: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Mittwoch, 7. Mai 2014

Lust und Dummheit

Ich habe einmal eine Seminararbeit über Flügellanzenspitzen der Langobarden geschrieben. Das Thema und das Volk bringen es mit sich, dass die Funde entlang des Wegs der Völkerwanderung zu finden sind, von Norddeutschland nach Ostdeutschland weiter in die ungarische Tiefebene, manche Bereiche von Bulgarien, Serbien und Rumänien, und dann letztendlich in Oberitalien. Und ich erinnere mich noch genau an die bröckelnde Bände aus Osteuropa, das amateurhafte Layout und die Zeichnungen, die eher schematisch waren. Bodendenkmalpflege im Osten war nun mal Beschäftigung mit nichtsozialistischen Kulturen, und das war von geringer Bedeutung für den ruhmreichen Sieg des Sozialismus. Ausserdem waren die Langobarden ja auch so unfreundlich, den Herrschaftsbereich der slawischen, für den Sozialismus besonders gut geeigneten Völker wieder zu verlassen, und als sie dann in Italien waren, lebten sie, wie man aus der Geschichtsschreibung weiss, eher spätrömisch dekadent. Deshalb hatte dann auch die Erforschung ihrer Gräberfelder nicht den Stellenwert, den die protosozialistischen Urgesellschaften einnahmen, die beim historischen Materialismus von Marx eine grosse Rolle spielten.



Um in kommunistischen Diktaturen Geld für die Publikation solcher Bücher zu bekommen, die sich nur mit Relikten der vom Sozialismus beiseite gewischten Gesellschaftsordnungen beschäftigten, musste das alles natürlich einen kommunistischen Dreh bekommen. Deshalb schrieben die Autoren vor den fachlich meist ordentlichen Berichten über Gräberfelder und Siedlungen Vorworte, in denen sie sich zum Histomat bekannten und betonten, wie wichtig solche Kulturen waren, damit der Sozialismus kommen und sie wegwischen konnte. Sie waren also notwenige Betriebsunfälle auf dem Weg zur Freiheit, die Marx versprochen und Stalin garantiert hatte, und das wurde so verzweifelt ausgewalzt, dass man zwangsläufig an einen schmalen, hungrigen Geschichtsprofessor denken musste, der in einem miefigen Zimmerchen mit Vorhängen in senfgelb sitzt und jedes Jahr vergeblich um neue Reifen für seinen Polski Fiat bettelt.



Das ist lange her, und heute sind Bücher aus dem Osten nicht nur gut gemacht, auch unsere Fachbücher werden oft dort gedruckt. Ich habe nicht geschaut, wo nun meine Neuerwerbung mit dem Titel "Lust und Freiheit" ihren Ursprung nahm, aber der Autor kommt aus England, einem Land, wie er selbst bezont, mit langer Tradition der Freiheit. Allein, ich stecke gerade im ersten Teil fest und ich kann gar nicht so viel Torte essen, wie ich... ich will mich auch gar nicht übergeben, aber es ist schon furchtbar, wie dort das Mittelalter abgehandelt wird: Anhand von Gesetzestexten und vereinzelten Urteilen. Das ist so, als würde man sagen: Oh, schaut mal, die im 21. Jahrhundert hatten eine Richtgeschwindigkeit von 130 auf der Autobahn und alle haben sie sich beobachtet - da ist keiner schneller gefahren! Es gibt inzwischen phantastische Untersuchungen über Unzucht, Porno und Sex im Mittelalter, es gibt Berichte über deutsche Kaiser, die öffentlich mit Prostituierten Reigen tanzten, und einen Umbruch während der Reformation, auch wegen der Syphilis - das kann man alles ausblenden und dann behaupten, davor wäre alles schlimm gewesen und dann käme die Aufklärung und würde vieles verändern. Statt dessen geht man heute eher davon aus, dass es, abgesehen von der sogenannten "Renaissance", also den wirklich dunklen anderthalb Jahrhunderten von ca. 1500 bis 1650, eigentlich recht locker zuging. Viel lockerer, als wir uns das vorstellen können. Aber das würde natürlich nicht zum Spin des Buches passen, also fällt es raus.



