: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Donnerstag, 17. September 2009

Duschen in Wasser und Trüffel

Ich habe schon Schlimmeres erlebt. Wochenlang Regen. Einmal bin ich im Regen von Ulm bis nach Lyon geradelt. Das war wirklich hässlich. Schlimm war auch jene Exkursion in die Schweiz und nach Südfrankreich, während der sich herausstellte, dass die Schweizer selbst mit billigen Hotels zu stark für das Unibudget hingelangt hatten und die nur für Notfälle mitgeführten Zelte dann während einer regnerischen Woche im Burgund zu Ehren kamen. Oppida der späten La-Tene-Zeit sind dort auf Hügeln und müssen triefend bestiegen werden, aber wenigstens war es im Museum von Vix trocken. So gesehen sage ich mir angesichts dieser fetten, schwangeren Wasserflugschweine aus den Bergen:



Could habe been worse. Ich denke da etwa an jenen Knaben, der letzten Sonntag mit einem Freund ein Schild gegenüber meinem Fenster zertrat und dann, als ich nach unten blickte, auch noch einen Spiegel eines Autos zertrat und weitertorkelte. Als ich die Polizei rief, gab es noch einen Schlag. Die Polizei kam etwas zu spät, fand die Täter nicht mehr, aber einen weiteren Wagen, bei dem der Spiegel demoliert war; der Wagen eines Lokalbesitzers. Den suchte der aufnehmende Polizist sogleich auf - und wer hielt sich an dessen Bar fest? Jemand, der auf die Beschreibung perfekt passte, und zudem auch noch beim Barras ist. Da kommt sowas besonders gut, Stichwort Disziplinarmassnehmen. So schlimm kann es hier gar nicht regnen, als dass ich nicht jemanden wüsste, dem es zur Zeit noch übler ergeht.



Über die Verpflegung will ich jetzt gar nicht reden - on Stresa gibt es nämlich ein Restaurant, dass jede natogrüne Kantine wie einen Schweinetrog erscheinen lässt. Ich bin ja, vorsichtig gesagt, nicht besonders anfällig für Luxusessen wie Kaviar, Wachteleier, Gänseleberpasteten, und sogar Erdbeeren im Winter erachte ich als unangemessen - finde ich aber weisse Trüffel auf Speisekarten, ist es öfters um mich geschehen, als mir lieb sein kann. Die Kombination von Steinpilzen und Trüffel ist eher ungewähnlich, aber doch, it could have been worse: Man stelle sich nur mal von tanzenden Blogwerbestrichern im Stringtanga servierten Champagner vor. Bäh. Bitte nicht hier in Stresa.



Dergestalt körperlich runderneuert, geht es zur Besichtigung. Wir kommen exakt bis zur letzten Villa am Ortsrand, sind in jener regenfreien Pause exakt am Scheitelpunkt angelangt - da geht es wieder los mit dem Regen. Aber in Bayern kriegt ein Rowdy gerade die Folgen seiner Tretereien reingewürgt, ist es nicht herrlich hier?



Es ist. Am Abend dann sitze ich in der grandiosen Hotelhalle und suche im Internet nach passenden Überwachungskameras. Mit der Kamera in der Hand zum Fenster springen, wenn es drunten knallt, wäre zwar sportlicher - aber das ist kein Sport, sondern die Jagd. It could get worse, für die Dreckschweine da unten.

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Donnerstag, 17. September 2009

Tage des Monsuns

Draussen im alten Europa des Piemont sieht es so aus, wenn es gerade mal nicht regnet:



Zum Glück haben wir für das Innere der alten Europas alles dabei, was man braucht, um einen Nachmittag angenehm und würdevoll zu gestalten.



