: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Donnerstag, 11. September 2008

Baden gehen. Ohne die falschen amerikanischen Freunde

Lehman Brothers ging heute baden.



Washington Mutual ging heute baden.



Und ich ging heute baden.



Nur einer von uns dreien wird das nächste Jahr unbeschadet erleben.

[Edit: Das habe ich vor dem Essen gehen nicht mehr geschafft]Womit wir bei den rassistischen Freunden Amerikas sind. Die rechtsradikalen Schmierfinken, die jede kriegerische Tätigkeit des Bushregimes beklatscht haben, die Andersdenkende gern als Antisemiten bezeichnen und die, so jüdisch oder sich jüdisch gebend, a Schand für die Gojim sind. Es gibt diese Rassisten, die gern einen Weltkrieg gegen "den" Islam hätten, in Talkshows, in extremen Vereinigungen auch auch, bedauerlicherweise, in Blogs.

Man darf natürlich nicht aufrechnen, aber zwei Dinge gilt es zu berücksichtigen: Die aktuelle Finanzkrise dürfte die meisten Amerikaner direkter und härter treffen als die Anschläge vom 11. September, egal ob man jetzt die sinnlose Kriege und das komplete Versagen der amerikanischen Regierung beim Nation Building mit einpreist, oder nicht. Und die hohen Kosten dieser Kriege sind durch exakt jene Blase refinanziert worden, die jetzt platzt. So oder so hätten unsere bloggenden Neoconazis jeden Grund, aktiv zur Tat zu schreiten. Allein schon, weil mit dem Platzen der Blase auch die Finanzierung ihrer Kriegs- und Auslöschungsgelüste ins Stocken kommt.

Aber - ich sehe nichts. Ich lese von keinem sogenannten "Publizisten", dass er Teile seines Verdienstes für Amerikaner einsetzt, die ihr Haus verloren haben. Ich sehe keinen Kölner Moscheenfeind, der seine paar lumpigen Kröten zum Stützen des Kurses von Washington Mutual ausgeben würde. Ich sehe kein Team gegen Bürokratie, das jetzt loszöge und amerikanische Schuldverschreibungen erwörbe, mit einer Hypothek auf das eigene Häuschen. Da ist kein neuer Europäer und kein halbanonymer Arzt im Badischen, die ihre Leser zu Solidaritätskäufen aufriefen, wie sie ausgerechnet bei den Kuwaitis und Saudis - Islamangehörige! - gar nicht mal so selten sind.

Die ganze versiffte Drecksbande, die deutsche Soldaten im Irak sterben sehen wollte, für ihre Vorstellung eines angeblichen neuen Weltkrieges, wird ganz kleinlaut, wenn sie mit ihrem Geld ein klein wenig bewegen könnten. Dabei geht es diesmal wirklich um die Rettung des vergötterten freien Landes und der freien kapitalistischen Wirtschaftsordnung (unter Ausschluss von Bailouts und Schnelltendern und Diskontfenstern und Negativzinsen und Steuerschecks und Geschenke für die Wallstreet). Diesmal bräuchte Amerika sie wirklich, diesmal müssten sie mehr tun als rassitische Beiträge in ihre Blogs kippen -

Aber sie bleiben dabei, bei ihrer kleinen, widerlichen Hassnummer. Das ist einfacher und billiger und vielleicht sind sie auch wirklich nur ein Haufen elender Hungerleider, die zum Rassisten wurden, weil jeder Dönerbudenbesitzer bessere Geschäfte macht. Und in der Nachbarschaft trotzdem beliebter ist, weil er halt kein dreckiger Hetzer und Verschwörungstheoretiker ist. Vielleicht können sie sich nichts anderes leisten, als ihren kleinen, miesen rassistischen Beitrag zum sinnlosen Krieg einer grossen, schlecht dastehenden und von ihrem Abgott ruinierten Macht gegen irgendwelche Länder der Dritten Welt und die eigene Bevölkerung, die bei diesem Drecksspiel auf der Strecke bleibt.

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Mittwoch, 10. September 2008

Glaube Liebe Hoffnung

Ich liebe solche Ausblicke zum Frühstück, und natürlich auch meine Kürbistarte.



Ich glaube, es wird heute in Hall in Tirol ein sehr netter und angenehmer Tag; ein wenig heiss vielleicht, aber schön.

