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Dienstag, 11. Dezember 2012
Ohne Papst und Duce
Das Prinzip der Prachtstrassen, oder lateinisch gesagt, der Via Triumphalis, hat in den letzten Jahrzehnten doch etwas ausgedient. Das war in Zeiten noch ganz nett, als Kriege lokal begrenzte Auseinandersetzungen waren, und man nichts dabei fand., ein Denkmal für Massenschlächterei mit einem hübschen Areal für Flaneure zu verbinden; und besonders nett war das natürlich oftmals im feulen, verbeischlafenen Rokoko, als man so etwas gar nicht haben wollte, weil man die Kriege als Sache der Kabinette betrachtete, und das Leben ansonsten zu geniessen wusste. Aber dann kamen eben die Volksheere und erzwungenermassen auch die gebaute Propaganda, und nie wurde mehr Blödheit gebaut wie im 20. Jahrhundert: Noch irrer als alles, was in Berlin und Nürnberg angegangen wurde, ist das, was in Rom in zwei Etappen verwirklicht wurde: Die Strasse hinaus zum Weltausstellungsgelände EUR und die Via della Conciliazione, die Strasse der Versöhnung zwischen Tiber und Vatican, die sich Kirche und Faschisten gemeinsam nach dem Konkordat von 1929 schenkten. Erste war noch halbwegs Stadtentwicklung, zweitere eine brutale Zerstörung zugunsten gebauter Monstrosität.



Aufmarschalleen sind seitdem natürlich etwas in Verruf gekommen, und überhaupt hat die Änderung der Mobilität auch genug andere Zwänge zur Folge gehabt: Ausfallstrassen und Einfallschneisen ziehen sich durch die Städte, Ader, in denen zumeist wenig schönes Blut der Bewegung gepumpt wird. Und selten ist das so hübsch wie in der Maximiliansstrase, die trotz ihrer Vergewaltigung durch den Verkehr immer noch dem aus dem Norden kommenden wohlig umfängt. Da entsteht gleich ein Gefühl der Vertrautheit. selbst wenn am Ende des Strasse mit der Feldherrnhalle gleich der nächste Unsinn steht. Man kann das irgendwie verdrängen, und dann ist es eine schöne Einladung in die Stadt. Manchmal glaube ich, dass das einer der Gründe ist, weshalb München so wächst: Man kommt oft schön in dieser Stadt an.



Frankfurt ist eine andere Sache.Frankfurt lädt nicht wirklich zum Flanieren ein, es ist sehr Auto- Flugzeug- und Bahngercht, aber nicht wirklich eine Stadt für Menschen und Füsse. Effektiv ist die Strecke Hauptbahnhof zum Verlag durchaus so, dass man sie laufen könnte, aber ich nehme die S-Bahn, obwohl ich öffentliche Verkehrsmittel nicht mag. Das ist immer ein ganz schlechtes Zeichen; in Lissabon zum Beispiel gibt es zwar wunderschöne Strassenbahnen, und trotzdem bin ich sehr gern gelaufen. Rom zu Fuss, Verona zu Fuss, München zu Fuss, überall gibt es dafür gute Gründe. Frankfurt, so kommt es mir vor, ist eher eine Stadt für Dienstaustos auf dem Weg zum Flughafen. Und die dafür nötige Radikalität im Bauen wird auch nicht kaschiert. Ich rege mich ja schon in meiner relativ intakten Altstadt jeden Tag auf: Ich glaube, in Frankfurt wäre ich ein unerträglicher Bürgerschaftsversammlungsnörgler. Ohne dass es dort allersings einen Papst oder einen Duce gäbe, die man dafür verantwortlich machen könnte, was, wie wir alle wissen, das Haupthobby eines Flaneurs ist.



Da ist zum Beispiel dieses New-Economy-Viertel, an dem man mit der Bahn vorbeiruckelt, und das jetzt im neuen Hype wieder zügig ausgebaut werden soll, nachdem lange Jahre alle Arbeiten ruhten: Nicht ganz zufällig mögen die Anklänge an das EUR-Gelände sein, nur ist es heute nicht mehr für die Ewigkeit der feschistischen Bewegung und aus echtem Travertin, sondern so, wie es eben überall ist: Minimale Kosten für maximale Rendite, das gilt heute überall, egal ob nun die Armen einziehen, die verdrängt wurden, oder diejenigen, die über die Immobilien- und Mietpreise jammern, und sie doch selbst über ihre Ansprüche steigen lassen. Es müssen immer noch mehr Quadratmeter sein, noch ein Balkon und am besten unten auch Consierge: So siegt das Kapital und hat genug Einnahmen, das nächste Eckerl aufzuwerten. Und jetzt auch auf einstweilige Anordnung zu entmieten. Man schaue mich nicht so an, ich habe vor den Leuten an der Regierung gewarnt, und so ist nun das Spiel: Man baut heute keine Tpiumofbögen mehr. Man erhöht automatisch die Miete.



Möglicherweise wird Frankfurt dem Ruf, die Stadt des Geldes zu sein, gar nicht mehr so lange gerecht; so richtig gesund sehen die Banken nicht aus, auch da wird man weiter sparen müssen, selbst wenn die nächste Occupy-Bewegung der Staatsanwaltschaft andere trifft. Man hat EUR im guten Glauben errichtet, dass man 1942 etwas zu feiern hätte, und so ist es vielleicht auch mit vielen anderen Prunkbauten. Ich habe nie ein besonders gutes Gefühl, wenn ich dorthin fahre, weil eine Stadt, die einen so empfängt... aber diesmal dachte ich mir das auch beim Verlassen.Das dicke Ende, sagt mein gar nicht dicker Bauch, kommt noch. Aber hoffentlich nicht weiter als bis zum Main. Einfallsstrassen haben wir dafür nicht, nur enge, verwinkelte Altstadtgassen und das Wissen, dass es irgendwie immer weiter gegangen ist.



Aufmarschalleen sind seitdem natürlich etwas in Verruf gekommen, und überhaupt hat die Änderung der Mobilität auch genug andere Zwänge zur Folge gehabt: Ausfallstrassen und Einfallschneisen ziehen sich durch die Städte, Ader, in denen zumeist wenig schönes Blut der Bewegung gepumpt wird. Und selten ist das so hübsch wie in der Maximiliansstrase, die trotz ihrer Vergewaltigung durch den Verkehr immer noch dem aus dem Norden kommenden wohlig umfängt. Da entsteht gleich ein Gefühl der Vertrautheit. selbst wenn am Ende des Strasse mit der Feldherrnhalle gleich der nächste Unsinn steht. Man kann das irgendwie verdrängen, und dann ist es eine schöne Einladung in die Stadt. Manchmal glaube ich, dass das einer der Gründe ist, weshalb München so wächst: Man kommt oft schön in dieser Stadt an.



Frankfurt ist eine andere Sache.Frankfurt lädt nicht wirklich zum Flanieren ein, es ist sehr Auto- Flugzeug- und Bahngercht, aber nicht wirklich eine Stadt für Menschen und Füsse. Effektiv ist die Strecke Hauptbahnhof zum Verlag durchaus so, dass man sie laufen könnte, aber ich nehme die S-Bahn, obwohl ich öffentliche Verkehrsmittel nicht mag. Das ist immer ein ganz schlechtes Zeichen; in Lissabon zum Beispiel gibt es zwar wunderschöne Strassenbahnen, und trotzdem bin ich sehr gern gelaufen. Rom zu Fuss, Verona zu Fuss, München zu Fuss, überall gibt es dafür gute Gründe. Frankfurt, so kommt es mir vor, ist eher eine Stadt für Dienstaustos auf dem Weg zum Flughafen. Und die dafür nötige Radikalität im Bauen wird auch nicht kaschiert. Ich rege mich ja schon in meiner relativ intakten Altstadt jeden Tag auf: Ich glaube, in Frankfurt wäre ich ein unerträglicher Bürgerschaftsversammlungsnörgler. Ohne dass es dort allersings einen Papst oder einen Duce gäbe, die man dafür verantwortlich machen könnte, was, wie wir alle wissen, das Haupthobby eines Flaneurs ist.



