: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Donnerstag, 15. Dezember 2011

Rücksturz zum Wochenmarkt

Frankfurt.



Main.



Wieder daheim.



Ich müsste mal schauen, ob meine Texte vom Sofasessel wirklich besser als die von einem Schreibtisch wären, aber ich habe doch den argen Verdacht, dass ich in einer fremden Umgebung nicht wohlig schreiben kann. Es ist auch nicht so, dass ich die Fremde nicht mag. Nur ist Frankfurt klar die falsche Fremde, damit ich gut schreiben kann.

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Mittwoch, 14. Dezember 2011

Nett, die kleine Schwester

Natürlich ist es nicht nett, auf eine Parteiruine wie die FDP einzuschlagen. Aber nach den letzten Wahlen war da so viel Gejohle und Beglückung bei einigen Neoliberalala Blogs, die ihre Freunde mit dieser Partei im Bundestag sahen - da denke ich mir, die halten schon was aus. ZUm Beispiel, wenn ich hier sage, dass ein ruhiger Stil in meinen Augen aus Herrn Lindner noch lang keinen ehrenwerten Charakter macht.



Eher ist er sowas wie der Beginn einer neuen Partei mit alten Gesichtern. Es ist ja nicht so, dass er nicht Möglichkeiten gehabt hat. Er war unter Westerwelle führend dabei, und dannn unter Rösler. Da ist er sicher kein Opfer der Umstände mehr. Und die Politik der Liberalen, gemessen an ihren schlimmsten Auswüchsen im Aussen- und Entwicklungshilfeministerium, hätte er durchaus beeinflussen können. Angesichts der Leistungen von leicht paranoiden Linksgefahrensehern ist der Umgang mit dieser Partei allgemein fast noch gnädig, und im Besonderen zu Lindner, dem man nicht weh tun will, was auch sonst immer die Möwenpickpartei dahinter anrichtet. Dafür hatte er seinen Posten, sein Gehalt und jede Menge guter Presse bis zuletzt. Nur für das Nettsein und den Kontrast zur ausgewiesenen Arschgeigenorchesteraufführung in seinem Rücken, bei deren 2. Akt er selbst mit am Dirigentenpult stand.



Nun schleicht er sich in der Stunde grösster Not davon. Das darf er. Niemand ist gezwungen, seine Hände bis zum bitten Ende am Steuer eines Wagens zu lassen, der an die Wand knallt. Niemand muss in diesem Wagen sitzen bleiben. Und natürlich darf er auch den Eindruck erwecken, er wollte nur das Beste und jene, die jetzt gleich hochgehen werden, wären die eigentlich Schuldigen und er wäre da nur zufällig dabei gewesen. Viele kaufen ihm auch diese Geschichte ab. Und geben ihm damit die Chance für einen Neuanfang. Lindner ist unbeschadet dem Kommenden entgangen, und empfieht sich jeder neuen Nachfolgeorganisation der FDP als vorzeigbarer, glaubwürdiger und vor allem netter Geburtshelfer. Mit dem Mann kann man mehr erreichen, als mit den offenen Partikularinteressen von einem Henkel oder Merz allein. Das muss man erst mal schaffen: Eine Partei so mitruinieren, sie in ihre finale Krise stürzen und weiterhin als vorzeigbar zu gelten.



Kein Wunder: Diesem Manne gehört die Zukunft einer Schmierfritzenrepublik, die nichts, gar nichts aus anderen hohlen Wichten a la Guttenberg gelernt hat. Lindner macht es auch nicht anders: Teil und Profiteur des Systems und gleichzeitig dessen Nichtdabeiseinwoller, nur etwas weniger knallig. Traurig statt wütend, nett statt aggressiv, und schon lieben sie ihn. Als wäre das alles kein Kalkül, als würde ein Karrierist wie Lindner nicht genau überlegen, welche Optionen ihm jetzt noch bleiben. Es sind einige, und sie sind nicht schlecht. Zumindest besser als das Verbrennen von Rösler, Westerwelle, Niebel und anderen, die das jetzt ausbaden müssen. Ausgerechnet Atombrüderle gilt als die Zukunft: Die hat die FDP nicht mehr, und Lindner braucht sie für seine Zukunft auch nicht.



