Terry - bitte, wie meinten Sie?

Auf eine Person stossen, weil man den Twitteraccount von einem StaSi-Relativierer liest, der einen recht anlasslos als geistigen Brandstifter bezeichnet, ist eine Vorstellung, die sich der Betreffende vielleicht nicht so herausgesucht hätte. und obwohl ich mich regelmässig in einer Buchhandlung befinde, und dortselbst auch gern stöbere, ist mir dessen Name entgangen. Ja, sogar der Umstand, dass jemand, die ich mal kannte, seine Werke höchst schätzte, hat sich damals bei mir nicht niedergeschlagen. Es ist also keine Arroganz, wenn ich hier zugebe, dass ich Terry Prachett nicht kannte. Dabei kenne ich doch sogar Jeremy Clarkson von Top Gear.



Ich entnehme Nachrufen und allgemeiner Trauer, dass der Autor anderen in etwa sowas sein kann, wie der Hitchhikers Guide to the Galaxy, Herr der Ringe oder Harry Potter. Ersteren habe ich gelesen und mochte ihn, aber nicht so, dass ich mein Dasein daran orierntiert hätte, wie etwa bei Voltaire, Mirabeau oder Diderot. Zweiteres habe ich - auch angefangen, aber es wurde mir bald zu dumm. Die Parodie "Herr der Augenringe" fand ich dagegen lustig. Herr der Ringe war mir irgendwie zu schwülstig, und die Verwebung der Geschichten war nichts gegen die Handschriften von Saragossa. Und für Harry Potter, nun, man nehme es mir nicht übel, aber dafür bin ich vermutlich zu alt und zu ernsthaft und so viel Lebenszeit, dass ich sie in gehypte Kinderbücher stecken würde, habe ich in diesem Dasein nicht.

Echte Bildungslücken - wenn man traditionelle Vorstellungen annimmt - habe ich wenige und wenn doch, dann nicht auf kulturellem Bereich, insofern ist das "den muss man doch kennen", das mir entgegenschallt, seltsam. Kaum jemanden hat es berührt, dass Gabriel Garcia Marquez gestorben ist, dessen Hundert Jahre Einsamkeit ich nach dem Abitur in einem Urlaub bei Tempesta verschlungen habe, und nach seinem Tod erneut las und immer noch mochte. Da hat sich wohl etwas getan in der Literaturlandschaft, was weit über Anime und Manga hinausgeht. Ich mag magischen Realismus.

Aber eine Scheibenwelt?



Ja, werden die Fans sagen. das muss man gelesen haben und das ist keine Sache, die mit diesem oder jenem vergleichbar wäre. Aber ich meide zumindest in der Literatur Texte, die heute, in der Gegenwart Kult werden. Das liegt daran, dass ich den Kult des Gegenwärtigen nicht mag. Ich setze mich gern mit den Kirchenvätern auseinander, deren Kult längst zu höhnischem Gelächter zerfallen wäre, gäbe es nicht den IS und Boko Haram, und ich kann stundenlang in ihr verträuntes Gesicht und seine Vorfreude schauen, sehr wohl im Wissen, dass Bustellis Figuren aus Nymphenburg für andere nur Nippes sind. Die Zeit hat abgewaschen, das darum geglaubt und erwartet wurde, nun ist das eben reine Verblendung und reines Verlangen. Das mag ich sehr.

Ich lese, der Autor sei besonders bei den Abseitigen und Anderen beliebt, aber das sagt heute nicht mehr viel. Jede Kultur kokettiert heute mit Abseitigkeit, Nichtnormalität und Ansprache von Minderheiten. Das ist heute keine Kunst mehr, keine Randgruppe und kein Prädikat, sondern nur noch Marketing. Es ist erlösend, etwas zu lesen, das keiner kennt und von dem keiner spricht. Eigentlich bin ich auch lieber in Antiquariaten als in Buchhandlungen. Man muss sich um mich keine Sorgen machen, alles ist gut, ich kenne auch noch die normale Welt und kann gut darin leben.

Aber atmen tue ich an anderen Orten, und gern ohne Begleitung.

Donnerstag, 12. März 2015, 17:02, von donalphons | |comment

 
Der Mainstream der Abseitigkeit?

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An den Gemäldepreisen sehe ich, dass es den nicht gibt.

