Die allervorvorletzte Nacht

Oh Mann. Es ist wie früher. In der schlechten, alten Zeit. Sage keiner, dass man an Dienstagen grossartig weggehen konnte, noch nicht mal 2000. Wer jetzt noch am Rechner ist, hat in aller Regel eine Deadline, ein Problem und zumeist beides und nebenbei auch noch Sachen im Körper, die sich besser im Abfluss machen würden. Und alles erinnert an den Fall des Internetradios, die auch so um die 50 ahnungslose Mitarbeiter hatten, und einen Haufen unerfahrene Leute an der Spitze.

Und ein Betriebsgeheimnis, das Geld reichte hinten und vorne nicht, und zu allem Überfluss hatte die gegangene CvD die Unterlagen mitgenommen. Wir sassen auf den wakligen Stühlen in ihrem Zimmer, es war Spätherbst 2000, und Paul, der WG-Kater, lag auf dem Bett und war´s zufrieden, denn er liebte wohl die komplex unharmonischen Stimmungen, die den Reiz dieser Frau ausmachten. Eigentlich war es ein Bild des Friedens, der Zuneigung und der Freundschaft, und draussen funkelte die Feuchtigkeit auf den Blättern im lichtdurchfluteten Englischen Garten. Es war das Ende von zwei Firmen, das wir hier besiegelten, es ging ausnahmsweise auch nicht um Geld oder um Stundensätze, aus Sicht der Unternehmer waren wir plain simple Evil, nur, wenn man so viel gesehen hat, gwöhnt man sich solche moralischen Kalamitäten ohnehin ab, was weiss so ein koksverseuchtes Dreckschwein schon vom Bösen, wenn er zuschaut, wie seine Angestellten Tabletten einwerfen, um den Tag durchzustehen.

rrrttt rttt rrrtrrt machte die Diskette im Laufwerk, es war eine Zeit, da hatten Prinzessinnen noch keine CD-Brenner, dann waren die Daten drauf, und der Rest war eine Formsache, zwischen Weihnachten und Neujahr kam die Steuerfahndung und setzte einen Schlusspunkt, und was überleben wollte, raffte eine gezielt gesetzte Information bei einer missglückten Finanzierungsrunde dahin. So einfach, so banal, keine Ahnung, was aus all denen wurde, es spielt auch keine Rolle.

Paul ist der einzige, um den es mir Leid tut. Den würde ich gern wieder treffen. Paul, der eigentlich nicht da sein durfte, und als einmal die Inspektion kam, sperrten sie ihn raus, was er aber überhaupt nicht einsah und die ganze Zeit vor der Küchentür sass und die Inspektorin anmaunzte. Ich hoffe, es geht ihm und der Prinzessin gut.

Der Rest ist hoffentlich verreckt. Oder zumindest immer noch pleite.

Mittwoch, 15. November 2006, 00:55, von donalphons | |comment

 
Hinreißender Katzenkontent :)

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Paul war und ist hoffentlich immer noch das, was die Welt damals nicht mehr war: Schlicht schwarz-weiss.

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nunana, werter großinquisitor....
...nun atmen Sie mal nicht so schwer, schliesslich ist
es offensichtlich sehr gut das es diese schlechte zeit
gegeben hat, denn ich könnte wahrscheinlich Ihren eloquenten ergüssen hier, da und dort nicht optisch
lauschen und mich dabei so herrlich amüsieren wäre
Ihnen damals nicht so einiges widerfahren...

hochachtungsvoll.
a recipient.

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