Und ich hoffe, dass ich nach Hause komme und Lehman Brothers tot über dem Zaun hängt, und sich bitte niemand dazu hinreissen lässt, diese unfähigen Raffkes zu retten.

So lange empfehle ich schon mal diese kleine Lektüre. Vielleicht will jemand noch zur Bank und ein wenig Bares abheben? Und wer meint, dass man so nicht über die Tugenden des ersten Korintherbriefs reden darf: 1. Kor. ist auch nur ein misogynes Stück Propaganda eines Angehörigen einer Hassgruppe.

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Montag, 8. September 2008

Problemlösung amerikanischer Art

Ich finde es ganz erstaunlich, wie wenig man momentan von den Rufen nach Privatisierung hört, wenn ein Staat wie die USA faktisch für 5.000 Milliarden Kredite meist minderwertiger Art garantiert und deren Verursacher unter seine Kontrolle stellt. Wo sind jetzt unsere Wirtschaftskapitäne, die Lobbyisten und ihre gekaufte Johurnaille, wo sind denn jetzt die SPONianer und FTDler, wo die vielen Neoliberalalas, die das wohlfeil fickbare Sprachloch für bezahlende Kreise sind, mit dem entsprechenden Aufschrei?

...

Was gerade durch die Kontrollübernahme bei Fannie Mae und Freddie Mac geschieht, ist nicht die grösste Übernahme privater Fehleinschätzungen und unkalkulierbarer Risiken der Geschichte; da gab es noch andere Beispiele. Oh, es sind durch die Bank Beispiele mit fragwürdigem Ende, nehmen wir nur mal die East Indian Company, deren Versagen die Amerikaner erst ihre Unabhängigkeit "verdanken". Oder die Missisippi-Blase, deren Geldscheine hübsche Parallelen mit den US-Krediten haben. Es gibt also historische Vorbilder, und die Welt hat sie auch überstanden, mit ein paar Wirtschaftskriegen, Hungersnöten, Völkerrechtsverletzungen und anderen Dingen, die wir heute in Den Haag verhandeln würden. So gesehen sind Staaten wirklich in der Lage, durch Verstaatlichung katastrophaler Firmen und anschliessenden stärkeren Kontrollen die Folgen allzu freier Märkte festzunageln und abzufangen.



Zahlen tut, auch das ist historisch korrekt, immer die Bevölkerung und besonders gern der Teil, der sich nicht an der Zockerei beteiligt hat. Ausser der russischen Revolution von 1917/18 wüsste ich auf die Schnelle keinen wirtschaftlichen Totalschaden, bei dem man die Verantwortlichen wirklich umfassend zur Rechenschaft gezogen hätte. Und auch in den USA ist das aktuell nicht geplant.

Was dafür sorgen wird, dass die Wünsche nach einem Bailout jetzt auch von Lehman Brothers kommen werden. Bei 5 Billionen Kreditrisiken, die jetzt schon geschultert werden, wäre das nur ein Klacks. Da ist auch noch die wacklige Washington Mutual. Und Boeing und die Autoindustrie, und vielen, vielen anderen, die nicht fit für die Krise sind. Am Ende wird man feststellen, dass ein ganzen Land nicht fit für die Krise war. Und dann? Hyperinflation? Staatsbakrott? Beides? Oder ist bald der Zeitpunkt erreicht, da Kuwait, China und Luxemburg die besten Teile rausschneiden, um den Rest krepieren zu lassen?

Ein kleiner Tipp für die Partei, die einen alten Chef wieder bekommen und immer noch nicht Berliner Ritalischlucker mit fragwürdigen Fahrtenbüchern aus den Gremien peitscht: Bei der nächsten Wahl muss man sich um die internationale Konkurrenzfähigkeit Deutschlands keine gedanken mehr machen, denn die Konkurrenz geht gerade über den Jordan. Statt dessen Binnenmarkt, Reallohnzuwächse und verbesserte Inlandsnachfrage. Ausser Finanzgiftmüll und unbezahlte Rechnungen in kaputten Währungen gibt es mittelfristig bei der Globalisierung nicht mehr viel zu holen. Und wenn die Affen der Neoliberalen jetzt ob der Risikoübernahme des Staates die stinkenden Mäuler halten, halten sie vielleicht auch die Fresse, wenn sie 2009 die zum Humankapital degradierte Bevölkerung als Rettungsanker brauchen - wenn die sich unverständlicherweise nicht entschliessen sollte, die Bande a la russe abzutragen.