Vielleicht machen ihm die Union und die Grünen schon wenig verdeckte Angebote. So einen kann man brauchen! Und die Wählerreste der FDP kann man gut brauchen. Er ist eine Integrationsfigur, er kommt gut an, und er ist, das hat man gesehen, reichlich schmerzunempfindlich: Eine weitere Volte wird man ihm gerne verzeihen, so jung, wie er ist. Eine neue Partei wird für ihn sicher einen hohen Preis zahlen. Er ist nicht zurückgetreten, er bleibt uns meistbietend erhalten. Und wenn alles nicht geht, dann geht es eben ab in die Wirtschaft. Einmal Möwenpick, immer Möwenpick.

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Volles Vertrauen

18. Februar 2011: Merkel bekundet "volles Vertrauen" für Guttenberg.

15. Dezember 2011: Merkel hat "volles Vertrauen in die Person Wulff".

Ich glaube, "volles Vertrauen" ist uckermärkisch für Todesurteil.

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Wulff, das Beste aus zwei Welten:

Katholische Sündenlust ohne Bedenken gepaart mit einer protestantisch-norddeutschen, scheinheiligen Dreistigkeit.

Waffenlobbyistengeldannehmer Schäuble wäre sein natürlicher Nachfolger, sagt mn in der CDU. Wohl wahr in Bimbesland.

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Samstag, 10. Dezember 2011

Bis das Brett herunterfällt

Es ist vielleicht nicht der beste Ort für Euroskeptizismus: An dieser Stelle kommen alle Elitessen vorbei und viele kaufen auch ein, und die haben natürlich zur Gemeinschaftswährung das positive Verhältnis, das einem die Ideologie hier zu vermitteln sucht. Sie ganz besonders. Und sie wurden auch nicht müde zu betonen, welche Vorteile der Euro gebracht habe. Ausserdem sei das jetzt schon so lange her, da könnte man es doch abnehmen. Die alten Frauen, die hier auch einkaufen, lassen sich von der Bäckerin noch immer die Münzen im Geldbeutel abzählen. Und ich rechne auch heute noch alles in DM um. Es ist nicht so leicht, mit alten Gewohnheiten zu brechen. Es ist keine Nostalgie, eher die Frage, warum man denn nicht alles in Ruhe lassen konnte. Damals hatte die Bäckerin auch ihren Kunden haarklein erklärt, wie der Euro alles teurer machen würde. Wie wir heute wissen, war es noch untertrieben.



Jetzt sind die Elitessen still geworden, und die Bäcker sagt, es bleibt hängen, bis das Brett herunterfällt. Das kann noch etwas dauern. Und obwohl es nur ein Stück Papier ist, mag es mir scheinen, wird es länger halten als das Papier in den Geldbörsen. Nur damit wir uns richtig verstehen: Die abseits stehenden Briten werden meines Erachtens dadurch nur zur Bad Bank von Europa. Und früher war nicht alles besser, sondern nur anders schlecht. Trotzdem ist Helmut Kohl nach meinem Dafürhalten die schlimmste politische Erscheinung nach 1945, eine monströse Fehlentwicklung der Demokratie, und die Geschichte wird sich in 20, 30 Jahren vor Abscheu winden, wenn alle Folgen dieser bleiernen Jahre voll verstanden und durchlitten sind. Vom failed State zur failed State Union. Weil kein Europa geschaffen wurde, sondern ein europäischer Ansteckungsweg. Jetzt, zu spät, da die Krankheit sich schon ausgebreitet hat, wird versucht, im Siechenhaus mit Diät etwas zu erreichen. Das ist nicht das Europa, das man bestellt hat. In diesem demokratischen Europa gehen die Lichter aus.



Denn dabei werden durch die "Technokraten", die in Regierungen und Institutionen gelangten Vertreter von ökonomischen Partikularinteressen, die Möglichkeit zur demokratischen Gestaltung ausgehebelt. Mit den vollkommen unrealistischen Zielen zur Haushaltsdisziplin ist immer ein Mittel und Weg da, Entscheidungen auf Befehl von Oben durchzudrücken, trotz Proteste und Regierungsänderungen - es sei denn, man wählt wie in Ungarn die Nazis, die die Kosten den Banken aufzwingen, in einem Europa, das hier wiederum zu feige ist, Grenzen aufzuzeigen. Ich kann nur raten, sich das gegenwärtige Ungarn und teilweise auch die Nazis in Griechenland genau anzuschauen: Nicht Drakozy ist das Rollenbild, das uns bedroht. Es sind die braunen Seilschaften, die in der Peripherie erfolgreich werden und im Zentrum Nachfolger finden.