Ausserdem ist zumindest schon der Reisepunkt "Andenken kaufen" erledigt; ein wenig üppiger Tischschmuck für die eiskalten Tage, wenn man gern etwas abschaut und an die mittelkalten Tage zurückdenkt: Ein Granatapfelbäumchen, ein paar täuschend aussehende Gemüsenachbildungen - man kann das echte gemüse ja nicht so einfach in der Küche rumliegen lassen - ein - wirklich nur kleiner - Früchtekorb aus Capodimonte. Aus irgendwelchen - mir nicht ganz ersichtlichen - Gründen gibt es in Stresa etliche Läden, die sich auf diese Nippsachen aus Bassano und Capodimonte spezialisiert haben. Nachdem der erste Früchtekorb aus Rom sehr gut angekommen ist, war es sicher keine schlechte Idee, mehr zu nehmen.

Diese Stücke fanden nach einer ersten Mode im 19. Jahrhundert in den 80er Jahren wieder ihren Weg über die Alpen in die Herzen des bayerischen Publikums, denn man hört schnell auf, das kitschig zu finden, wenn man in Nichtfrüchtejahreszeiten gern Früchte auf dem Tisch hätte. Hinter dem Hotel Bayerischer Hof in München gab es eine italienische Bankfiliale, die dergleichen im Schaufenster hatte und bald darauf in einem Laden nebenan verkaufte. Zu Preisen, die reichlich hoch waren. In Stresa dagegen kann man sie, wenn man so etwas möchte, durchaus günstig erwerben.

A propos Erwerb: Die bislang beste Analyse der versuchten Erwerbung von Aufmerksamkeit und Anführerschaft der 17er-Bande findet sich bei Vigilien.

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Kronleuchter-Pr0n

Die Copilotin so, im Vorbeigehen einen Blick auf den Monitor werfend: Ach, das war das Grunzen gerade eben.



Ich so: Ja. Ich will sowas haben. Sofort.

(Grossbild 1024 x 768)

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Dienstag, 15. September 2009

Urlaub zählt nicht,

meinte die ungetreue Geliebte, wenn sie auf Reisen mehr Verlockungen begegnete, als sie widerstehen konnte. Urlaub zählt nicht, sage ich, wenn ich kistenweise Keramik aus Bassano anschleppe, und ich widerhole es, wenn meine Beiträge in der FAZ ein wenig literarischer werden. Wie etwa ein zukünfiger Brief eines Mastdarmakrobaten einer national-liberal-konservativen Gesellschaft zur Verbesserung des Ansehens des Berliner Stadtschlosses, das irgendwann in die Landschaft geklotzt werden soll, auf dass Berlins Mitte das bekommt, was sie verdient.

{Edit: Viel zu später Nachtrag]

In Stresa gibt es noch diese wunderbaren Belle-Epoque-Lampen mit Milchglaskugeln, deren Licht am Abend ganz wunderbar ist.



Das ist der Blick Richtung Süden, nach Mailand, von wo aus die reicheren Leute gern nach Stresa fliehen. Verständlich, denn Mailand ist scheusslich.



Das ist die Isla Bella von Stresa aus gesehen. Leider ist das Hotel im Winter geschlossen, sonst könnte man hier bei den Palmen die schlimmste Zeit überstehen.



Und so sehen die Grand Hotels bei nacht aus. Nachdem ich heute Bilder vom Originalzustand gesehen habe, muss ich leider sagen: Sie sind ziemlich nach amerikanisch-saudischen Geschmack überformt worden. Weniger war mehr.



Immerhin. 1 schöner Tag. Das ist schon was. Wir hatten auch schon mal nur Regen.

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Montag, 14. September 2009

Zum Glück nicht meine Schule.

Ich könnte viel Negatives über meine Schule erzählen, denn die 80er Jahre waren in der bayerischen Provinz alles andere als ein Vergnügen für einen Menschen mit unkonventionellen Ansichten. Immerhin, es hätte auch noch was schlimmeres als die Abrichtung zum bayerischen Abitur gegeben, und gestern bin ich an sowas vorbeigekommen. Und habe es mir nicht nehmen lassen, darüber - und die kommenden gesellschaftlichen verwerfungen - auch in der FAZ zu schreiben. Wenn das mein alter Direktor wüsste.

