Im Speicher

Was ich an dem Geschäft des Vermietens so mag: Es ist ruhig. Es passiert, gemessen an anderen Tätigkeiten, einmal viel beim Wechsel und dann ganz wenig. Die Mieter möchten ihre Ruhe und Privatsphäre und ich will sie gewähren lassen. Es ist nicht mehr so wie vor 50 Jahren, dass der Hausherr jede Woche inspiziert.

Die Zeiten des Wechsels mag ich aber auch sehr. Neue Menschen, Einblicke in andere Lebenswelten, die ich natürlich nicht verblogge, aber den Horizont erweitern. Eigentlich macht man solche Gespräche ja, weil man ein paar Sachen klären muss, aber für mich ist es vor allem das Kennenlernen. Die Vorstellung, dass ein makler jemanden anschleppt, der ihm gerade einen vierstelligen betrag dafür gezahlt hat, und der sich jetzt innerlich kochend verbiegt - die mag ich gar nicht. Aber vermieten! Das ist immer eine Lust. Ein Drama wird es erst, wenn einer geht und dann merkt, dass es die falsche Entscheidung war: Ich würde gern helfen. Aber es geht nicht. Nicht in diesen völlig überfüllten Märkten, in denen ich mich bewege.



Und so eile ich momentan durch den Speicher, wühle mich durch Kisten und werde fündiger, als ich je dachte. Der hier zum Beispiel wurde völlkommen vergessen; ich dachte, er hinge im Bad zwei Stockwerke tiefer, aber da habe ich ja einen anderen besorgt, an den ich mich kaum erinnere, weil ich den quasi im Hausgang aus der Hand gerissen bekam. Bei der Gelegenheit ist mir auch noch eine Aplik in die Hände gefallen, die in einer Küche fehlt. Im Sommer habe ich einmal eine Kiste mit Trümmern in Pfaffenhofen mitgenommen und nicht mehr angeschaut: Auch da liegen noch zwei unbefriedigte Lüster drin. Die eigentlich für das Hinterhaus gedacht sind, wenn mal...

Es ist nämlich so mit den Lampen: Ich mag es, wenn man Nachts am Haus vorbeigeht, und alle Räume einheitlich schimmern. Und Lampen sind nun mal so die Dinge, die Mieter nur extrem ungern kaufen. Erstens sind sie teuer, zweitens ist es teuer, sie montieren zu lassen (muss heute alles ein Elektriker nachen, da sind ja drei Drähte! Mit Schrauben!!! Oh Gott.), und drittens weiss man ja nie, ob sie in der nächsten Wohnung passen. Lampen sind also etwas, das man gerne nimmt, wenn es vorhanden ist. Wie ich überhaupt jetzt schon seit Jahren einen Trend zurück zum möblierten Mieten erkenne: Früher war das völlig normal, dann galt es eine Zeit lang als unfein, und heute wiederum , in Zeiten von Ikea, das man hier und dort neu kaufen müsste, ist man nicht unfroh, wenn schon etwas da ist. Zum Beispiel sage ich bei einer bestimmten Kommode (Fichte, nicht Ikea, 70ies of the 19th) nun schon 5 Mietern nacheinander, wir könnten sie auch in den Speicher tragen. Nie musste ich sie auch nur einen Zentimeter verschieben.



Oh. Den hier habe ich auch vergessen, einmal abgehängt und nicht mehr beachtet. Der ist auch hübsch, sehr hübsch.

Eine Maklerin am Tegenrsee hat mir übrigens erzählt, dass sie inzwischen eher dazu neigen, die Wohnungen wieder möbliert zu zeigen. Bei wirklich teuren Objekten hat sie ein Abkommen mit einem Antiquitätenhändler, der ein paar Stücke anliefert, und oft kommen dann mögliche Käufer und bedauern, dass dies und jenes Stück gar nicht da steht, weil doch das Kind sich in diesen Sessel sofort verliebt habe. Das mag auch etwas an den Bergen liegen, wo Ikea nun wirklich nicht passt, und nach dem Hauskauf auch bei Reichen selten noch die Mittel dazu da sind, mal eben einen Lüster für einen vierstelligen Betrag in den Gang zu hängen, und dann nochmal 14 weitere im Rest des Hauses. Vielleicht geht aber auch die Zeit der Tabula Rasa, der kompletten Neuerfindung des Lebens in den Möbelhöfen für manche einfach zu Ende: Es ist so teuer. Man muss dauernd updaten. Und jede Mode mitmachen. Dabei wäre es doch so schön, einfach irgendwo zu sein, sich das Leben und Wohnen wie einen warmen Bademantel überzuwerfen und sich keine Gedanken machen zu müssen.