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Mit Gemälden kenne ich mich nicht aus. (Außerdem stamme ich von Generationen von Sozen ab und bin der Meinung, Kunst gehört an öffentliche Orte wie Museen, auf dass sich auch das einfache Volk daran erfreuen kann. Was andererseits nicht bedeutet, dass ich die Vergesellschaftung Ihrer Gemälde und Silberkannen befürworte.)

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Jahrelang habe ich Harry Potter für eine Figur aus Herr der Ringe gehalten.

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das muss ich mir merken.

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@fritz: dann hatten Sie keinen Englisch-Leistungskurs. Zumindest eine(r) musste sich JRR Tolkien antun (oder so tun als ob), um die Mitmenschen mit einem Referat zu beglücken.

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Die hippsten Sachen bei uns hießen Wordsworth, Othello und, unter schmerzverzerrtem Blick des Lehrers, Roggenfänger.

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Einmal fragte mich eine Freundin, ob ich Catherine Millet gelesen hätte. Als ich verneinte, schien sie enttäuscht. Später merkte ich, dass ich es sehr wohl gelesen hatte, sogar nur Monate zuvor, es hatte sich mir nur nicht eingeprägt wegen lauter Selbstverständlichkeiten, nur weil da jemand seine Sexualität auslebt. Es schien banal.

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das ist übrigens auch so was, das ich nicht kenne. Sex, pffff.

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Pratchett und davor Adams haben mich in meinen frühen und mittleren Jugendjahren prächtig unterhalten, haben einen nach Absurdistan mitgenommen, eine Flucht vor der drögen Realität eines Deutschland, bestehend aus so aufregenden Dingen wie dem VW Golf, dem Kohl (also dem Politiker) und dem ZDF Magazin. Das Hörspiel zu HHTTG, ich glaube auf BR3, hörte ich in den Ferien bei den Großeltern, und war einer der ganz wenigen Fälle, wo einmal eine Radiosendung meinen Aufenthalt und Kalender bestimmte. Pratchett sorgte dafür, zusammen mit einigen anderen Büchern, dass beim Rückflug von einem eigentlich harmlosen 3-Tagesausflug nach Oxford etwa 10 Kg Übergepäck zu bezahlen waren.

Das haben sie geleistet, gut war es, und ich bin ihnen dankbar für das Vergnügen. HHTTG liefert auch den einen oder anderen Mem. Aber daraus eine kulthafte ersatzreligiöse Dauerbefassung machen? Bloss nicht.

Tolkien fand ich immer unlesbar, da ging es mir wie Ihnen, mehr als 30 Seiten schaffte ich nie - ich fand den Schreibstil immer so augenzwinkernd, anbiedernd. Und Harry Potter - ahem, ja, dessen Erfolg erklärt sich wohl nur durch den damals einen ersten Höhepunkt erlebenden Trend zur Infantilisierung. Das war auch die Zeit, in der gestandene Frauen die gleichen Zöpfe und Haarklammern wie ihre 6 jährigen Töchter trugen, und Blumen auf den Hosen aufgenäht waren. Also genau das Richtige für so einen Grinch wie mich.

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Was ich erst später erfahren habe, ist der Umstand, dass tolkien so eine Art Nationalepos der Briten erschaffen wollte. Hätte ich das vorher gewusst, hätte ich die Finger davon gelassen.

Diese Idee einer Ersatzwelt ist vielleicht in den Kohljahren nicht weiter erstaunlich, das war gegen Ende hin wirklich Blei. Das einzige, was man sagen kann ist, dass sie so mit dem Zählen von Schmiergeld beschäftigt waren, dass sie einen meistens in Ruhe liessen. Den Wandel konnten sie trotzdem nicht aufhalten.

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In der Kürze liegt die Würze
Wenn Phantasy oder Science Fiction satirische Qualität hat, die für unser Leben im Hier und Jetzt anschlussfähig ist, Dinge sagen kann, die man so vielleicht noch nicht betrachtet hat (z.B das Essen, das sich selbst anpreist, bei Adams) hat es seinen Wert.
Dafür sollte so ein Buch aber kondensiert und relativ kurz sein; meistens tragen die Gags nicht Hunderte von Seiten und Dutzende von Büchern - wo wir beim traurigen Kapitel von Adams und Pratchett ankommen: Neben den tollen Schlüsselpassagen gibt es seitenweise schwadronierendes Gebabbel, wobei ich auch zugeben muss, dass ich nur Adams mit schnell abnehmender Begeisterung gelesen habe.

