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Dienstag, 4. Dezember 2012

Standortwechsel

Kleine Welt: In einem australischen Blog lesen, dass er sich jetzt ganz leicht anzieht, wenn er mit seiner Liebsten zum Picnic an den Strand radelt. Der Vergleich spricht gegen mich.



Sengen und Niederbrennen: Beim Wagner gibt es jetzt Kerzen für das Fest und gleichzeitig für Festhasser. Nicht mehr "Burn the witch", sondern "burn Santa down". Oder "Melting the Snowman". Der Tegernsee, where Kitsch meets Voodoo.



Ich meine das nicht so, ich rede mir das nur ein, weil ich eigentlich keine Lust habe, den See und das Vergessen zu verlassen. Ich weiss jetzt schon, daheim werde ich mich nur wieder über "Kollegen" aufregen, die Homoehe schreiben, wenn es um das Recht des Menschen geht, sich einen Partner nach seinen Wünschen zu suchen. Das hat alles mit Liebe und nichts mit sexueller Orientierung zu tun, selbst wenn ich genug Leute kenne, denen das Thema an die Nieren geht: Weil die vollkommene Gleichbereichtigung auch das Ende der Subkultur ist, in der man sich alles erlauben konnte. Man war ja Subkultur, und nicht Westerwelle.



Ich werde mich mit dem Leistungsschutzrecht befassen müssen, und in dessen Folge auch mit Springer, natürlich. Wo immer es ekelhaft wird, findet man diese Firma. Ich habe ja die Hoffnung, dass sie auf Papier wirklich sterben und ihre Zukäufe im Netz den Weg aller StudiVZs gehen werden. Man wird wohl noch hoffen dürfen, an so einem grauen Tag, da man nur darauf wartet, dass ein Tatzelwurm den Berg herabkriecht.



Heim über die schmutzige, volle Autobahn, eingekeilt zwischen Vertrieblerkombis, der ganze Zauber der Bergwelt bleibt unter der Wolkendecke zurück. Am See gab es keine Farben, hier gibt es welche, und man hätte gern darauf verzichtet. Immerhin, ein Stück Tegernsee liegt auf dem Beifahrersitz. Damit es daheim wenigstens ein wenig danach schmeckt.



Daheim kommt die Katze auf mich zu, fällt um, und schliesst, wissend was jetzt zu kommen hat, die Augen, und fährt die Krallen zum Rupfen aus. Ich bürste ihr einen halben Nerzmantel aus dem Fell, und nebenbei linse ich in die Hausabrechnungen. 2011 geht noch, der grosse Schick wird 2012 kommen, aber man muss noch niemanden aufregen: Alles halb so wild, wenn mit der Abrechnung nicht auch gleich die Mietsteigerung kommt. 20,4% in den letzten 5 Jahren war das hier. Das ist viel. Unverschämt viel, aber die Einkommen und die Platzwünsche geben es her.



Und vielleicht kauft auch der ein oder andere von denen die englischen Silbrkannen weg; man kann es nicht verleugnen, aber die Preise sind so, dass ich restlos, komplett ausgestiegen bin. Am Sonntag unterlag ich auch bei einer extrem schrägen nicht wirklich dem aktuellen Schönheitsideal entsprechenden Rokokodame, so etwa im Faktor 10:1 - und da waren so einige im Raum. Man kann das nicht verstehen, allenfalls sich in Kissen vergraben und weinen.



So. Wieder daheim. Aufgeräumt, geputzt, gerechnet, gekocht, geärgert und sehr oft auf Webcams vom See geschaut. Düster und kalt sieht es dort aus, aber auch grandios und faszinierend böse.

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Sonntag, 2. Dezember 2012

Reste aufkochen

Nichts gebrochen. Und das Schöne an den Bergen ist, dass ich gar keine Eiswürfel für das Daumengelenk brauche, das ich mir gestern etwas überdehnt habe. Es reicht, auf die Terrasse zu gehen und den Finger in den Schnee zu stecken, bis die Kälte schmerzt, und dann zuzuschauen, wie die pudrigen Eiskristalle schmelzen.Es ist dies der vorletzte Tag in den Bergen, denn daheim steht viel Arbeit an.



Ein paar letzte Hausabrechnungen, eine Besichtigung im Hinterhaus mit dem Statiker, Entscheidungsprozesse und Papierkram. Es ist nicht so, dass ich die Welt vergessen habe, ich bin ihr nur entflohen und dann, in der Ferne, ist auch noch ein Termin in Frankfurt. Kann sein, dass ich davor nochmal komme, und danach werde ich sicher wieder hier sein: Aber bald beginnt wieder das Wackeln zwischen Orten. Ausserdem, denke ich mir, wäre Ägypten im Moment sicher interessant, wo sich gerade eine Debatte abspielt, die dem Leistungsschutzrecht in der dogmatischen Behandlung nicht unähnlich ist.