Denn so eine gebogene Halogenleiste ist irgendwann erklärungsbedürftig. Aber ein Kronleuchter, der da schon immer funkelt... ach der... ja... schon etwas viel, aber das Leben ist doch wenig genug...

Es wird immer jemanden geben, der so etwas will, oder etwas anderes. Der Speicher ist gross, das Leben ist lang, und es würde uns auch nicht schaden, wenn wir ab und zu mal etwas weniger neu kaufen.

Montag, 14. Januar 2013, 11:29, von donalphons | |comment

 
Glücklich der, der einen großen Speicher sein eigen nennt.

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Einer der wenigen positiven Aspekte, dass die eigenen nahen Verwandten das Zeitliche segnen: da wachsen einem Möbel, Gemälde und Utensilien zu, die man selbst mit auskömmlichem Einkommen in der Qualität und Menge niemals selber finanzieren könnte. (Biedermeier! Meißen!! Murano!!!)

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Wenige positive Aspekte - kommt auf die Verwandtschaft an ...

Glücklich der, dessen Verwandtschaft die Biedermeier-Möbel nicht den Nierentischchen opferte.

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...wobei ich so manches aus der Nierentischchen-Zeit gar nicht so schlecht finde. Das sind meist Produkte aus einer Zeit, in der Fertigmöbel zum großen Teil noch handwerklich gute Qualität hatten, und Vollholz statt Spanplatte zum Einsatz kam. Meine Großmutter hinterließ da einige kleinere Teile, u.a. zwei Cocktailsessel, die noch ihren Dienst tun, kleine asymmetrische "Nierentischchen" die neben dem Sofa stehen.
Und in unserer Küche wird bis heute täglich eine ehemals elfenbeinerne, heute in gelbe vergilbte Philetta benutzt. Die hat nach dem Aufwärmen einen viel besseren Klang als so manches aktuelles Radio.

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gut mag es gewesen sei, oder zumindest besser als ikearollerwhatever, schön war die biedere massenware der miefigen 50er aber mit sicherheit nicht.

interessant wird diese ära erst wenn man villen aus der zeit plündern kann.

der vergleich der lampen in den donschen etablissements hat klassischen apfel/birnen charakter. das eine war auch damals schon gut und teuer, die gezeigte halogenlichtschleuder wird nie teuer werden und schlecht war sie schon beim einkauf. gute zeitgemäße lampen gibt es noch, kosten aber schnell mal 3-4 stellig. obs dann in ein haus mit stuck oben und parkett unten passt? andere frage ... ;)

würde meine räumlichkeiten aber nur ungern mit hochwertigen möbeln vermieten. da hätte ich immer wieder angst vor mangelnder wertschätzung meiner sammlung. den eigenen besitz achtet man, den anderer auch ? wäre es am ende nur eine geldfrage ließe sich das über versicherungen lösen, aber so ein schrank aus kirsche ist halt unersetzlich, gerade wenn er bereits die x. generation in familienbesitz ist ...

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Hätte ich die Wahl, eine "Biedermeier-Villa" oder einen 50er-Jahre-Bungalow zu plündern, wäre das Ergebnis recht eindeutig. (Biedermeier rules.)

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bin in biedermeier groß geworden, das zeug landet ohnehin irgendwann hier ;)

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@rollproll: Eine fast identische Lichtschleuder tut seit Jahr und Tag hier in der Küche Dienst, und so sympathisch ich den Lüster-Fimmel des Hausherrn finde, so ein Kristallglas-Gebamsel müsste ich hier (wo nicht vegetarisch gebrutzelt wird) nicht haben. Sonst gerne.