Was Ringe, Hobbits und Zauberer angeht - ein fürchterlich fetter englischer Pudding mit ein paar Rosinen und kandierten Füchten. Eskapismus pur, und nur insofern lobenswert, weil mir bisher keine Eskapisten untergekommen sind, die ihre Mitmenschen zur Rechtgläubigkeit zwingen wollten.

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Millionen Fliegen können nicht irren, freßt..
@TGA, GBH und Don, Was Millionen gut finden, darf man kennen. Ich empfehle jedem, mit HP6 oder HP7 einen neuen Versuch zu machen, möglichst im Original. Der Entwicklungsroman ist dann beim jungen Erwachsenen angelangt. Die vielen und langen Einführungen lösen sich in diesen Bänden auf.
JRRT liebt man oder läßt es. Geben Sie doch der Schöpfungsgeschichte im Silmarilion, dem Ainulindale eine Chance. Und der Geschichte Feanors, des einzigen und genialen Sohnes; dessen Vater wieder heiratet und als wichtiger Lichtelbenkönig gut beschäftigt ist. Und Beren/Luthien.

Dann können Sie die Deus ex Machina Adler im Hobbit und Herr der Ringe übersehen. Anders als Rowling und GRR Martin liebt Tolkien seine Figuren zu sehr, um sie sterben zu lassen.

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Auch wenn ich Pratchett nie gelesen habe, Tolkiens Epos ungefähr 100% Überlänge hatte und Adams Humor bestenfall infantil ist - sie haben gemeinsam viele Leser an Fantasy und/oder Science Fiction herangeführt und in beiden Genres gibt es durchaus Perlen von auch beachtlicher literarischer Qualität. Ursula K. Le Guin oder Patricia McKillipp, David Brin oder China Mieville beispielsweise.

Die werden dann in 100 Jahren in den Kanon dessen aufgenommen, was man so gelesen haben kann, als gebildeter Mensch. Huxley, Orwell oder Vonnegut haben den Sprung ja schon geschafft.

Gruss,
Thorsten Haupts

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Die Kategorisierung in Fanliteratur ist tatsächlich sehr hilfreich. Dem inneren Meublement dienende Literatur ist zwar nicht überflüssig, kann aber ohne weiters übergangen werden. Das merkt man dann schon schnell an dem Vortrag des Vorschlags, ob das Buch etwas über sich hinausweisendes hat. Da gebe ich Ihnen in allem und mit allen Autoren Recht. Von Tolkien habe ich so ziemlich alles gelesen, als es noch angebracht war: im Schattenreich des sich entwickelnden Kindes, zwischen Wald und Dachboden, kurz vor den ersten Anzeichen der Pubertät. Kulturbedeutsam ist was anderes. Es trägt zur Menschenkenntnis bei, meine ich, wenn man dann Erwachsene Menschen mit leuchtenden Augen über dergleichen distanzlos und ernsthaft reden hört.
Und auch bei Pratchet bot sich nichts, das weiter wirkt. Insofern musste man sich wegen der Nachrufe doch wundern. Hat was von Gerede, welche Biermarke man mit 20 bevorzugte. Mag ungerecht sein, das Werk scheint aber auch wohlwollend betrachtet sehr weit von einem kulturellen Muss entfernt.
Im Gegensatz vielleicht zu Lem oder dem nach wie vor unterschätzten Phillip K. Dick, der sich aber auch vom Interesse an Gegenwartsfragen hat leiten lassen. (Habe mir auch vorgenommen, mal wieder in die Neuromancer-Trilogie zu sehen, da Versatzstücke daraus immer öfter in der Gegenwart auftauchen.)

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Die Neuromancer-Trilogie, im Kern nichts als eine gut geschriebene Satire auf grassierenden VT-Wahn, fiele dann aber auch unter Ihr Verdikt: Kann ohne Verluste übergangen werden.

Apropos Tolkien - wofür ich ihm immer dankbar sein werde, ist seine unbeabsichtigte Vorlage für viele Computer- Prügel- und Rollenspiele :-).