Allerdings bin ich immer noch sehr verschlafen, der neue Pjyama ist definitiv zu warm und zu weich, und nach diesem Jahr könnte ich auch eine Weile nur noch schlafen. Aber es hilft nichts, abreisen bedeutet auch aufräumen, und idealerweise macht man das so, dass man so wenig wie möglich hinterlässt, oder mitnehmen muss. Alo kocht man die Reste zusammen; auch so eine Qualifikation, die ich in den Bergen erlernt habe. Das verdanke ich dem Nussbaumer Louis, der als Bergbauer natürlich nie Essen weggeworfen hat: Was die Gäste an einem Tag nicht gegessen haben, wurde am nächsten Tag in neuer Variation neu serviert. Linsen zum Beispiel. Ich hasse Linsen. Aber meistens fand Louis dann einen Weg, das alte Essen irgendwie verdaulich zu machen.



Ob ihm bewusst war, dass die Katzen nicht ganz grundlos nach den wenigen missglückten Aufkochexzessen dicker wurden, weiss ich nicht. Die Katzen kamen immer an die HIntertür, die direkt in die Kuchel führte, und bekamen dort Milch. Für das Essen mussten sie meist selbst sorgen, und wenn ich eine tote Maus oder Linsen... wie gesagt, die Katzen waren unsere Freunde, wenn es ganz schlimm kam. Hier kaufe ich selbst ein, ich muss allenfalls etwas improvisieren, und generell glaube ich, dass man mi guten Zutaten vieles machen kann, was bei grausligen Zutaten furchtbar daneben ginge. St. Ceols hat nun mal einen ganz anderen Geschmack als Frischkäse, man ahnt vor lauter Mentholgefühl im Mund gar nicht das Fett. Hat man also noch süssen Gorgonzola und St. Ceols, kann man mit Tomaten und Zwiebeln viel machen. Und bei der Pasta muss man halt haz die Uhr schauen: Die Casarecci au Apulien brauchen länger als die Vollkornrigatoni aus Meran.



Die Aufkocherei wäre nicht so tragisch, hätte ich nur mehr mitgebracht, als ich in Italien war. Und mehr Tee hätte ich auch einpacken sollen: Selbst ohne Verpflichtungen würde ich es hier bald nicht mehr aushalten, ohne meinen Tee. Man denkt, man kann einfach fahren, es ist ohnehin alles da, nur um festzustellen, dass das wichtigste rapide zur Neige geht. Auch hier ist es ein Aufkochen der Reste und die Frage, wie lang ein Mench ohne Teein überleben kann. Mir macht so ein Bild schon vom Anschauen kopfschmerzen.



Die Reste des Jahres werden auch draussen aufgekocht, denn wie immer hat die Hausverwaltung einen auf weisse Weihnacht gemacht. Ich sage mir: Wenn so einer wie der Ponader bei den Piraten im Sattel bleiben kann, kann ich auch noch dieses Jahr überleben. Zwei Tage, sagt ein polnisches Sprichwort, hält man es auch mit dem Teufel aus, und ich habe exakt Null Termine mit einem Verlag für dieses Jahr, und schon gar nicht mit dem Verlag, dem ich entgangen bin. Es hätte besser, es hätte schlechter sein können, dieses Jahr.



Am Abend schneit es dann wieder, und die Strassen werden glatt. Ich finde in der Küche doch noch eine kleine Menge Tee, genug jedenfalls, um bleiben zu können. Morgen dann endgültig heim. Zumal es hier auch nicht schöner wird, nur noch weisser.

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Samstag, 1. Dezember 2012

1 von 1 Million dummen Arten zu sterben

Ihr kennt das: Einer Eurer Bergkameraden ist abgestürzt, und nun steht Ihr an seinem Grab und denkt Euch: Wer wird der nächste sein? Wird man uns überhaupt in den Gletscherspalten finden? Werden wir vorher wenigstens auf dem Gipfel Spinatknödel bekommen? Und warum ist er nicht unten bei seinen Marzipanschnecken und dem warmen Tee geblieben?







Nun, der Nächste wird fraglos derjenige sein, der der nächste ist, keinesfalls, das weiss ich sicher, der Übernächste, der kommt erst danach. Bei den Gletscherspalten müsst Ihr Euch beeilen, und was den Tegernsee angeht, kommt Ihr eine ganze Eiszeit zu spät. Oben an der Neureuth war zu, also selbst etwas bringen. Und warum ich da hoch bin - nun, ich wollte den grünen Hüpfer ausprobieren.