Als ich davon in der Zeit las, dachte ich, naja, vielleicht empfehlen die ja doch mal ein Buch, das kein Schrott ist, aber weggelegt habe ich es, und zum Radfahren bin ich gegangen, als dann auch noch betont wurde, die Vorteile der sexuellen Befreiung hätten allen - und das steht da wirklich - "weisse, heterosexuelle Männer" gehabt. Das ist einerseits eine Aussage, die so pauschal nicht zu halten ist. Denn das 18. Jahrhundert ist sehr wohl durch einen Kampf für die Rechte der Frau und der sexuellen Spielarten geprägt, und ich wage es auch zu behaupten, dass sich für Männer in dieser Epoche nicht wirklich viel geändert hat, abgesehen avon, dass manche Verhaltensweisen vielleicht mehr öffentliche Akzeptanz in Textbeiträgen fanden, die aber naturgemäss wenig Folgen für das tatsächliche Treiben hatten.



Man kann die Epoche der Aufklärung natürlich so oder so betrachten, je nachdem, welche Quellen man nutzt und welche Autoren man behandelt. Ich bin in gewisser Weise zufrieden, dass das Buch meinen Horizont um englische Aspekte erweitert, aber es widert mich formal an, dass es eine postkommunistische Rektalakrobatik enthält und ausführt, die offensichtlich für die Zensurbehörden der Genderequality geschrieben wurde. Und es ist ein wirklich lustfeindliches, trockenes und komplett humorfreies Buch. Wie kann man aus so einem Thema...

Kauft Mirabeau, Diderot und Franz Blei! Da habt Ihr was davon.

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Dienstag, 6. Mai 2014

Die verlorene Ehre des Kunstsammlers Gurlitt

Ich bin mir ziemlich sicher, dass keiner der anständigen Journalisten, die dem alten Mann die letzten Monate seines Lebens vergällt haben, sich nun einmal hinsetzt und all die Lügen aufschlüsselt, die in diesem Fall von den Medien fabriziert, verbreitet und breitgetreten wurden. Wenn der Anlass nur stimmt - das ist die Lehre aus dem Fall - wird der Journalismus zum Kettenhund von staatlichen Stellen, die selbst schon reichlich freidrehen. Natürlich erwarten die gleichen Journalisten - es gilt die Unabhängigkeit der Justiz nicht weniger als die Freiheit der Presse - dass sie dafür nicht zur Rechenschaft gezogen werden. Und vermutlich haben sie damit sogar recht. Und suchen sich das nächste Thema, an dem sie ihr klerasilreines Pickelgewissen aufbauen.



Aber ich bedaure es heute sehr, nicht mehr für Gurlitt als nur einen einzigen Beitrag in der FAZ geschrieben zu haben. Der Mann hatte sehr recht, sich hinter seiner Tür mit seiner Kunst zu vergraben. Nulla Spes findet sich jenseits der Kunst.

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Sonntag, 4. Mai 2014

Kleiner Hinweis.

Ich mag Frau Modeste und finde, sie hat im Gegensatz zu manchen Heissluftgebläsen einen Preis verdient.

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Buchempfehlung

Es passiert ja nicht oft, dass ich mich für Crowdfunding begeistere - aber es gibt jetzt eine wirklich empfehlenswerte Ausnahme aus den Bergen:



Ich bespreche das Buch und seine Entstehung bei der FAZ und auch im Kommentarblog (mit ein paar Seitenhieben natürlich). So sollten die Berge immer aussehen.

