Heute ist vieles besser

Es ist nicht ganz zu bestreiten, dass ich - wie soll ich sagen - dass ich der Vergangenheit nicht ablehnender gegenüber stehe, als Gegenwart und Zukunft. Das hat viel mitder Kulturgeschichte zu tun, denn die Distanz, die die Menschheit immer unter ihren Möglichkeiten bleibt, ist meines Erachtens eine Konstante, und nicht wiklich schmeichelhaft. Seit Anbeginn der Zeiten etwa wissen wir, dass es weh tut, sich die Köpfe einzuschlagen. Es wäre an der Zeit für ewigen Frieden und naja... Seit vier Jahren wissen wir, dass Banken brandgefährlich sind, und dass sie mehr Eigenkapital bräuchten, und wir machen Stresstests und, siehe Dexia... wir kommen voran, angesichts der Möglichkeiten im Krebsgang seitwärts. Und sagen wir es mal so:



Früher war einfach die Unvernunft sehr viel schöner. Mit dem Wissen und der neuen Technik verschwindet das weniger Elaborierte, das Unausgereiftere - nur um einem Zustand Platz zu machen, in dem immer alles Beta ist. Dafür aber auch immer neu und ohne Schrunden. Dabei wird das Alte nicht zwingend schlechter, es wird nur etwas Anderes produziert, verkauft, vermarktet und mit neuen Fehlern den Kunden zugemutet. Man kann mit Wissenschaft die Risiken berechnen und die Vorsorge, meist ein Kostenfaktor, so klein wie möglich halten. Am Ende kommen dabei Carbonrahmen heraus, die extrem leicht und steif sind, aber nicht umfalle dürfen. Alles ist ohne Fett und Überflüssiges, aber das hat doch gar nicht wirklich geschadet! Natürlich muss da kein Flammenfurnier auf Möbel, natürlich braucht keiner Chippendalesofas, natürlich ist so ein Lampenschirm verfinsternd. Aber es ist hübsch. Und es durfte so sein, während heute vieles nicht mehr so sein darf, weil: Ineffektiv. Effektiv dagegen ist das Wegwerfen nach einem Jahr.

Und so kommt es dann zu Neuerungen. Grossen Würfen. Weg mit dem Alten. Und wenn es dann schief geht, liegt es gar nicht an mangelnden Tests und der Unfähigkeit, die Folgen des eigenen Tuns abzuschätzen, sondern an alten Resten. Da passte eine Datenbank nicht. Da hat man in den 70ern was falsch berechnet. Da wurden früher Sachen eingelagert. Die Vergangenheit ist sowas wie die Restmülldeponie der Gegenwart geworden. Nie ist die Gegenwart schlicht und einfach mies, immer muss es das Alte sein.



Und weil das so ist, hatte ich diese Woche plötzlich wahnsinnig viel Lust, mal wieder ganz etwas anderes mit alten Sachen zu tun. Ich hatte ein paar Ersatzteile günstig im Internet gefunden - nur hingen die noch an einem alten Rennradrahmen dran. Und ich hatte noch eine Kiste alter Trümmer, die zufälligerweise passten. Vielleicht, wenn die Gegenwart angenehm gewesen wäre, hätte ich den Rahmen auch noch den Winter über liegen lassen. So aber habe ich ihn restauriert und gepäppelt und poliert und wieder zu einem Stück Fortbewegung gemacht. Er ist fast 20 Jahre alt und geht prima, weil ich es kann. Ich tue so etwas gerne. Und natürlich kommt man dabei nostalgisch etwas ins Schwärmen. Und dann mag man denken: Der ist ein Nostalgiker.