Um den grünen Hüpfer muss man sich mehr Sorgen als um mich machen; der wurde 1999 geboren, nach Sendling geliefert, und hat seitdem allenfalls Waldautobahnen an der Isar gesehen. Meistens jedoch nur seinen warmen Keller im Westend. So etwas wie Regen nur selten und Schnee gar nie nicht. Das könnte nun so weitergehen, bis das Aluminium fault und die Federelemente zerbröseln. Tut es aber nicht. Und gleich als dritte Ausfahrt unter dem neuen Besitzer auf einen verschneiten Berg - nun, da gibt es keine Garantie für gar nichts.







Der grüne Hüpfer hüpft eigentlich nicht, dazu ist er viel zu schwer, aber für ein vollgefedertes Rad aus dem letzten Jahrtausend (wie das klingt! Gefährlich und wagemutig.) zieht es ordentlich seine Spur durch den Schnee. Weiter oben wird dann das Eis unter den Reifen bersten. Nach der dritten Kurve bin ich eingefahren, bleibe sitzen, zerre nicht am Lenker, und so trete ich den Berg hoch, und nicht in die Federung. Doch man kann mit so einem Rad auf den Berg. Egal was die Magazine behaupten.







Unten könnte man noch nicht rodeln, weil kein Schnee auf dem Weg liegt. In der Mitte kann man noch nicht rodeln, weil sich Eisplatten - man sollte sie sich merken - mit Geröll mischen. Und oben kann man nicht rodeln, weil der Schnee noch nicht eingewalzt ist. Man kann nicht rodeln. Einige schauen mich auch seltsam an, als könnte man hier auch nicht radeln. Wer zum Teufel ist so bescheuert, an einem bitterkalten, wolkenverhangenen Tag über Stein, Eis und Schnee... nun, Ihr kennt die Antwort. Aber wie immer lohnt es sich. Für die Blätter im Schnee, für die überdachten Wege, und die eisigen Stacheln, die der Raureif an den Ästen hinterlassen hat.







Oben ist alles dicht. Keine Aussicht auf die Alpen oder den See. Für einen Moment ahnt man die Sonne, die über den Wolken scheinen muss, dann wird alles wieder grau. Man bleibt nicht lange, wo es doch auch keine Spinatknödel gibt. Man fährt hinunter und singt dabei "dumb ways to die, there are million dumb ways to die". Und steigt vom grünen Hüpfer, wenn die Eisplatten kommen. Dass es mich ausgerechnet beim Absteigen gelegt hat - mei. "Stieg aus Sicherheitsbedenken vom Rad, das dann wegrutschte." Dumb, very dumb indeed. Bleibe ich halt noch einen Tag und schaue, wie sich das mit dem Daumen entwickelt. Aber der grüne Hüpfer hat es gut mitgemacht.

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Samstag, 1. Dezember 2012

Kalt geschmiedet

Diese Ruhe - man kommt ja zu nichts. Immer, wenn ich viel getan habe, falle ich sofort zurück in einen Gammelmodus, und das wird gerade vom Wetter voll unterstützt.



Gut, ich habe das Weihnachtsgesteck vom einen Raum in den anderen getragen. Aber ich habe keinen Beitrag über den Adventskranzbau geschrieben, sondern nu einen Gastbeitrag schreiben lassen - ich, der ich sonst immer Hingabe predige, aber hier andere Wein aus der Pfalz saufen lasse. Ich war sogar zu faul, meinen alten Beitrag über die Russen und die teuerste Praline der Welt zu verlinken. Ich weiss auch nicht, was mit mir los ist. Krank werde ich nicht, der Tag zerfasert einfach, und ich finde das gar nicht so schlecht. Ich kaufe einen sehr, sehr günstigen Rennradrahmen, damit ich etwas zum Basteln habe. Und ich frage mich, ob man bald wird rodeln können.



Daheim habe ich gesagt, nach einer Woche wäre ich sicher wieder da, aber in der Eintönigkeit des Nebels und der Schneelandschaft zerlaufen die Tage, die immer gleiche, kleine Lampe wirft warmes Licht auf die rohe Holzplatte meines Schreibtischs, und auf dem abmontierten Vorbau steht "cold forged". Das möchte ich nicht sein, kalt gehämmert, aber das ist man, wenn man draussen ist. Der Versuch, der Wohnung zu entgehen, sieht so aus: Anziehen, die Tür öffnen, zur Haustür gehen, öffnen, vor die Tür treten, und schon rast die Mietkatz der Nachbarn durch die Tür und möchte rein. Ich weiss inzwischen, dass es bei den Nachbarn eine Katzenklappe gilbt, aber die flauschigeren Decken gibt es doch bei mir. Also gehe ich zurück, und bis die Katze dann versorgt ist, ist es draussen schon wieder finster.