Gruss,
Thorsten Haupts

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William Gibson wird danach nicht Eingang in einen Kanon finden, richtig. Das als Satire zu betrachten, kam mir bisher nicht, ist aber schon lange her. Was war VT in den späten 80´ern?
Einige der mir erinnerlichen Bilder drängen in das Heute: die Dystopie eines Monopolunternehmens, das sich dem Zugriff durch Sitz im Orbit entzog und die System- und Technikstandards ebenso steuert, wie den Zugriff auf Daten; damit Staatlichkeit unterwandert und Machtverhältnisse verschiebt; dann der Hintergrund des Geschäftsmodells des Helden: Daten verstecken; auch der unterschwellige Effekt der Bindung des Klassensystems durch Digitalisierung, wer kann, idR das Geld dazu hat, entzieht sich dem durch abgesicherte Elitencamps oder lowTech in der mexikanischen Wüste. usf.

Tolkien als Vorbereiter der Computerspiele: Da trifft sich Dons Anmerkung zu Herr der Ringe als Möchtegern-Nationalepos, der von GreatArtist erwähnte Eskapismus und meine vorpupertäre Schattenwelt. Und das meine ich jetzt nicht abwertend. Es herrschen in allen von uns Gewalt-, Spiel- und Reinigungsbedürfnisse. Der eine rodelt in der Dämmerung die Streif runter, der andere streift in der Dämmerung durch virtuelle Welten.

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Oooops, sorry - mein Fehler: Ich hab das mit einem anderen Werk verwechselt. Doch, die Neuromancer Trilogie (Neuromancer, Count Zero, Mona Lisa Overdrive) könnte durchaus Einlass in einen Kanon finden, weil sowohl als Dystopie/Utopie wie literarisch anspruchsvoll. Sollte man (so Sprachkenntnisse ausreichen) aber besser im Original lesen.

Was Computerspielen angeht, entschuldige ich mich dafür schon sehr, sehr lange nicht mehr. Es ist als Hobby so gut oder so schlecht wie alle anderen.

Gruss,
Thorsten Haupts

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Britischer Nationalepos?
Zu den diskutierten Autoren werde ich mich nicht aeussern, aber Dons Aussage bezueglich eines britischen Nationaleposes wunderte mich doch. Ist das nicht schon die Arthus-Saga?
Wenn derartiges wirklich Tolkiens Ziel war, wieso in aller Welt bedient er sich dazu der Edda und Wagners Interpretation nordischer Sagen?

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t.i.m.: Ich bekomme das auf die Schnelle auch nicht mehr verifiziert, habe aber mehrfach Ähnliches gehört. Nachgewiesen ist Tolkiens professionelles Interesse an Gründungslegenden und die stilistischen Ähnlichkeiten des Romans zur Edda etc. sind evident. Noch dazu hat Tolkien dem Werk mit anderen umgebenden Geschichten (zum Beispiel mit dem Silmarillon: die Götterwelt) eine Art Überbau geschaffen. Eine Art nationaler Chauvinismus von Tolkien ist mir ebenfalls stark in Erinnerung. Und in diesem Zusammenhang meine ich auch eine Motivation Tolkiens zu erinnern, dass das Werk den (britischen) Nationalstolz fördern solle.
Kann freilich sein, dass die Fans daraus mit „Nationalepos“ eine überhöhende Legende schmiedeten.

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Wenn man die drei grünen Tolkien-Bände schon als Hippie und 25-30 Jahre vor der Jackson-Verfilmung verschlungen hat, in den Folgejahren dann noch vier Mal, und dann auch noch in den 90ern dem eigenen Sohn laut vorliest, bis der es alleine nochmal lesen kann (was er tat), dann hat man zu dem Buch doch eine etwas andere Verbindung oder Zuneigung.
Das erste Harry-Potter-Buch hab ich in Englisch gekauft und meinem des Englischen noch unkundigen Sohn laut ins Deutsche übersetzt "vorgelesen"; ab Mitte des Buches hatte er dann Englisch in der Schule ...aber es gab inzwischen sowieso die deutsche Übersetzung in den Buchläden.
Pratchet - der war auch mir unbekannt. Ist wohl tatsächlich eine Altersfrage. Man ist mit Dick, Heinlein, Clarke, Asimov, Lem... groß geworden, aber dann entdeckt man eben auch anderes, z.B. die schon genannten Klassiker der Aufklärung (oder Renaissance, Klassik, Romantik, frühe Moderne...)... und der neueste Trend in der SCiFi wird "verpasst"; das ist dann was für die neue Generation. Man muss und kann nicht alles mitmachen und lesen ... mehr als 3500 bis 4000 Bücher schafft man sowieso nicht in einem Leben; das merkt man irgendwann und selektiert.