Da ist zum Beispiel dieses New-Economy-Viertel, an dem man mit der Bahn vorbeiruckelt, und das jetzt im neuen Hype wieder zügig ausgebaut werden soll, nachdem lange Jahre alle Arbeiten ruhten: Nicht ganz zufällig mögen die Anklänge an das EUR-Gelände sein, nur ist es heute nicht mehr für die Ewigkeit der feschistischen Bewegung und aus echtem Travertin, sondern so, wie es eben überall ist: Minimale Kosten für maximale Rendite, das gilt heute überall, egal ob nun die Armen einziehen, die verdrängt wurden, oder diejenigen, die über die Immobilien- und Mietpreise jammern, und sie doch selbst über ihre Ansprüche steigen lassen. Es müssen immer noch mehr Quadratmeter sein, noch ein Balkon und am besten unten auch Consierge: So siegt das Kapital und hat genug Einnahmen, das nächste Eckerl aufzuwerten. Und jetzt auch auf einstweilige Anordnung zu entmieten. Man schaue mich nicht so an, ich habe vor den Leuten an der Regierung gewarnt, und so ist nun das Spiel: Man baut heute keine Tpiumofbögen mehr. Man erhöht automatisch die Miete.



Möglicherweise wird Frankfurt dem Ruf, die Stadt des Geldes zu sein, gar nicht mehr so lange gerecht; so richtig gesund sehen die Banken nicht aus, auch da wird man weiter sparen müssen, selbst wenn die nächste Occupy-Bewegung der Staatsanwaltschaft andere trifft. Man hat EUR im guten Glauben errichtet, dass man 1942 etwas zu feiern hätte, und so ist es vielleicht auch mit vielen anderen Prunkbauten. Ich habe nie ein besonders gutes Gefühl, wenn ich dorthin fahre, weil eine Stadt, die einen so empfängt... aber diesmal dachte ich mir das auch beim Verlassen.Das dicke Ende, sagt mein gar nicht dicker Bauch, kommt noch. Aber hoffentlich nicht weiter als bis zum Main. Einfallsstrassen haben wir dafür nicht, nur enge, verwinkelte Altstadtgassen und das Wissen, dass es irgendwie immer weiter gegangen ist.
donalphons, 23:59h
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Werber schauen Dich an
Die freundliche Dame, die mir meine Marmelade macht, hat mir meine Vorräte für den Winter vorbeigebracht, weil sie nicht auf dem Wochenmarkt ist: das ist sehr freundlich und menschlich und reicht hoffentlich die nächsten paar Wochen. Nach dem, was ich im schnellen Blick in die Taschen gesehen habe, passt es, die ideale Mischung aus genug Fett und nicht zu dick werden. So finde ich das wunderbar. Sie kennt mich. Und ich kenne sie.
Das ist ein wenig anders, wenn einen Werber kennen, und mittlerweile meine ich auch, dass man sich wird überlegen müssen, wie man Modelle und Datenmechanismen gezielt schädigt, damit sie mehr Fehler machen: Ich halte es für falsch, so ein Wissen dem Abschaum der Werber zu überlassen, denen meine Existenz und meine Daten nur so lange etwas wert sind, wie sie mich ideal aussaugen können.
Das geht bei mir eher schlecht, aber trotzdem.
Das ist ein wenig anders, wenn einen Werber kennen, und mittlerweile meine ich auch, dass man sich wird überlegen müssen, wie man Modelle und Datenmechanismen gezielt schädigt, damit sie mehr Fehler machen: Ich halte es für falsch, so ein Wissen dem Abschaum der Werber zu überlassen, denen meine Existenz und meine Daten nur so lange etwas wert sind, wie sie mich ideal aussaugen können.
Das geht bei mir eher schlecht, aber trotzdem.
donalphons, 20:24h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Montag, 10. Dezember 2012
Anderweitig umschauen
Es sind diese Tage wie dieser, an denen ich daheim erklären kann, warum ich so viele Bilder mache. Meine Mutter, die das filmbasierte Verhalten meines Vaters gewöhnt ist - diese "3 36er reichen für den Urlaub"-Mentalität - etwa findet, dass diese unterbrochenen Tätigkeiten und Gespräche alle 2, 3 Minuten eher seltsam sind. Photo war früher: Bewusst anhalten, überlegen, Standort suchen, Belcihtsungsmesser und Kamera einstellen, abdrücken und dann war eine Stunde Ruhe. Fairerweise muss ich sagen, dass ich schon früh auch auf Film davon abgekommen bin; gerade auf Exkursionen hatte ich schon mal 12 oder 20 Filme dabei. Heute liegt mein Schnitt bei 10 Bildern am Tag, wenn ich wenig tue, und 5o, wenn ich normal unterwegs bin. Bei der Mille Miglia oder beim Erdbeben bis zu 800. Mein eigentliches Blog ist nicht das hier, sondern mein Bilderspeicher. Und natürlich unterbricht das Anfertigen das Leben.



An eher unphotogenen Tagen wie diesem - noch nicht mal 1 Meter in Richtung Frankfurt gefahren, und schon ist alles grau und unschön - gehe ich dann zurück und schaue alte Ordner durch, so wie den der letzten Monate, und denke zurück an Meran. In Meran selbst hatte ich nicht wirklich viel Zeit, mich darum zu kommern, also habe ich lediglich den Ordner anschwellen lassen, und mir gesagt: Dezember ist auch noch ein Monat. Draussen ist es scheusslich, aber drinnen glimmt mich das Gold und das Grün der Weinberge an. Ich bin da genauso sentimental wie ein alter Mann, der sich durch sein Album blättert. Oh, das Bild von Algund von oben könnte ich noch zeigen und das von der vergessenen Rebe noch und hier, schaut mal, das ist ein Portal in Obermais.



Und das da, das war mal die SPD.
Nein, das ist jetzt gemein, aber inzwischen bin ich bei den Sozis auf dem Standpunkt, den ich auch bei den Medien habe: Die wollen auf die Fresse fallen, die wollen mit dem Kopf durch die Wand der Zielgruppen, und dem Gegreine, egal ob für Paywall oder Paysteinbrückt, für Leistungsschutzrecht und Bestandsgarntie, anders gehe es halt nicht und man habe keine Alternative, sollte man entgegenschreien.
WEIL IHR FAULEN SÄCKE EUCH NICHT GENUG ABGEARBEITET HABT UND GLAUBT, DASS WIR MIT DEM AM WENIGSTEN SCHLECHTEN ZUFRIEDEN SIND!



Das sind so Dinge, die man wird lernen müssen, oder auch nicht, so richtig schade finde ich es auch nicht, sterben gehört dazu. Oder wie es so schön auf meinem Specialized steht: Innovate or die. Die Zeit für Lampedusa - Es muss sich alles ändern, damit alles so bleiben kann, wie es ist - ist jedenfalls vorbei.
Es ist nämlich schon längst nicht mehr so, wie es ist. Amüsanterweise haben vermutlich viele Leser dieses Satzes nicht weitergelesen; die Gesellschaft, die Lampedusa beschreibt, reagiert viel zu spät und zu verhalten, und geht unter, ja sie ist schon untergegangen, als der Satz gesprochen wird. Der Satz beschreibt keine Strategie, sondern eine verhängnisvolle Fehleinschätzung. Und weder der SPD noch den Verbreitern von Inhalten bringe ich die Verehrung entgegen, die ich bei einer guten, alten Kamera empfinde.