Man kann von Glück reden, dass sich solche Versuche in Deutschland immer selbst ins Knie geschossen haben. Eine Partei des Bodensatzes mit Erika Steinbach und Jörg Schönbohm ist nicht attraktiv genug, Guttenberg ist wohl wirklich weg vom Fenster, und auch die FDP fällt nach dem Scheitern ihrer antisemitischen und klassenhassenden Kampagnen als Nucleus für eine braunliberale Partei aus. Rechts von der CDU ist nach der Erkenntnis, dass wir braune Todesschwadronen jahrelang einfach übersehen haben, vermutlich wenig zu machen. Vielleicht braucht man auch gar keine nationalistische Partei, wenn man einem Kontinent auch so vorschreiben kann, wo es lang geht und welche Verträge man gerne hätte. Vielleicht gewöhnt man sich auch einfach an die Rolle als Versuchskaninchen in einer Einigungsgeschichte mit offenem Ausgang - ich überlege gerade, welche ähnlichen Entwicklungen es in der neueren Geschichte gibt, und mir fallen da nur einige failed States in Afrika wie der Kongo ein, die Versuche einer arabischen Union in den 7oer Jahren, dazu die Sowjetunion und die VR China. Und von denen sind auch schon einige gefallen, schneller als das Brett an der Wand meiner Bäckerin.

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Donnerstag, 8. Dezember 2011

Ach schau an

Zuerst eröffnen sie den alten Bankenrettungsfonds Soffin wieder. Aber das hat gar nichts mit der Krise der Banken zu tun!

Dann fluten sie den Markt mit Dollar. Aber keine Gefahr für die Banken!

Dann senken sie den Leitzins auf 1%. Das ist für die Wirtschaft nur, nicht zwingend für die Banken.

Und jetzt kommt heraus, dass Europas Banken nach Ansicht der Bankaufsicht eine kleine Lücke von 114,7 Milliarden ins Haus steht, um krisensicher zu sein, was immer das auch heissen soll, mit 9% Eigenkapital. Oder 91% Fremdkapital.

Ich habe eigentlich nur eine spannende Frage dazu: Wer macht gerade einen Bank Run? Die Banken bei ihren Partnerbanken? Die Reichen? Die Institutionellen?

Ach so, und: Warum, wenn doch alles eigentlich gut ist?

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Mittwoch, 7. Dezember 2011

In der EU hergestellt

Man hört ja viel über all die bösen Verschwörungstheorien, die im Netz kursieren. So richtig froh kann man darüber natürlich nicht sein, selbst wenn sich manche Theorie am Ende doch nicht als ganz falsch herausstellt. Eine bestimmte VT hat es aber inzwischen zum Mainstream geschafft: Dass die Krise Deutschland gefällt, weil man über sie dem Kontinent ein neues Regime aufzwingen kann. Selbst, wenn es darauf hinauslaufen sollte: Ich glaube nicht, dass die Deutschen oben oder unten das wollen. Oder wollen können.



Es gibt da nämlich Aspekte, die klar dagegen sprechen: Das sind die wirtschaftlichen Folgen, die dieses Regime der Sparsamkeit haben wird. Das fängt schon beim Allheilmittel der Privatisierungen an, von dem so viel geredet wird: Das wird kurzfristig das ein oder andere Loch in den Staatshaushalten etwas stopfen. Nicht sehr natürlich, denn solche Massenverkäufe in Krisenregionen, die man schon von der Treuhand kennt, sind nicht wirklich lukrativ. Im Gegenteil, sie haben Folgekosten. Private Investoren werden die Käufe auf extreme Effizienz trimmen, mutmasslich oft genug mit dem Ziel einer Zerschlagung und einem schnellen Weiterverkauf, wie in der Private Equity Branche üblich. Dadurch entstehen soziale Kosten, die wiederum auf die Staaten durchschlagen, die ohnehin schon kein Geld mehr haben. Sollte man sie dann wieder retten, und das Land in Schwung kommen: Prima für die Investoren, die von der Gesundung profitieren, während der Rest der Bevölkerung allenfalls aus dem Loch kriecht, hinein in eine Welt, wo vieles privatisiert und teurer ist.