Das ist nicht so schlimm, hier imDorf habe ich es mir angewöhnt, anders und mehr zu kaufen: Viel mehr haltbare Sachen, für den Fall, dass ich einmal länger nicht nach draussen will. Auch die Katze könnte hier ein paar Tage überleben. Natürlich ist es läppisch, da draussen liegen vielleicht 10, 15 Zentimeter Schnee, aber das Gefühl, eingeschneit zu werden, und es gibt einen ganzen Schubladen voll mit dicken Tischdecken, Bienenwachskerzen und Silber, der wieder geputzt werden will, das ist einfach hinreissend. Und so vergeht wieder eine Stunde und noch eine und dann ist es eigentlich zu dunkel, um jetzt noch zu fahren.



Es ist sehr angenehm, wenn einem der Schlüssel zur Zeit so charmant aus den Händen genommen wird. Was zu meinem Glück jetzt noch fehlen würde, wäre eine Auktion irgendwo weit weg, und dann würde das Telefon klingeln, und im Saal würde der Auktionator sagen, dass sie noch einen Telefonbieter vom Tegernsee haben, und allen würde der Mut sinken. Lässig würde ich über alles drüber gehen, und letztlich die Barockdame ganz günstig bekommen, und dann würde sich jemand gleich in den Lieferwagen setzen und ziemlich genau dann, wenn das Abendessen fertig ist, schneebestäubt den Erwerb hier anliefern und sagen: Na, die war schon keine Jungfrau mehr, das ist mehr so eine Ausgschamde, die können wir nicht mehr an die CSU verkaufen, die geht auf's Haus. Bis es soweit ist, denke ich darüber nach, das Schlafzimmer warm zu streichen. Diese weisse Wand langweilt mich.



Knallrot wäre schön, aber das traue ich mich nicht. Gäste sollen sich hier doch wie daheim fühlen, und nicht wie in einem Bordell, wobei Bordelle heute vermutlich auch schon wie diese Wellness-Spas aussehen, die einen hier mit Werbung überschütten, ganz billig, der halbe Tag nur 80 Euro. Dann lieber streichen. Aber gelbgoldocker habe ich schon daheim zweimal, Lachs und Himbeer auch, blau ist zu kalt, braun ist doof, und am Ende wird es wieder so sein, dass ich irgendwelche Farbreste zusammenschütte und schaue, was dabei rauskommt. Vielleicht ein schmutziges Rosa; ich denke, das könnte gut zu mir passen. Wenn dann der nächste Schneefall kommt, habe ich zwei Tage zu tun. Denn die Bewegungslosigkeit ist zusammen mit dem Wissen, im Auto wäre noch ein Kilo Plätzchen, nicht ganz ungefährlich.

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Freitag, 30. November 2012

Wärmer

Manchmal kommt man bei der Arbeit auch mit Themen in Berührung, mit denen man an und für sich abgeschlossen hat; das Spreizen von Beratern zum Beispiel und die Eitelkeit, die sich mangels anderer Möglichkeiten dann im Internet äussert. Hatte ich länger nicht mehr, genauer seit drei Monaten, als mir in München ein leitender Burdamitarbeiter zufällig im Cafe begegnete. Oft äussert sich sowas in einer gewissen Distanzlosigkeit, im Realen und noch schlimmer im Netz, um der Welt zu zeigen, mit wem man alles gut kann. Die Angesprochenen können sich vermutlich dagegen kaum anders als mit Schweigen wehren, aber das hält natürlich niemanden davon ab, es nicht weiter zu tun. Geht ja schnell, bei Twitter.







Komisch finde ich das, dieses Laute und Persönliche. So nebenbei bekommt man mit, wie anonym diese Leute dann tatsächlich leben; fast ist man geneigt, das Laute einem Fehlen der normalen Kommunikationsübung zuzuschreiben, die hier pervertiert nur noch Powerpoint dient. Sie sind in grossen Städten, oft vom Wunsch getrieben, viel unterwegs und umtriebig zu sein, und gleichzeitig wenig herauszulassen. Bei mir weiss jeder, es ist ja auch kein Problem, dass ich ein neues Bergrad durch den Schneesturm da draussen über dem See trete. Bei denen weiss man herzlich wenig. Irgendwo las ich, dass Menschen Adressbücher alter Menschen traurig finden, in denen viele Namen gestrichen sind: Immerhin hattem die etwas zum Streichen. Die Leute, deren Hintergründe ich in den letzten Tagen recherchiert habe, machen mitunter nicht den Anschein, als wäre da so etwas wie ein intaktes Umfeld. Was auch kein Wunder ist, wenn die Arbeits- und Selbstbeschäftigungsbedingungen so etwas praktisch ausschliessen. Unwilkürlich frage ich mich, wie die mal als Grossvater oder Grossmutter sein würden. Oder nein, ich will das gar nicht so genau wissen. Ich weiss, dass meine Lebensbilanz später mal nicht prächtig ausfallen wird ("an den Möglichkeiten kläglich versagt"), aber das war dann meine freie Entscheidung. Bei anderen wäre ich mir da nicht so sicher, da wird das durch die Umstände des Beraterdaseins vorbestimmt.







