: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Montag, 21. Januar 2013

Von oben betrachtet.

Finanzkrise ist, wenn die Banken pleite gehen und von den Staaten gerettet werden müssen. Wenn die Staaten dazu die Gelddruckmaschine anwerfen und natürlich nicht in der Lage sind, diesen Vorgang zu revidieren, ist das keine Finanzkrise. Es ist dann halt nur so, dass sich das Geld neue Wege in das System der Realwirtschaft sucht. Und anderes Geld verdrängt, das sich dann andere Fluchtorte sucht. Man nennt das bei uns eine Immobilienblase. was aber eigentlich gar nicht geht, denn eine Immobilie kann man nicht aufblasen. Statt zu sagen, die Immobilie ist mehr wert, müsste man eigentlich sagen: Das Geld für die Immobilie ist weniger wert. Das ist ja eigentlich nur logisch, wird aber gern anders dargestellt.







So etwa von dem in Bedrängnis geratenen Gierschlund und Teilzeithetzer Steinbrück, der sich momentan die Vermieter als Scheusale herausgesucht hat, die es zu bestrafen gilt. So nach dem Motto, die haben den Gewinn, die sollen zahlen - auch wenn man, wie man oben gelernt hat, nicht mehr Haus für das Haus bekommt, sondern nur mehr Geld, mit dem man sich weniger Haus kaufen kann. Aber in den Augen der Massen ist erstaunlicherweise bedrucktes Papier die Bezugsgrösse (weil es an den Vermieter bezahlt werden muss), und nicht die unaufblasbare Immobilie, die, wie sie eigentlich wissen sollten, nicht grösser wurde. Das ist irgendwie lustig.





(Für Kid)---->



Aber andererseits auch traurig, weil es zeigt, wie wenig Menschen in der Lage sind, den Blick von ihren eigenen, kleinen Bereichen zu heben und das Gesamte zu sehen. Es ist ein wenig wie die "Aber der Strom aus dem Kernkraftwerk ist doch so billig"-Ideologie, oder die "Wenn da ein Stau ist baut eine breirere Strasse"-Vorstellung. Es ist furchtbar kindisch, und dumm, und während ich da meine 500 Meter hoch steige, wird es mir warm beim Gedanken an meine Einsamkeit. Keiner schaut mich schief an, weil es die Wellen aus den Zentralbanken zufälligerweise, wegen Jahrzehnten und Jahrhunderten alten Entscheidungen bei uns anlandet. Und ist es nicht amüsant? Als das Geld die Jahre davor bei den Aktionären und "dem Markt" ankam, sprachen alle von Deregulierung. Ich wähle gerne. Aber keine dummen., opportunistischen Arschlöcher oder ihre Einflüsterer, die auf der Vortgragsgehaltsliste der Bankster stehen. Dass die wiederum davon profitieren, wenn man den Mietmarkt reguliert und diese Verbrecher agieren lässt, weil dann wieder eher Aktien und CDOs gekauft werden, dass man da auch ein grossen Prgoramm zur Wiederbelebung des dummen Kleinaktionärs sehen kann, das fällt hoffentlich schon dem einen oder anderen auf.







Und natürlich auch: Ein Programm zur Förderung der Mieterflexibilität. Dann können sie nämlich viel leichter von Job zu Job, von Abteilung zu Abteilung wechseln. Was manchmal ein Fluch ist, aber oft auch als Segen gesehen wird. Ich glaube, es ist kein Zufall, dass es ausgerechnet im Land der grössten und durchaus profitablen Arbeiterselbstausbeutung diese hohe Anzahl von Mietern gibt. Sicher, es ist bequem, und es macht das Leben auch angenehm, nicht irgendwo sein zu müssen: Aber das Just-in-time-Prinzip der Logistik kann es bei uns in Sachen Menschen nur geben, weil es so viele Möglichkeiten für Mieter gibt. Ich persönlich bin übrigens der Meinung, und ich rate es auch jedem: Mieten nur, wenn es nicht anders geht. Aber wenn sich das Leben dann so gestalten lässt, dass es solide und sicher ist: Bauen, oder noch besser Kaufen und Restaurieren. Und das Leben ein wenig überdenken.