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Samstag, 6. September 2008

Es passiert nach dem Schreiben

[...]"Heute ist Freitag, der Tag der harten Durchgriffe, und wenn ich wieder unten bin, wurde in Amerika vielleicht schon die nächste Bank geschlossen. Dieser Sommer ist denkwürdig, ein echter, warmer Sommer über einen brodelnden Hölle des Niedergangs, von der man weiss, die sich bislang aber weigert, sich hier oben zu manifestieren."

schrieb ich vor ein paar Stunden. Inzwischen war ich auf dem Berg, und die Sonne ist untergegangen.



Und wie es aussieht, geht an diesem Wochenende ausnahmsweise mal keine amerikanische Bank über die Wupper, sondern das gesamte System der Hypothekenfinanzierer Fannie Mae un Freddie Mac. Das heisst, man wird es "retten", indem es vom amerikanischen Staat übernommen wird, mit unschönen Folgen für Steuerzahler, Aktienbesitzer und die vielen fetten Mitarbeiter dieser Firmen. Und vielleicht wird schon nächste Woche nach weiteren Bundeswehrtruppen für kostspielige amerikanische Militärabenteuer gefragt. Oder es gibt eine Hyperinflation. Oder die USA erklären den Staatsbankrott. Oder zumindest mal, wie schlimm es wirklich ist. Momentan hat man den Eindruck, da versucht ein Lungenkrebspatient im Endstadium sich mit einer Überdosis Hustenbonbons und zwei Schachteln Fluppen am Tag Gesundheit einzureden. Nach allem, was ich an rudimantärem Verständnis von Finanzkrisen habe, kann und wird das kein gutes Ende nehmen.

Edit: Siehe auch Big Picture.

Edit 2: Man muss nur warten können, dann geht am "Lethal Friday" nach Börsenschluss doch noch eine Bank über die Wupper.

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Der Berg und die Hölle

Der Berg da vorne ist ist keine Kulisse, er ist echt, sehr echt, echter als das meiste, was mein Leben sonst ausmacht, oder das Leben von irgendeinem anderen lebenden Bewohner dieses Planeten, und das macht ihn beruhigend, zumindest für mich.

*

Der Berg ist nur die erste kleine Verwerfung in der Knautschzone zwischen dem europäischen Kontinent und der italienischen Halbinsel; er schiebt sich in den See und schafft das erste Erschwernis auf dem Weg in den Süden; nicht gerade ein Spaziergang und doch nur eine lechte Vorahnung der Bergwelt, die da kommen mag. Mit all seinen Bäumen, dem weichen Waldboden und den Kalkfelsen zwischendrin ist er ein winziger Teil der langgezogenen Kette, aber, wenn wir ehrlich sind: Die Menschheit wäre nicht mal in der Lage, so einen kleinen Berg hinzustellen. Würde man beispielsweise Manhatten plattquetschen und zu solidem Stein machen, wie hoch wäre es (theoretisch, das hier ist keine Wichsvorlage für Osama)? Ein Viertel, ein halber Meter? Ein ganzer Meter gar? Das hier sind vom See aus 500 Meter. Man könnte damit Berlin so auffüllen, dass nicht mal mehr der Fernseturm rausschauen würde. Wenn man könnte. Aber dazu reicht all die Macht der Menschen und besonders die der Firmen, die gerade abwärts taumeln, nicht aus, weder zum Verlagern, noch zum Aufrichten. Wir sollten uns damit abfinden: Wir kratzen hier an der Oberfläche, wir versauen unseren Lebensraum, aber der Berg war schon vor den ersten Menschen hier, er hat Eiszeiten überstanden und Hitzeperioden, die uns allesamt auslöschen würden wie ein lästiges Insekt.