Ich bin im Übrigen mit der Thematik Licht/Leuchten nicht völlig unbeleckt, und habe gerade auch im 3-4-stelligen Preissegment und sogar bei individuell ausgearbeiteten Lichtkonzepten für einen Haufen Geld viel Elend gesehen, über das man sich dann noch viel mehr ärgern muss als am unteren Ende der Preisskala, wo man nicht viel erwartet und sich dann doch freut, wenn so eine I*ea-Funzel zwei Umzüge überlebt.

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sie mag ihren zweck erfüllen, aber es erfüllt mich auch mit grausen, wenn ich nur an knarzendes plastik, grobe spaltmaße und "alu-look" denke.
lüster in der küche wären mir aber auch zuwider. so ein fettfänger hat in der küche nichts verloren.

edit: gerade dieses model mit der geschwungenen trägerstange und den geschossförmigen leuchtelementen ist für mich so ein symbol des allgegenwärtigen einerleis wie dieses ikearegalsystem mit den voluminösen außenbrettern. -> absolutes no-go. ein fliesentisch würde dem ganzen die krone des schlechten geschmacks aufsetzen (ich bitte das nicht persönlich zu nehmen ;) )

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dass sie inzwischen eher dazu neigen, die Wohnungen wieder möbliert zu zeigen

Der Fachbegriff ist "Home Staging".

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hübsch ist der kleine leuchter im zweitunteren bild schon; die elekrifizierung ist zudem recht interessant.

einen lichtberater würde ich nun nicht gerade zu rate ziehen, denn nicht selten ist es so, dass der eigene fundus diesem natürlich als nicht ausreichend erscheint; angenehmer ist es, wenn man ein paar fundstücke eklektizistisch zusammenstellt: marmorkonsole mit vergoldeten beinen + pipistrello oder taccia + stuck + schweren vorhängen. es ist m.e. ziemlich unwahrscheinlich, dass es einem inneneinrichter gelingt, wirklich zu überraschen mit vorhersehbaren kleinen brüchen. überraschend ist meistens die rechnung.

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Ich habe meine Zweifel, ob neue Möbel bei uns ziehen würden. Und neutral... wer in die Berge zieht, will es doch keinesfalls gleichförmig. Ich habe heute einen Vergolder gesprochen, der für einen Besitzer eines kleinen Schlösschens im Oberland neubarocke Kirchensupraporten herrichtet. Das ist die Richtung, in die es geht.

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félicitations zum 3333. tag in folge!

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Ja, vermieten ist toll. Es sei denn, man steht als Vermieter am Wochende beim jetzigen Wetter in der Soße eines geplatzten Heizungsrohres. Mit einem angepissten Mieter auf der einen und einem arbeitsunwilligen Heizungsmonteur auf der anderen Seite.

Spaß für die kommenden Monate garantiert.

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@ donna laura, Donnerstag, 17. Januar 2013, 16:42
lichtberater, das klingt fuer mich wie der "spa-attendant teamleader" auf dem anderen canal!
licht muss doux sein, muss zwar ausleuchten, aber auch dem teint schmeicheln.
die schoensten tischlampen hab ich selbst kreiert.
auf meinem schreibtisch steht z.b. eine klarinette, welche ich electrifiziert und mit einem schirm versehen habe.
wo hast du die hier? sowas will ich auch!
wie oft hab ich das schon gehoert
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@ gibsmir, Samstag, 19. Januar 2013, 19:23
so eine schaden hatten wir letztes weekend bei einem mieter in menton.
der plombier hat ueber sonntag durchgearbeitet.
alles ist gut.
aber in frankreich regt sich auch niemand ueber eine flex oder borhrmaschine am weekend auf

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@ grimaldeli

Lichtdesign gibt es durchaus als Master- (damals Aufbau-) studiengang für architektur und Designabsolventen. Im privaten Bereich mag das etwas überkandidelt erscheinen, für Großbauten ists nicht verkehrt wenn sich da mal ein spezialist drum kümmert.

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das ist mir schon bekannt.
ende der 70er holten sich nachbarn fuer ihre alte villa einen dieser spezialisten und liessen alles "durchfluten"!
ich mag es eher , wie der don, also mit luestern.
ich meine natuerlich die lampen!

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