Nachtrag: Zimmer mit Aussicht. Hinten im Wasser, die Isola Bella



Prinzipiell finde ich es ja sehr unfair, wenn die Pracht venezianischer Leuchter an Banausen verschwendet wird, die strategisches Türmen am Frühstücksbuffet als Morgensport betrachten.



Ansonsten ist das hier ein sehr feiner Ort, um feine Tage zu verbringen. Kein Grand Hotel, aber schon etwas prächtig.



Für den Federballsport haben wir den ehemaligen Küchengarten missbraucht, von wo aus unser leises Plopp-Plopp die draussen verweilenden, unvermeidlichen Rezipienten deutscher Gossenjournaille kaum stören dürfte.



Man kann hier bestens bleiben. Auch hätte ich nichts dagegen, das hier als jene grossbürgerliche Villa zu besitzen, die das Hotel einst war.

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Montag, 14. September 2009

Durch die Schweiz an den Lago Maggiore

Der neue Koffer ist gepackt. Ob jemand bei Brachers gedacht hätte, dass ihr Produkt auch nach über 70 Jahren nochmal auf Reisen muss, auf den Kofferraum eines Cabrios gespannt? Hat man damals nicht geglaubt, 2009 würde man längst zum Mond reisen?



So aber geht es an den See, über eine der ältesten Passstrassen der Alpen, über Landeck nach Zuoz, über St. Moritz zum Malojapass, was eine eher karge und gar nicht so schöne Gegend ist, wie der Ruf suggeriert.



Im Gegenteil: Ich verstehe heute absolut nicht mehr, was mir vor einem viertel Jahrhundert (wie das schon klingt!) daran so gefallen hat. St. Moritz ist scheusslich, und ich ringe noch mit mir, einen beitrag darüber zu schreiben.



Im Kern sieht St. Moritz so aus, als hätte man hunderte von neuen Hotels am Tegernsee gegossen, übereinander geschlichtet und dann auf die alten Hotels draufgeklebt. Der See ist zu kalt zum baden, das Wetter ist sehr kalt, mitten im September, und es windet. Nach ein paar Minuten habe ich den Eindruck, ich werde krank.



Gesund werde ich beim Kurbeln den Malojapass hinunter, wenn all die Palaces und Grand Hotels und die diversen Anbauten mit Eigentumswohnungen - wer zum Teufel will da leben? - verschwunden sind, und die steingedeckten Dächer Italien ankündigen.



Spät, sehr spät kommen wir dann in Stresa an. Es ist mittelunprächtig, aber das Hotel ist grandios, und Internet ist umsonst, womit der urlaub auch gerettet wäre, würden sich im Schreibtisch keine Rommekarten neben der Bibel befinden. Morgen probieren wir, wie es mit federball im Park des Hotels aussieht.



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Sonntag, 13. September 2009

Schuld war nur der Federball

Beide - die Copilotin und ich - möchten etwas am Gewicht tun. Entsprechend tortenlos geht es hier seit dem ersten Zwetschgendatschirausch zu; statt dessen wird seit Tagen Federball im Stadtpark gespielt, wo man freie Wiesen für sich allein hat und eifrig am Ziel arbeiten kann; sei es, um wieder in ein Kleid zu passen, oder der Verwandtschaft, die man sich nicht ausgesucht hat, den Mund zu stopfen.



Natürlich dauert das etwas, eine Stunde, die dann fehlt, wenn sich die Sonne verabschiedet und die Dunkelheit in eben jenen Hof hereinbricht, in dem man eigentlich das Hardtop demontieren und eine neue Heckscheibe in das Verdeck einbauen wollte. Nachdem mein Schrauber meinte, das sei eine Arbeit für Spezialisten, war ich schon froh, dass zu Beginn der Nacht die alte, zerbrochene Scheibe draussen war. Der Ersatz machte ziemlich lang Zicken, bis er an Ort und Stelle war. Immerhin hat es überhaupt funktioniert. Was aber nicht mehr geklappt hat, war der Transfer zum Tegernsee.