Manche derer, die in sich mächtig fühlenden Firmen bestimmen, gehen mit ihrer Belegschaft auf Berge, um sie zu bezwingen, um es zu schaffen, um den Teamgeist zu fördern, der ihnen gerade auch nicht wirklich viel hilft, wenn sie in die Schlucht der Insolvenz und der Mittelknappheit rutschen. Demut ist eines der Wörter, die in Businessplänen nicht vorkommt, und seinen kalkulierten Auftritt nur mit Managerpriestern hat, die gerade als Pausenclowns bei Veranstaltungen en vogue sind, bevor es weiter um Leistung und Bereicherung geht. Ich denke, Erleichterung beim Ankommen und Demut beim Betrachten ist schon ziemlich viel, was man vom Berg mitnehmen kann, neben der Erkenntnis, dass der Weg der menschlichen Geschichte, vorsichtig gesagt, nicht wirklich zu den Allmachtsberauschungen verleiten sollte, die seit jeher die falschen Versprechungen der gekauften Hofpoeten sind. Heute ist Freitag, der Tag der harten Durchgriffe, und wenn ich wieder unten bin, wurde in Amerika vielleicht schon die nächste Bank geschlossen. Dieser Sommer ist denkwürdig, ein echter, warmer Sommer über einen brodelnden Hölle des Niedergangs, von der man weiss, die sich bislang aber weigert, sich hier oben zu manifestieren.

Und ich frage mich, wie man diesen Sommer in fünf Jahren betrachten wird. Wie den Sommer 2000, vielleicht, als auch keiner glaubte, dass es die ganze New Economy erwischen würde.

* Wer sich mit Stilleben auskennt, weiss auch, wie das geht: Vorne ist all der Prunk des guten Lebens, das Silber, die Speisen, das Glas und der Luxus der Zeit, das zu geniessen, aber im Hintergrund ist dann eine Allegorie, eine Szene, ein Ereignis, das all den Aufwand zu brechen in der Lage ist.

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Samstag, 30. August 2008

Die 200-Euro-Frage

Mit Zahlen ist es bei Verlusten genauso wie bei Menschenleben: Niemand kann sie sich ab einer gewissen Grösse noch vergegenwärtigen. Wir haben bei den Banken dieser Welt im Rahmen der Subprimekrise bislang ein paar hundert Milliarden Abschreibungen gesehen, und das sagt sich so einfach: Ein paar hundert Milliarden. Schon ein paar 100 Millionen ist für die allermeisten Menschen, mich, der ich lange mit solchen Summen als überzogene Bewertung für VC-Portfolios zu tun hatte, durchaus inklusive, kaum mehr zu fassen. Man könnte so viel damit tun, man müsste nie wieder arbeiten, man könnte ganze Landstriche kaufen und Krisenregionen durchfüttern, wenn es keine Verluste wären. Heute Nacht, nach den doch eher speziellen Vorträgen, brachte es ein Teilnehmer aus England für seine Heimat auf eine griffige Formel: 200 Euro. 7 Tage die Woche, 365 Tage im Jahr. Das verliert der durchschnittliche Eigenheimbesitzer in England seit den Höchstpreisen bei der Bewertung seiner Immobilie.



Nun könnte man natürlich denken, dass nicht jeder Brite sein Haus bei den Höchstständen gekauft hat, der Verlust also allenfalls theoretischer Natur ist. Leider ist in England das bargeldlose Zahlen weit verbreitet, und das eigene Haus ist sowas wie die Bank: Steigt der Wert, kann man mehr Schulden machen. Und weil alle die meinung vertreten haben, es gäbe keinen Einbruch, konnte man sich problemlos bis zum Hauswert verschulden. Es gibt ein paar britische Eigenheiten, die nur durch diesen Schuldenmechanismus erklärbar sind; man betrachte nur mal Einrichtungszeitschriften von der Insel und die exorbitanten Preise für Stoffe, Farben, Lampen und Möbel. Dinge, bei denen jeder seriöse deutsche Bankberater einen Schreikrampf bekommen hätte, würde man dafür Kredite im Rahmen einer Hausfinanzierung wollen. In England ist es inzwischen ähnlich. Und will man später mal die Geschichte der Krise aus Sicht der normalen Betroffenen beschreiben, sollte man sich ein hübsches Archiv von Ebay-Anzeigen anlegen. Ebay, der neue Schwarzmarkt der Krise. Ebay, die reale Preisfindung.