Aber dem ist nicht so. Es gibt schon tolle Sachen. Zum Beispiel, der Apfelsaft. Früher gab es eine Zeit, da machte man den selbst. Auch in meiner Familie gab es eine Quelle für diesen Saft aus eigenen Früchten. Doch dann, aufgrund der Umstände, versiegte sie eines Tages, und ich trinke ja ohnehin nur Tee und Saft nur, wenn er so wäre, wie damals - was er aber nicht mehr war. Man vergisst kleine Bedürfnisse, und obendrein: Sicher, man kann Saft kaufen, aber dann die Flaschen und/oder der Müll, dazu ist man letztlich doch zuu bequem, also weiterhin Tee und Saft nur für Gäste. Bis dieses Wochenende meine Marmladenfrau so Kartons dabei hatte. Und natürlich fragt man, was das sein mag. Es ist so, dass in diesen Kartons Saft ist, 70% Apfel und 30% Birne, aus dem Garten der Dame, und zwar gleich 5 Liter und in einem Beutel mit Zapfhahn. Einmal geöffnet, hält der Saft theoretisch 6 Monate.



Keine Flaschen. Wenig Müll, sogar der Karton ist wiederverwendbar. Keine verlorenen Deckel mehr. Ein Mal, ein kurzes Mal schafft es der Mensch, an seine Möglichkeiten heranzukommen: Echter Saft aus echten Früchten ohne Spritzerei und aus der Region mit einem Zapfhahn, und es hält und funktioniert. Es stürzt nicht ab, es schmeisst den Nutzer nicht raus, es ist 100% verfügbar und tropft auch nicht. Das ist wirklich mal ein Fortschritt. Also Gegenwart. Halt Dich ran. Dann bin ich auch netter zu Dir. Du dumme Sau.

Sonntag, 9. Oktober 2011, 01:58, von donalphons | |comment

 
Apfelsaft, direkt aus der Presse? Man kann zusehen, wie's (mit einer "altmodischen" Handpresse) gemacht wird und anschließend erwerben und trinken.
Wo? Natürlich in Berlin (ha!), auf der Domäne Dahlem, beim alljährlichen Erntedankfest, also gestern und vorgestern. Meine Gattin war begeistert, ich hielt mich lieber an den Heidelbeerwein, auch selbstgemacht. Und auch lecker.

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Ja, sicher, aber da muss man hinfahren und bei mir ist es einfach auf dem Wochenmarkt.

Alerdings haben sie dort schöne Blaudrucksachen (sogar ich, ICH! habe von dort eine Tischdecke)

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Hier, vom großen Apfelbaum vor dem Küchenfenster, fallen die Äpfel zu Boden und vergammeln. Trotz des Angebots an beinahe jedermann, doch gratis so viele zu pflücken, wie man möchte. Das ist den Leuten zu mühsam, extra auf die Leiter oder zumindest den Apfelpflücker in die Hand nehmen, nein, da kaufen sie lieber welche im Supermarkt. Aus Australien oder Neuseeland oder so.

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Wir gehen jeden Herbst hier durch die (Berlin-Lankwitzer) Kleingärten, Datschas, und holen uns die Äpfel, die die Hobbygärtner dort gerne kostenfrei abgeben.
Siehe dazu auch Wladimir Kaminers riesige (!) Apfelprobleme, die er in seinem Buch "Mein Leben im Schrebergarten" schildert.

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Ein Apfelsaft der 6 Monate hält? Schaun Sie mal auf die Rückseite der Box, vielleicht steht da was von "auch als Frostschutz für Ihr Auto zu verwenden".

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damals, als wir noch selbst gepresst haben, hat sich der Saft auch nen halbes jahr gehalten. penibel gespülte flaschen und leichtes erhitzen des saftes sind da aber grundbedingung.

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In diesen Bags ist *kein* Sauerstoff drin. Das verlängert die Haltbarkeit entscheidend.

6 Monate erscheinen mir zwar auch sehr optimistisch, aber ein paar Wochen sind locker drin.

Allerdings ist der Saft, den ich von einem Biohof beziehe, auch immer leicht pasteurisiert. Keine Ahnung, ob sich Apfelsaft ganz ohne Erhitzung in diesen Bags auch nur ein paar Tage hält ...