Man wird deshalb nicht geistig unrege oder reaktionär. Es nimmt einem manche Möglichkeit und gibt andere Chancen. Es hat wie alles zwei Seiten, und je nach Lebenslage kann man sich entscheiden. Das nennt man Freiheit. Man muss in diesem Leben nur sterben und zuschauen, wie das Geld kaputt geht. Alles andere ist die Freiheit des Menschen, und die sollte man bewahren. Statt jene zu verteufeln, die der Wahrung der Freiheit der anderen ihre Dienste anbieten.

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Montag, 21. Januar 2013

Das Machen von

Die beste Anschaffung der letzten Woche war eine Stirnlampe. Denn das Problem ist ja, dass eine wirklich lange Rodeltour zum Hirschberg schon recht grossen Aufwand nach sich zieht: Hinfahren mit dem Auto, Rodelschleppen durch den Ort und ein langer Aufstieg, für den man recht früh los muss. Die Abfahrt ist nicht ohne Gefahr, und in der Nacht würde ich da nicht runterfahren wollen. Aber mit der Stirnlampe in der Dämmerung noch mal schnell auf die Neureuth: Das geht. Selbst wenn man wegen der Umstände (TM) zu spät am See eintrudelt.







Und während es zu viel ist, die Neureuth an diesen kurzen Tagen zweimal zu gehen, ist es durchaus kein Problem, am Morgen zum Rodeln zu gehen, dann die Arbeit zu machen und in der Nacht erneut hinauf zu steigen. Zumal der Berg in der Finsternis ganz anders als am Tag ist; weniger Geräusche, weniger Menschen, und weil so wenig los ist, werden die Gedanken scharf und man lauscht auf jeden Ton. Die Nacht, ganz allein auf so einem Berg, ist etwas ganz anderes als das, was die meisten Menschen normalerweise erleben. Das Hirn arbeitet auf Hochtouren, alle Sinne sind scharf und doch ist um einen - scheinbar - nur das Nichts aus Fels, Eis und Bäumen.







Man dreht dabei nicht durch, aber es geht schon unter die Haut, und wenn dann noch direkt hinter der scharfen Kurve am Weidegitter ein Reh den Berg hinaufrennt, während man hinunterrast - dann denkt man sich: Über den einsamen Lichtpunkt in diesem schwarzen Meer des finsteren Berges, der sich hinaufquält und hinunterflicht, während hinter ihm die Fluten der Nacht zusammenschlagen, über diese Hypersensibilität, das lange Nichts und die Sekundenbruchteile des Erschreckens, darüber müsste man einmal schreiben. Das ist schon sehr, sehr seltsam, dieses Gefühl, das man in den Bergen hat. Einfach, weil die Sinne so klar und funkelnd in diese finstere Welt hineinhorchen.







Und so kommen mir dann die besten Ideen. Ich wäre vielleicht auch nur irgendein Schreiber, wenn ich in einem warmen Büro sässe. Manche - vielleicht sogar ich selbst - haben diesen immer überreizten Zustand auch im Hirn und tragen ihn mit sich herum. Hier aber stört er nicht, hier ist er das Leben, und die Geschwindigkeit des Rodels ist nicht zwischen Ausbrechen und Kontrolle, sondern zwischen Leben und Tod. Da braucht man das, da passe ich hin, auch wenn im Rückgrat etwas Prickelndes wandert. Danach weiss man wieder, was Leben ist.







Das vergisst man nämlich bei uns zu schnell. Und das eine wie das andere gehört doch so sehr dazu zum Leben. Ich, der Rodel, sieben Dioden, der Berg und die alles verschluckende Nacht. Kein Horrorfilm enthält so viel langsame, kriechende Angst und so viel Erlösung.

Und dann komme ich heim und schreibe über das Leben.

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Danke Ponader! Danke Steinbrück!