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Samstag, 3. Mai 2014

Pardoniere mein Französisch

Manche werden wissen, dass bei den FAZ-Finanzen immer eine gewisse Person gegen Immobilien anschreibt. Und ich weiss jedes mal, wenn ich dem seine Texte lese, dass es meine Familie genau so gemacht hat, wie er es ablehnt. Generell wichtige Grundüberlegungen - dass so eine Immobilie einfach eine Grundsicherheit ist, die keine Eigenbedarfskündigung beenden kann, ignoeriert er geauso wie, im aktuellen Fall, den Umstand, dass Mieten ziemlich heftig steigen. Überhaupt findet ja fast jeder Finanzfachmann das Immobilienkaufen doof, ganz im Gegensatz zu Aktien, Fonfs und Genussscheinen. Wie beschissen Prokon gelaufen ist, rechnen die einem natürlich nicht vor, genausowenig wie die Ausfälle bei den BRIC-Anlagen, wenn jetzt viel R wie Rusland dabei war.



Aber wenn ich mir diese angeblich spitzen Rechnungen anschaue und sehe, was da alles an positiven Effekten unter den Tisch fällt, wenn ich Behauptungen lese, so eine Studentenwohnung sei ein Verschleissartikel - dann wüsste ich gern mal, in was für einer Welt der Typ da eigentlich lebt. Es mag durchaus Städte geben, die in den letzten 25 Jahren nachgelassen haben, aber meine Wohung in München hat sich seitdem im Wert grob vervierfacht. Die Miete stieg im gleichen Zeitraum von 350 Mark auf heute theoretisch machbare 700 Euro. Und das alles, ohne dass ein einziges Mal der Wert wie an den Börsen eingebrochen wäre. Das war immer einfach so da. Und natürlich lebt es sich enorm besser, wenn man weiss: Wenn es mal mit dem Job nichts wird, habe ich wenigstens eine Wohnung. Oder heute: wenn ich doch mal nach Meran will, habe ich einen soliden Grundstock, um mir dort wenigstens drei Zimmer und einen Balkon leisten zu können. Und zwar immer, nicht nur dann, wenn die Börsen gerade wieder vom billigen Geld und Nullzinsen nach oben rasen.

Ginge ich nach dem Finanzmenschen da, müssten wir schon immer pleite sein. Aber ich schreibe dort über das schöne Leben am Tegernsee und der reiht hässliche Zahlen aneinander.

Überhaupt, warum sind die Experten noch nicht alle Multimillionäre? Wenn sie es so genau wissen?



Damit wir uns nicht falsch verstehen: Häuser sind kein Girokonto. Immobilien sind nichts für Jedermann, und man muss schon einen ernsten Plan vom Dasein haben. Aber das bedingt sich dann eben gegenseitig und der Restwert einer gemieteten Immobilie ist nun mal für jeden Mieter Null. Klar kann man sein Geld auch woanders anlegen. Aber wir haben es immer anders gemacht und es ging uns dabei nie schlecht. Das gute Gefühl, dass man, egal was kommt, sicher ist - das gibt es umsonst oben drauf. Und man muss als Mieter schon recht gut verdienen und sicher sein, dass einen dieses Gefühl nicht doch dann und wann beschleicht. Und gerade das kann heute keiner mehr garantieren.

Gut, ich werde nie nach New York ziehen, aber ich gehe ohnehin nicht in Länder mit Todesstrafe. Und besonders an kalten Tagen wie heute knackt nichts schöner als das eigene Parkett.

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Freitag, 2. Mai 2014

Grande Dame, Gran Fondo

Die neue Lust an den Bergen ist eigentlich gar nicht so neu, sondern wirklich gute alte Zeit: Man müsste sich einmal aufmachen und den heutigen Trend zum Dirndl und zur Sommerfrische vergleichen mit dem, was so gegen 1870 sehr beliebt war, und ich wage zu behaupten, die Unterschiede wären nicht gross. Die Städterin damals und heute nimmt es zum Anlass, sich ein wenig zu verkleiden, und das schlägt sich natürlich auch in der Darstellung wieder - nur ging es damals erheblich dezenten zu, miniberockte Dirndlflittchen gab es nämlich nicht und wenn dann hat man sie kaum gemalt, sonern allenfalls gedruckt oder auf scheusslichen Taschenuhren für Herrenwitze abgebildet. Jedenfalls, so machte man sich in der k.u.k.-Monarchie richtig bergfein:



Rechts im Bild ist ein für die damalige Zeit grosser und sicher nicht billiger Spiegel, und damit ist eigentlich schon klar, dass die Dame keinesfalls eine normale Bäuerin ist, die auch nicht gefallsüchtig zu sein hatte. Die Haare erzählen davon, dass sie sehr wohl mehr um die Schönheitsideale des Hofes weiss, als um die Zwänge des Bergvolkes, das Frauen ohne Hut oder Kopftuch damals noch als unzüchtig erachtet und verjagt hätte, und so figurbetont musste es damals in der Bergen übrigens auch nicht sein. Nebenbei - da fehlt auch bewusst das Brusttuch, denn sündig war die Alm damals für die Eingeborenen sicher nicht. Dass dort noch ein Blumenstrauss steht, der weniger in die Berge als vielmehr in ein holländisches Stilleben passt, deutet auch nur begrenzt auf eine Herkunft aus einer armen Bauernstube hin. Und dann ist da ja noch das Buch, und der Betrachter mag überlegen, ob das nun das Gesangsbuch für den Kirchgang sind oder lieber der Heine für die Bank am Penegal mit Blick über Kaltern. Also - Penegal. Im Gottesdienst hätte man sie mit dem Aufzug noch verbrannt. So war das im schönen Land Tyrol!

Kurz, wir sehen hier keine Bauernfrau, wir sehen hier eine verkleidete Dame, die, der Mode der Zeit entsprechend, ein wenig Landlust nachspielen geht. Denn so ein Dirndl ist ja auch so praktisch, sagte man unten bei den Schneidern in Kalter, und erlaubt auf natürliche Art sehr viel mehr neckisches Herzeigen als die damals übliche Stadtmode, geschlossen bis zum Hals und steif in einem Korsett. Das schöne, einfache, unbeschwerte Leben, ganz ohne bäuerliche Nöte wie Inzucht in kleinen Käffern, Hunger in Tirol und Erbschaftsstreit wegen einer alten Schüssel, so war das damals für jene, die es sich leisten konnten.

Ich schneidere kein Dirndl und keine Lederhose, aber ich baue immerhin noch ein drittes Kettenblatt an das Gran Fondo, selbst wenn ich es diesmal nicht mit nach Kaltern nehme.



Denn ja, ich fahre nach Kaltern und erklimme Pässe, und ja, ich habe noch einen güntigen Rahmen der marke Storck bekommen, um ein bequemes und nicht zu schweres, aber stabiles Tourenrad zu bauen. So die "Das kann auch mal umfallen"-Sorte. Ein "Resi ich hold Dich mit dem Radl ab"-Rad. Ich suche noch einen Gepäckträger, und die Reifen werden noch leichter. Denn die Pollen können mich zwar eine Weile aus den Bergen entfernen, aber nicht die Bergsehnsucht aus mir. Und so, wie man in Wien dann derartige Biler aufgehängt hat, als Erinnerung, dass die nächste Sommerfrische bald kommt, stelle ich das Bild hier auch an den Schreibtisch, und baue Räder für die ganz langen und hohen Touren. Damit auch ferne Gäste mitkommen können, und Gästinnen. Auch wenn sie dabei übrigens kein Dirndl tragen müssen. Denn in den Bergen ist die Freiheit und oben gibt es Schlutzkrapfen und eine schöne Aussicht, da muss man nicht auf andere Zwänge achten.

(Und wenn es doch sein sollte: Wir haben am See auch genug Dirndlmacherinnen.)