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Man sagte mir dazu, das Geheimnis wäre, man müsse ihn genau so stehen - oder besser liegen - lassen, dann bliebe das alles auch hübsch im Luftleeren und würde halten.

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Ich habe mal eine sächsische Saft-Tante aus der Nähe von Dresden kennengelernt. Die stellt auch sowas her und vertreibt es bundesweit. Teils sogar in Läden, immer aber per Bestellung.

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Naja, ich weiss halt gern, wo der Baum steht, von dem das kommt. Und nur mal ein Beispiel: Es ist ja Apeflsaft mit Birnenanteil. Das sorgt dafür, dass er eher neutral bus süss schmeckt. Ich hätte vielleicht gern etwas mehr kräftige Säure. Also gehe ich hin und bitte darum, dass der Birnenanteil reduziert wird. Zack bekomme ich es.

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Hui! So will man es haben. Wenn man es so haben will - ich will ja eh ausschliesslich Birne :D

Hier ist erklärt, wie die Verpackung funktioniert.

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Dankeschön.

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3 Monate ohne Kühlung
ist es, was die Hersteller versprechen (dürfen). Das bezieht sich auf "Nach dem Öffnen". Nicht geöffnet ist der Saft natürlich meistens länger halbar.

6 Monate nach Öffnung ist sehr optimistisch. Allerdings kann man wenn man Glück hat, auch nach 9 Monaten noch was brauchbares herausbekommen. Die "Safttante" hat da vor Jahren mal etwas drüber in ihrem Blog berichtet.

Und ja, der Trick ist halt, dass die Dinger luftleer abgefüllt werden. Saft wird (egal ob Apfelsaft oder anderer) immer pasteurisiert. Muss so sein, laut Gesetz. Kommt nur drauf an, wie heiß. Ich glaube, mind. 70 Grad. Das ist wohl am "schonendsten".

Die Bag in Box ist seit Jahren beim Wein im Einsatz. Bei Fruchtsäften noch nicht so lange.

Wir haben hier auch einige regionale Abfüller, die zur "Most-Zeit" 5Liter oder 10Liter BaginBox-Kartons anbieten. Meistens ist 10 bis 20 Prozent Birnensaft beigefügt.
Fand ich am Anfang nicht so dolle, war eher 100% Apfelsaft gewöhnt. Mittlerweile finde ich 10% Birnenanteil recht lecker.

Ach ja @Don: Du kannst Die Packungen schon etwas bewegen. Wichtig ist nur, dass Du beim letzten Rest die Box beim Zapfen leicht "anhebst". Dann zieht es keine Luft.

Und Extra-Tipp: Wenn nix mehr zu zapfen ist - Die Box aufmachen, Beutel rausholen (sieht nicht so lecker aus, die Optik - aber egal). Meist ist noch genügend drin, um noch ein 0,2 L Glas mit dem verbliebenen Rest zu füllen. Einfach Zapfhahn auf und den Saft rausdrücken.

Außerdem - wer hält denn 3 oder gar 6 Monate durch, wenn es um leckeren Saft geht :-)) Bei uns sind 3Liter meist in einer Woche "durch".

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Der hält hier sicher auch nicht so arg lang, Zum Frühstück ein Glas und dann noch eines zwischendurch, wenn man gerade keine Lust hat auf tee, dann ist der Karton nach 11 Tagen allerspätestens auch leer. Es ist natürlich etwas teurer als der bessere Supermaktsaft, aber hey! Dafür kenne ich die Bäume, von denen die Äpfel kommen.

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(Und Kühlung ist ja nicht so schwer, in Zeiten wie diesen...)

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OSCA?

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Ja, ich glaube schon.

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Tipo Mt 4?
Ich finds leider nicht im Buch.

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Ich kann es nicht sagen. nach der Startliste soll das ein LUCENTI GRAHAM 8 INDIANAPOLIS von 1931 sein - ist es aber sicher nicht.

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Nein. Das ist doch ein Auto aus den frühen fünfziger JAhren. Oder sehr späten vierziger.

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