Muss man sich mal vorstellen: Eine Regierung voller Schnorrifreunde kommt möglicherweise durch, weil die anderen solche Bankenvortragsschnorris und BGE-Selbstbereicherungsschnorris im Angebot haben - die sich jetzt aber schleunigst verpissen sollten.

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4 Jahre auf Stütze

und dafür ein Versprechen an die Leser der FAZ.

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Samstag, 19. Januar 2013

Da gibt es keine Versicherung

Man sollte mal darüber schreiben, dass, wer im Herbst allein ist, es im Winter nicht mehr bleiben wird - schliesslich haben wir Heizung und Internet und können uns auch an kältesten Tagen von unseren besten Seiten zeigen. Das Geschacher und Gekungel hat immer Saison.



Aber.

Das würde jetzt zu weit führen, jedenfalls, vielleicht liegt es einfach am Wetter und dem allgemeinen Frust, jedenfalls stimmt da irgendwas mit dem Zusammenkommen nicht. Zu viel Schwung am Anfang, zu viele Begehrlichkeiten, die prompt enttäuscht werden. Und dann kracht es.



Es waren ein wenig zu viele Unfälle diese Woche. Nicht bei mir, aber das Zuschauen reicht schon. Aber alle müssen hetzen, obwohl es glatt ist, und alle müssen was kriegen, das es vielleicht gar nicht gibt, und so geht das Leben dahin und der Spass bleibt auf der Strecke. Heute also Ausdengeln der Schäden. Morgen wieder Tegernsee und immobile Bergeinsamkeit.

Besuch gerne. Aber von Heirats-und Exverheiratetofferten bitten wir Abstand zu nehmen.

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Samstag, 19. Januar 2013

Die Streifen, auf die alle abfahren

Ich fahre wirklich gern Auto. Wenn es einmal ganz schlimm wird, lege ich die CD mit italienischen Hits der 70er Jahre ein und denke mich zurück an die Gardesana. Ich bin einmal mit einem Mädchen dort entlang gefahren und habe genau das gehört - unter anderem Fred Bongusto - und so schlimm kann es eigentlich gar nicht sein, dass mich das nicht ein wenig anhebt. Wenn es ganz übel kommt, denke ich mir: Die Villa, die ich mir einst dort kaufen wird, wird sich selbst beleuchten, wenn ich komme, und genau dieses Lied abspielen. Das hat beim Heimfahren geholfen. Zwischen den diversen Bildern von mal mehr, mal weniger schlimmen Unfällen. Was wollten die alle hier? Und warum genau fuhr ich überhaupt weg?



Besonders schön sind natürlich auch die Nachrichten nicht. Hat also Armstrong zugegeben, was nicht mehr zu leugnen war, und alle reden über den befleckten Radsport. Was er zweifelsohne ist, Doping war immer mit dabei, es ist nur irgendwann jemandem aufgefallen, und jetzt kommt das eben alles ans Licht. Ich wünschte mir, die Kollegen könnten so freundlich sein und von - ja, was nun - vielleicht professionellem Werbebannerdurchdiegegendfahren sprechen. Denn darum geht es im Kern. Um Markenbotschaften, die im TV erscheinen sollen. Dass da ein Radler mit dranhängt, interessiert nur in Form seiner Platzierung. Diese Differenzierung würde ich gern lesen.



Wobei: Natürlich sind Menschen für solche Stars auch beim Radfahren anfällig. 1999 hat Armstrong die Tour de France auf Laufrädern gewonnen, die zwar keine Rolf Verctor Pro waren, aber zumindest so aussahen. 1999 gewann jemand - bislang noch ohne dass man ihm Doping nachgewiesen hätte, dafür mit einer wenig beliebten Taktik des Hinterradlutschens - damit auch die Strassen-Weltmeisterschaft. Und deshalb findet man diese Laufreäder auch noch recht häufig; Menschen glauben eben gern, dass ihnen so etwas hilft, wie es scheinbar den Profis geholfen hat. Freundlicherweise muss man aber sagen: Hobbyradler kaufen Räder und keine Eigenblutbehandlung.