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Donnerstag, 1. Mai 2014

Ich will ja nicht zynisch sein

aber was mir bei der Barock- und Tortenfahrt tatsächlich im Kopf herumging, ist diese Geschichte aus der besetzten Schule in Berlin, wo es nach einer ganzen Reihe von Gewalttaten unter den Bewohnern jetzt den ersten (und hoffentlich letzten) Toten gab. Und dasss in den Tagen zuvor auch schon andere aneinandergeraten waren, und man das mehr oder weniger als Betriebsunfall abgetan hat. Wer die Twitterstreams derjenigen las, die sonst gerne schreiben, Fküchtlinge seien willkommen, las darüber: Nichts. Vorher nicht und danach auch nicht.





Es ist unendlich wichtig, dass die Verbrechen des NSU öffentlich gemacht werden, mitsamt den Folgen, die sie für unsere zusammenwachsende Gesellschaft haben. Es ist genauso wichtig, dass die Inlandsgeheimdienste ausgeräuchert werden, und ich denke auch, dass da früher oder später die Wahrheit ans Licht kommt. Es ist wichtig zu verstehen, welche Prozesse fatale Folgen haben können, um sie in Zukunft zu vermeiden. Man muss den Nazis in diesem Land mit voller Repression begegnen, selbst wenn nach meiner bescheidenen Meinung auch eine Grenze gezogen werden muss: Gegen Nazis darf nicht heissen, dass man denen das Feld überlässt, die zwischen Nazis, Polizei und Kapitalismus keinen Unterschied machen. Jene, die aber auf der anderen Seite Flüchtlinge missbrauchen, um de facto rechtsfreie Räume wie in jener Schule zu schaffen, die dann eben auch ausser Kontrolle geraten. Der absolut nichtige Anlass - die Reihenfolge beim Duschen - zeigt eigentlich überdeutlich, wie aufgeladen und kaputt dort die Stimmung sein muss. Ein Mensch ist tot, wegen einer Nichtigkeit.





Bei allem Entsetzen über den NSU hatte ich dennoch den Eindruck, dass der Fall etwas bewegt. Es ist ein Fall, der aufzeigt, wie Vorurteile ausgehen können, und zwar nicht nur bei den Nazis, sondern auch bei den versagenden Behörden und den Menschen, die das alles über all die Jahre so hingenommen haben. Momentan ist die CDU in den Umfragen wieder die stärkste Partei in Berlin, und ich wage zu behaupten, dass das auch etwas mit den Zuständen rund um die Flüchtlinge zu tun hat, die mit ihrem Verhalten und Forderungen und Erpressung der Politik wiederum helfen, das Asylrecht bundesweit zu verschärfen, und zwar durchaus mit Unterstützung einer Mehrheit im Land. Wenn man überhaupt einen tröstenden Sinn in den NSU-Morden erkennen konnte, dann war es, dass dem Hass auf Ausländer in weiten Teilen der Bevölkerung jede Legitimation entzogen wurde. Und dann werden in Berlin also rechtsfreie Räume geschaffen und Verhaltensweisen an den Tag gelegt, die zur linksradikalen Profilierung taugen. Hausbesetzung, Strassenkampf, Drogenfreigabe, Staatsknete, Anarchie, das alles wird da unter dem Deckmantel der Asylpolitik neu ausprobiert, und das ist bei aller Sympathie für die Belange von Flüchtlingen wirklich schwer zu akzeptieren, selbst für die aufgeschlossene, demokratische Minderheit.





Vielleicht bin ich spiessig, aber nach meiner bescheidenen Meinung muss man sich halt entscheiden: Will man Asyl in Deutschland oder das politische System in Deutschland mit allen Mitteln bekämpfen, und rechtsfreie Zonen schaffen. Mir ist natürlich klar, dass für die Flüchtlinge Deutschland auch politisch sowas wie ein Schlaraffenland ist, denn hier können sie Forderungen stellen, die sie in ihrer Heimat nie ausgesprochen hätten, und bekommen dafür noch Unterstützung, wenn sie sich nur die richtigen politischen Partner raussuchen, wie eben Berlin/Kreuzberg. Das ist verführerisch und wird genutzt. während andere Städte bei derartigen Versuchen schnell die Reissleine gezogen und solche besetzten Räume mit all ihren Begleiterscheinungen verhindert haben. Aber so konzentriert sich das alles in Berlin mit seinen Medien, und so breitet sich wieder ein Bild aus, in dem Leute hierher kommen, um zuerst ihre eigene Sache und damit indirekt die von CDU/CSU, AfD und NPD zu fördern. Dafür werden auch Tote in Kauf genommen. Und verschwiegen. Statt dessen setzt sich die feministische Journalistin sich lieber zur gewalttätigen Aktivistin, die rührselige Geschichten erzählt, die vermutlich nur mich an die erfundene Vita der Ikone der Neuen Rechten Ayaan Hirsi Ali erinnert.