"We have recently moved house and have 2 of these sofas and we now only want to keep one." Schreiben sie. Wäre es nicht so verdammt weit weg: Es kostet nur noch 1/10 dessen, was es vor zwei Jahren bei Laura Ashley gekostet hat, ohne den gestreiften Goldbrokat, es ist ein klarer Kauf. Abholung sofort. Das neue Haus ist klein. 1500 Euro kostete heute ein MG Midget, in den der Besitzer laut Rechnungen 2500 Euro investiert hatte. Es gibt einen Käuferstreik. In England steigen dennoch die Ausgaben, die Sparquote geht dramatisch zurück, wegen Inflation und Schuldendienst oder erzwungene Umschuldung. dabei noch 200 Euro jeden Tag verlieren. Für 200 Euro könnte man zu zweit einen Tag Urlaub machen. Locker. Gutes Hotel, gutes Essen, nur vielleicht nicht auf dem Kontinent, da verliert das Pfund dramatisch an Wert. Die Briten sind inzwischen so marktliberal, dass sie nicht mal mehr die Statistiken zur wirtschaftlichen Lage fälschen. So schlimm wie seit 60 Jahren nicht mehr, sagen sie. Das war nach dem Krieg, als England Sieger, aber praktisch bankrott war. Und in den 70ern beispielsweise war es auf der Insel auch nicht gerade toll. Noch übler als in den 70ern, da versäumt man jetzt nicht viel, wenn man nicht gerade ein Faible für Katastrophentourismus hat.



Die Bar gleich hinter der Grenze ist ziemlich weit weg von dieser Wirklichkeit. Man könnte es wegschieben, denn das Thema ist etwas anders gelagert, und vorerst, dank langfristiger Vereinbarungen, halbwegs sicher. Sicher im Sinne von "die Krise schlägt erst später durch". Solange keiner pleite geht, was unschön wäre, oder sich rausklagen will, was sich hier und da schon andeutet. Man kennt das aus der krise der New Economy, wo es zuerst die B2C-Firmen zerrissen hat und lange die - sich später als falsch herausstellende - Annahme vorherrschte, B2B wäre erst mal nicht betroffen. "Scary" ist ein beliebtes Wort da oben über dem Inntal. 200 Euro sind hart für den Einzelnen, aber dann wieder auf ein Land hochgerechnet, gar nicht gut. Wer weiss, wann man sich wiedersieht. Wer weiss schon, ob es die Firma morgen noch gibt, ob man nicht rausgelöst und an die Chinesen verschachert wird, und der nette, charmante Herr aus Rom hat heute schon die Unpässlichkeit, mit einer insolventen Fluglinie die Heimreise antreten zu müssen. Kaum ein Licht ist mehr an, als ich mich auf den Rückweg mache, erst an den See und dann in die Provinz, sie schlafen fest und sorgen sich nicht, und das ist vielleicht der Umstand, den ich als extrem scary empfinde: Diese weit verbreitete Sorglosigkeit, die einen ganz schnell mal 200 Euro kosten kann. Täglich. Ein Sofa ist in zwei Tagen weg. Die Seidenvorhänge am Nachmittag. Ein MG B verschwindet in 10 Tagen, ein gut erhaltener E-Type in einem halben Jahr, und immer so weiter. Scary.

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Donnerstag, 28. August 2008

Kühl oder die Männer im Bach

Wer sein Schwarzgeld selbst in das Kleinwalsertal bringen möchte und sich nicht auf teure Kurierfahrten verlässt; oder aber liquide Mittel nach Deutschland verbringen möchte und einen Teil bei Innsbruck in etwas Schmuck oder einer teuren Uhr angelegt hat, fährt in Richtung Österreich idealerweise den kurzen Weg über die Autobahn entlang des Starnberger Sees, wo ähnlich gut Verdienende leben, nach Garmisch und Scharnitz. Das ist so schnell und einfach, wie in den 30er jahren vor der Küste Kaliforniens auf ein Casinoschiff zu gelangen. Ich allerdings komme vom Tegernsee und habe gar nicht vor, ins Kleinwalsertal zu fahren; statt dessen muss ich gleich hinter der Grenze in einen Luftkurort, wo in einem Hotel grenzüberschreitend debattiert wird, wie schlimm es noch werden wird. Man kann sich das im klimatisierten Raum im stile der poshen, halogenspotgenagelten 90er mit Blick auf golfrasenzerschlagende Saudis gar nicht vorstellen, aber die Anfahrt führt durch Gebiete, die weitgehend menschen- und zöllnerleer sind - vielleicht, weil es hier wirklich kaum Durchgangsverkehr nach Österreich gibt.