Auch die deutsche Kameraindustrie ist nicht mehr so ganz weltweit führend, ja, es ist schon so, dass mein japanischer Hersteller auf seine eigene Geschichte zurückgreift, statt noch die Deutschen zu kopieren. Es hat sich nicht genug geändert, deshalb ist alles anders geworden und bleibt weg. Weil früher die Zwänge des Beharrens in einer fest gefügten Gesellschaft ganz anders waren. Weil man früher geglaubt hat, für das Wohl eines wichtigen Systems unterzugehen. Und man fragt sich schon, wieso man in Zeitungen und bei der SPD meint, anderen gute Ratschläge zu Wandel und Überleben geben zu müssen, wenn die eigene Antwort politisch garantierte Pfründe und die Hoffnung sind, dass es anderen noch schlechter ergeht. So lapprig und unengagiert will ich nicht informiert und beherrscht werden. Ich mag durchaus die gute, alte Zeit mit Urlaub in Meran und Blick auf den Passeier, und ich mag auch soziale Gerechtigkeit und ehrliche Information. Und ich mag es, wenn die Repräsentanten des Systems sich dabei nicht weniger als ein Hochofenarbeiter von Krupp oder eine Regaleinräumerin von Schlecker anstrengen. Und dafür gibt es jede Menge Gelegenheit.



An eher unphotogenen Tagen wie diesem - noch nicht mal 1 Meter in Richtung Frankfurt gefahren, und schon ist alles grau und unschön - gehe ich dann zurück und schaue alte Ordner durch, so wie den der letzten Monate, und denke zurück an Meran. In Meran selbst hatte ich nicht wirklich viel Zeit, mich darum zu kommern, also habe ich lediglich den Ordner anschwellen lassen, und mir gesagt: Dezember ist auch noch ein Monat. Draussen ist es scheusslich, aber drinnen glimmt mich das Gold und das Grün der Weinberge an. Ich bin da genauso sentimental wie ein alter Mann, der sich durch sein Album blättert. Oh, das Bild von Algund von oben könnte ich noch zeigen und das von der vergessenen Rebe noch und hier, schaut mal, das ist ein Portal in Obermais.



Und das da, das war mal die SPD.
Nein, das ist jetzt gemein, aber inzwischen bin ich bei den Sozis auf dem Standpunkt, den ich auch bei den Medien habe: Die wollen auf die Fresse fallen, die wollen mit dem Kopf durch die Wand der Zielgruppen, und dem Gegreine, egal ob für Paywall oder Paysteinbrückt, für Leistungsschutzrecht und Bestandsgarntie, anders gehe es halt nicht und man habe keine Alternative, sollte man entgegenschreien.
WEIL IHR FAULEN SÄCKE EUCH NICHT GENUG ABGEARBEITET HABT UND GLAUBT, DASS WIR MIT DEM AM WENIGSTEN SCHLECHTEN ZUFRIEDEN SIND!



Das sind so Dinge, die man wird lernen müssen, oder auch nicht, so richtig schade finde ich es auch nicht, sterben gehört dazu. Oder wie es so schön auf meinem Specialized steht: Innovate or die. Die Zeit für Lampedusa - Es muss sich alles ändern, damit alles so bleiben kann, wie es ist - ist jedenfalls vorbei.
Es ist nämlich schon längst nicht mehr so, wie es ist. Amüsanterweise haben vermutlich viele Leser dieses Satzes nicht weitergelesen; die Gesellschaft, die Lampedusa beschreibt, reagiert viel zu spät und zu verhalten, und geht unter, ja sie ist schon untergegangen, als der Satz gesprochen wird. Der Satz beschreibt keine Strategie, sondern eine verhängnisvolle Fehleinschätzung. Und weder der SPD noch den Verbreitern von Inhalten bringe ich die Verehrung entgegen, die ich bei einer guten, alten Kamera empfinde.



Auch die deutsche Kameraindustrie ist nicht mehr so ganz weltweit führend, ja, es ist schon so, dass mein japanischer Hersteller auf seine eigene Geschichte zurückgreift, statt noch die Deutschen zu kopieren. Es hat sich nicht genug geändert, deshalb ist alles anders geworden und bleibt weg. Weil früher die Zwänge des Beharrens in einer fest gefügten Gesellschaft ganz anders waren. Weil man früher geglaubt hat, für das Wohl eines wichtigen Systems unterzugehen. Und man fragt sich schon, wieso man in Zeitungen und bei der SPD meint, anderen gute Ratschläge zu Wandel und Überleben geben zu müssen, wenn die eigene Antwort politisch garantierte Pfründe und die Hoffnung sind, dass es anderen noch schlechter ergeht. So lapprig und unengagiert will ich nicht informiert und beherrscht werden. Ich mag durchaus die gute, alte Zeit mit Urlaub in Meran und Blick auf den Passeier, und ich mag auch soziale Gerechtigkeit und ehrliche Information. Und ich mag es, wenn die Repräsentanten des Systems sich dabei nicht weniger als ein Hochofenarbeiter von Krupp oder eine Regaleinräumerin von Schlecker anstrengen. Und dafür gibt es jede Menge Gelegenheit.
donalphons, 20:19h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Montag, 10. Dezember 2012
So ist es richtig
Wirklich zu schätzen weiss man dieses Bild vielleicht erst, wenn ich verrate, wo genau es zu finden ist, und was es mit dem Gerüst auf sich hat:

Dort lagerten in der Bäckerei die Kaffeestollen, die eigentlich Marzipanstollen heissen sollten, so wie sie schmecken. Lagerten, weil das Schild erst sichtbar wurde, als ich die Stollen abräumn liess.
Das sind so die Momente, da liebe ich meine Heimat heiss und innig. Kann sein, dass die Medien untergehen, aber diese Bäckerei gibt es länger als den Buchdruck, und diese Einstellung werde ich mir bewahren.

Dort lagerten in der Bäckerei die Kaffeestollen, die eigentlich Marzipanstollen heissen sollten, so wie sie schmecken. Lagerten, weil das Schild erst sichtbar wurde, als ich die Stollen abräumn liess.
Das sind so die Momente, da liebe ich meine Heimat heiss und innig. Kann sein, dass die Medien untergehen, aber diese Bäckerei gibt es länger als den Buchdruck, und diese Einstellung werde ich mir bewahren.
donalphons, 00:52h
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Blödsinn der Woche, Nerd Version
Mit ähnlich aussehenden Rokokodamen die eigene Bloglist in Öl und Leinwand ersteigern -> Ich.
donalphons, 20:31h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Samstag, 8. Dezember 2012
Also bitte
Es kann keinen Zweifel geben: Die Sonne scheint.



Und es ist auch nicht zu bestreiten, dass der Himmel blau ist. Silbrig kaltblau, aber blau.



Ausserdem ist die Strasse wirklich trocken wie die Verabschiedung eines FTD- und bald auch anderen Redakteurs.



Und obendrein, das muss man sagen, wäre es doch schade, das schöne Rad jetzt, wo alles schnurrt, nicht nochmal auszuführen.



Und ausserdem, wer braucht schon Zehen?



Und es ist auch nicht zu bestreiten, dass der Himmel blau ist. Silbrig kaltblau, aber blau.



Ausserdem ist die Strasse wirklich trocken wie die Verabschiedung eines FTD- und bald auch anderen Redakteurs.



Und obendrein, das muss man sagen, wäre es doch schade, das schöne Rad jetzt, wo alles schnurrt, nicht nochmal auszuführen.