Es ändert nichts als Lampedusa, Frontex und dem Umstand, dass afrikanische Staaten wegen der moralischen Bedenken des Westens nun lieber Geschäfte mit China machen, um den Preis, dass die Zustönde dort so bleiben, wie sie sind, und die Migration über das Mittelmeer weitergehen wird. Eine Antwort auf die Frage der Zuwanderung nach Deutschland ist das alles natürlich nicht. Es ist ein Baustein in einer Mauer um eine Gesellschaft, die eigentlich, insgesamt gesehen, durchaus offen sein könnte Aber was on Berlin passiert, ist ein nur dort möglicher, krasser Missbrauch der Möglichkeiten, und die Profite ziehen daraus nur die Extremen, ausgerechnet in einer Zeit, da man darüber reden müsste und könnte, wie wichtig das Miteinander ist.

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Donnerstag, 1. Mai 2014

Ich muss ganz dringend nach Pommersfelden!

Jetzt! Sofort! Und nicht, weil ich schon wieder etwas Gemeines über die Autonomen und Eishockeyfans geschrieben habe!

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Gold

Es geht ja nicht nur darum, einen Haufen funktionslos gewordenen Schrott wieder zum Leben zu erwecken, und zwar so, dass er wirklich wie früher aussieht.





Es geht mir auch gar nicht so sehr um die Detailtreue, und auch nicht um das Prestige dieses Namens, und auch nicht darum, dass jetzt wieder die Arena von Verona darauf prangt - sie ist ja auch mehrfach eingraviert.





Es geht darum, über den goldenen Lack zu streichen, die Lettern anzudrücken und das gefühl zu haben, dass die Welt genau in diesem Augenblick wieder ein klein wenig italienischer wird, nachdem sie so austauschbar chinesisch und ukrainisch zu werden droht.





Und es geht um die Erinnerung an all das Gold, das in Italien einfach so herumliegt, in solchen Mengen, dass man es beinahe übersieht, solange man es sich nicht bewusst macht.

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Dienstag, 29. April 2014

Patina

Wenn ich erklären müsste, woran ich gefälschte Gemälde erkenne - und ich erkenne sie gemeinhin auch über Photos im Internet - dann ist das weniger die Pinselführung und die Malkunst, sondern mehr die "Fehler" und die Patina. Es gibt einfach Zeiterscheinungen, die man später nicht kopiert. Im Wiener Barock mochte man zwar das damals 100, 150 Jahre vergangene, echte Barock, aber nicht dessen Augenformen, nicht dessen schematische Behandlung der Hände, nicht mehr die Blumensprache und bestimmte Frisuren. Und es gibt so etwas wie eine natürliche Alterung, die anders als die künstliche Alterung der Moderne aussieht. Ich hatte ja mal das Glück, jemanden kennenzulernen, der mir einige bekannte und gut gemachte Kopien von alten Meistern aus der 2. Reihe und 3. Reihe verkaufen wollte, und der es wirklich gut gemacht hat, zumal die Gemälde restauriert waren - aber für mich gilt, keine Patina, kein Kauf. Andere mögen sich über alt reparierte Schäden ärgern, für mich sind das Hinweise bei der Suche nach dem Echten. Nichts ist schwerer zu fälschen als der an sich wertmindernde Verfall.