Wie so etwas in der Praxis läuft, steht gerade bei FT Alphaville, und ich frage mich schon, warum ich dafür nach England gehen muss: Solche Beiträge müssten eigentlich auf der ersten Seite der deutschen Medien stehen. Die Lücken bei den Krisenbanken anderer Länder werden schon jetzt von der Bundesbank gefüllt, und es wird niemanden besonders überraschen, dass die Verantwortlichen - eben jene Reichen, die als Systembegünstigte reich wurden und dann ihr Geld abzogen - danach wieder als Investoren aktiv werden. Grob gesagt, bezahlt die Bundesbank dem Klüngel dr PIIGS-Staaten teilweise ihren Raubzug gegen das Gemeinschaftsvermögen der Staaten, indem sie das System so weit am Laufen hält, dass es geschlachtet werden kann. Ob das Geld dennoch wiederkommt? Bei solchen Reichen? Ich denke mal eher: Nein.



Das nächste Problem mit solchen Privatisierungen sind gemeinhin weitere kostensparende Aktionen. Bei so einem Staatsbetrieb ist es kein Problem, als deutscher Minister zu kommem und Aufträge im Wert von xxx Millionen zugunsten der üblichen deutschen Exporteure zu vereinbahren. Man denke an den Starfighter-Skandal, an die Bestechungsversuche von Siemensmitarbeitern, an die Art, wie die Österreicher den Eurofighter bekamen. Ganz klassisch Politik als Fortsetzung der Korruption mit anderen Mitteln. Abschlüsse, bei denen auch langfristige Interessen mit hinein spielen. Das alles fällt weg, wenn ein Investor so schnell wie möglich hohe Profite erwirtschaften will. Die erste Arbeit nach den Entlassungen ist gemeinhin der Kampf gegen die Lieferanten und deren Preise. Und in den PIIGS-Staaten würde ich auch nicht darauf wetten, dass deutsche Exporteure da gerade ein leichtes Spiel haben, wenn es zum Gericht geht. Diese Exporteure, die für uns hierzulande angeblich so wichtig sind.



Dass sie auch nicht mehr so viel exportieren, wenn die Wirtschaft in den fraglichen Ländern in die Knie geht - geschenkt. Dass deutsche Produkte dann vielleicht durch billigere Alternativen ersetzt werden - absehbar. Dass dann der Ruf nach neuer Konkurrenzfähigkeit kommt - wahrscheinlich. Und dass es dann wieder heissen wird: Löhne und Leistungen in Deutschland runter, Subventionen und Steuerprivilegien rauf - da kann man Gift nehmen. Und wie das gehen soll? Nun, im unteren Bereich des Lohnniveaus kann man von der Freizügigkeit in der EU profitieren - hier mal ein schöner Beitrag darüber, wie im Baltikum die Probleme zuerst mal über Abwanderung reduziert wurden. Oder auch: Einwanderung in andere Arbeitsmärkte. Dafür können sie nichts, sie nutzen nur Chancen, profitieren tun sie nicht. So ist das mit der verknüpften, postnationalen EU: Das Forcieren der Krise in einem Land importiert die Krise in die exportierenden Länder zurück. Nicht unbedingt bei allen, aber am Ende so einer Sparsamkeitsrunde wurde an den einen gespart, was die anderen bekommen. Ich denke schon, dass diese Ideen manchen Deutschen gefallen - aber dieser Kampf ist nicht Deutschland gegen den Rest, sondern die Absahner und Profiteure gegen die meisten anderen. Es gibt überall Gewinner neben den Verlierern.



Um so etwas zu machen, muss man entweder geschmiert sein, was ich grosso Modo bei allen PIIGS-Regierungen und etlichen anderen in Paris und London annehmen würde, oder getrieben sein von der Angst. Was ich Frau Merkel unterstellen würde. Irgendwie muss das Geld geretttet werden, sonst dreht der deutsche Sparer durch, und wenn es dafür woanders drunter und drüber geht: Auch egal. Man tut gerade so viel, wie man eben tun muss, man opfert die anderen, wenn es sich anbietet, man negiert grosse Entwicklungem, bis sie einen überrollen, und man sieht auch nicht ein, dass der Feind nicht "die Regierung" oder "die Schulden" sind, sondern ein mafiöses Geschwür, das von Europa auf allen Ebenen mel mehr, mal weniger Besitz ergriffen hat. Das Problem ist die Umverteilungsspirale, zu deren Vehikel die Wirtschaft und ihr Wurmfortsatz der Politik verkommen ist. Da muss man ran.



Aber solange Briten und Iren ihren Zocker- und Steuerirrsinn schützen können, auch wenn sie dafür die Pensionskassen plündern, und dieses Deutschland nicht in der Lage oder Willens ist. sich dagegen durchzusetzen, muss niemand Angst vor Frau Merkel haben. Nur vor denen, die von ihrer Inkompetenz und Unschlüssigkeit profitieren.