Und ausserdem, wer braucht schon Zehen?
donalphons, 22:10h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Samstag, 8. Dezember 2012
Stermann und Grissemann des Wirtschaftsjournalismus
Heroin für das Netzvolk
Pest
Torten, viele Torten
Neoliberalala-Tröten
Man kann nicht sagen, dass ich mir in Text und Bild dieses Beitrags keine Mühe gegeben habe, aber dahinter stehen zwei Kernaussagen:
1. Ich hasse das, was der Neoliberalismus aus meiner Welt, meinem Umfeld und meinen Journalismus machen möchte. Ich hasse es zutiefst. Ich möchte, dass dieser Neoliberalismus gevierteilt wird, und dann will ich darauf spucken. Ich möchte nicht, dass mir meine Freunde in der Oper absagen müssen, weil noch was reingekommen ist, und dass sie nur SPON lesen, weil dazu die Zeit gerade so reicht.
2. Und zu all den Social Media Deppen möchte ich sagen: Es kommt nicht auf das Multi-Channel-Getröte an. Es kommt darauf an, etwas zu liefern, das die Leute an dieser Stelle so haben wollen. Alles andere ist egal. Wenn es gut genug ist, muss es kein RSS und Twitter haben.
Trotzdem habe ich jetzt, haha, einen Tag vor dem Papst und drei Tage vor dem geldgeilen Versager an der SPD-Spitze meinen von der FAZ eingerichteten Twitteraccount übernommen, und bespiele den ein wenig, zum Ausprobieren. Aber irgendwie passt das nicht zu meinem Textauslaufen.
Pest
Torten, viele Torten
Neoliberalala-Tröten
Man kann nicht sagen, dass ich mir in Text und Bild dieses Beitrags keine Mühe gegeben habe, aber dahinter stehen zwei Kernaussagen:
1. Ich hasse das, was der Neoliberalismus aus meiner Welt, meinem Umfeld und meinen Journalismus machen möchte. Ich hasse es zutiefst. Ich möchte, dass dieser Neoliberalismus gevierteilt wird, und dann will ich darauf spucken. Ich möchte nicht, dass mir meine Freunde in der Oper absagen müssen, weil noch was reingekommen ist, und dass sie nur SPON lesen, weil dazu die Zeit gerade so reicht.
2. Und zu all den Social Media Deppen möchte ich sagen: Es kommt nicht auf das Multi-Channel-Getröte an. Es kommt darauf an, etwas zu liefern, das die Leute an dieser Stelle so haben wollen. Alles andere ist egal. Wenn es gut genug ist, muss es kein RSS und Twitter haben.
Trotzdem habe ich jetzt, haha, einen Tag vor dem Papst und drei Tage vor dem geldgeilen Versager an der SPD-Spitze meinen von der FAZ eingerichteten Twitteraccount übernommen, und bespiele den ein wenig, zum Ausprobieren. Aber irgendwie passt das nicht zu meinem Textauslaufen.
donalphons, 00:04h
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Die schwarze PesfTd
Ich sage es mal so:
Es gibt Berichte aus den Zeiten der grossen Pest, nach denen sich damals Menschen wünschten, es hätte sie gleich zu Beginn hingerafft, damit sie noch ein anständiges Begräbnis bekämen.
Das waren die, die bleiben mussten und keine Alternativen hatten.
Eine schönere Tätgkeit als die meine kann ich mir kaum vorstellen, aber wie es nun mal so ist: Die einen sterben, aber Dioneo zieht mit 9 anderen in die Berge und erzählt Geschichten, die gern gelesen werden. So wird es bei mir sein und bleiben.
Was bei der FTD passiert, sind meines Erachtens nur Vorboten, mitsamt einem sehr anständigen und gut dotierten Begräbnis. Und eigentlich ist es ja auch kein schlechtes Zeichen, wenn Menschen andere Interessen als Geldscheffeln und scheussliche Anzugträger haben.
Es gibt Berichte aus den Zeiten der grossen Pest, nach denen sich damals Menschen wünschten, es hätte sie gleich zu Beginn hingerafft, damit sie noch ein anständiges Begräbnis bekämen.
Das waren die, die bleiben mussten und keine Alternativen hatten.
Eine schönere Tätgkeit als die meine kann ich mir kaum vorstellen, aber wie es nun mal so ist: Die einen sterben, aber Dioneo zieht mit 9 anderen in die Berge und erzählt Geschichten, die gern gelesen werden. So wird es bei mir sein und bleiben.
Was bei der FTD passiert, sind meines Erachtens nur Vorboten, mitsamt einem sehr anständigen und gut dotierten Begräbnis. Und eigentlich ist es ja auch kein schlechtes Zeichen, wenn Menschen andere Interessen als Geldscheffeln und scheussliche Anzugträger haben.
donalphons, 16:09h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Donnerstag, 6. Dezember 2012
Schreiben und bleiben
Manchmal denke ich, die Welt wäre eine Bessere, wenn wir alle unsere Entwürfe von Mails auch schicken würden. Zum Beispiel (unteres Mittelunterkantenmanagement, wird in diesem Leben nix mehr, Ende 40, Bart, humolos, Pedant, Abweichungshasser):
Du alter Stinker, schau Dich doch an, Du hochgelutschter Nichtskönner, der Du aussiehst wie ein Tütensuppenpackerl im Mülleimer, wenn es wenigstens eine Herausforderung wärem Dich Quetschkommodenbeinderivat zu überleben aber so wie Du aussschaust, obwohl Du nur ein paar Jahre älter bist, sehe ich mich schon nächstes Jahr mit offener Ho
Na, sowas in der Art. Wir alle haben so etwas in den Entwürfen. Öfters. Das Leben bringt es so mit sich. Mal an eine Plakativfeministin, mal an einen manierenlosen Stümper, mal...
Ab damit. Dann wüsste er Bescheid, aber wir haben ja eine Bremse der guten Manieren. Wir schon.

Trotzdem merke ich, wie mir gewisse Formen der Mittlebenskrise, zumeist bei Menschen mit schlechter Eruiehung, auf die Nerven geht. Und weil viele Menschen halt nicht das tun, was man in diesem Lebens-Abschnitt tun sollte - einen Ferrari kaufen und gegen die Wand fahren - leben die es in einer gewissen Form des Dauerbeleidigtseins, in Verbindung mit einer gewissen, durch nichts begründbaren Arroganz aus: Einerseits müssen sie sich ständig versichern, dass sie bein Rattenrennen was geworden sind; stellvertretender Unterabteilungsleitervize (in Vertretung) zum Beispiel, oder Berater von wichtigen Konzernen, genauer dort irgendwelcher einsparungsbedrohter Exgeliebtenablagefächer des Vorstandes. Auf der anderen Seite ist da die Erkenntnis, dass es zur Karriere nach dem alten Muster nicht mehr reicht, und Kompetenz für die neuen Anforderungen haben sie aber auch nicht: Die Konzerne sind voll mit diesen Typen. Und vielleicht fällt diese spezielle Art auch deshalb so unangenehm auf, weil andere sehr viel mehr Grund zur Frustration hätten. Und auch mehr Grund, auf solchen Posten zu sitzen, denn die schlechte Laune der privilegiert Unzufriedenen ist kein guter Ratgeber für Veränderungen.

Das kommt dann eher im "Wenn es mir schlecht geht soll es Euch auch nicht gut gehen"-Paket der unfrommen Wünsche an, und darauf basiert meines Erachtens auch der ein oder andere Debattenbeitrag zum Medienwandel: Man schaut gar nicht mehr, was bei den anderen gut ist, man weist nur auf das Schlechte hin und hält es noch schlimmer als die eigenen Probleme. Die werden dann gern zurechtgefälscht, kaschiert oder verniedlicht, und was dem einen seine Bordexemplare sind, sind dem anderen seine googleoptimierten Spassangebote. Mir fallen einige Personen ein, bei denen ich wirklich den Eindruk habe: Die Krise sieht so aus wie die. Und damit meine ich beide Seiten.