Fairerweise muss man sagen, dass sich in meinen Bereichen Fälschungen finanziell kaum lohnen und zudem sehr viel Wissen über alte Malerei verlangen, das anderweitig sicher gwinnbringender einzusetzen wäre. Das Risiko ist also generell überschaubar, es gibt bei uns keine Skandale wie bei der Banksterkunst des 20. Jahrhunderts.

Mit dieser Erfahrung würde ich das f800 SL hier, gebaut 1999, eigentlich für eine Fälschung halten müssen, denn nach 15 Jahren haben solche Räder natürliche Abnutzungserscheinungen. Das hier ist wie neu, es kleben noch die Warnhinweise auf den Bremsgriffen. Das ist in etwa so, als wäre ein neuer Galeriestempel von 1925 auf einem makellosen Impressionisten, der gern gekauft wird.



Da gibt es zum Beispiel so Stellen, an denen die Kabel scheuern müssten, und Kratzer im Lack hinterlassen. Da müsste die Beschichtung der Pedale an den Stellen verschwunden sein, wo die Schuhe aufliegen. Da müsste sich Schmutz und Staub im und hinter hinter dem Tretlager ansammeln. Da müsste der Lack an der Kurbel abgekratzt sein, und die Zähne der Kettenblätter müssten silbern aufgerieben sein. Und die Kette sollte etwas gestreckt sein, durch Antritt und Kletterei, besonders bei einem Bergrad. Das ist immer so, das sind ganz normale Gebrauchsspuren ohne Bedeutung für die Funktion. Die kommen automatisch nach 100 Kilometern, oder auch nach 10, je nach Einsatz.



Durch meine Hände sind einige Cannondales gegangen, und weil das eine gute Marke war - die Rahmen wurden in den USA geschweisst und verschliffen, nichts China oder Taiwan - wurden sie auch in der Regel benutzt. Niemand zahlt den Aufpreis für diese Marke, der nicht vor hat, etwas damit zu unternehmen, und entsprechend gebraucht sind dann auch viele Räder. Das hier hat noch die Gusskanälreste an den Reifen, die auch original sind. Der Grund ist eigentlich recht einfach: Das Rad war der Besitzerin zu gross. Typischer Fall von "Setzen Sie sich einmal drauf und drehen Sie eine Runde". Ob ein Rad passt, merkt man erst nach 100 Kilometern, denn dann tut der Rücken vielleicht wirklich weh, der Sattel drückt unerträglich und die Finger knirschen. Man kann das natürlich mit einem guten Auge auch abschätzen, Vorbauten mitgeben und sagen, dass man stets mit Rad und Tat zur Seite steht. Hier aber wollte in Radladen 2400 DM verdienen. Das war damals nicht wenig Geld.



Aber die Bremsen nicht richtig einstellen. Sowas regt mich auf, die verkaufen solche teuren Kisten und sind zu faul, 5 Minuten die Bremse zu justieren. Das zieht sich durch die ganze Montage, überall verschenken sie 10 Prozent der Leistung. Die Kette ist zu lang, die Züge sind nicht sauber verlegt, die Naben sind zu hart eingestellt, es ist zu wenig Fett im Sitzrohr, das sich bei harter Benutzung schnell mit der Sattelstütze kalt verschweisst hätte. Kleinigkeiten, die ein Rad, einen Wertgegenstand über Jahrzehnte schützen, selbst wenn damit gefahren, viel gefahren wird, über Stock und Stein. Aber es war zu gross und lief keine 50 Kilometer und stand seitdem nur rum. Natürlich sauber und im waren Keller.



Es hätte eine Rakete sein können, um Berge zu überwinden und durch Täler zu jagen. Es ist auch für moderne Standards immer noch ein sehr schnelles und leichtes Rad - ich weiss es, ich fahre selbst eines, im Winter habe ich es nicht geschont und das sieht man. Das Rote wurde halt verkauft für den Profit und nicht für den Kunden und inseriert, weil es im Weg war. Jetzt geht es weiter zu jemandem, der damit hoffentlich mehr wird anfangen können.

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