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Montag, 5. Dezember 2011

Mitleid umschichten

Das glatte Gegenteil der Geschichte über das Rosa Haus von Tulfes ist in der Zeit nachzulesen - ein seinen Besitzer ruinierendes, 1000 m² grosses Anwesen im Engadin, nahe bei St. Moritz, und damit in einer Region, in die ich unter gar keinen Umständen ziehen würde. Das Engadin ist meines Erachtens sowieso nur als Steuersparmodell brauchbar; es gibt wirklich viel schönere Ecken in den Bergen, ganz ohne jene kargen Hänge und auch ohne die hohe Schweizer-, Amerikaner- und Russendichte, die ich persönlich ja eher als Nachteil erachte. Aber jeder, wie er mag, und mit dem nötigen Vermögen gibt es auch schlechtere Investitionen - Aktien der Commerzbank zum Beispiel, oder eine Henkelmerzunsympathenpartei.



Mehr als andere bin ich durchaus bereit, Hausbesitzerschicksale zu bedauern, zumal die Häuser alt und die Beziehungen durch die Kindheit geprägt sind. Es gibt alte Häuser, die Menschen nicht umfangen wie meines, sondern auspressen und aussaugen. Es gibt aber bei dieser Geschichte einen Punkt, bei dem ich wirklich kein Bedauern mehr empfinden kann: Eine viertel Million Franken jährliche Unterhaltskosten. Pardon, aber das sind auf den Quadratmeter umgelegt rund 200 Euro. Oder auf meine Karthause am Tegernsee weit über 10.000 Euro pro Jahr. Über 50.000 Euro für die vier Jahre, die ich hier wohne. Und ich wohne nun auch nicht gerade mit einer Kleiderstange, einem Feldbett ohne Heizung. Für 50.000 Euro könnte man hier die Wände einmal mit wirklich sauberen Portraits des 18. Jahrhunderts durchdekorieren. Es ist mir völlig unbegreiflich, wie man das als Unterhaltskosten zusammenbringt. Da muss man schon grosszügig sein.



Oder anders gesagt: Verschwenderisch. Auch solche Fälle gibt es immer mal wieder, gerne in England, wo Häuser für zu grosse Bedürfnisse entworfen wurden, die nicht zur Vermögensentwicklung passten. Das ist aber schon eine Weile her. So wurde man folgerichtig nicht reich, sondern arm, und das nicht ganz unverdient. Wenn ich dann noch lese, dass das Vermieten an Gäste praktisch auf Null hinaus gelaufen sein soll, ist wirklich der Punkt erreicht, wo ich doch lieber bis Weihnachten an die Hungernden in Afrika denke. Die ganz Geschichte stinkt vielleicht noch nicht zum Himmel, aber sie muffelt schon sehr nach "Nicht wissen, wo Schluss ist". Und das ist es nicht beim Verkauf, sondern beim Verzicht auf Halogenspots. Auch mit Naturseidenvorhängen muss man nicht weinen.



Natürlich: Wenn man nur mit den absoluten Spitzenfabrikaten leben kann, wenn es wirklich nur noch darum geht, alles aus einem idealen Guss zu haben, dann wird es teuer. Es wird aber auch ein wenig unbelebt und ungemütlich.So sieht es zumindest für mich auf den Bildern aus. Solche Objekte kennt man, da kann es gut sein, dass das Motto gewesen ist: So wie im Plan muss das alles jetzt sofort sein. Und nicht: Suchen, finden, wachsen. Wie es eigentlich fast immer war und auch sein sollte. Man tut einem alten Haus nichts Gutes, wenn man es nur als Leinwand für ein Innenarchitekturreadymade begreift. Verschwenderischer Luxus kann bedeuten: Verschwendung durch Luxus. Oder Luxus, der verschwenderisch wirkt.



Die vergangene Grösse nimmt einem keiner, wenn man sich etwas einschränken und in die Dachkammern oder Nebengebäude ziehen muss. Das ist dann immer noch ein Brückenkopf, vielleicht für einen selbst, wenn sich die Gunst des Schicksals wandelt, oder für Erben. Ein wenig Schwankung gehört dazu, und auch das geht bei alten Häusern. Sie sind in aller Regel genau dafür gemacht. Man muss nicht traurige Artikel über die Besitzer solcher Anwesen schreiben, es ändern sich nur die Privilegien, und dnn gibt es ja auch noch die alte Stadthausbesitzerweisheit:

Wer zvui Göid hod und is dumm
kaaft a oiz Haus und bauz donn um.