Due gute Nachricht ist: Das alles spielt sich fern von mir ab, jetzt mal geographisch betrachtet. Ich habe zu solchen Leuten keinen persönlichen Kontakt, meistens zumindest, und alles, was in diese Richtung gehen könnte, sage ich radikal ab. Ich sehe nicht, warum ich mich einen Tag ins Auto setzen sollte, nur um mich auf einem Posium mit Leuten zu streiten, die eher einen Seelenklempner bräuchten, oder irgendein Institut, an dem jeder Professor ist und Napoleon, wenn ihnen der Sinn danach steht: nur die Ärzte, die sind dann weiterhin Doktor. Ich bin mehr so in "Lasst dicke Männer um mich sein"-Laune, und die gibt es ja auch noch. Und dann tritt alles andere zurück, man will gar nicht mehr wirklich böse schreiben, sondern sich nur noch amüsieren, und das geht wirklich trefflich. Wenn man zufrieden ist. Das bin ich fraglos, soweit es eben geht.

In drei Monaten bin ich wieder in Italien. Dazwischen bin ich daheim, was ja auch niccht ganz übel ist. Zur Abwechslung habe ich jetzt mal das Südzimmer bezogen, das mit den vielen Gemälden gar nicht mehr so abartig gross wirkt. Das wird alles mehr so Winterurlaub. Mit ein wenig Lesen und Handarbeit, und einem halbwachen Auge auf das, was da so kommen mag. Ich kann mir die Rosinen aus dem Stollen picken, ich kann die Orangen nehmen und muss nicht in saure Zitronen beissen; das Ganze geht mich durchaus etwas an, aber es betrifft mich nicht. Zwischen mir und dem vergnügten Opa auf dem Berg ist noch ein langer Weg, den ich aber gerade bschreiten möchte, gerne daheim im Schlafanzug und nicht auf Abwegen ohne Wiederkehr.

Also, das ist der Plan und das ist es, was ich eigentlich zu sagen habe. Das geht auch ohne versendete Drafts, und dass es so ist, wird man schon merken, früher oder später, hier und da,und dann ist da noch das gute Gefühl, dass das Bestehende auch das Bleibende ist. Bleiben ist schon eine Menge in Zeiten wie diesen.
Du alter Stinker, schau Dich doch an, Du hochgelutschter Nichtskönner, der Du aussiehst wie ein Tütensuppenpackerl im Mülleimer, wenn es wenigstens eine Herausforderung wärem Dich Quetschkommodenbeinderivat zu überleben aber so wie Du aussschaust, obwohl Du nur ein paar Jahre älter bist, sehe ich mich schon nächstes Jahr mit offener Ho
Na, sowas in der Art. Wir alle haben so etwas in den Entwürfen. Öfters. Das Leben bringt es so mit sich. Mal an eine Plakativfeministin, mal an einen manierenlosen Stümper, mal...
Ab damit. Dann wüsste er Bescheid, aber wir haben ja eine Bremse der guten Manieren. Wir schon.

Trotzdem merke ich, wie mir gewisse Formen der Mittlebenskrise, zumeist bei Menschen mit schlechter Eruiehung, auf die Nerven geht. Und weil viele Menschen halt nicht das tun, was man in diesem Lebens-Abschnitt tun sollte - einen Ferrari kaufen und gegen die Wand fahren - leben die es in einer gewissen Form des Dauerbeleidigtseins, in Verbindung mit einer gewissen, durch nichts begründbaren Arroganz aus: Einerseits müssen sie sich ständig versichern, dass sie bein Rattenrennen was geworden sind; stellvertretender Unterabteilungsleitervize (in Vertretung) zum Beispiel, oder Berater von wichtigen Konzernen, genauer dort irgendwelcher einsparungsbedrohter Exgeliebtenablagefächer des Vorstandes. Auf der anderen Seite ist da die Erkenntnis, dass es zur Karriere nach dem alten Muster nicht mehr reicht, und Kompetenz für die neuen Anforderungen haben sie aber auch nicht: Die Konzerne sind voll mit diesen Typen. Und vielleicht fällt diese spezielle Art auch deshalb so unangenehm auf, weil andere sehr viel mehr Grund zur Frustration hätten. Und auch mehr Grund, auf solchen Posten zu sitzen, denn die schlechte Laune der privilegiert Unzufriedenen ist kein guter Ratgeber für Veränderungen.

Das kommt dann eher im "Wenn es mir schlecht geht soll es Euch auch nicht gut gehen"-Paket der unfrommen Wünsche an, und darauf basiert meines Erachtens auch der ein oder andere Debattenbeitrag zum Medienwandel: Man schaut gar nicht mehr, was bei den anderen gut ist, man weist nur auf das Schlechte hin und hält es noch schlimmer als die eigenen Probleme. Die werden dann gern zurechtgefälscht, kaschiert oder verniedlicht, und was dem einen seine Bordexemplare sind, sind dem anderen seine googleoptimierten Spassangebote. Mir fallen einige Personen ein, bei denen ich wirklich den Eindruk habe: Die Krise sieht so aus wie die. Und damit meine ich beide Seiten.

Due gute Nachricht ist: Das alles spielt sich fern von mir ab, jetzt mal geographisch betrachtet. Ich habe zu solchen Leuten keinen persönlichen Kontakt, meistens zumindest, und alles, was in diese Richtung gehen könnte, sage ich radikal ab. Ich sehe nicht, warum ich mich einen Tag ins Auto setzen sollte, nur um mich auf einem Posium mit Leuten zu streiten, die eher einen Seelenklempner bräuchten, oder irgendein Institut, an dem jeder Professor ist und Napoleon, wenn ihnen der Sinn danach steht: nur die Ärzte, die sind dann weiterhin Doktor. Ich bin mehr so in "Lasst dicke Männer um mich sein"-Laune, und die gibt es ja auch noch. Und dann tritt alles andere zurück, man will gar nicht mehr wirklich böse schreiben, sondern sich nur noch amüsieren, und das geht wirklich trefflich. Wenn man zufrieden ist. Das bin ich fraglos, soweit es eben geht.

In drei Monaten bin ich wieder in Italien. Dazwischen bin ich daheim, was ja auch niccht ganz übel ist. Zur Abwechslung habe ich jetzt mal das Südzimmer bezogen, das mit den vielen Gemälden gar nicht mehr so abartig gross wirkt. Das wird alles mehr so Winterurlaub. Mit ein wenig Lesen und Handarbeit, und einem halbwachen Auge auf das, was da so kommen mag. Ich kann mir die Rosinen aus dem Stollen picken, ich kann die Orangen nehmen und muss nicht in saure Zitronen beissen; das Ganze geht mich durchaus etwas an, aber es betrifft mich nicht. Zwischen mir und dem vergnügten Opa auf dem Berg ist noch ein langer Weg, den ich aber gerade bschreiten möchte, gerne daheim im Schlafanzug und nicht auf Abwegen ohne Wiederkehr.