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Ich bin schon bei - deutlich - mehr, aber Sie haben insoweit Recht, dass ich 70% davon weggeworfen oder verschenkt habe. Und mich wirklich ungerne nur von plus/minus 100 trennen würde.

Gruss,
Thorsten Haupts

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Was ist mit Old Shatterhand?
Und überhaupt Karl May? Soll man den den Enkeln schenken?

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Den sächsischen Lügenbold? Ich empfehle ihn als schwulen Vorkämpfer wie auch als proletarisches Stehaufmännchen. Als Kind habe ich bewundert, wenn ich auf den Bücherregalen von Freunden den ganzen Karl May sah, diese grünen Bände, mitunter neben dem ganzen Karl Marx. May wurde in der DDR nicht verlegt, so eine Bücherwand mit Mays Werken war vergleichbar damit, die Schlaghosen von den Cousins aus BRD aufzutragen.

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Definitiv, vor allem, solange da noch nicht die PC Sprachfaschisten dran waren. Das waren herrliche Leseabenteuer für die Zeit als ich 12, 14, 15 war. Aber wohl eher was für Jungs. Zusammen mit Jules Verne und Lofting (Doolittle) sowie Kruse (Urmel) und Michael Ende m.E. ein must read. Lindgren gehört auch dazu, wobei man unzensierte Pipi Bücher wohl nur noch antiquarisch kaufen kann.

Und yours truly muss gestehen, dass ein großer Teil meiner Sozialisierung und Moralisierung, also das erlernen von "das ist richtig und, öhm, ehrenhaft, das ist falsch und böse" über in Buchform erschienene Westernromane aus den 60er und 70ern erfolgte, die ich quasi im DoppelDutzend konsumierte. Richtiger Schund, sozusagen.
Aber anders als bei den ganzen mehr oder weniger latent non-cisheteronormativen POCkorrekten genderneutralen nichtdiskriminierenden Weichspülerblubberlutschtextchen, die teils gefordert, teils auch geschrieben werden, gab das schlichte, klare Orientierung.
Und die oben von kdm zu Recht genannten SciFi Autoren zündeten dann die zweite Stufe, bei mir so ab 15.

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eher was fuer Jungs?
Meine Mutter hatte den ganzen May im Regal. Vermutlich deswegen habe ich ihn nie gelesen...

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Man ist mit Dick, Heinlein, Clarke, Asimov, Lem... groß geworden
Hach,
noch einer.

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In Sachen Dystopie mag ich 'Hard boiled wonderland and the end of the world' von Haruki Murakami. Wird aber einen Freund des 18. Jahrhunderts auch nicht überzeugen. Zum Thema PC und Pipi Langstrumpf gibts auf Gutenberg die Erinnerungen des Seefahrers Joachim Nettelbeck. ( de.m.wikipedia.org/wiki/Joachim_Nettelbeck ) Der erklärt seinen Zeitgenossen (ca. 1820) das sein Job auf dem Sklavenschiff damals (ca. 1760) etwas ganz gewöhnliches und keineswegs anstößiges gewesesen sei.

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gab das schlichte, klare Orientierung
Oh, oh ...
IS.....?
Bei mir keine Western
Perry Rhodan.
So ab 13.

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Damit 19:27 nicht falsch ankommt. Ich mag Karl May. Wobei, das muss ich als vom Fernseher vorbildlich großgezogenes Kind eingestehen, die Filme mit Pierre Brice sich tiefer eingeprägt haben als die Bücher, wenn ich mich nicht irre, hihihihi.
Meine Sozialisation mit Büchern hat, seit ich 18 war, nichts Neues mehr erlebt (fühlt sich trotzdem gut an). Über ein bisschen Heine, Shakespeare, Luther, Goethe und Nietzsche bin ich nie hinausgekommen. Da tut sich seitdem nichts, dem stößt kein Tag mehr zu. Mit Büchern an sich hab ich's nicht so (zu laut). Alternde Astern atmen schwach im Beet, o Gott. Ein bisschen Lyrik, das geht noch manchmal ohne Aversion. Womit ich dann schnell wieder bei den oben erwähnten Verdächtigen bin. Einen muss ich noch aussortieren, es sind zu viele.

