Terzett aus 2 Kuhglocken und Ziehharmonika für die Bassglocken zuständig ist, mit dem Aneinanderreiben von frischem Spargel etwas vorgequietscht. Ja, man kann so einiges hören, bei uns in Bayern.

Und damit es das Richtige bleibt, machen sie sich nebenan um ein Uhr auf zur unvermeidlichen Nacht der Spätprogrammfolgestunden, und andernorts kassiert unsere bayerische Polizei die Krachmacher. So geschehen bei einem Versuch eines Brauseherstellers, rund 100 fragwürdige, teils aus den Medien bekannte Personen mitsamt Prollschlitten über unsere Autobahnen donnern zu lassen. Letztes Jahr gab es bei einem ähnlichen Versuch Tote, dieses Jahr dagegen scheint es dennoch kein Einsehen zu geben, dass Autobahnen keine Rennstrecken sind. Und um das zu fördern, gibt es jetzt auch noch Anzeigen gegen die Beteiligten.
Ich hoffe auf saftigste Bussgelder und Strafen. Was ich mir aber besonders wünschen würde: Dass die Sender, die solchen Figuren ein Podium bieten, die Konsequenz ziehen und so etwas nicht mehr vor die Kamera lassen. Bei notorischen Abzockfirmen hofft man wohl vergebens, aber vielleicht merkt sich der ein oder andere Verantwortliche den ein oder anderen Namen und sucht sich andere, unbelastete Charakterdarsteller für seine Trashformate raus. Ich finde es mithin unerträglich, dass Typen, die andere wissentlich gefährden und das auch noch als Spass ansehen, die Chance haben sollen, der Öffentlichkeit irgendwas vorzustellen, damit sie dann beim nächsten bescheuerten Raserevent wieder die Promikulisse bieten.
Vielleicht wirke ich mit solchen Ansichten reaktionär, aber wenn es so sein sollte, bin ich es gerne. Ein Hoch auf unsere Bayerische Polizei, zumindest diesmal.

Und damit es das Richtige bleibt, machen sie sich nebenan um ein Uhr auf zur unvermeidlichen Nacht der Spätprogrammfolgestunden, und andernorts kassiert unsere bayerische Polizei die Krachmacher. So geschehen bei einem Versuch eines Brauseherstellers, rund 100 fragwürdige, teils aus den Medien bekannte Personen mitsamt Prollschlitten über unsere Autobahnen donnern zu lassen. Letztes Jahr gab es bei einem ähnlichen Versuch Tote, dieses Jahr dagegen scheint es dennoch kein Einsehen zu geben, dass Autobahnen keine Rennstrecken sind. Und um das zu fördern, gibt es jetzt auch noch Anzeigen gegen die Beteiligten.
Ich hoffe auf saftigste Bussgelder und Strafen. Was ich mir aber besonders wünschen würde: Dass die Sender, die solchen Figuren ein Podium bieten, die Konsequenz ziehen und so etwas nicht mehr vor die Kamera lassen. Bei notorischen Abzockfirmen hofft man wohl vergebens, aber vielleicht merkt sich der ein oder andere Verantwortliche den ein oder anderen Namen und sucht sich andere, unbelastete Charakterdarsteller für seine Trashformate raus. Ich finde es mithin unerträglich, dass Typen, die andere wissentlich gefährden und das auch noch als Spass ansehen, die Chance haben sollen, der Öffentlichkeit irgendwas vorzustellen, damit sie dann beim nächsten bescheuerten Raserevent wieder die Promikulisse bieten.
Vielleicht wirke ich mit solchen Ansichten reaktionär, aber wenn es so sein sollte, bin ich es gerne. Ein Hoch auf unsere Bayerische Polizei, zumindest diesmal.
donalphons, 01:00h
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