Also, das ist der Plan und das ist es, was ich eigentlich zu sagen habe. Das geht auch ohne versendete Drafts, und dass es so ist, wird man schon merken, früher oder später, hier und da,und dann ist da noch das gute Gefühl, dass das Bestehende auch das Bleibende ist. Bleiben ist schon eine Menge in Zeiten wie diesen.
donalphons, 22:01h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Mittwoch, 5. Dezember 2012
Rechnen und Schrauben mit Krampus und Nikolaus
Es fehlt in dieser Welt nicht an Schuldzuschreibungen an die Hersteller von Kartoffelchips: Sie wären exakt so entwickelt, dass die Käufer immer weiter essen würden, bis nichts mehr da wäre - der Nachgeschmack würde sie zwingen. Und dann werden die Menschen fett und ungesund und nicht ausreichend ernährt und wir alle müssten dafür zahlen, und zwar sehr viel. Ausserdem sind jede Menge fragwürdiger Stoffe drin. Das erinnert stark an ein anderes Elend, die Zigaretten. Ich habe überhaupt keinen Zweifel, dass Chips in den nächsten Jahren gesellschaftlich massiv verachtet jund ihre Konsumenten sozial ausgegrenzt werden. Ich dagegen bin da anderer Meinung, denn ich kann sehr wohl aufhören. Normalerweise esse ich so etwas ohnehin nicht, aber vor vor etwas mehe als 10 Jahren stellte ich fest, dass ich nicht mehr stundenlang in der Nacht Autofahren konnte. Und es amerikanischer Panzerfahrer erzählte mir, dass sie sich im zweiten Weltkrieg mit Chips wachgehalten haben, denn das langsame Kauen hält das Bewusstsein auf Trab. Ich habe das ausprobiert, und es stimmt. Allerdings erstze ich in Italien die Chips dutch Grissini mit Salz und Rosmarin. In Deutschland gäbe es auch eine Alternative. Aber die hat einen schweren Nachteil:
Ich kann damit offensichtlich nicht aufhören, und schon gar nicht, wenn ich dazu Tee trinke. Ich mag auch eigentlich Plätzchen nicht besonders, mit Ausnahme von einer bestimmten Bäckerei. Normalerweise kaufe ich dort, packe sie weg und bringe sie anderen mit. Aber diesmal hatte ich Besuch, der keinesfalls Torte wollte, und als der Besuch dann weg war... diese Silberschalte ist nicht ganz klein und recht tief und war am Abend gehäuft voll. Ernährungswissenschaftler dieser Welt! Schaut auf diese Schale. Das Übel sind nicht die Chips, das Böse haust in meiner Bäckerei.
Wie es nun mal so ist - der Besuch war nur kurz da, erkannte dann auch, dass ich vielleicht doch nicht ganz das Wahre bin, und ging wieder, was mich auch nicht gerade unglücklich zurückgelassen hat - blieb dann genug Zeit für Einsicht und auch die Erkenntnis, dass mir der Bewegungsmangel in dieser Zwischenzeit nicht wirklich gut tut. Draussen schneit es, aber drinnen, ist mir dann eingefallen, stehen ja noch ein paar Pakete, und wenn ich jetzt wieder direkt auf das Gewicht eines mittelrunden Kalbes zugehe, kann ich ja auch mal etwas zusammenschrauben, was mir im Frühjahr leichter über die Berge hilft. Auch Schrauben ist Bewegung, besonders, wenn man sich den Daumen dabei überdehnt und dann wie ein Gummiball durch die Wohnung zum kalten Wasser hüpft.
Zentrum der Angelegenheit sind jede Menge Teile, die im Laufe der Zeit abgefallen sind; so etwa ein ehemals furchtbar teurer Laufradsatz, den mir mein italiensicher Händler als Ersatz mitgab, falls sich beim originalen Satz meines Specialized Probleme entstehen würden, und an den nur eine bestimmte, extrem teure Art der Ritzel passt. Da habe ich auch noch welche, aber nur in der mörderischen 11-23-Abstufung für Götter, Helden und keinesfalls für Gelehrte, wie ich einer bin. Aber dann kam noch eine XTR-Kurbel für Bergräder meines Weges, die jemand nicht mehr haben wollte, weil sie etwas lädiert war. Für ein Schlammrad. Versteh einer die Leute, aber gut, ich nehme das gerne. Das wären dann 23 Zähne hinten und 24 Zähne vorn, damit kommt man überall hoch, und mit 46 vorn und 11 hinten auch relativ schnell wieder runter.
Reifen, Lenker, Sattel, Sattelstütze, Bremsen, Schaltwerk, Umwerfer, das alles lag noch in Kisten und kostete gar nichts; im Milchmädchenrechnen hatte ich stets eine Eins mit Auszeichnung.Und in einer anderen Kiste war noch ein Rahmen einer untergegangenen italienischen Firma, den ausser mir keiner haben wollte: Gekauft zum "Billiger als ein Essatzsteueratz"-Preis. Während Stahlrahmen zunehmend unerschwinglich werden und Plastik teuer bleibt, will niemand mehr Aluminium haben. Auch nicht, wenn so ein 1200-Gramm-Rahmen aus Metall auch nicht schwerer als ein 1200-Gramm-Rahmen aus Carbon ist. Nicht nur ich bin gut im Milchmädchenrechnen.
Fehlen also nur noch die Bremsschaltgriffe. Das ist nicht ganz so einfach, denn mit drei Shimanokettenblättern braucht man spezielle Schalthebel, die auch drei Blätter ansteuern, und bei 10-fach Ritzeln hinten - wir erinnern uns, etwas anderes passt nicht - kann man auch nicht mehr so einfach die unproblematischen Campagnolohebel mit Shimano kreuzen, und zudem sind diese speziellen Hebel auch selten und gesucht und teuer. Auch gebraucht sind sie teurer als alles, was das Rad bisher gekostet hat. Aber dann bot jemand welche für lumpige 40 Euro an. Wegen einiger Sturzschäden. Wenn man will, kann man die beschädigten Zierteile für 10 Euro austauschen. Aber mir macht ein wenig Patina nichts.
Etwas mehr macht mir dann aber der Sturz im Renngeschehen, der zum Verkauf führte; es ist nicht wirklich schön zu hören, dass das Material jetzt verkauft wird, weil das mit dem Rennradeln für den Besitzer nun vorbei ist. Für immer. So ein Rad ist leichter repariert als ein Mensch, und dann schraubt man doch eine Spur bewusster. Was ich damit sagen will: Ich kann das Fahren eines Rennrades uneingeschränkt empfehlen, es ist sicher, die Kompnenten sind exzellent, es ist leicht, und die Geschwindigkeiten sind, verglichen mit dem Auto, lächerlich gering. So ein Rennrad ist eigentlich eine wunderbare Sache, um es ruhig anzugehen. Man muss nicht rasen, man hat ja genug Reserven, wenn es doch mal eilen sollte.Man ist so flink, man kann auch über kleinste Nebenrouten fahren. Riskant wird es erst, wenn man es übertreibt und meint, man müsste auf Teufel komm raus rasen. Ich würde nicht über dicke mittelalte Männer in Lycra auf Colnagos lachen, die tun was für ihre Gesundheit und die italienische Wirtschaft; jeder Chipskäufer im Supermarkt würde die Ächtung mehr verdienen. Das Fimas, das ich gerade aufbaue, hat auch genug Platz für breite Reifen und einen hohen Vorbau; wenn ich die Post-Plätzchen-Panik überwunden habe und begreife, dass ich das gar nicht brauche, um auf den Berg zu kommen, wird es ein Gästerad. Das Ziel heisst ankommen und sich dabei gut fühlen.Dann kann man auch im hohen Alter noch klug milchmädchenrechnen.

Ich kann damit offensichtlich nicht aufhören, und schon gar nicht, wenn ich dazu Tee trinke. Ich mag auch eigentlich Plätzchen nicht besonders, mit Ausnahme von einer bestimmten Bäckerei. Normalerweise kaufe ich dort, packe sie weg und bringe sie anderen mit. Aber diesmal hatte ich Besuch, der keinesfalls Torte wollte, und als der Besuch dann weg war... diese Silberschalte ist nicht ganz klein und recht tief und war am Abend gehäuft voll. Ernährungswissenschaftler dieser Welt! Schaut auf diese Schale. Das Übel sind nicht die Chips, das Böse haust in meiner Bäckerei.