Den Sylvensteinspeicher, der an dieser Stelle kurzfristig in österreichisches Territorium überquert werden muss, erhält sein auch im Sommer eiskaltes Wasser aus einigen naturbelassenen Bergbächen, die sich nicht vorzeitig von den Alpen lösen können und so entlang der Kämme fliessen, ein Tal erschaffen und damit eine Schneise, die breit genug ist für eine schmale Mautstrasse mit Geschwindigkeitsbegrenzung, enge Kurven und alle paar Meter einer Möglichkeit, anzuhalten und das Panorama über Wasser und Berge zu geniessen. Oder aber gleich ein wenig zu verweilen, weil der spannende Teil im Luftkurort ohnehin erst um 16 Uhr beginnt. Genug Zeit also für die brutalen Schmerzen des Kneipens, das aber den Füssen gut tut, und ausserdem lenkt der Blick vom Schmerz der nur wenige Grad warmen Fluten ab.



Man sagt, es sei gesund. Und ich möchte hinzufügen, dass es im Durchschnitt eigentlich sogar extrem angenehm ist. Obenrum in der Sonne ist es hier heiss, schlieslich ist man fast 1000 Meter oben und die Luft ist schon dünn, die Füsse aber im klaren Wasser verlieren bald jedes Gefühl, wenn die ersten entsetzten Schreie verhallt sind. Man sagt ja, dass das Jodeln eigentlich abgewandelte Schmerzensschreie sind, mit denen sich junge Burschen gegenseitig in Sachen Abhärtungstaten übertrumpfen wollten. Ich also "blea wiara Jochgeia" - ich darf das kurz den nichtindigenen Lesern erklären, ich plärre bayerisch wie ein Jochgeier, will sagen, ich tue dem Echo der Berge aus voller Lunge ein wenig Gewalt an, und während ich da also lautstark auf die Abtötung des Fleisches unter den Wadeln warte, meint einer den Fluss weiter runter: Goid, gei? (Kalt, ist es nicht?)



Scho, antworte ich, und werde dann erst der Nachbarschaft gewahr, die Männer im Bach, die sich perfekt hier oben eingerichtet hat und zwischen Wasser und Licht sagenhaft braun werden dürften, und sinnvollerweise auch das ideale Mobiliar dabei haben. Mit Taschen zur Unterbringung von Bierflaschen in den Lehnen des Stuhls. Ich jedenfalls, untenrum unbehost und unbesockt, obenrum dagegen noch behemdet und krawattet, passe deutlich schlechter hierher und beineide die Anwesenden, die bleiben dürfen, während mich ein paar Kurven und einen Pass weiter der dunkle Saal mit Klimaanlage verschluckt, während draussen Saudis unter Betrachtung ihrer plärrenden Blagen und eines Typen mit Sonnenbrille mit Golfschlägern Gräser totprügeln, und vorne im Prinzip genau das erzählt wird, was man an allen Ecken und Enden nachlesen kann: Wir alle werden blean wia de Jochgeia. Aber nicht, weil es kühl wird. Sondern verdammt heiss, an den Kohlebecken der brennenden Kredite. Keiner hier, das darf ich sagen, ist auch nur ansatzweise so zufrieden und lässig wie die beneidenswerten Männer im Bach.

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Donnerstag, 28. August 2008

Die Entkopplung von Krise und Einkommen

Wir werden in den nächsten Monaten eine sehr intensive Debatte erleben, in der sehr viele sog. Wirtschaftsexperten sagen werden:
Oh weh und wei, Krise in den USA, Spanien, Dänemark und England, es ist falsch zu glauben, wir als Exportnation könnten uns entkoppeln, wir werden alle zusammen drauf gehen, wir werden Gras fressen und aus russischen Toiletten trinken, das wird ganz furchtbar - wenn wir nicht geeignete Massnahmen sofort und auf der Stelle durchführen. Nämlich: Steuererleichterungen für die Firmen als Ersatz für die Milliardensubventionen , die anderswo von FED und Regierungen durchgezogen werden. Und unbedingt Zurückhaltung bei den Löhnen, damit wir konkurrenzfähig bleiben!
Nächstes Wochenende ist in der ostdeutschen Provinz eine Auktion, wo es einen historischen Schürhaken gibt, und ich denke, den werde ich erstehen, denn sollte ich zufällig mal gerade neben so einem widerlichen Subjekt zu stehen kommen, wäre es ein geeigneter Gegenstand, um diesen Ausfluss bezahlter Propaganda mit eifrigem Wedeln etwas entgegenzusetzen.