Noch etwas: Ja, die ganzen Fälle sind schlimm, und das alles sieht nach einem rabenschwarzen Zeitalter aus. Alle deuten auf die Radler und sagen, das sei, vielleicht neben China und der DDR, der absolute Sündenpfuhl. Mich erinnert das ein wenig an die früheren Fälle, als damals noch einzelne Nationen andere Nationen runtermachten; ihre Radler seien natürlich sauber. Und die Nationen - hier besonders Frankreich, Italien und Spanien - haben das bei ihren Göttern gern geglaubt. Was sich als Fehler herausgestellt hat, denn diese Perversion von Sport geht nun mal nur, wenn man in allen Bereichen an das Limit geht. Wundert sich eigentlich kein Fussballfan, dass das Siglo d'Oro des spanischen Fussballs justament zu der Zeit war, als Spanien auch beim Doping führend war? Solche Unsicherheiten gibt es jetzt auf zwei Rädern nicht mehr. Aber auf zwei Beinen sollte man vielleicht mal bedenken - und hier besonders die ganzen neuen Kickerfreunde, die viel Geld in den Stadien lassen - dass an der Spitze auch kleinste Vorteile viel ausmachen können. Man bedenke: In Deutschland dominiert Fussball so, dass dagegen alles andere kaum Bedeutung hat. Und so beinhart sind dann auch die Fans, wie in gewissen italienischen Regionen mit dem Profiradeln. Rückblickend glaubt dem Profiradsport kein Mensch mehr, und ich gehe gern radeln, weil es gesund hält und man etwas von der Landschaft sieht - sonst nichts.



Aber jene, die da singen, dass Fussball ihr Leben wäre, sollten bedenken, wie kurz das Leben sein kann, kurz wie die Beine von Lügen. Profiradler werden im Schnitt so schlecht bezahlt, dass manche Teams die Räder verkauften, um sich Doping leisten zu können. Fussballer dagegen...

Ich sage es mal so: In meinen Augen ist das wie bei den Bankstern. Es gab vor der Finanzkrise Möglichkeiten, die nicht sauber waren, aber alle machten mit, weil sie gar nicht anders konnten. Intern wie extern. Sobald die Möglichkeiten da sind, werden sie auch genutzt. Viele Profiradler, viele Leichtathleten waren mit dabeu, und alle anderen stehen beiseite und sagen: Nein, wir nicht. Als ob jemand, der einem anderen mit voller Wucht die Beine wegtritt, dann plötzlich den Moralischen kriegt, wenn es um EPO geht.

Der Radsport hat es hinter sich. Was bleibt, ist der Breitensport, und das würde ich auch den ganzen Stadiongehern raten. Fangt an, Euch selber gut zu finden, statt Hemden von Idolen zu tragen, die gar keine andere Möglichkeit haben, als das Letzte aus sich heraus zu holen. Redet am Montag über Eure Bergwanderungen, über den Dauerlauf am See oder am Fluss, über die Radtour zu einem Biergarten, raucht und trinkt weniger, findet Euch selber gut. Man braucht keine WCS-Streifen und kein Gegröle. Kaum etwas ist so hässlich wie ein Betonklotz mit Zigtausend Menschen, die sich nicht benehmen, oder ein Alpenpass voller Brüllaffen. Es geht auch ohne. Das ist die Lektion beim Radeln, denn egal was war: Es ist beliebt, die Leute machen es gern auch ohne Idole. Und vielleicht kann man davon etwas lernen, wie vielleicht der ein oder andere Bolzer von Armstrong gelernt hat.

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Donnerstag, 17. Januar 2013

Putztag

An Tagen wie heute - draussen bricht die weisse Hölle herein - könnte ich nichts anderes tun, als drinnen zu bleiben, die absurden Jobanzeigen der Region lesen und dann endlich wieder mal das Silber putzen. Das ist diesmal sogar nötig, denn ich habe der Wohnung in etwa das mitgebracht, was hinter Glas passt, und somit die andere Wohnung von dem entlastet, was dort nicht mehr hinter Glas passt. Das alles ist kein Zustand gewesen und das war es schon lang: Aufgrund der Preise habe ich aufgehört, Neues zu kaufen, aber das Alte stand ja auch noch rum. Und so, wie es jetzt ist, ist es gerechter verteilt.





