Reste in Kisten
ich kaufe ungern etwas, weil ich es brauche. ich kaufe, wenn ich denke, dass ich es brauchen könnte. Wenn ich es dann habe, stellt sich entweder heraus, dass ich es gebraucht habe, oder doch bald, dass ich es gebraucht haben werde. In meinem Schlafzimmer etwa stand ein Drittstuhl in einer Ecke, wo er hin passte. ich hatte ihn auf einer Auktion gekauft, wo ich den ganzen Nachmittag darauf sass, und keine Lust hatte, ihn mir unter dem Hintern wegkaufen und wegnehmen zu lassen. Jahrelang also stand er in der Ecke, sah dekorativ aus, hatte keine Funktion, aber störte auch nicht.
Bis meine Mutter jüngst auf den Telefonstuhl neben der Biedermeierkommode wies und fragte, ob ich davon noch einen Zweiten hätte. Mit einer symmetrischen Aufstellung sähe der ganze Bereich doch sicher harmonischer aus. Der Stuhl in meinem Schlafzimmer passte nicht ganz genau, aber in Farbe, Form und Holz dennoch gut zu den anderen Stücken. Als ob er nie woanders gestanden wäre. Das sind Momente des stillen Triumphes.
Anderes liegt nicht einfach so rum, sondern wandert in Kisten. Vor über 10 Jahren bekam ich bei der Auflösung eines Fahrradgeschäfts gleich 10 Sattelstützen geschenkt, das Stück damals um die 200 Mark teuer. Inzwischen habe ich nur noch zwei übrig, der Rest wurde beispielsweise am Müsing verbaut, oder verschenkt; ein Bekannter etwa hat ein bleischweres Oparad mit Heylight-Stütze. Und irgendwo, wusste ich, hatte ich auch noch einen fast neuen Selle Italia Campionissimo, ein Sondermodell zur Erinnerung an Fausto Coppi, in Weiss und mit Kupfernieten. Jetzt, mit dem Colnago und dem eher hässlichen Komfortsattel aus chinesischer Produktion, hatte ich, nach vielleicht 15 Jahren, endlich das passende Rad dazu.
Als ob er dafür gemacht worden wäre. Manchmal frage ich mich, ob der "mobile Mensch" nicht einfach eine Erfindung der Konsumgüterindustrie ist, um ihren Absatz zu fördern, denn mobile Menschen können keine Vorräte anlegen, müssen immer auf schmales Gepäck achten, sich reduzieren und gleich wieder neu kaufen, können nicht lagern und warten, füllen Müllberge und Auftragsbücher, sind immer neu und trotzdem passt nichts richtig zusammen, weil nie alles gleich neu ist. Es gibt keine Reste in Kisten, auf die man zurückgreifen kann. natürlich spart man sich damit aber auch die entnervte Suche, die ich heute in den Holzlegen hatte.
Bis meine Mutter jüngst auf den Telefonstuhl neben der Biedermeierkommode wies und fragte, ob ich davon noch einen Zweiten hätte. Mit einer symmetrischen Aufstellung sähe der ganze Bereich doch sicher harmonischer aus. Der Stuhl in meinem Schlafzimmer passte nicht ganz genau, aber in Farbe, Form und Holz dennoch gut zu den anderen Stücken. Als ob er nie woanders gestanden wäre. Das sind Momente des stillen Triumphes.
Anderes liegt nicht einfach so rum, sondern wandert in Kisten. Vor über 10 Jahren bekam ich bei der Auflösung eines Fahrradgeschäfts gleich 10 Sattelstützen geschenkt, das Stück damals um die 200 Mark teuer. Inzwischen habe ich nur noch zwei übrig, der Rest wurde beispielsweise am Müsing verbaut, oder verschenkt; ein Bekannter etwa hat ein bleischweres Oparad mit Heylight-Stütze. Und irgendwo, wusste ich, hatte ich auch noch einen fast neuen Selle Italia Campionissimo, ein Sondermodell zur Erinnerung an Fausto Coppi, in Weiss und mit Kupfernieten. Jetzt, mit dem Colnago und dem eher hässlichen Komfortsattel aus chinesischer Produktion, hatte ich, nach vielleicht 15 Jahren, endlich das passende Rad dazu.