Das ist suboptimal. Am Tegernsee sind alle, wirklich alle Kopfbedeckungen, etliche Fahrerhandschuhe, Schuhwerk, Kleidung, gerade die warmen Stücke, eine Roadsterbrille und - besonders tragisch - beide Dirndl, die die Copilotin für die Alpenüberquerung in München erstanden hatte. Und morgen kommen wir dort nicht mehr hin, denn der See liegt im Südosten; wir jedoch müssen nach Südwesten, wollen wir auch nur halbwegs früh am Lago Maggiore und den davor liegenden drei Pässen sein. Hätten wir nur heute den Federball ausfallen lassen. Immerhin:



Mehr oder weniger aus einer Laune heraus habe ich heute nochmal ein paar Hemden gekauft, und ich freue mich schon auf die Grenze, wenn die Zöllner fragen, was in dem Koffer ist, auf dem ich nervös mit den Fingern herumtippe und mir auch sonst alle Mühe gebe, wie ein Liberaler auszusehen, der zu einem Treffen mit einem Atomlobbyisten fährt.

Den Rest wird man sich unterwgs beschaffen müssen. Mal schaun, was die Schweiz so zu bieten hat - man sollte das jetzt kaufen, wo das Land doch so schrecklich an seiner Schweizerhaftigkeit verliert, und gar nicht mehr die Schweizer Schweiz ist, sondern nur noch ein Spielball der globalen Steuerfahndung.

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Samstag, 12. September 2009

Orange

Mitunter kann die kleine, dumme Stadt an der Donau so hübsch sein, dass man sich die Tegernsee-Frage - "Warum soll ich von hier aus noch in Urlaub fahren" - auch schon nahe des trägen Flusses stellt.



Netterweise treten dann Eishockeyfans, Verliebte und andere Schweine auf, die ihre Not mal wieder auf Strassen, Wände und Treppen verschmieren. Eigentlich würde man denen ein paar erholsame Wochen in einem Ruinengürtel bei Berloin versprechen, und bei Wintereinbruch entdecken, dass es mit dem Rücktransport noch etwas dauert - aber gut. Nicht mal dazu ist die DDR gut; wozu nochmal haben wir die eigentlich gekauft?



Insofern: Doch, es ist schon gut, hier wegzukommen, auch um weniger Politiker sehen zu müssen und andere Dinge zu beschreiben. Über ein sehr altes Europa, das absolut gesehen auch mies war, aber man muss sich eben das beste aus allen Welten zusammenklauben, um wirklich reaktionär zu bleiben. Weil: Konservativ mit orangen T-Shirts ohne Aussage kann schliesslich jeder Ostimport.

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Donnerstag, 10. September 2009

Idylle und Verbrechen

Man sollte nicht glauben, dass nahe dieser stillen Szenerie einer der übelsten Wirtschaftsskandale dieses an Skandalen nicht armen Landes stattfand.



Aber doch war es so. Und wir waren natürlich alle Zeugen und haben alles vertuschelt. Vielleicht gibt es bei diesem Skandal kaum jemanden, der so wie ich davon profitierte, denn den entsprechenden Beitrag entlohnt die FAZ.

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Das gerettete Familienmitglied

Man hat sie abgeschrieben. Man hat ihren Schrottwert festgelegt. Man hat sie als Totalschaden bezeichnet. Man hat mir geraten, nach Ersatz zu suchen. Schlimm sah sie aus. Schlimm ging es mir. Profane Schurken sprachen von Abwrackprämie. Ich nicht. Auch, wenn es nur 14 Stunden dauert, ein neues Auto zu bauen: Es dauert 14 Jahre, um eine Tradition zu schaffen.





Will sagen: Von einem Ford S-Max lassen wir uns nicht umbringen.

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