Denn ich werde wohl öfters am See sein, das bringen die Vermietungen so mit sich. Eine Wohnung ist schon weg, die andere muss noch hergerichtet werden, und das alles lässt sich vom Tegernsee aus sehr viel leichter bewerkstelligen: Weniger Fahrerei, schnelleres Durchkommen durch München, und bis so etwas läuft, dauert es ja immer etwas. Es ist wie mit meiner sonstigen Arbeit auch: Kurze Phasen der Hektik, gefolgt von Tagen - oder hier auch Jahren - der Zufriedenheit. Wenn man es am Anfang gut gemacht hat, und dem Mieter den Eindruck vermittelt, dass man nicht der erste Feind und Räuber in einer neuen Stadt ist, sondern zumindest der erste Partner, und die erste helfende Hand. Und so schlimm, das muss ich sagen, ist mein Bauwagen am See jetzt auch nicht.





Wenn ich denn bleiben könnte. Aber irgendwann wird es zu viel Schnee, in München wäre etwas zu tun und ausserdem droht daheim der Schnee alles zu zerdrücken, vielleicht hat auch jemand nicht geschippt und überhaupt, wer weiss, was bei so einem Wetter nicht alles passieren kann:Daher mache ich mich dann doch auf den Weg. Nur soviel: es war ein abscheulicher Trip, aber da lernt man schnell, wie bevorzugt man eigentlich ist, wenn man nicht jeden Tag pendeln muss, und das meiste von daheim aus machen kann.





Es ist nett, ab und zu mal nach München zu fahren, aber ein ganzer Winter in diesem Zustand, das geht vermutlich nicht ohne schwere Belastung ab. Dafür bin ich vermutlich nicht geschaffen, ich fahre gern Auto, aber nicht so gerne, und meine Efahrungen mit der BOB sind jetzt auch nicht gut. Das ist halt so eine Phase, da muss man durch, und dann kann man wieder lange, lange Silber putzen und Torte essen, während draussen der Schnee fällt und man sich gar nicht zu wundern aufhören kann, was die da draussen eigentlich so rumhetzen.

40 Kilometer nach München. 7 Unfälle am Strassenrand. Kein Spass. Wie viele Silberkannen hätte man bei dem Schaden... na egal. Bei mir ist alles gut gegangen.

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Mittwoch, 16. Januar 2013

Ohne Benzin

Ich könnte natürlich behaupten, es sei zwecks der Umwelt, aber die schäbige Wahrheit lautet: Es ist wegen der Parkplätze. Sobald schönes Wetter ist, immer am Wochenende, oft auch einfach nur so, ist der Wanderparkplatz in Gasse überfüllt. Im Sommer ist das egal, da fahre ich mit dem Rad hin. Aber im Winter musste ich den Rodel mitnehmen. Und das war der Grund, warum ich als Tegernseeanwohner mich mit ordinären Münchnern herumschlagen musste. Aber weil das Wetter so schlecht war, dachte ich mir: Wenn es hier und heute mit dem Rad geht, dann geht es immer. Und nach etwas Tüftelei ging es dann auch los.







Los zum modernen Tegernseefünfkampf: Radeln, Bergsteigen, Rodeln und wieder Radeln, um den Kuchen zu holen. Und es ging ganz erstaunlich gut. Kein Wunder eigentlich, früher hattem die Menschen ja auch kein Auto, und trotzdem hat man den Rodel zum Berg gebracht. Parkplatznot macht erfinderisch. Und ausserdem ist den überholten und um die Plätze streitenden Münchnern dann klar: Der da ist keiner von ihnen. Der da ist von hier und kann alles mit dem Rad machen.