Ich bin mit denen befremdet. Manchmal ist es ja so, da trifft man zufälligerweise einen von denen, entzieht sich nicht, hört zu und denkt sich: Oh weh. Der ist ja wirklich so. Das ist 1 zu 1, Leben zu Netz. Mehr ist da nicht, ausser vielleicht ml ein Anfall wegen Überarbeitung, wie ihn mal ein PR-Blogheini in München hatte. Da sehe ich rabenschwarz für all die angeblich so tollen Firmengeschichten, um die sich alle momentan so viele Gedanken machen: Dazu bräuchte es erst mal Leben, und wenn die Firmen keines haben und der Beauftragte auch nicht, wird es schnell roboterhaft. Aber vielleicht ist es auch ganz gut slo, je mehr von denen gehen und den Firmen auf der Tasche liegen, desto besser für lebendige Informationen und Geschichten,







Kalt war es da draussen. Sehr kalt. Aber immer noch warm im Vergleich zum Gefühl der menschlichen Kälte, das mich aus dem Netz anweht. Ich ertappe mich auf der Suche nach Blogbeiträgen über Adventskranzbau und Plätzchenbacken.

Abends dann der Beginn des Resteaufkochens, denn das Ende des Aufenthalts am See ist, hm, absehbar oder abseebar, wie man will. Pilze, Käse, Schmand, Kastanien. Zwiebeln, Butter, und aufgetaute Nudeln aus Meran.







Dann noch eine Kanne Tee und ein Vollbad und kein Internet mehr, und es wird wieder warm.

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Manchmal ist es Arbeit

Aber diesmal war es Vergnügen.

Denn ich hasse schiefe historische Vergleiche von Bildungsfernen, Überlegenheitsirrsinn der Auchnixkönner und überhaupt all die klugen, bemüht-witzigen Berater, und Austeilen kann ich auch.

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Mittwoch, 28. November 2012

Der Letzte

Das muss man auch erst mal als Region schaffen: 7 Wochen Spätsommer in der an sich hässlichsten aller Jahreszeiten, dann zwei Tage echter Herbst in Grau und Nebel, und dann Winter. Und zwar gleich richtig mit allem, was dazu gehört. Nun ist der Winter am See zwar sehr erbaulich, aber die Entstehung des Winters, diese paar Tage, da es schneit, ist nicht so angenehm (Merke: Es gibt einen gigantischen Unterschied zwischen Schneefall und liegendem Schnee, beim einen nämlich bekommt man keinen Sonnenbrand). An solchen Tagen mache ich auch das, was ich in Frankfurt immer tue: Ich schaue mir schönere Bilder vom Tegernsee an. In Frankfurt ist es die Webcam vom Schloss Ringberg, am Tegernsee ist es die letzte normale Bergtour des Jahres am Sonntag.







Als ich hierher gezogen bin, fragten daheim viele, ob die Wohnung nicht vielleicht dem gleichen Schicksal zum Opfer fallen würde, wie so viele andere Zweitwohnsitze: Irgendwann wird es langweilig, man kennt alles schon, andere bringen Neues aus neuen Ländern mit, das Fernweh erwacht, man möchte doch etwas anderes sehen - mir reicht es eigentlich zu sehen, dass es über mir blau ist. Und da hinten das Grauen ist, dem ich entgangen bin. Ich bin da sehr genügsam. Und ich sehe immer etwas Neues.







Ich sehe den Menschen, die draussen sitzen und zufrieden sind. Ich sehe nichts von dem ganzen Spa-Mountain-Irrsinn, der sich jetzt in den Bergen breit macht, und ich sehe auch nichts vom Winter-Opening, das 2012 glücklicherweise ausfallen wird. Es ist, denke ich mir, doch schon, dass es gar nicht mehr sein muss. Ein kleiner Berg, schönes Wetter, Fernsicht, und Leute, die zu fünst für 25 Euro mit der BOB anreisen. Sicher, es sind auch die üblichen Leute aus Tegernsee da, aber über allen scheint die Sonne gleich. Es ist nochmal ein schöner Tag, der letzte, leider, aber man muss dankbar sein für das, was man hat.







