Dinge, die man besser nicht tut.

Unter Sammlern von Abgüssen antiker Bildwerke ist das Phänomen bekannt: Nichts ist leichter, als eine Venus von Milo zu finden, der Apollo von Belvedere ist ebenso immer wieder zu sehen. Der David von Michelangelo stammt zwar nicht aus der griechischen Antike, wird aber dennoch oft als "Gott" angeboten. Ansonsten ist das Angebot wegen qualitaiv minderwertiger Andenken schlimm und - schlechte Abbildungen vorausgesetzt - schwierig zu beurteilen. Man denkt ja immer, dass solche Büsten und Statuen auf allen Flohmärkten sind, aber man täuscht sich. Besonders schwer wird es bei Abgüssen von Bildwerken, die nicht aus der klassischen oder hellenistischen Epoche stammen. Hier besonders: Die Archaik.

Dreimal darf man raten, welcher Blogautor eine besondere Vorliebe für archaische Koren und Kouroi hat.



Und wenn man dann nach all den Jahren vergeblicher Begierden und zu hoher Preise der neuen Abgüsse einen Kouros vom Typ Volomandra findet, dessen Nachahmungen meist nur in Griechenland erhältlich sind, und den man dort bei einem Gewicht von 10 Kilo auf über 70 Zentimeter Höhe nicht mal einfach so ins Handgepäck stopft - dann ist einem auch eine weite Fahrt in den Bayerischen Wald nicht zu weit. Lieber einen Tag in der Hitze reisen, als sich ein paar Jahre weiter ärgern. Denn Büsten gibt es in riesigen Mengen: Kitsch, Comicfiguren, TV-Stars, Komponisten, was man will. Aber nicht das, was ich will. Das Schöne an der Strecke in den Bayerischen Wald ist, dass es entlang des alten Reiseweges an der Donau auch sonst viel zu sehen gibt. So ziemlich alles, was an Kultur bis zum späten Mittelalter nach Bayern kam, kam über diesen Weg.



Und weil es gestern auch bei Tempo 160 - was für mich sehr untypisch ist - heiss blieb und das Licht auf der Haut brannte, trotz offenem Verdeck und Luftwirbel, kam mir Kloster Metten bei Deggendorf gerade recht für einen kurzen Aufenthalt. Kirchen, das muss man ihnen lassen, sind im Sommer sagenhaft angenehm. Selbst an diesem angeblich heissesten Tag des Jahres mit 37 Grad über Null. Draussen schreit die Hitze Krepieren und Verderben, drinnen lümmelt in der Kühle der Tod herum und knackst im Schatten einen Bischofsstab. Netter Kerl. Ich habe ihn gefragt, ob ich auch mal... aber er war so beschäftigt, und antwortete nicht. Wenigstens knackste er mich nicht: Wäre ich durchgefahren, hätte ich nicht etwas Pause gamcht, wäre diese Reise nicht ohne Sonnenstich verlaufen. Leichte Kopfschmerzen blieben, dazu Vorwürfe (Was machst Du auch solche Sachen), aber als ich dann in die schattigen Hügel und unbegrenzten Wälder abgebogen bin, wurde alles erträglicher.



Ich war lange nicht mehr im Bayerischen Wald. Wann immer ich nach Wien oder nach Tschechien gefahren bin, dachte ich, ich müsste hier mal halten und nachschauen, ob es noch wie früher ist. Bei meiner letzten Fahrt in die Region vor vier Jahren regnete es, aber diesmal schien es, als wäre die Zeit stehen geblieben: Immer noch die hässlichen Bauten aus den 60er und 70er Jahren, die Wälder, der harzige Geruch, der so anders als der Geruch der Alpen ist, aber auch gut, würzig, angenehm. Dann der Ort des Kaufs, die Freude - keine billige Replik attischer Betongiesser für den Garten, sondern eine gelungene Nachformung, die den matten Glanz von Marmor sehr gut trifft - das Einpacken, der Rückweg in den schwindenden Tag, erst über die Autobahn, und zum Schluss, am Ende, als es endlich kühler wird, über die gebogenen Strassen und durch goldene Felder hinein in den Donauschulenhimmel nach Altdorfer.



Es war ein schöner Tag, ein Platzerl für den Kouros hat sich auch gefunden, und ein wenig Kopfschmerzen sind ein geringer Preis für all die Pracht und Herrlichkeit des heissesten Tages. Und wieder bin ich mit voller Montur auf dem Sofa eingeschlafen.

Donnerstag, 15. Juli 2010, 01:39, von donalphons | |comment

 
Kirchen und alte Strassen
zu diesem Artikel und dem Pendant in der FAZ könnte ich auf Oberbozen und Jenesien verweisen. Da ich aber gestern zwischen Pistoia und Nürnberg in Innsbruck halten durfte, erlebte ich die relative Kühle schmaler Gassen in der Stadt. Die räumlich beengten Innenstädte alter Städte bergen vor Sonnenstrahlung und Wind. Der schattige Innenhof ist noch schöner und dann kommt der Besuch in einer Kirche. Von erhebenden oder nachdenklichen Anflügen abgesehen, ist der Besuch in einem alten Gotteshaus immer erholsam. Selbst "Fremdschämen" musste ich mich erst sehr selten.

Danke Don, für viele anregende und erheiternde Artikel

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In Südtirol ist es aktuell aber auch in Oberbozen und Jenesien ungemütlich heiss ...

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Das ist wirklich ungewöhnlich - hier wird es schon wieder etwas kühler.

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Und kein Bild vom Kouros und seinem neuen Platzerl?

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Oha, archaische Bildwerke!
Diese sind mir allerdings lieber als Ihre jüngst erworbenen Kerzenhalter. Gibt es ein Bild von dem jungen Herrn?

Aber, dass DER TOD ein netter Kerl ist, der Katzen mag, dem aber leider der Sinn für Humor fehlt, wussten Sie nicht? Das hat doch schon Terry Prachett überzeugend dargelegt.

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Den Kouros hätt' auch ich gern als Bild gesehen, doch noch viel lieber den Alexanderschlachtenhimmel in ganzganzgroß, ich bitt' auch schön darum.

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Alexanderschlacht? Himmel? Gibt's doch:
http://www.bablok.de/Musical/Altdorfer/Alexanderschlacht.jpg
Wenn man raufklickt, wir's noch größer.

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Den Kouros hätt ich auch gern mal gesehen... noch lieber aber das Sunbeamschlachtetopel-Bild.

:-)

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Aber gerne. Hier erstmal der klassische Mann:
http://www.threedonia.com/wp-content/uploads/2009/07/Stan-Laurel.jpg

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Toller Anzug. Ich überlege, ob ich nicht beim nächsten die Revers auch so breit machen lasse!
Stehkragen traue ich mich aber nicht ganz. Allein die zweifarbigen Schuhe haben schon für Aufsehen gesorgt!

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Toller Anzug. Viel Platz am Revers für Orden, Tapferkeitsmedaillen, Rotary-Zahnräder, goldene Parteiabzeichen oder andere Herrenrunden-Disktinktionsmerkmale.

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Weitere Fotos und Zeichnungen gefällig davon, was Mann getragen hat?:

http://camlots.blogspot.com/search/label/30er

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@jevess
Der klassische Mann ist zugegeben hervorragend angezogen.
Aber will man das, bei diesen Temperaturen? Man schwitzt ja schon vom Hinschauen, während der Kouros die bei dieser Hitze angemessene Bekleidung trägt.
http://www.arkoudi.de/bilder/samos/samos%20kouros.jpg

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