Vor allem aber kann der jetzt wieder durchrodeln. EEs ist viel Schnee gefallen, genug für die nächsten Tage und Wochen, und damit ist die Saison erst mal gerettet. Gut, gerade warm ist es nicht und etwas Sonne wäre auch nicht schlecht, aber das kommt sicher auch noch irgendwann. Vielleicht gibt es dieses Jahr auch wieder einen Zauberwald, in dem die Diamanten funkeln, und ich bis März dem Heuschnupfen entgehen, entsteigen und davonrodeln kann, bevor es wieder nach Italien geht.







Hier geht es erst mal rauf und dann wieder - gemächlich - runter. Das ist immer so bei Neuschnee, da müssen erst mal ein paar Horden den Schnee plattfahren, damit die Eisen richtig laufen. So lange bin ich hier auch mit dem eher huchbeinigen Tourenrodel. Die roten Teufel sind doppelt so schwer, und man wird sehen, ob das dann auch so leicht mit dem Rad sein wird - aber der Bayer als ein solcher hat den Magen von einem Schwein und den Rücken von einem Ochsen - "one of the failures" würde Franknfurter sagen - und ich bin da sehr zuversichtlich. Schliesslich habe ich es ja nicht weit. Und das ist der Preis, wenn man eben nicht im Schatten der Berge, sondern an einem Sonnenhang wohnt.







Dann geht es hinunter ins Tal, wo die viertelten Artgenossen im Stall das Heu des Frühlings fressen - man riecht das, irgendwie ist etwas Blütendunst in der Nase - und weiter zum See, in die Konditorei, und dann wieder hoch, die Torte am Lenker und die Husarenflügel des Rodels auf dem Rücken. Keine eingefrorenen Türen, kein Gerangel um den Parkplatz, und auf Schnee fährt das gute, alte Marin auch stabil. Bete nicht um eine geringere Last, sondern um einen stärkeren Rücken, hat Theresa von Avila einst gesagt. Meiner ist stark genug.

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Mittwoch, 16. Januar 2013

Die alte Nichtheimat

Es lässt mich natürlich nie ganz kalt, wenn ich am Siegestor vorbei die Ludwigstrasse hinunter fahre und dann Richtung Heimat abbiege. Inzwischen: Ehemalige Heimat. Die erste, die ich mir selbst herausgesucht habe. Und die ich trotz Immobilienirrsinn in München auch behalten werde, selbst wenn ich genau weiss: ich werde nie zurückkehren. Das Viertel ist völlig anders geworden, man könnte die Wohnung beziehen, aber nicht mehr die Geschichte. Die Erinnerungen hängen an so vielem, das es nicht mehr gibt.





Schräg gegenüber wohnte eine Studienkollegin, bei der ich mein sagenhaftes Talent unter Beweis stellte, andere Leute von ihren wenig geschätzten Beziehungen zu befreien. Letztlich hat sie es sich dann doch ganz anders überlegt, er nahm kein Kondom und sie keine Pille, und der Rest ist die Geschichte einer Schwangerschaftsdepression, einer totalen Überforderung, einer hingeschmissenen Ausbildung - was wir übrigens alle gemacht haben, aber nicht so - und das dumme Gefühl, dass man das eigentlich Richtige getan hat. Aber halt nicht richtig genug. Ja, die Romantik. Und was hat es allen Beteiligten gebracht? Ein Packen Bilder auf Papier, ein paar Erinnerungen, und immerhin, ich hatte die beste aller Möglichen Welten in diesem Kontext. Es war eine tolle Zeit. Wir haben viel erlebt. Ich möchte es nicht missen, aber ich würde sehr viel anders machen. Die Romantik hat und damals so getäuscht, wie der Lebenslauf die nächste Generation hereinlegen wird.