Wie es nun mal so ist - der Besuch war nur kurz da, erkannte dann auch, dass ich vielleicht doch nicht ganz das Wahre bin, und ging wieder, was mich auch nicht gerade unglücklich zurückgelassen hat - blieb dann genug Zeit für Einsicht und auch die Erkenntnis, dass mir der Bewegungsmangel in dieser Zwischenzeit nicht wirklich gut tut. Draussen schneit es, aber drinnen, ist mir dann eingefallen, stehen ja noch ein paar Pakete, und wenn ich jetzt wieder direkt auf das Gewicht eines mittelrunden Kalbes zugehe, kann ich ja auch mal etwas zusammenschrauben, was mir im Frühjahr leichter über die Berge hilft. Auch Schrauben ist Bewegung, besonders, wenn man sich den Daumen dabei überdehnt und dann wie ein Gummiball durch die Wohnung zum kalten Wasser hüpft.

Zentrum der Angelegenheit sind jede Menge Teile, die im Laufe der Zeit abgefallen sind; so etwa ein ehemals furchtbar teurer Laufradsatz, den mir mein italiensicher Händler als Ersatz mitgab, falls sich beim originalen Satz meines Specialized Probleme entstehen würden, und an den nur eine bestimmte, extrem teure Art der Ritzel passt. Da habe ich auch noch welche, aber nur in der mörderischen 11-23-Abstufung für Götter, Helden und keinesfalls für Gelehrte, wie ich einer bin. Aber dann kam noch eine XTR-Kurbel für Bergräder meines Weges, die jemand nicht mehr haben wollte, weil sie etwas lädiert war. Für ein Schlammrad. Versteh einer die Leute, aber gut, ich nehme das gerne. Das wären dann 23 Zähne hinten und 24 Zähne vorn, damit kommt man überall hoch, und mit 46 vorn und 11 hinten auch relativ schnell wieder runter.

Reifen, Lenker, Sattel, Sattelstütze, Bremsen, Schaltwerk, Umwerfer, das alles lag noch in Kisten und kostete gar nichts; im Milchmädchenrechnen hatte ich stets eine Eins mit Auszeichnung.Und in einer anderen Kiste war noch ein Rahmen einer untergegangenen italienischen Firma, den ausser mir keiner haben wollte: Gekauft zum "Billiger als ein Essatzsteueratz"-Preis. Während Stahlrahmen zunehmend unerschwinglich werden und Plastik teuer bleibt, will niemand mehr Aluminium haben. Auch nicht, wenn so ein 1200-Gramm-Rahmen aus Metall auch nicht schwerer als ein 1200-Gramm-Rahmen aus Carbon ist. Nicht nur ich bin gut im Milchmädchenrechnen.

Fehlen also nur noch die Bremsschaltgriffe. Das ist nicht ganz so einfach, denn mit drei Shimanokettenblättern braucht man spezielle Schalthebel, die auch drei Blätter ansteuern, und bei 10-fach Ritzeln hinten - wir erinnern uns, etwas anderes passt nicht - kann man auch nicht mehr so einfach die unproblematischen Campagnolohebel mit Shimano kreuzen, und zudem sind diese speziellen Hebel auch selten und gesucht und teuer. Auch gebraucht sind sie teurer als alles, was das Rad bisher gekostet hat. Aber dann bot jemand welche für lumpige 40 Euro an. Wegen einiger Sturzschäden. Wenn man will, kann man die beschädigten Zierteile für 10 Euro austauschen. Aber mir macht ein wenig Patina nichts.

Etwas mehr macht mir dann aber der Sturz im Renngeschehen, der zum Verkauf führte; es ist nicht wirklich schön zu hören, dass das Material jetzt verkauft wird, weil das mit dem Rennradeln für den Besitzer nun vorbei ist. Für immer. So ein Rad ist leichter repariert als ein Mensch, und dann schraubt man doch eine Spur bewusster. Was ich damit sagen will: Ich kann das Fahren eines Rennrades uneingeschränkt empfehlen, es ist sicher, die Kompnenten sind exzellent, es ist leicht, und die Geschwindigkeiten sind, verglichen mit dem Auto, lächerlich gering. So ein Rennrad ist eigentlich eine wunderbare Sache, um es ruhig anzugehen. Man muss nicht rasen, man hat ja genug Reserven, wenn es doch mal eilen sollte.Man ist so flink, man kann auch über kleinste Nebenrouten fahren. Riskant wird es erst, wenn man es übertreibt und meint, man müsste auf Teufel komm raus rasen. Ich würde nicht über dicke mittelalte Männer in Lycra auf Colnagos lachen, die tun was für ihre Gesundheit und die italienische Wirtschaft; jeder Chipskäufer im Supermarkt würde die Ächtung mehr verdienen. Das Fimas, das ich gerade aufbaue, hat auch genug Platz für breite Reifen und einen hohen Vorbau; wenn ich die Post-Plätzchen-Panik überwunden habe und begreife, dass ich das gar nicht brauche, um auf den Berg zu kommen, wird es ein Gästerad. Das Ziel heisst ankommen und sich dabei gut fühlen.Dann kann man auch im hohen Alter noch klug milchmädchenrechnen.
donalphons, 20:42h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Dienstag, 4. Dezember 2012
Feiern wie 1825
In Gmund auf dem Parkplatz standen zwei Männer vor einem Auto mit Berliner Kennzeichen.
"Oh, a Berlinah, den zind ma oh."
"Naaah, blos ned, sunsd fuidase dahoam und bleibd do."
Bayern, weltoffen und tolerant.
Daheim ist es dann so kalt, dass ich angezogen einschlafe und später eine Geschichte darüber schreiben werde. Die dicken Mauern sind Wärme- oder Kältespeicher, je nachdem, und in dieser Nacht strahlen sie arktisch. Ich behelfe mir mit körperlichen Tätigkeiten, Aufräumen, Putzen, Sortieren, was man halt so tut, wenn man sich bewegen will, und sonst nur ungern nach draussen geht. Kerzen sind das Kaminfeuer des kleinen Mannes.
Auf dem Rückweg vom Obsthändler - der ist zum Glück nur zwei Blocks entfernt - fällt dann ein Neuzugang im Briefkasten auf. Eine an jemanden anders adressierte Postkarte aus Thailand, bei der ich lange überlegen musste, wer zum Teufel in meinem Bekanntenkreis Yolo heisst - seien wir ehrlich, privat bin ich so reaktionär, da kommen die Postkarten meist auch noch per Sie - und ein Lieferschein. Zum Glück über einen Gegenstand, der beim Nachbarn abgegeben wurde, denn die Poststelle für die Innenstadt haben fantastische Kostenschneider inzwischen ausserhalb der Altstadt eingerichtet, ziemlich genau inmitten des grossen Staus an einer radfeindlichen Strasse. Und diesmal, das weiss ich, ist es etwas grösser. Nicht so gross wie ein Rad. Aber gross genug für den Platz über einer Kommode.
Das wird mit etwas Pech das letzte derartige Paket für dieses Jahr sein, denn während andere zumindest davon ausgehen können, dass die Preise bei Industrieprodukten gleich bleiben, weil Nachschub hergestellt wird, sieht bei unsereins die Lage ganz anders aus: Tendenziell steigt zum Jahresende das Interesse an Gegenständen, die nicht mehr hergestellt werden können. Gleichzeitig ist das aber auch nicht die Jahreszeit, in der so etwas besonders oft anfallen würde: Verkauft wird mehr im Frühling, wenn Wohnungen und Häuser neu eingerichtet werden. Anders kann ich mir die Preisentwicklung der letzten Wochen nicht erklären. Warum es dieses eine Mal noch geklappt hat? Ich weiss es auch nicht. Vielleicht, weil kein Rahmen dabei war, vielleicht, weil zu wenig Haut zu sehen ist, oder manche haben es einfach übersehen: Jedenfalls war alles Interessante um Quantensprünge teurer, als ich erwartet hatte. Aber diese Dame von 1825 war eigentlich recht günstig.
Und warum, wo ich doch keinen Platz mehr habe? Ich habe tatsächlich keine neuen Räumlichkeiten, aber was ich habe - und was mich letztlich verleitet hat - ist die Idee einer jahreszeitlich unterschiedlichen Hängung. Wobei diese spezielle Dame sogar eine Ausnahme ist und tatsächlich noch Platz findet, aber das ist nicht so wichtig; statt dessen werde ich Bilder umräumen, wie andere ihre Möbel umstellen. Im Sommer kommen dann die ganzen Nackerten an die Wände und im Winter die Hochgeschlossenen... so in etwa stelle ich mir das vor. Manche werden natürlich bleiben, Aber so kann ich dann Akzente setzen und ausserdem, falls mal konservativere Gäste kommen, es ihnen ersparen, unter "Faun zerrt Nymphe im Gebüsch! Tee trinken zu müssen. Das ist jetzt mal eine von den Anständigen, sogar mit Uhr an der Kette. Die war sicher kein Spass für ihre Angestellten.
Darunter wird der weitere Ausbau der Silbersammlung "leiden", aber obwohl die Briten heute mal wieder einsehen musste, dass gar nichts bergauf geht, und das Tal der Tränen bis hinter den Horizont reicht, obwohl das Land weiter in Bankenmeile und den Rest zerfallen wird, sind die Preise für Kannen immer noch unanständig hoch. Noch so ein Beispiel, wo die Nachfrage klein, aber preistreibend ist. Dann warte ich eben noch, ich habe schliesslich in den frühen Tagen der Krise genug erworben, und spare auf einen grossen Rokokobrocken - am Wochenende können wir dann nochmal die Richtigkeit meiner These überprüfen, während in den Geschenkverpackungen der Wert von iPhone und TV-Gerät Tag für Tag schrumpft.
Es gibt schon Gründe, warum an Aschentonnen Bilder angebracht werden, damit man keine alten Mobiltelefone hineinwirft. Es gibt gute Gründe, so etwas zu tun, aber hier sind klar die Schlechteren gemeint: Veralterung und der Wunsch nach Neuem. Bei Ölgemälden wird man das eher nicht befürchten müssen. Das Bild dürfte von 1825 sein, und kaum ein Gerät, vor dem wir zum 200. Jubiläum sitzen werden, wird noch zu jenen Tagen entstanden sein, da ich dies schreibe. Manche glauben, Zeit sei absolut. Das stimmt nicht. Nichts ist so relativ wie Zeit. Und wir sollten gut aufpassen, dass uns die Zeit behandelt, als seien wir ein Gemälde, und nicht wie ein Datentransfergerät.
"Oh, a Berlinah, den zind ma oh."
"Naaah, blos ned, sunsd fuidase dahoam und bleibd do."
Bayern, weltoffen und tolerant.