Denn was wir da erleben, ist die zweite Phase des Globalisierungsterrors der kriminellen Lobbyvereinigungen gegen die Bevölkerung. Jahrelang hiess es, man müsse der Wirtschaft alle Freiheiten einräumen und ihre Gewinne steigern und die Steuern reduzieren und sie aus der gesellschaftlichen Verantwortung entlassen und ihr jede Form von Lohndumping erlauben, damit wir gegen Länder wie China eine Chance haben. Unten gab es Reallohnverluste, oben stetig steigende Einnahmen.

Und jetzt stellt sich heraus, dass gewisse Teile dieser Wirtschaft eine formidable Wirtschaftskrise verursacht hat. Namentlich der Kernbereich der Banken, die Elite, die als Bayerische Landesbank die Sparkassen anpumpt und als Deutsche Bank ihre ARS-Produkte in Amerika zurückkaufen muss. Plötzlich muss man abschreiben, weil man beim globalen Blasenblasen und gegenseitigen Zitzenlecken auch eine ganze Menge unkalkukierbarer Risiken erwischt hat. Man sammelt Cash und verleiht nicht gerne, die gewohnten Rekordgewinne bleiben aus, also sucht man Mittel und Wege, das Problem, das mit amerikanischer Verschwendungssucht begann, auf den deutschen Bürgerrücken auszutragen. Indem man versucht, eien Bedrohungslage für alle zu konstruieren, die bislang nur diejenigen erwischt hat, die beim Milliardenpoker um amerikanische Hauskredite ganz vorne mit dabei waren. Ganz so, als gäbe es nur noch einen globalen Wirtschaftsraum, in dem jede Form von Kreditausfall eine weltweite Kettenreaktion nach sich zöge.



Natürlich ist es nicht erfreulich, was da passiert. Und sicher wird es für die Exportwirtschaft schwieriger. ich würde gerade auch nicht in Spanien, Kalifornien, England oder Irland Hausbesitzer sein wollen. Wenn so eine Blase platzt, kann es jeder hören, aber nicht allen zerreisst es dabei das Trommelfell. In Deutschland gibt es eine hohe Sparquote und niedrige Kreditausfallrisiken, es gibt keine Blase und keinen technologischen Rückstand, den man in der Krise noch aufholen müsste, wie etwa die amerikanischen Autobauer.

Was es fraglos geben wird, sind massive Verluste bei den Schichten mit hohen Einkommen, die sich verspekuliert haben. Wir werden sinkende Unternehmensgewinne sehen, und ein weitere Abwanderungen von den Aktienmärkten. Und natürlich ist es einem Aktienbesitzer erst mal scheissegal, wenn in Deutschland die Einkommen sinken, solange dadurch nur sein kurzfristiges Kurs-Gewinn-Verhältnis stimmt. Es ist eine Krise der besitzenden Klasse, und sie wird versuchen, es zu einer Krise der Allgemeinheit zu machen. Einer Allgemeinheit, die zahlen soll. Eine neue Runde der Umverteilung, ein Leerverkauf gegen die Gesellschaft, die den Boom finanzieren musste und nun den Crash finanzieren soll, obwohl sie beim Weg nach oben kaum etwas abbekommen hat. Die Versager der IKB, die WestLB, die SachsenLB und die BayernLB werden schon von allen bezahlt - und nun stellen sich auch die anderen begierigen Versager an und wollen bedient werden.

Man sollte ihnen reichlich geben. Mit dem Schürhaken, und dann auf der Dachterasse gelassen zuschauen, wie Libellen fliegen und im Westen die Sonne untergeht.

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Dienstag, 26. August 2008

Alles muss raus

Es ist nicht gerade die beste Zeit, krank zu werden und gleichzeitig die Deflation der Güter krisengeschüttelter Verbraucher zu betrachten. Oder kleiner Firmen, die ihre Betonmischer verschleudern. Oder die missliche Lage mancher Medienhäuser, deren Produkte als allererste, noch lange vor dem ersten Verkauf von überflüssigen Uhren, Möbeln und Booten bei Craigslist abbestellt werden. Was während der New Economy einen Teil der Medien die Existenz und einen anderen, selbst als Gründer involvierten Teil sehr viel Geld kostete, wird diesmal alle erwischen. Bsonders die grossen Player. Diejenigen, die dachten, man kann das Internet ruhig SPON und Myspace überlassen. Diejenigen, die schon jetzt nicht mehr per Kleinanzeige von den Notverkäufen profitieren.



