Nachts sind alle Rodel rot

Wenn ich etwas Zeit habe, renne ich nicht sofort auf den Berg; ich bleibe auch mal unten und wärme mich dort in der Sonne auf. So richtig eisig ist es am Wasser noch nicht, und die Grenze zum Winter liegt erst 50 Meter über dem Wasser. Oder in der Konditorei daneben.





Aber natürlich ruft dann irgendwann der Berg. Wäre jetzt Januar, könnte ich gleich lossteigen, denn oben wäre die Hütte offen und würde mich verwöhnen. Aber bis zum 25 Dezember ist oben zu, kein Tee, keine Suppe, keine Knödel - dann muss ich eben daheim voressen.





Was auf der anderen Seite den Nachteil hat, dass ich erst losmarschiere, als die Sonne schon untergegangen ist. Kalt wird es, die Piste wird eisig und schnell, ujnd leer wird es auch. Der Hofladen schliesst schon, als ich vorbeikomme, aber es reicht noch für ein Glas Honig, für nachher, für den Tee.





Dann der Aufstig. Allein in der Nacht. Es macht nicht Angst, aber es ist ein seltsames Gefühl, auf diesem 10 Kilometer langen Berg zu dieser Stunde die einzige Menschenseele zu sein, unter all diesen schweigenden Bäumen und der schieren Unendlichkeit der Milchstrasse, die hier durch die Bäume als heller Streifen funkelt.





Von Bad Wiessee aus muss ich ein winziger, weisser Punkt inmitten eines grenzenlosen, schwarzen Konglomerats aus Berg, Bäumen und Finsternis sein. Was da jemand um diese Zeit noch macht, werden sie sich in ihren Hotelzimmern und Restaurants fragem, wenn sie herüberschauen. Gewildert wird heute schliesslich nicht mehr, und niemand könnte helfen, wenn etwas passiert.





Man muss den Weg und die Strecken kennen. Im Prinzip ist die Strecke harmlos, bis auf eine Kurvenkombination, die mit einer abfallenden Serpentine beginnt, durch drei steile Kurven führt und am Ende erst nach einem scharfen, senkrechten Knick flach ausläuft. Das muss man immer im Kopf haben und rechtzeitig bremsen. Lieber einmal zu oft als einmal zu spät, denn die grosse Serpentine erkennt man in der Nacht erst, wenn man schon drin ist. Da fliegen schon am Tag genug Leute raus.

Bleibt man aber in der Nacht drin, ist es ein phantastisches Erlebnis, wenn über einem sich die Unendlichkeit des Weltalls öffnet. Das wissen Menschen aus der Stadt oft gar nicht, was eigentlich Himmel sein kann, in so einer klaren, mondlosen Winternacht auf dem Berg.

Montag, 2. Dezember 2013, 23:56, von donalphons | |comment

 
da fühlt sich der Leser an die Abenteuer des Toni erinnert. Der mit Eichendorff's 'Taugenichts' in der Tasche.

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Sagen wir mal so: Man versteht, warum die Menschen früher an Berggeister geglaubt haben.

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zumindest lernt man den schrecken aus dem herzen der finsternis zu verstehen: ringsum weisse nebelwände, und dann dieses knacken...

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...wenn man sich auf dunkler Schußfahrt sämtliche Haxen bricht , meinen Sie ?

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aber nein, selbstverständlich nicht.

bezug genommen wurde auf ein werk von joseph conrad, eben das herz der finsternis, und darin konkreter auf eine szenerie einer fahrt auf dem fluss kongo, bei der wegen starken nebels nichts zu erkennen, wohl aber recht viel zu hören war.

natur oder mensch, mensch als natur, wer sollte dies schon so genau wissen können, in einer solchen situation. und dass eben dies genau recht furchteinflössend sein kann, wenn man kaum etwas wahrnimmt und sehr wohl zu ahnen glaubt, dass man nicht allein sei, und dass dieses etwas durchaus etwas ungutes sein könnte.

die urfurcht des tieres mensch, die dieses heute kaum mehr kennt -
so wenig wie die unzähligen sterne am firmament.

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nachts, wenn alle Katzen grau sind
Wir/Ich sind nahezu alles erhältliche im Landkreis MB in der Nacht gefahren.

Und zwar ernsthaft, d.h. ohne mitgebrachtes Licht. Für Aussenstehende vielleicht unverständlich, aber das Restlich reicht idR aus, Dunkeladaption ist nach 15min Aufstieg - erst recht nach 45-60min - abgeschlossen und - für die, die's noch nicht wissen - Schnee ist Weiß dh ein guter Restlichtverstärker.

Ich erinnere mich an eine Abfahrt auf der Wettkampfstrecke in Kreuth, wo wir im Vollmondlicht Schlagschatten warfen.

Mitgeführtes Licht (bei der Abfahrt) ist trügerisch, weil man nur im Lichtkegel etwas sieht.

Und zur Milchstrasse, etwas wahrscheinlich noch eindrucksvolleres (aber das geht in Gmund noch nicht, dazu muß man höher hinaus): in einer windstillen Nacht in einer Senke, absoute Stille.

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Naja, das Problem ist halt, dass es diesmal wirklich sehr finster war und obendrein manche auch noch ohne Licht in der Nacht aufsteigen. Hatte ich letztes Jahr ein paar Mal und das war immer kein Spass. Ich habe nicht nur am Rodel Licht, sondern auch an der Stirn, und das reicht schon weit.

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Das wissen Menschen aus der Stadt oft gar nicht, was eigentlich Himmel sein kann, in so einer klaren, mondlosen Winternacht auf dem Berg.

Warum auch, da gibt es sicher eine App dafür, und dann kann man am virtuellen Berg auf der virtuellen Hüttn auch gleich einchecken, und alle Leute in der eigenen Meute mit seinem Konsumbericht beglücken und zum nachmachen animieren.

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In der Tat gibt es eine Appp, mit der man die "Lichtverschmutzung" messen kann.

Sprich: Wieviel Sternlein kann ich noch erkennen ...

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Na, also eine App brauche ich am Berg sicher nicht.

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Im dänemärkischen Flachland ist ein klarkalter Winternachthimmel auch eine Erfahrung , da kann man wirklich von 'Himmelszelt' sprechen.
Sehr ungewohnt und fast stutzigmachend , - zudem sind vereinzelte kondensstreifige Flugzeuge zu hören(!) , ganz dezent und beischmückend.
Sehr sinnlich das , - Licht- und Lärmsmog aus, und als Zugabe hin und wieder ein kleiner,ganz zart rauschender Pinselstrich
, - zehntausend Meter über dem warmen knarzenden Holzboden , und dem besinnlich vorsichhinböllernden Kaminofen.
Hat was. Da sind einem Kommas und sonstige Petitessen Wurscht (Pölser).

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