Es ändern sich also die Anlässe, nicht aber das meist hinter den Erwartungen zurückbleibende Ergebnis. Abgesehen davon sind es die kleinen Dinge in dieser Stadt: Die Unmöglochkeit, einen Parkplatz zu finden. Die Helligkeit auch in der Nacht. Die Aggressivität. München ist zwar nicht brutal, aber dennoch ungemütlich. Wie die Frau an der Ampel neben mir im Mini Cabrio die Gänge einlegt, wie sie fährt, wie das so gar nicht wie ein Sommertraum wirkt, sondern nur wie Druck in einem Staussymbol: Das ist sehr München. Ich sehe das Getriebene und frage mich immer: Wohin geht das hier eigentlich? In den Bundesfinanzausgleich? In eine Ehe im Speckgürtel? In eine Bürokarriere, wo niemand über 45 ist? München, keine Frage. ist toll, wenn man jung ist und das Geld hat. Und dann vermietet man eben die Wohnung, hat noch etwas mehr Geld und ist woanders. München ist toll, aber irgendwann ist man davon so überfordert wie von einem neuen Mobiltelefon. Vor 25 Jahren wäre das Bild noch aus der anderen Richtung aufgenommen worden, nach dem Skifahren auf dem Gletscher hinein in die Stadt und ihre Abenteuer.





Der Junge, mit dem ich durch diesen Tunnel fuhr, sitzt heute in zweiter Ehe in einem Vorort meiner Heimatstadt und entwirft Lichtmodule für einen bestimmten Autotyp.

Einige der Bücher waren schon in München, und ziehen jetzt zum zweiten Mal um. Die Veränderungen bringen die Möglichkeit mit sich, Dinge nebenbei mitzunehmen und zu transportieren, die für sich allein den ganzen Stress nicht lohnen würden. Sprich, endlich fügt sich alles so, dass auch ein Bücherschrank an den Tegernsee gebracht werden kann, so ich denn das Glück habe, ihn zu bekommen. Meine Wohnung in München war eine Buch- und Lasterhöhle, meine Wohnung am See dagegen wirkt etwas geistlos, und ich bin es leid mich entschuldigen zu müssen und zu sagen, die anderen 7ooo stehen daheim.





Den Bücherschrank also brauche ich, und noch eine zweite Auflaufform mit Silberständer. Zur Sicherheit, falls neben mehr Büchern aus München auch mehr Münchner kommen sollten. Jetzt, wo der Schnee liegt und der Zauberwinter doch noch kommt, könnte es voll werden. Und nebenbei denke ich auch, dass man gut in München leben kann, wenn man oft heraus kommt. Das war am Ende mein Problem: Ich war da zu lang drin. Schade, eigentlich. Aber München ist leider nun mal auch so: Man verabredet sich mit 6 Leuten zu Skifahren, und am Ende haben 5 keine Zeit und ein Jahr später ist eine schwanger, einer ein Todfeind, einer hat versucht, einen auszubooten, einer hat ein massives Tablettenproblem und eine ganz andere Freunde. Die Romantik hat nicht lange nach 2000 gehalten. Mir geht es soweit ganz gut, weil ich mich davon geschlichen habe.

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Heute Lola Blau ausser Haus

Das wird wieder viele böse Kommentare geben, weil es gegen die Popkultur der Emmentaler geht: Dein Piercing ist mein Amüsement und Ausschlussgrund.

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Montag, 14. Januar 2013

Im Speicher

Was ich an dem Geschäft des Vermietens so mag: Es ist ruhig. Es passiert, gemessen an anderen Tätigkeiten, einmal viel beim Wechsel und dann ganz wenig. Die Mieter möchten ihre Ruhe und Privatsphäre und ich will sie gewähren lassen. Es ist nicht mehr so wie vor 50 Jahren, dass der Hausherr jede Woche inspiziert.

Die Zeiten des Wechsels mag ich aber auch sehr. Neue Menschen, Einblicke in andere Lebenswelten, die ich natürlich nicht verblogge, aber den Horizont erweitern. Eigentlich macht man solche Gespräche ja, weil man ein paar Sachen klären muss, aber für mich ist es vor allem das Kennenlernen. Die Vorstellung, dass ein makler jemanden anschleppt, der ihm gerade einen vierstelligen betrag dafür gezahlt hat, und der sich jetzt innerlich kochend verbiegt - die mag ich gar nicht. Aber vermieten! Das ist immer eine Lust. Ein Drama wird es erst, wenn einer geht und dann merkt, dass es die falsche Entscheidung war: Ich würde gern helfen. Aber es geht nicht. Nicht in diesen völlig überfüllten Märkten, in denen ich mich bewege.