Das Karwendelmassiv, mit dem Wissen: Dahinter ist Innsbruck, und von dort aus ist es nur noch ein Katzensprung. In der Ferne die Zugspitze. Und nah, ganz nah, die Socken von der Mare, die vielleicht noch ein klein wenig zu warm sind, aber das Wetter kommt ihnen langsam entgegen.







Dann geht es wieder ins Tal. Es kommen Schäfchenwolken auf; man sagt, danach würde es keine 24 Stinden dauern, und der Regen käme. Darüber kann man hier nur lachen, diese Wolken kommen am Abend und am nächsten Tag strahlt wieder das Blau; die Regel stimmt hier selten, ausser wenn sie stimmt, und diesmal wird es letztlich doch so sein. Nach 7 Wochen Widerstand gegen das Unvermeidliche und 6% Luftfeuchtigkeit auf den Bergen - es war eine gute Zeit für die Brauer und auch für mich.







Jetzt ist es vorbei. Aber so ist das nun mal. Es ist kein Bedauern draussen im Nebel. Man muss nehmen, was man kriegen kann, und ich habe alles genommen. Es gibt keinen Grund, etwas zu bedauern. Und wenn es doch schlecht und hässlich sein wird - diesen Winter wird die Eurokrise wieder zurückkommen - dann schaue ich mir halt an der Heitung diese Bilder an, trinke Tee und trage einen Seidenschal aus Bellagio.

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Dienstag, 27. November 2012

Grün sein

ich liebe den technischen Fortschritt. Man sollte immer das Allerneuste haben. Immer alle Verbesserungen mitnehmen. Am besten jedes Jahr. Nur keine Entwicklung auslassen!

Zum Beispiel 29er. Das sind diese Bergradl mit den grossen Reifen. Früher waren das Treckingradformate, heute werden darauf die Reifen breiter, und wie man früher ohne Scheibenbremsen überleben konnte, weiss auch keiner. Die 29er sind viel besser, wenn man durch einen Wald mit grossen Hindernissen fährt, dann rollen sie besser darüber hinweg, als die kleinen 26-Zoll-Laufräder. Sie 29er sind zwar auch instabiler, müssen deshalb robuster und schwerer sein, und das ausgerechnet ganz aussen, wo man besonders viel Kraft braucht, um Gewicht zu beschleunigen - aber 29er müssen heute sein. Kein Mensch will mehr 26er von 1999. Und zugegeben - die sind auch nicht wirklich elegant, mitunter.







Das ist ein Trek VRX 300. Eines der optisch gewöhnungsbedürftigsten Fahrräder, das man sich vorstellen kann, und es wurde auch nur 1999 und 2000 gebaut. Auch das mag dazu beitragen, dass es heute nicht mehr 3500 DM kostet. Und die neuere Ausstattungsdetails - Altherrensattel, hoher Vorbau und Stadtreifen - sind auch nicht ganz im Sinne des Erfinders. Eigentlich gehört dieses Rad in schwerstes Gelände, aber die meisten 26er fristen wie die 29er ein Dasein in Städten, wo sie zuschanden gefahren werden. Dieses Trek hatte Glück, wurde kaum benutzt, und staubte die letzten Jahre in einem Keller im Münchner Westend vor sich hin, und deshalb ist es, von ein paar Schrammen abgesehen, recht gut erhalten. Aber der Kaufpreis - 151 Euro - sagt so einiges über den Wandel unserer Marken- und Vorstellungswelten aus.







Warum? Nun, im letzten Winter hat man mir mein Steppenwolf geklaut, und weil es Winter wird, brauche ich ein robustes Rad aus rostfreiem Aluminium. Es ist die Zeit des Übergangs, 7 Wochen war das Wetter schön und sommerlich, und in einer Woche ist es tiefster Winter; der November dauert hier nur drei Tage. Zum Glück hatte ich alles, was ich brauchte, noch am See im Keller herumliegen: Ein normaler Sattel, ein Paar Reifen und ein flacherer Vorbau. Mit einem modischen Carbon 29er kann es optisch natürlich nicht mithalten, dazu ist es viel zu anders. Ausserdem ist es schwer und hält hoffentlich auch den ein oder anderen härteren Schlag aus. Und es ist grün. Sehr grün. So grün sind die Grünen schon lang nicht mehr, ein Metallic-Giftfrosch-Grün. So stelle ich mir Frösche in Fukushima vor.