Zeitungen sind mit dem Problem nicht wirklich allein. Es gab vor ein paar Wochen eine ziemlich perverse Nachricht aus Grossbritanniern: Dort ist die Anzahl der schnellen Internetverbindungen leicht rückläufig. Und wenn auch die Klickzahlen ansteigen, bringt es nicht zwingend mehr Werbegelder ins Netz. Blöderweise waren Banken und Autokonzerne die grossen Käufer von digitalen Werbeflächen. Dumm, ganz dumm gelaufen.

Legt man die Erfahrungen aus der New Economy zugrunde und passt sie der aktuellen, weitaus grösseren Krise an, darf man hier durchaus die Existenzfrage für die im Journalismus Tätigen aufwerfen. Damit einher geht das Problem der inneren Veränderungen der Medienstruktur, mit einer meiner Meinung nach nicht unwahrscheinlichen Zukunft, in der das Internet mehr oder weniger kostenlos alle niederen und dümmeren Belange, gerne auch mit vom Nutzer kostenlos generierten Inhalten, befriedigen wird. Irgendwo zwischen Download und Youporn, Nachrichtenkurzform und Schnelltrash, die Rundumversorgung für niedrige Ansprüche und Notverkäufe vom sexuellen Dienst bis zum Kinderwagen.

Und auf der anderen Seite die publizistische Antwort auf gated Communities: Herrschaftswissen, teuer und an Menschen orientiert, die zahlen, weil sie sich davon einen Profit erwarten. Einen Nutzen, der sich auch in noch besserer Abgrenzung äussern kann. Etwas, das "Innen" Abweichler auf Linie bringt, das einen antisozialen Mainstream hervorbringt, wie es von Cicero, Rich, Park Avenue, AD, Brandeins und Monocle mit wechselndem, meist aber begrenztem Erfolg schon etwas länger versucht wird. Weil sie noch nicht Teil dessen sind, was sie beliefern möchten, aber da werden sie schon noch lernen.

Man sollte mit Grippe ins Bett gehen und keine Mails von Kollegen lesen, keine Blogs anschauen, die inzwischen feige das Maul halten, wenn die Inhaltemafia bei ihnen wirbt, man sollte auch nicht zu sehr überlegen, was eigentlich das system noch zusammenhält und wem überhaupt noch etwas daran liegt, ausser den Spiessern vielleicht, die ihre Existenzberechtigung verlieren, wenn die da oben nicht mehr gegen die da unten abgeschirmt sein müssen, weil man zu weit auseinander ist und die da unten die da oben mit dem Geldtrash verwechselt wird, den Unterschichtenmedien als "oben" darstellen. Man sollte es vielleicht auch gar nicht zu erklären versuchen, man kann dabei nur verlieren; wenn schon diese Krise kaum einen dazu bringt, sich mit Bankenregulierung zu beschäftigen, warum sollten dann die Folgen von unumkehrbarer Umverteilung stören, die sich weder von den Lafontaines noch von Statistiken adäquat beschreiben lassen.

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Samstag, 23. August 2008

Morbus tyroliensis

Vielleicht war es auch die streckenweise rassistische und fremdenfeindliche österreichische Wahlwerbung und der Umstand, dass sowas wie der Strache in Österreich mehr als 2% der Stimmen bekommt. Wenn man sich zu lang unter Kranken aufhält, wird man selber krank. Davon haben weder die Österreicher etwas, die den Strache ablehnen, noch man selber, aber es ist schwer zu ertragen, in Almenlandschaft diesen Dreck zu sehen, an Barockjuwelen und Panoramastrassen. Jedenfalls fühle ich mich heute komisch, und tendiere deshalb mal nicht zu einer Marzipan-, sondern zur Ikone einer Vitaminbombe. Und einer prophylaktischen Tablette.



Vielleicht war es auch nur der Wettersturz gestern Abend, von 30 Grad in Innsbruck auf 15 Grad und Platzregen in Scholastica.

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