Und so eile ich momentan durch den Speicher, wühle mich durch Kisten und werde fündiger, als ich je dachte. Der hier zum Beispiel wurde völlkommen vergessen; ich dachte, er hinge im Bad zwei Stockwerke tiefer, aber da habe ich ja einen anderen besorgt, an den ich mich kaum erinnere, weil ich den quasi im Hausgang aus der Hand gerissen bekam. Bei der Gelegenheit ist mir auch noch eine Aplik in die Hände gefallen, die in einer Küche fehlt. Im Sommer habe ich einmal eine Kiste mit Trümmern in Pfaffenhofen mitgenommen und nicht mehr angeschaut: Auch da liegen noch zwei unbefriedigte Lüster drin. Die eigentlich für das Hinterhaus gedacht sind, wenn mal...

Es ist nämlich so mit den Lampen: Ich mag es, wenn man Nachts am Haus vorbeigeht, und alle Räume einheitlich schimmern. Und Lampen sind nun mal so die Dinge, die Mieter nur extrem ungern kaufen. Erstens sind sie teuer, zweitens ist es teuer, sie montieren zu lassen (muss heute alles ein Elektriker nachen, da sind ja drei Drähte! Mit Schrauben!!! Oh Gott.), und drittens weiss man ja nie, ob sie in der nächsten Wohnung passen. Lampen sind also etwas, das man gerne nimmt, wenn es vorhanden ist. Wie ich überhaupt jetzt schon seit Jahren einen Trend zurück zum möblierten Mieten erkenne: Früher war das völlig normal, dann galt es eine Zeit lang als unfein, und heute wiederum , in Zeiten von Ikea, das man hier und dort neu kaufen müsste, ist man nicht unfroh, wenn schon etwas da ist. Zum Beispiel sage ich bei einer bestimmten Kommode (Fichte, nicht Ikea, 70ies of the 19th) nun schon 5 Mietern nacheinander, wir könnten sie auch in den Speicher tragen. Nie musste ich sie auch nur einen Zentimeter verschieben.



Oh. Den hier habe ich auch vergessen, einmal abgehängt und nicht mehr beachtet. Der ist auch hübsch, sehr hübsch.

Eine Maklerin am Tegenrsee hat mir übrigens erzählt, dass sie inzwischen eher dazu neigen, die Wohnungen wieder möbliert zu zeigen. Bei wirklich teuren Objekten hat sie ein Abkommen mit einem Antiquitätenhändler, der ein paar Stücke anliefert, und oft kommen dann mögliche Käufer und bedauern, dass dies und jenes Stück gar nicht da steht, weil doch das Kind sich in diesen Sessel sofort verliebt habe. Das mag auch etwas an den Bergen liegen, wo Ikea nun wirklich nicht passt, und nach dem Hauskauf auch bei Reichen selten noch die Mittel dazu da sind, mal eben einen Lüster für einen vierstelligen Betrag in den Gang zu hängen, und dann nochmal 14 weitere im Rest des Hauses. Vielleicht geht aber auch die Zeit der Tabula Rasa, der kompletten Neuerfindung des Lebens in den Möbelhöfen für manche einfach zu Ende: Es ist so teuer. Man muss dauernd updaten. Und jede Mode mitmachen. Dabei wäre es doch so schön, einfach irgendwo zu sein, sich das Leben und Wohnen wie einen warmen Bademantel überzuwerfen und sich keine Gedanken machen zu müssen.



Denn so eine gebogene Halogenleiste ist irgendwann erklärungsbedürftig. Aber ein Kronleuchter, der da schon immer funkelt... ach der... ja... schon etwas viel, aber das Leben ist doch wenig genug...

Es wird immer jemanden geben, der so etwas will, oder etwas anderes. Der Speicher ist gross, das Leben ist lang, und es würde uns auch nicht schaden, wenn wir ab und zu mal etwas weniger neu kaufen.

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