Daheim ist es dann so kalt, dass ich angezogen einschlafe und später eine Geschichte darüber schreiben werde. Die dicken Mauern sind Wärme- oder Kältespeicher, je nachdem, und in dieser Nacht strahlen sie arktisch. Ich behelfe mir mit körperlichen Tätigkeiten, Aufräumen, Putzen, Sortieren, was man halt so tut, wenn man sich bewegen will, und sonst nur ungern nach draussen geht. Kerzen sind das Kaminfeuer des kleinen Mannes.

Auf dem Rückweg vom Obsthändler - der ist zum Glück nur zwei Blocks entfernt - fällt dann ein Neuzugang im Briefkasten auf. Eine an jemanden anders adressierte Postkarte aus Thailand, bei der ich lange überlegen musste, wer zum Teufel in meinem Bekanntenkreis Yolo heisst - seien wir ehrlich, privat bin ich so reaktionär, da kommen die Postkarten meist auch noch per Sie - und ein Lieferschein. Zum Glück über einen Gegenstand, der beim Nachbarn abgegeben wurde, denn die Poststelle für die Innenstadt haben fantastische Kostenschneider inzwischen ausserhalb der Altstadt eingerichtet, ziemlich genau inmitten des grossen Staus an einer radfeindlichen Strasse. Und diesmal, das weiss ich, ist es etwas grösser. Nicht so gross wie ein Rad. Aber gross genug für den Platz über einer Kommode.

Das wird mit etwas Pech das letzte derartige Paket für dieses Jahr sein, denn während andere zumindest davon ausgehen können, dass die Preise bei Industrieprodukten gleich bleiben, weil Nachschub hergestellt wird, sieht bei unsereins die Lage ganz anders aus: Tendenziell steigt zum Jahresende das Interesse an Gegenständen, die nicht mehr hergestellt werden können. Gleichzeitig ist das aber auch nicht die Jahreszeit, in der so etwas besonders oft anfallen würde: Verkauft wird mehr im Frühling, wenn Wohnungen und Häuser neu eingerichtet werden. Anders kann ich mir die Preisentwicklung der letzten Wochen nicht erklären. Warum es dieses eine Mal noch geklappt hat? Ich weiss es auch nicht. Vielleicht, weil kein Rahmen dabei war, vielleicht, weil zu wenig Haut zu sehen ist, oder manche haben es einfach übersehen: Jedenfalls war alles Interessante um Quantensprünge teurer, als ich erwartet hatte. Aber diese Dame von 1825 war eigentlich recht günstig.

Und warum, wo ich doch keinen Platz mehr habe? Ich habe tatsächlich keine neuen Räumlichkeiten, aber was ich habe - und was mich letztlich verleitet hat - ist die Idee einer jahreszeitlich unterschiedlichen Hängung. Wobei diese spezielle Dame sogar eine Ausnahme ist und tatsächlich noch Platz findet, aber das ist nicht so wichtig; statt dessen werde ich Bilder umräumen, wie andere ihre Möbel umstellen. Im Sommer kommen dann die ganzen Nackerten an die Wände und im Winter die Hochgeschlossenen... so in etwa stelle ich mir das vor. Manche werden natürlich bleiben, Aber so kann ich dann Akzente setzen und ausserdem, falls mal konservativere Gäste kommen, es ihnen ersparen, unter "Faun zerrt Nymphe im Gebüsch! Tee trinken zu müssen. Das ist jetzt mal eine von den Anständigen, sogar mit Uhr an der Kette. Die war sicher kein Spass für ihre Angestellten.

Darunter wird der weitere Ausbau der Silbersammlung "leiden", aber obwohl die Briten heute mal wieder einsehen musste, dass gar nichts bergauf geht, und das Tal der Tränen bis hinter den Horizont reicht, obwohl das Land weiter in Bankenmeile und den Rest zerfallen wird, sind die Preise für Kannen immer noch unanständig hoch. Noch so ein Beispiel, wo die Nachfrage klein, aber preistreibend ist. Dann warte ich eben noch, ich habe schliesslich in den frühen Tagen der Krise genug erworben, und spare auf einen grossen Rokokobrocken - am Wochenende können wir dann nochmal die Richtigkeit meiner These überprüfen, während in den Geschenkverpackungen der Wert von iPhone und TV-Gerät Tag für Tag schrumpft.

Es gibt schon Gründe, warum an Aschentonnen Bilder angebracht werden, damit man keine alten Mobiltelefone hineinwirft. Es gibt gute Gründe, so etwas zu tun, aber hier sind klar die Schlechteren gemeint: Veralterung und der Wunsch nach Neuem. Bei Ölgemälden wird man das eher nicht befürchten müssen. Das Bild dürfte von 1825 sein, und kaum ein Gerät, vor dem wir zum 200. Jubiläum sitzen werden, wird noch zu jenen Tagen entstanden sein, da ich dies schreibe. Manche glauben, Zeit sei absolut. Das stimmt nicht. Nichts ist so relativ wie Zeit. Und wir sollten gut aufpassen, dass uns die Zeit behandelt, als seien wir ein Gemälde, und nicht wie ein Datentransfergerät.
donalphons, 11:45h
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