Oh, und es fährt sich klar besser als das Steppenwolf, ein Ergebnis der ausgeklügelten Hinterradfederung. Ich gehöre ausserdem zu der seltsamen Sorte Mensch, die behaupten, dass man auch heute noch damit Dinge tun kann, die man schon 1999 damit tun konnte. Das Marin zum Beispiel, mit dem ich im Sommer Berge befahre, ist über 20 Jahre alt. Und das hier wird später auch noch umgebaut: Ich brauche einen Rodeltransporter. Die Rodelstrecke ist zu weit weg, um zu Fuss zu gehen, aber viel zu nah da, um jedesmal das Auto aus der Tiefgarage zu holen, und am Wochenende keinen Parkplatz zu finden. Also werde ich auf die hintere Schwinge irgendwas bauen, auf das ein Rodel passt.







Und ausserdem ist Herbst. November. Grau. Da ist es schön, etwas zum Basteln zu haben, die Schalthebel wieder zum Leben zu erwecken (exakt ein Tropfen Öl auf das Sperrklinkenlager, kleiner Effekt, grosse Wirkung, und wenn das mehr Leute wüssten, würden sie nicht alle zwei Jahre neue Schalthebel brauchen) und sich langsam an dieses Grün und diese Optik zu gewöhnen. Es schont im Vergleich zu neuen Rädern die Umwelt, und es war so billig, dass sich die ein oder andere Patina verschmerzen lässt. Und es ist grün. Es ist schön, etwas Grünes zu haben, wenn die Welt erst grau und das weiss sein wird.

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Ganz vergessen:

Die Kosten von Luxus und Niedergang

Mein neuer Beitrag in der FAZ. Ich bin inzwischen so vertegernseet, dass ich schon über Restaurierungsarbeiten im Hausgang und Goldkügelchen schreibe.

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Mir fallen zwei Gründe für das Leistungsschutzrecht ein

1. Die Steuervermeidungspraxis von Google. Wer einen Dieb bestiehlt...

2. Der Fall Mollath. Wer so etwas durchkämpft, hat mehr als nur Geld verdient.

Ansonsten halte ich das LSR für eine verdammt schlechte Idee, auf kurz oder lang dafür sorgen wird, dass die kleinen Aggregatoren wie Rivva schliessen müssen und die Grossen wie Google eigene Konzepte für Medien entwickeln.

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Montag, 26. November 2012

Darf ich mal was Persönliches sagen?

Was mr wirklich München verleidet hat und der letzte Beweggrund war, meine Sachen dort zu packen? Das war ein X3. Diese elende Münchner Angeberkarre. Eigentlich waren es zwei X3 hintereinander. Die fuhren in der Nacht, als ich in München bei mir daheim ankam, in der Theresienstrasse an mir vorbei, gleich am mineralogischen Institut. Kurz vor Mitternacht. Unter der Woche. Da war wenig los. Und dann waren sie halt vorbei und ich querte die Strasse. Bei der Einfahrt zum Parkplatz. Und während ich losging, merkte der Fahrer des hinteren X3, dass es da ja in einen, wenngleich abgesperrten Parkplatz ging. Vollbremsung, Rückwärtsgang, Gas geben, Fussgänger umnieten. Dann aussteigen und das Fahrzeug begutachten und dem Fussgänger Vorwürfe machen, was er auf der Strasse täte, er müsste doch schauen - wenn da ein X3 rückwärts gegen die Einbahnstrasse raste. Auch die blonde Begleiterin war panisch wegen des Wagens, der ihrem Mann gehörte, der aber nicht fuhr. Ein Date neben der Ehe. Delikat.







Dazu gesellte sich dann der Fahrer des zweiten X3 und wollte mir einreden, ich hätte das absichtlich gemacht. Einen Krankenwagen oder die Polizei wollten sie nicht rufen, ein Handy hatte ich nicht dabei, aber die Kamera. Einer gab mir wiederwillig seine Telefonnummer (eventuell für die Reinigungskosten) und der andere gab sich als Anwalt aus, und ich machte, als sie losfuhren, mit meiner Kamera noch ein Photo vom Nummernschild. Ich ging in meine Wohnung, dann zum Notarzt, weil ich ein Trauma hatte, und dann zu den Behörden. Bei der Polizei hiess das dann Fahrerflucht, und der dreiste doch nicht Anwalt, sondern nur Medienunternehmer seiende Kollege, der sich in Widersprüche verstrickte, war auch noch mit dran, weil er es ums Verrecken einfach nicht einsehen wollte, dass man das so nicht hinbiegen konnte, auch wenn man zu viert in zwei Wägen unterwegs war und einem die Version des Opfers nicht passte.