Als ob er dafür gemacht worden wäre. Manchmal frage ich mich, ob der "mobile Mensch" nicht einfach eine Erfindung der Konsumgüterindustrie ist, um ihren Absatz zu fördern, denn mobile Menschen können keine Vorräte anlegen, müssen immer auf schmales Gepäck achten, sich reduzieren und gleich wieder neu kaufen, können nicht lagern und warten, füllen Müllberge und Auftragsbücher, sind immer neu und trotzdem passt nichts richtig zusammen, weil nie alles gleich neu ist. Es gibt keine Reste in Kisten, auf die man zurückgreifen kann. natürlich spart man sich damit aber auch die entnervte Suche, die ich heute in den Holzlegen hatte.
donalphons, 00:20h
Samstag, 17. April 2010, 00:20, von donalphons |
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nnier,
Samstag, 17. April 2010, 00:26
Das ewige "Da muss doch irgendwo ..."
Was genau sind "Holzlegen"?
Was genau sind "Holzlegen"?
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donalphons,
Samstag, 17. April 2010, 00:48
Eine lange Reihe von Schuppen im Hof aus der Zeit, da man noch keine Autos, aber Holzheizung hatte. Bei uns haben die sich aus der Zeit um 1840 erhalten und sind bis heute Gegenstand des Streites, ob man sie entfernen soll.
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hockeystick,
Samstag, 17. April 2010, 01:05
Ganz allgemein bezeichnet man mit "Holzlege" in ganz Oberbayern Schuppen, die der Lagerung von Holz, aber auch von Gartengeräten dienen, oft direkt an das Haus angebaut. Diese können durchaus auch in neuerer Zeit errichtet worden sein, als schon kein Holz mehr verfeuert wurde.
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itha,
Samstag, 17. April 2010, 01:56
der mobile mensch ist auch eine folge der loslösung von den zwängen der familie und des standes. die konsumgüterindustrie hat ihn nur begriffen. gemacht hat sie ihn nicht.
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rainersacht,
Samstag, 17. April 2010, 13:53
Der mobile Mensch ist eine zwingende Voraussetzung für den sinnlosen und weltzerstörenden Konsumismus. Der Kapitalismus löst deshalb alle sozialen Bindungen auf. "Zwänge der Familie" ... ja, genau, die Gehirnwäsche hat gewirkt.
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strappato,
Samstag, 17. April 2010, 02:34
Der Mensch, mobil oder nicht, verfügt heute gemeinhin über 1,5-Zimmer Altbauwohnungen, 100 qm Doppelhaushälften ohne Keller oder 3-Zimmer-Küche-Bad und Häuser, die bis zum Dachfirst gedämmt und ausgebaut sind. Wer hat denn den Platz in Scheunen, Remisen, Keller, Dachböden um die Beute in Kisten zu lagern, die in Ruhe auf eine spätere Verwendung wartet?
Der Sattel ist schick.
Der Sattel ist schick.
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sable,
Samstag, 17. April 2010, 05:02
den mobilen menschen gabs zumindest schon bei thoreau. hat wohl vor- und nachteile...
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virtualmono,
Sonntag, 18. April 2010, 16:31
Das kenne ich nur zu gut - dieses "Ach, das ist doch noch gut, das könnte ich ja noch einmal brauchen" - Syndrom. Und so stapeln sich auch bei mir noch - eigentlich viel zu viele - "Schatzkisten" im Keller, obwohl ich vor den letzten beiden Umzügen (zwischen denen aber zehn Jahre lagen) massive Entsorgungsmaßnahmen betrieben hatte... Wahrscheinlich alles eine Folge der Erziehung - bei uns wurde nichts verschwendet oder gar weggeworfen und ersetzt, nur weil es etwas "moderneres" gab...
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