Nicht der Hauskauf ist das Problem. Das "etwas daraus machen was es nicht ist und das nichts einbringt".



Was da zu sehen ist, ist voll im Trend der 90er Jahre. Heute würde man so nicht mehr einrichten, da wäre mehr Prunk, mehr stimmiger Stil, und diese Pyramidenlampen gehen gar nicht - da müsste ein Kronleuchter her, und die Teppiche, oh je. Es sind die Berge! Da muss ein Perser her, ein wirklich grosser Perser.

Ich weiss nicht, ob das Ding so weggeht, um den Preis, der da erwähnt wird. Vielleicht schon, wegen der Finanzkrise. Wo Verlierer sind, sind auch Gewinner, oder wenigstens welche, die Sicherheit wollen. Man kann so etwas verkaufen, man kann so etwas machen. Aber eigentlich tut man so etwas nicht. So oder so, in Tulfes oder im Engadin, die Geschichte verschwindet. Und was bleibt? Nun. Man wird sehen. Es dauert sehr lang, bis Geschichte nachwachsen kann.

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Donnerstag, 1. Dezember 2011

Heroin

Ich bin ja kein Spekulant, aber wenn allen Notenbanken nichts anderes mehr einfällt, als das Bankensystem mit Geld zu ersticken, wäre das in meinen Augen kein Grund zum Jjubeln. Das hatten wir schon ein paar Mal. Und es hat uns insgesamt exakt dorthin gebracht, wo wir sind.



Der Vergleich, der mir da am ehesten einfallen würde, ist fern vom Tegernsee: So stelle ich mir schwerst Suchtkranke vor. Man verabreicht ihnen Methadon, ab und an stirbt einer an einer Überdosis, die anderen putzen ihre Nadeln besser und denken, dass sie schon irgendwie durchkommen. Bankster sind auch nur Beschaffungskriminelle.



Und Politiker sind unfähig, die Konsequenzen zu ziehen: Es gibt zu viele Finanzinstitutionen. Man kann keine Firma betreiben, deren gesamtes Management Heroin konsumiert, man kann keine Gesellschaft mit so einer Konstruktion der Gier und Bereicherung erhalten. Das muss weniger werden. Die Bankenauswüchse der letzten 10, 20 Jahre müssen weg, und die Beteiligten notfalls mit einem Schockprogramm lernen, dass es so nicht weiter geht.



Das wäre natürlich kalte Enteignung diverser Besitzender und nicht wirklich nett, aber die Alternativen sehen noch schlimmer aus: Diese Auswüchse werden weiterhin Geld an sich ziehen, und es ist ihnen egal, ob dabei Staaten und Währungen pleite gehen: Sie können das hedgen und ausgleichen. Die schiere Grösse des Konstrukts ist sein Problem. Sie werden nicht aufhören. Und mit Deutschland ist eine politische Kaste am Drücker, die sich hemmungslos unterwirft.



Es ist klar, was jetzt kommt: Eine der typischen Merkelkehren, die uns den Mindestlohn und den Atomausstiegausstiegausstieg gebracht hat. Man sollte sich anschauen, was Irland in den letzten Jahren so erlebt hat: Das ist ein gutes Beispiel des Kommenden, und ich denke doch sehr, dass die Renten diesmal das Tafelsilber sind, das man in die Schmelze der Märkte kippt. Bei uns und dem Generationenvertrrag heisst das: Kalte Leibeigenschaft.



Es könnte einem schlecht werden bei den Gedanken, wie wunderbar dieses 21. Jahrhundert doch sein könnte. Wir haben eigentlich alles. Alles könnte gut sein. So dachte man 1914 vermutlich auch schon.

Naja.

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Montag, 28. November 2011

Wer hätte das gedacht?

Freudentänze, ein verschwundener Blackberry und ein geheimnisvoller Gast im Nebenzimmer: Der Fall Strauss-Kahn wird erst jetzt so richtig spannend. Erwartungsgemäss wird dennoch kein Schmierfink, der womöglich einer gezielten Intrige aus dem, höflich gesagt, näheren Umfeld von Sarkozy aufgesessen ist und dabei geholfen hat (gell Spiegel?) auch nur eine Sekunde daran denken, von seinem Job zurück zu treten und den Rest seines Daseins in die Sanitärbasisarbeit zu wechseln.

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