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Wer jetzt nicht seine Augen schließen kann,
gewiß, daß eine Fülle von Gesichten
in ihm nur wartet, bis die Nacht begann,
um sich in seinem Dunkel aufzurichten: –
der wird ein Abo einer Zeitung kaufen.

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Es gibt auch einen einfach banalen Grund, weswegen Pratchett eine Altersfrage ist: Halbwegs populär außerhalb den steinharten Fantasy-Zirkeln wurde er erst Ende der 80er, mehr Anfang der 90er. Letztere waren wirklich sein Jahrzehnt, bis hin zur eigentlich sehr schmeichelhaften Auszeichnung, der Autor der meist gestohlenen Bücher britischer Buchhandlungen zu sein. Jemand, der seine Teenager-Jahre und Zwanziger in diesem Jahrzehnt verbrachte, hatte wirklich eine gute Chance über Word-of-mouth von P. zu erfahren und war vermutlich noch offen genug für Neues, ihn auszuprobieren.

Früher Geborene hatten diese Chance eher nicht.

(Dadurch, dass meine wesentliche Pratchett’sche Leseerfahrung in den 90ern liegt, muss ich auch etwas an des Gastgebers Auffassung des Subkulturellem als Marketing-Strategie nörgeln: Es waren die 80er und die 90er. Und zwar nicht eher in liberalen Großstädten, sondern in eher grauen westdeutschen Kleinstädten, wo die Stadtteilbücherei eine kleine Rettung war. Dort per Zufall auf eine einsame warme Stimme zu stoßen, die einen humorvollen Blick auf das Treiben der haarlosen Affen warf, im Zerrspiegel der Scheibenwelt, das war für viele eine wichtige Erfahrung. Kult ist eben nicht immer nur von oben produziert.)

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Karl May
Karl May - in der Tat ein schwieriges Thema. Schwierig. Dessen ungeachtet war ich ziemlich bald nach der Wiedervereinigung an seinem Grab, es lag schon ein vertrockneter Strauß drauf, und habe mir von einem meiner ersten Gelder nach dem Studium diese rote schweizer Ausgabe ohne orthografische und ideologische Verbesserungen gekauft, also "thun" und dergleichen. (Burnus only. Ich stehe nicht auf Shatterhand.)
Was, hinwiederum, halten die Herrschaften von Fritz Mühlenweg? Sagen Sie jetzt nicht: nie gehört.
Das ist ein Befehl.

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das Treiben der haarlosen Affen
T.I.M, da geht die Tür auf,
ich bin beeindruckt,
nicht von der Scheibenwelt,
die las ich nie,
doch von dem Herzblut,
das hier durchschimmert.
Manchmal stösst man durch Zufall
auch hier auf eine warme Stimme.

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tim neq t.i.m.
Lieber Mediensegler, "tim" und "t.i.m." sind zwei unterschiedliche Kommentatoren, und die warme Stimme war (diesmal) nicht meine.

Wir beiden scheinen allerdings von aehnlichem Alter zu sein, und auch ich habe als Jugendlicher in der Provinz von Bekannten Pratchett empfohlen bekommen, dann jedoch diese Empfehlung in den Wind geschlagen, weil ich auch sonst kunstaesthetisch mit den Empfehlern wenig gemein hatte. Das waren bei uns naemlich die SciFi/Rollenspieler/Computerspielcrackprogrammierer, die selbst fuer einen extrem uncoolen Jungen wie mich zu nerdig als Vorbild waren.

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Terry Pratchett - schade ist es schon. Ja, ich habe zahlreiche Scheibenwelt-Romane gelesen und dabei viel gegrinst und gelacht. Mir ist es egal, ob das viele Leute lesen oder nicht, ich kaufe mir Sachen, die mir gefallen. Gut fand ich z.B. Voll im Bilde. Ach ja: warum fühlt man sich besser, wenn man unbekannte Bücher liest? Weil man sich dann einreden kann, nicht zum Mainstream zu gehören, etwas Besonderes zu sein?

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