Ich ging mit einem miesen Gefühl aus der Geschichte, der eine hatte einen Fahrfeher gemacht, aber ohne den ihn munter-flockig aufstachelnden Begleiter wäre das vielleicht auch anders ausgegangen. Den hätte es nach meinem Erleben richtig erwischen sollen. Der Verursacher war nur doof, aber der zweite war so richtig fies. Das machen wir schon, der soll seine Klappe halten, den machen wir alle. Toller Berater. Tja. So kann man sich täuschen. Aber das ist München, wie es leider auch leibt und lebt, dieses P7S1-Zuliefer-Käferzelt-X3-allesaufdieFirma-München. In der New Economy war das noch irgendwie grosszügig, weil genug Geld da war, aber 2005 in der Nacht war es halt so, wie es war: Leute anfahren und abhauen und noch einen draufmachen. Die Polizei spürte sie noch in der Nacht in einem Lokal auf.







Das gab mir dann letztlich die Kraft, meine Wohnung mitsamt der 5000 Bücher auszuräumen und sie einer Bekannten zu überlassen, meine Münchner Verpflichtungen zu beenden und mich um etwas zu kümmern, das mir wirklich wichtig ist. Geblieben ist jede Menge fundamentales Misstrauen gegen einen gewissen Machertypus mit gönnerhaftem Lassunsmalessengehen-Habitus. Ich zahle dann immer selbst. Ich kämpfe gegen meine Vorurteile an, ich gebe mir Mühe, ich sage mir oft: Naja, in seinem Umfeld wird das so erwaertet, der meint das gar nicht so, seine moralische Wechselhaftigkeit ist den Umständen geschuldet und wenn Du in seiner Lage wärest, würdest Du vielleicht genauso handeln, um wichtige Ziele zu erreichen. Im Ergebnis stehe ich dann öfters überrascht da und sehe, was für einen asozialen Dreck solche Figuren dann produzieren, ohne Rücksicht auf Verluste, und sich aus der Verantwortung stehlen. Feige, mies und hinterhältig. Und zwar ganz unabhängig von der politischen Einstellung.







Und München verlassen war ein einfacher Weg, um mich davon zu befreien. Das Erlebnis an sich kommt nur momentan wieder hoch, weil diese Zeit eine des grossen Wandels ist. Viele der hier auftretenden Freundlichkeiten sind eigentlich gar nicht mein Ding. Eigentlich bin ich viel zu nett. Eigentlich trete ich gar nicht auf so viele Eiterbeulen, wie es mir zustünde. Das liegt daran, dass ich durch das Wetter und die allgemeinen Zustände trotz allem recht ausgewogen bin, aber heute kam mir das alles wieder in den Sinn. Weil diese Typen immer noch da sind, diese elenden Trittbrettfahrer und Schnösel, als Social Media Berater und Profiblogversager, als Maulaufreisser und Scheissebauer, als Billigkeksfresser und Plastikbecherkaffeetrinker in Besprechungszimmer, als Einkommensoptimierer und maximalen Schadenzufüger, wenn sie nicht weiter kommen, denn wenn sie schon nicht mehr bezahlt werden, soll es wenigstens den anderen verleidet werden. Keine Pleite, kein Suizid, nichts kann sie aufhalten in ihren Social Media Angeboten und ihrer Internetgläubigkeit, an der sie selbst versagen. Immer und immer wieder. Weil sie gar keine Lust auf Leistung habem, weil sie Privilegien als natürliche Unterordnung der Dinge unter ihre genialische Tätigkeit betrachten, weil sie miserable Angeber sind und bitte: Nennt Euch nicht meinen Kollegen, wenn ihr Geld für das Bloggen bekommt, sondern nennt Euch bitte weiter inkompetent und faul, das trifft es. Ich reagiere auf solche distanzlosen Ranwanzungen mit schlechtem Benehmen allergisch. Ich bin ziemlich anders.







Heute ist das Wetter schön, da habe ich etwas für mich zu tun. Aber bald ist das vorbei, dann habe ich wieder Zeit, und kann mich auch mal wieder darum kümmern. Um diese ganz spezielle Zielgruppe, die in München so prächtig in Massen gedeiht, dass sie allenfalls genug Geld für eine BOB-Fahrkarte an den See verdienen. Klar, es ist Medienkrise. Aber es gibt welche, die wird man immer brauchen, und viele Quatschköpfe, die man noch nie wirklich gebraucht hat. Die einen kommen schon durch. Die anderen - da muss man ab und zu nachhelfen. Es gibt immer noch zu viele, die sich einen X3 leisten können.

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